Äsop auf einer Schiffswerft
Der Fabeldichter Äsop nahm sich einmal die Zeit und besuchte
eine Schiffswerft. Als aber die Schiffbauer ihn verspotteten und
ihn zu einer Antwort herausforderten, sagte Äsop: »In alter Zeit
hat es nur Chaos und Wasser gegeben; Zeus aber wollte auch die
Erde in ihrer Substanz sichtbar werden lassen; er forderte sie
deshalb auf, dreimal das Meer auszuschlürfen. Als sie damit
angefangen hatte, erschienen zuerst die Berge; nach dem zweiten
Schlürfen tauchten auch die Ebenen auf. Wenn es ihr paßt und sie
noch zum dritten Mal das Wasser austrinkt, wird eure Kunst
wertlos sein.«
Die Geschichte veranschaulicht, daß diejenigen, die, ohne es zu
merken, Überlegene verspotten, durch diese ziemlich großen
Schaden erleiden.
Als der Fuchs den Löwen sah
Ein Fuchs hatte noch nie einen Löwen gesehen. Als er dann
einem Löwen zufällig begegnete, bekam er bei seinem Anblick
zuerst einen solchen Schrecken, daß er beinahe gestorben wäre.
Als er ihn ein zweites Mal traf, bekam er es zwar wieder mit der
Angst zu tun, aber nicht so sehr wie beim ersten Mal. Als er ihn
ein drittes Mal sah, war er so mutig, daß er sogar zu ihm
hinging und sich mit ihm unterhielt.
Die Geschichte veranschaulicht, daß die Gewohnheit auch die
Angst vor den Dingen verringert.
Als die Fischer den Stein fingen
Die Fischer zogen ihr Netz ein. Da es schwer war, freuten
sie sich und tanzten vor Glück. Denn sie glaubten,
es sei ein großer Fang. Sie zogen das Netz an den Strand, fanden
darin aber nur wenige Fische, dafür war das Netz voll mit
Steinen und Holz. Sie waren sehr enttäuscht, aber weniger, weil
es so geschehen war als darüber,
daß sie mit dem Gegenteil gerechnet hatten. Einer von ihnen, ein
alter Fischer, sagte: »Laßt uns aufhören zu jammern, Freunde.
Denn der Kummer ist die Schwester der Freude, und es mußte so
kommen, daß wir, nachdem wir uns vorher so sehr gefreut haben,
jetzt eben auch eine Enttäuschung hinnehmen müssen.«
Aber auch wir dürfen, wenn wir die Unbeständigkeit des Lebens
sehen, nicht erwarten, daß wir uns auf unser Glück verlassen
können, sondern müssen daran denken, daß nach langem
Sonnenschein auch wieder Regen kommen muß.
Als die Frösche einen König haben
wollten
Die Frösche litten darunter, daß sie keinen Herrscher hatten.
Also schickten sie Boten zu Zeus und baten ihn darum, ihnen
einen König zu geben. Zeus durchschaute aber ihre Dummheit und
ließ ein Stück Holz in den Sumpf werfen.
Die Frösche bekamen zunächst einen gewaltigen Schrecken bei dem
Geräusch und tauchten in die Tiefe des
Sumpfes. Weil das Stück Holz sich aber nicht weiter bewegte,
tauchten sie später wieder auf und hielten es für so
ungefährlich, daß sie sogar darauf stiegen und sich dort
niederließen. Aber weil sie es für unwürdig hielten,
einen solchen König zu haben, begaben sie sich ein zweites Mal
zu Zeus und verlangten von ihm, ihnen einen
anderen König zu geben. Der erste sei nämlich ein allzu großer
Nichtsnutz. Zeus ärgerte sich über sie und schickte ihnen eine
Schlange, von der sie verschlungen und aufgefressen wurden.
Die Geschichte zeigt, daß es besser ist, solche Herren zu haben,
die sich um nichts kümmern und nichts Böses tun, als solche, die
alles durcheinander bringen und Schandtaten begehen.
Als die Frösche Wasser suchten
Zwei Frösche lebten in einem Sumpf. Einmal trocknete er aus, und
da suchten sie eine andere Bleibe.
Als sie an einen Brunnen kamen, riet der eine dazu, einfach
hineinzuspringen. Der andere aber sagte: »Wenn aber auch hier
das Wasser austrocknet, wie werden wir dann wieder
herauskommen?«
Die Geschichte lehrt uns, daß man nicht unüberlegt handeln soll.
Als ein Esel Salz transportierte
Ein Esel, vollbeladen mit Salz, durchquerte einen Fluß.
Aber dann rutschte er aus. Als er ins Wasser gefallen war und
das Salz sich aufgelöst hatte, stand er wieder auf und war viel
leichter. Er freute sich darüber. Als er später Schwämme über
einen Fluß transportierte, glaubte er, daß er sich, wenn er
wieder hinfalle, wieder mit geringerem Gewicht erheben werde.
Daraufhin ließ er sich absichtlich fallen. Aber da passierte es
ihm, daß er, weil die Schwämme sich mit Wasser vollsogen, nicht
mehr aufstehen konnte und auf der Stelle ertrank.
So stürzen sich auch manche Menschen mit ihren bösen Absichten
unbeabsichtigt in ihr Verderben.
Als ein Esel ein Götterbild auf den Rücken trug
Jemand legte einem Esel ein Götterbild auf den Rücken und begab
sich mit ihm auf den Weg in eine Stadt.
Viele Menschen kamen ihnen entgegen und verneigten sich vor dem
Bild. Weil der Esel annahm, daß sie sich vor ihm verneigten,
ließ er sich dadurch betören, blies sich mächtig auf und wollte
nicht mehr weitergehen.
Als der Eselstreiber begriff, was passiert war, schlug er ihn
mit dem Stock und sagte: »Du übler Kerl,
das fehlte noch, daß sich die Menschen vor dir, einem Esel,
verneigen!«
Die Geschichte zeigt, daß sich diejenigen, die mit den
Leistungen anderer Menschen prahlen, bei denen,
die sie durchschauen, lächerlich machen.
Als ein Esel sich ein Löwenfell
überzog
Ein Esel zog sich ein Löwenfell über und setzte überall
die unvernünftigen Tiere in Angst und Schrecken.
Als er dann einen Fuchs sah, versuchte er auch diesen zu
erschrecken. Der Fuchs aber - er hatte nämlich zuvor
seine Stimme gehört – sagte zu ihm: »Ja, sei dir darüber im
Klaren, daß auch ich dich gefürchtet hätte,
wenn ich nicht dein unverschämtes Geschrei gehört hätte.«
So werden manche Ungebildete, die aufgrund ihrer aufgeblasenen
Großtuerei etwas zu sein scheinen,
durch ihre eigenen Geschwätzigkeit entlarvt.
Als man zum ersten Mal ein Kamel
sah
Als die Menschen zum ersten Mal ein Kamel sahen, bekamen
sie einen Schrecken und entsetzt über die Größe des Tieres
flohen sie. Nach einiger Zeit aber nahmen sie sein sanftes Wesen
wahr, faßten sich ein Herz und gingen zu ihm hin. Nach kurzer
Zeit merkten sie, daß das Tier keinen Zorn kannte. Schließlich
hatten sie so wenig Angst vor ihm, daß sie ihm sogar Zügel
anlegten und es ihren Kindern zum Reiten gaben.
Die Geschichte zeigt, daß die Gewöhnung den Dingen ihren
Schrecken nimmt.
Des Esels Schatten
Der Politiker Demosthenes versuchte einmal, zur
athenischen Volksversammlung zu sprechen, man wollte ihn aber
nicht zu Wort kommen lassen; da sagte er, er wolle ihnen nur
kurz etwas sagen. Man schwieg still, da sprach er: »Ein junger
Mann mietete einmal im Sommer einen Esel für die Strecke
Athen-Megara (wobei der Eseltreiber mitging).
Als nun am Mittag die Sonne sehr heiß war, wollten sich beide in
den Schatten [des Esels] setzen. Aber jeder verwehrte es dem
anderen: Der Vermieter sagte, er habe den Esel, aber nicht
dessen Schatten, vermietet, der Mieter aber behauptete, ihm
stehe alles zu.« Nach diesen Worten trat Demosthenes ab. Die
Athener waren gespannt und baten ihn, doch zu sagen, wie die
Geschichte ausgegangen sei; da sprach er: »Von eines Esels
Schatten wollt ihr hören, aber nichts von ernsten
Angelegenheiten.«
Des Löwen Regierung
Es regierte einmal ein Löwe, der war weder jähzornig noch
roh oder brutal, sondern mild und gerecht, so wie es der Mensch
ist. Unter seiner Regierung fand auch ein Landtag aller Tiere
statt, wo ihre Prozesse entschieden und Wiedergutmachung
beschlossen wurde – Wolf gegenüber dem Schaf, Leopard und Gemse,
Hirsch und Tiger, Hund und Hase.
Da sprach das Häslein: »Ich habe gebetet, diesen Tag erleben zu
dürfen, da die Schwachen den Mächtigen Furcht einflößen.«
Diogenes unterwegs
Diogenes, der Kyniker, war unterwegs. Er kam an einen
stark angeschwollenen Fluß und blieb hilflos stehen. Da sah ein
Mann, der sich mit dem Übergang auskannte, wie Diogenes sich
nicht zu helfen wußte, kam hinzu, nahm ihn freundlich auf den
Rücken und trug ihn hinüber. Der aber stand und verfluchte seine
Armut, weil er es seinem Wohltäter nicht vergelten konnte. Nun
nahm er aber wahr, wie jener Mann zu einem anderen Wandersmann
eilte, der auch nicht hinüberkonnte, und auch diesen
herübertrug. Da ging
Diogenes zu ihm und sprach: »Jetzt bin ich dir nicht mehr
dankbar für das, was du getan hast, denn ich sehe, daß du nicht
freiwillig, sondern krankhaft handelst.«
Diese Geschichte zeigt, daß derjenige, der außer anständigen
Menschen auch einem ekelhaften Kerl einen Liebesdienst erweist,
nicht als Menschenfreund, sondern eher als töricht anzusehen
ist.
Ein Fuchs zu einem Bild
Ein Fuchs kam in die Werkstatt eines Bildhauers und sah sich
jede der dort befindlichen Statuen genau an.
Da stieß er auf die Büste eines Tragödiendichters, hob sie hoch
und rief: »Was für ein herrlicher Kopf ohne Gehirn!«
Die Geschichte paßt auf einen Menschen, der zwar einen
großartigen Körper hat, aber ansonsten ohne Vernunft ist.
Esel und Hund
Ein Esel und ein Hund zogen gemeinsam des Weges. Am Boden fanden
sie einen versiegelten Brief. Der Esel hob ihn auf, brach das
Siegel und entfaltete das Blatt, und vor dem Hunde las er laut
den Brief. Der handelte von Weide und von Heu, jawohl, und auch
von Spreu. Mißmutig hörte ihm der Hund, als er dies vorlas, zu,
dann sprach er zu dem Esel also: »Lies doch ein wenig weiter
noch, vielleicht daß über Fleisch und Knochen du noch etwas
findest.« Doch als den ganzen Brief der Esel durchgelesen und
nicht gefunden hatte, was der Hund verlangte, sprach der: »So
wirf das Ding denn weg, mein Freund, da nichts als baren Unsinn
es enthält.«
Esel, Hahn und Löwe
Auf irgendeinem Hof lebten ein Esel und ein Hahn. Als ein
hungriger Löwe den Esel sah, ging er unverzüglich hin, um ihn
aufzufressen. Beim Lärm des krähenden Hahnes bekam der Löwe aber
einen gewaltigen Schrecken – es heißt nämlich, daß die Löwen vor
dem Geschrei der Hähne Angst haben – und wandte sich zur Flucht.
Der Esel wurde übermütig bei dem Gedanken, daß sich der Löwe vor
einem Hahn fürchtete, und lief hinaus, um diesen zu verfolgen.
Aber als der Löwe weit genug entfernt war, fraß er ihn auf.
So geht es auch manchen Menschen: Sie sehen, daß sich ihre
Feinde zurückziehen und fassen deshalb Mut; dann aber werden sie
von ihnen unversehens vernichtet.
Herakles und Athene
Auf engem Pfad zog Herakles des Weges. Da sah er etwas
auf dem Boden liegen, das wie ein Apfel aussah,
und versuchte es zu zerdrücken. Da sah er, wie das Ding doppelt
so groß wurde: so bearbeitete er es noch stärker und schlug mit
seiner Keule darauf: es wurde aber daraufhin so groß, daß es den
ganzen Weg versperrte.
Er warf seine Keule fort und stand ratlos da. Da erschien ihm
Athene und sprach: »Hör' auf, Bruder: das ist der
Zank und Streit. Läßt man ihn ungeschoren, so bleibt er, wie er
war, bekämpft man ihn aber, so schwillt er an,
wie du siehst.«
Kampf und Streit verursachen großen Schaden.
Herakles und Plutos
Nachdem Herakles zum Gott erhoben worden war und an der Tafel
des Zeus saß, begrüßte er jeden einzelnen der Götter mit großer
Freundlichkeit. Und als nun schließlich Plutos hereinkam,
drückte er ihn auf den Boden und ließ ihn nicht hereinkommen.
Zeus wunderte sich darüber und fragte ihn nach dem Grund,
weshalb er alle Götter freundlich angeredet habe und nur Plutos
als unerwünscht betrachte. Da sagte Herakles: »Ich halte ihn
deshalb für unerwünscht, weil ich ihn, als ich mich noch unter
den Menschen aufhielt, meistens in Begleitung schlechter
Menschen sah.«
Die Geschichte könnte auf einen Mann zutreffen, der reich ist,
was sein äußeres Schicksal angeht, aber arm ist,
wenn man seinen Lebenswandel betrachtet.
Hermes und Teiresias
Hermes wollte prüfen, ob die Kunst des blinden Sehers
Teiresias wirklich auf die Wahrheit ziele. Er stahl ihm die
Rinder vom Feld. Dann kam er in der Gestalt eines Menschen zu
ihm in die Stadt und ließ sich von ihm gastlich aufnehmen. Als
dann dem Teiresias berichtet wurde, daß ihm sein Rindergespann
gestohlen war, ging er mit Hermes zu einem Platz außerhalb der
Stadt, um einen Vogel über den Diebstahl zu befragen. Er bat
Hermes, ihm zu sagen, was für einen Vogel er sehe. Hermes sah
zuerst einen Adler von links nach rechts fliegen. Das sagte er
Teiresias. Als Teiresias aber darauf hinwies, daß der Adler
nichts mit ihnen zu tun habe, sah Hermes beim zweiten Hinschauen
eine Krähe auf einem Baum sitzen, die einmal nach oben blickte
und einmal sich der Erde zuwandte. Das teilte er Teiresias mit.
Der sagte daraufhin: »Ja, diese Krähe schwört beim Himmel und
bei der Erde, daß ich, wenn du willst, meine Rinder
wiederbekommen werde.«
Diese Geschichte könnte man auf einen Dieb anwenden.
Anmerkung:
Teresias ist auch eine wichtige Figur im »Ödipus« des Sophokles.
Dort trägt er dazu bei, das Lebensschicksal des Königs Ödipus zu
enthüllen.
Hermes und der Bildhauer
Hermes wollte wissen, wie angesehen er bei den Menschen war. Er
nahm die Gestalt
eines Menschen an und ging in die Werkstatt eines Bildhauers.
Dort sah er das Bildnis des Zeus und fragte: »Was kostet es?«
Als der Bildhauer antwortete: »Eine Drachme«, lachte Hermes und
fragte: »Wie teuer ist das Bild der Hera?« - »Es kostet noch
mehr«,
antwortete der Bildhauer. Dann sah er auch sein eigenes Bildnis
und nahm an, da er doch der Götterbote und ein tüchtiger
Kaufmann war, daß die Menschen ihn besonders schätzten. Darum
fragte Hermes: »Was kostet der?« Der Bildhauer erwiderte: »Wenn
du die beiden anderen kaufst, werde ich dir diesen dazugeben.«
Die Geschichte paßt auf einen ruhmsüchtigen Menschen, der in den
Augen der anderen nichts gilt.
Hermes und die Erde
Zeus schuf den Mann und die Frau. Er befahl Hermes, sie
auf die Erde zu bringen und ihnen zu zeigen, wo sie graben
könnten, um sich eine Wohnung zu schaffen. Als Hermes den Befehl
ausgeführt hatte, leistete die Erde zunächst Widerstand. Aber
als Hermes sie zwang, indem er sagte, Zeus habe dies angeordnet,
entgegnete sie: »Ja, sie sollen nur graben, so tief sie wollen.
Denn stöhnend und weinend werden sie die Erde wieder
zurückgeben.«
Die Geschichte paßt gut auf diejenigen, die sich bedenkenlos
etwas leihen, dies aber unter Schmerzen zurückgeben.
Hermes und die Handwerker
Zeus gab Hermes den Auftrag, allen Handwerkern das Gift
der Lüge zu geben. Hermes stellte es her und gab jedem die
Dosis, die zu ihm paßte. Als aber schließlich allein der
Schuhmacher noch übrig blieb und noch viel Gift vorhanden war,
nahm Hermes den ganzen Rest und flößte ihn dem Schuhmacher ein.
Dadurch geschah es, daß alle Handwerker lügen, am meisten von
allen aber die Schuhmacher.
Die Geschichte paßt gut zu einem Lügner.
Jäger und Reiter
Ein Jäger hatte einen Hasen erlegt und zog mit ihm des Weges. Da
begegnete ihm ein Mann zu Pferde, der ihn bat, ihm den Hasen
einmal zu geben, unter dem Vorwand, er wolle ihn kaufen. Sobald
der Reiter aber den Hasen in der Hand hatte, sprengte er in
vollem Galopp davon. Der Jäger lief hinterher, im Glauben, er
könnte ihn einholen. Als sich aber der Vorsprung des Reiters
immer mehr vergrößerte, rief ihm der Jäger, ob er es auch ungern
tat, nach: »Geh nur, ich wollte dir den Hasen ohnehin schenken.«
Die Geschichte zeigt, daß viele, denen man ihren Besitz gegen
ihren Willen wegnimmt, so tun, als hätten sie ihn freiwillig
hergegeben.
Jüngling und Pferd
Ein Jüngling bestieg ein wildes Pferd, das mit ihm
durchging, er konnte von dem rasendem Roß nicht mehr absteigen.
Es traf ihn einer und fragte ihn: »Wohin reitest du?« - er
deutete auf das Pferd und rief: »Wohin es ihm beliebt.«
So werden auch viele auf die Frage, »wohin treibt ihr?«
wahrheitsgemäß einfach antworten müssen: »wohin es meinen
Trieben beliebt,« je nachdem einer der Sinnesfreude nachstrebt,
oder dem Ruhm, oder vielleicht der Gewinnsucht, manchmal ist es
Zorn, manchmal Furcht, manchmal etwas anderes, das sie
fortreißt.
Knaben und Frösche
Einige mutwillige Knaben machten sich eines Tages die
größte Freude daraus, an einem Teiche jeden Frosch, so wie er
hervortauchte, mit Steinen zu bewerfen. je mehr Frösche sie
verwundeten, je größer und lauter wurde das Geschrei, bis
endlich ein alter Frosch auftauchte und ihnen zurief: »Kinder,
bedenkt doch, was ihr tut, daß ihr uns armen Tiere, die euch
nichts Böses taten, quält und schuldlos tötet.«
Dies machte die Knaben aufmerksam, sie dachten darüber nach und
gingen beschämt nach Hause.
Quäle nie ein Tier zum Scherz, denn es fühlt wie du den Schmerz.
Mäuse und Katzen
Zwischen Mäusen und Katzen war Krieg. Aber immer waren die Mäuse
die Unterlegenen, wenn sie in den Krieg zogen. Sie nahmen an,
daß sie dies erdulden müßten, weil sie keine Regierung hätten.
Deshalb suchten sie einige aus ihren Reihen aus und wählten sie
zu ihren Feldherren. Weil diese den Wunsch hatten, deutlicher
erkennbar zu sein als die anderen, machten sie sich Hörner und
setzten sie sich auf die Köpfe. Als aber der Kampf begonnen
hatte, ergab es sich wieder, daß die Mäuse allesamt unterlegen
waren. Alle übrigen flüchteten also zu ihren Mauselöchern und
schlüpften auch leicht hinein. Die Feldherrn aber konnten wegen
ihrer Hörner nicht hineingelangen, wurden gefangen und
aufgefressen.
So wird für viele die eitle Ruhmsucht zur Ursache ihres
Verderbens.
Mensch und Riese
Ein frommer Mann, der alles, was sich ziemte, auch
gehörig ausführte, lebte ziemlich lange Zeit einträchtig bei
seinen Kindern. Dann aber geriet er in äußerste Bedürftigkeit;
mit tödlichem Schmerz in der Seele fluchte er der Gottheit und
sah sich gezwungen, sich selber umzubringen. Er nahm also ein
Schwert mit sich und ging hinaus in die Wildnis, denn er wollte
lieber sterben als elend leben. Als er so ging, fand er zufällig
eine sehr tiefe Grube; darin lag ein großer Haufen Goldes, das
hatte ein Riese, der Kyklops hieß, dort eingelagert. Als der
fromme Mann das Gold sah, erfüllten ihn alsbald Furcht und
Freude über die Maßen. Er warf sein Schwert weg, nahm das Gold
fort und ging wohlgemut heim zu seinen Kindern. Als nun Kyklops
zu der Grube kam und sein Gold nicht mehr fand, sondern nur das
Schwert dort liegen sah, ergriff er es sogleich und brachte sich
um.
Die Geschichte zeigt, daß den Bösen, wie es ihnen gemäß ist,
Übles zustößt, den Guten und Frommen aber ist Gutes beschieden.
Prometheus und die Menschen
Gemäß dem Gebot des Zeus erschuf Prometheus Menschen und
Tiere. Als Zeus aber sah, daß der unvernünftigen Tiere viel mehr
waren, befahl er ihm, einige Tiere abzuschaffen und sie zu
Menschen umzugestalten. Der folgte dem Gebot, und so kam es, daß
die solchermaßen Umgeformten zwar Menschengestalt aber tierische
Natur haben.
Dies ist ein Zeugnis gegen tierische und jähzornige Menschen.
Sohn und Vater, oder der gemalte Löwe
Ein alter furchtsamer Mann hatte einen einzigen Sohn von edler
Art, den es zur Jagd zog; da sah er im Traum, wie sein Sohn von
einem Löwen getötet wurde. Aus Furcht, der Traum könne sich
verwirklichen, ließ er ein sehr schönes, hochgelegenes Zimmer
erbauen, und darin hielt er seinen Sohn eingeschlossen. In dem
Zimmer ließ er zum Ergötzen seines Sohnes allerlei Tiere,
darunter auch einen Löwen, an die Wände malen.
Als der Sohn die Bilder sah, betrübten sie ihn noch mehr; er
stellte sich vor den Löwen und rief: »Du elendes Vieh, um
deinetwillen und wegen eines Lügentraumes bin ich hier in meines
Vaters Haus eingeschlossen wie in einem Gefängnis. Dir will
ich's geben!« Mit diesen Worten hieb er seine Faust gegen die
Wand, um dem Löwen die Augen auszuschlagen. Dabei aber trieb er
sich einen Splitter in den Finger; es kam zur Schwellung, zur
Entzündung und Blutvergiftung, bis hohes Fieber bald zum Tode
führte. So hatte denn ein Löwe den Sohn getötet, ohne daß seines
Vaters Kunstgriff ihm genutzt hätte.
Die Geschichte zeigt, daß niemand seinem Schicksal entgehen
kann.
Stier, Löwin und Wildschwein
Ein Stier fand einen Löwen schlafend und tötete ihn mit
seinen Hörnern. Des Löwen Mutter stand bei ihm und weinte
bitterlich. Von weitem sah sie ein Wildschwein, wie sie
jammerte, und sprach zu ihr: »Wie viele Menschen weinen jetzt
nicht, deren Kinder ihr umgebracht habt.«
Mit welchem Maße einer mißt, soll auch er gemessen werden.
Vom Fuchs und Hahn
Ein hungriger Fuchs kam einstmals in ein Dorf und fand einen
Hahn; zu dem sprach er also: »O mein Herr Hahn, welche schöne
Stimme hat dein Herr Vater gehabt! Ich bin darum zu dir hierher
gekommen, daß ich deine Stimme hören möchte. Darum bitt ich
dich, daß du mir singst mit lauter Stimme, damit ich hören möge,
ob du eine schönere Stimme habest oder dein Vater.«
Da erschwang der Hahn sein Gefieder, und mit geschlossenen Augen
fing er an, auf das lauteste zu krähen. Indem sprang der Fuchs
auf und fing ihn und trug ihn in den Wald. Als das die Bauern
gewahr wurden, liefen sie dem Fuchs nach und schrieen: »Der
Fuchs trägt unsern Hahn fort!« Als der Hahn das hörte, sprach er
zu dem Fuchs: »Hörst du, Herr Fuchs, was die groben Bauern
sagen? Sprich du zu ihnen: »Ich trage meinen Hahn und nicht den
euern.«
Da ließ der Fuchs den Hahn aus dem Maule und sprach: »Ich trage
meinen Hahn und nicht den euern.« Indem flog der Hahn auf einen
Baum und sprach: »Du lügst, Herr Fuchs, du lügst, ich bin des
Bauern, nicht dein.«
Da schlug der Fuchs sich selbst mit den Händen aufs Maul und
sprach: »O du böses Maul, wie viel schwätzest du? Wie viel
redest du Unnützes? Hättest du jetzt nicht geredet, so hättest
du deinen Raub nicht verloren.«
Wer Unmögliches verspricht
Ein armer Mann war krank, und es ging ihm sehr schlecht.
Als er schon von seinen Ärzten aufgegeben war, gelobte er, den
Göttern ein aufwendiges Opfer darzubringen und Weihgeschenke
aufzustellen, wenn er erst einmal wieder gesund wäre. Als seine
Frau ihn aber fragte (sie stand nämlich gerade an seinem Bett):
»Und womit willst du das bezahlen?« antwortete er: »Glaubst du
denn wirklich, daß ich wieder aufstehen werde, damit die Götter
das auch von mir einfordern können?«
Die Geschichte zeigt, daß die Menschen leicht etwas versprechen,
wovon sie nicht erwarten, daß sie es jemals einlösen werden.
Wie ein Fuchs seinen Bauch
übermäßig gefüllt hatte
Als ein hungriger Fuchs sah, daß irgendwelche Hirten in
einer hohlen Eiche Brot und Fleisch versteckt hatten, kroch er
hinein und fraß alles auf. Als er seinen Bauch übermäßig gefüllt
hatte, jammerte und klagte er. Als er sein Klagen hörte, lief
ein anderer Fuchs zu ihm hin und fragte ihn nach den Grund
seines Klagens. Nachdem er alles, was geschehen war, erfahren
hatte, sagte er zu ihm: »Nun mußt du so lange hier bleiben, bis
du wieder so bist, wie du warst, als du hineingingst, und dann
wirst du wieder leicht herauskommen.«
Die Geschichte zeigt, daß die Zeit alle Schwierigkeiten aufhebt.
Winter und Frühling
Der Winter verspottete den Frühling und schalt ihn, daß keiner
mehr Ruhe habe, sobald er nur erscheine: der eine läuft in
Wiesen und Haine, wo man, wenn es einem gefällt, Lilien und
andere Blumen pflücken und sogar eine Rose aufmerksam betrachten
oder sich ins Haar stecken kann, ein anderer besteigt ein
Schiff, durchquert das Meer und kommt am Ende, wenn er Glück
hat, zu anderen Menschen, braucht sich doch niemand mehr um
Stürme oder starke Regengüsse Sorgen machen. »Ich aber«, fuhr
der Winter fort, »gleiche einem Herrn und Gebieter; nicht zum
Himmel, sondern hinab zur Erde befehle ich zu sehen, gebiete
Furcht und Zittern und zwinge die Leute, mitunter ganze Tage
bescheiden im Hause zuzubringen.« - »Eben darum«, erwiderte der
Frühling, »trennen sich ja die Leute so gern von dir. Von mir
dagegen ist ihnen schon der bloße Name angenehm, und es ist ja
auch, bei Zeus, der schönste von allen Namen! Darum erinnern sie
sich meiner auch, wenn ich fern bin, und jubeln stolz, wenn ich
mich zeige.«
Wolf und Esel
Ein Wolf, als oberster Kommandant der anderen Wölfe,
erließ ein Gesetz, wonach hinfort jeder die Beute, die er
erjagte, mitbringen müsse, um sie unter allen zu verteilen. Das
hörte ein Esel, schüttelte vor Lachen seine Mähne und sprach:
»Wohl gesprochen, Herr Obergeneral der Wölfe. Aber warum hast du
das Wild, das du gestern erlegtest, heimlich in dein Lager
geschafft, um es selbst zu fressen?« Der verblüffte Wolf hob das
Gesetz auf.
Die Geschichte zeigt, daß diejenigen, die sich anmaßen, Gesetze
zu erlassen, sich an die eigene Satzung und Recht nicht halten.
Wolf und Lämmchen
Ein Wolf setzte einem Lämmchen nach, und das flüchtete sich in
einem Tempel. Der Wolf rief ihm zu, der Priester werde es dem
Gotte opfern, wenn er es finge. Da sprach es: »Lieber will ich
eines Gottes Opfer werden als von dir zerrissen zu werden.«
Die Geschichte zeigt, daß, wenn man schon sterben muß, ein Tod
in Ehren besser ist.
Wolf und Löwe
Es schweifte einst der Wolf dahin durch wüstes Land, als
sich die Sonne neigte schon zum Untergang. Da sah er seinen
langen Schatten, und er sprach: »Ich soll den Löwen fürchten, da
so groß ich bin, wohl hundert Fuß an Länge? Käme mir es nicht
zu, daß füglich ich der Herrscher aller Tiere sei? Den Wolf, den
Prahler, packte gleich der starke Leu und fraß ihn auf. Der
schrie – jetzt wußte er es besser ja: »Ins Unglück stürzt sich
einer, der sich überschätzt.«
Zeus, Prometheus, Athene, Momos
Zeus, Prometheus und Athene schufen etwas: Zeus einen
Stier, Prometheus einen Menschen und Athene ein Haus. Sie
wählten Momos als Schiedsrichter aus. Der aber beneidete die
Götter um ihre Werke und sagte zunächst, Zeus habe einen Fehler
gemacht, weil er dem Stier die Augen nicht auf die Hörner
gesetzt habe, damit er genau sehen könne, wohin er stoße.
Prometheus habe ebenfalls etwas falsch gemacht, weil er das
Gehirn des Menschen nicht außen an den Körper gehängt habe,
damit die Übeltäter nicht verborgen blieben, sondern alles, was
jeder einzelne im Sinn habe, sichtbar sei. Drittens hielt er der
Göttin Athene vor, daß sie Töpferscheiben unter dem Haus hätte
anbringen sollen, damit man, wenn man einen bösen Nachbarn habe,
sich leicht in eine andere Richtung drehen könne.
Da war Zeus sehr ärgerlich auf Momos wegen seiner Nörgelei und
warf ihn aus dem Olymp.
Anmerkung:
Momos ist der Gott des nörgelnden Tadels, die Personifikation
der Nörgelei.
Zeus und Apollon
Zeus und Apollon stritten über die Kunst des Bogenschießens. Als
Apollon den Bogen gespannt und den Pfeil abgeschossen hatte,
machte Zeus einen so großen Schritt, wie Apollon schoß.
So machen sich diejenigen, die mit Stärkeren streiten, abgesehen
davon, daß sie jene nicht erreichen,
auch noch
zum Gespött.
Zeus und der Fuchs
Weil Zeus die Schlauheit und die List des Fuchses bewunderte,
gab er ihm die Herrschaft über die vernunftlosen Tiere. Er
wollte aber erfahren, ob der Fuchs mit der Veränderung seiner
Stellung auch seine kleinliche Gesinnung abgelegt habe. Als er
in einer Sänfte getragen wurde, ließ Zeus einen Käfer vor ihm
herfliegen. Da konnte er sich aber nicht beherrschen, und als
der Käfer um die Sänfte herumflog, sprang er einfach hinaus und
versuchte, ihn zu fangen. Zeus aber ärgerte sich darüber und gab
ihm seine ursprüngliche Stellung wieder zurück.
Die Geschichte zeigt, daß die einfachen Menschen, auch wenn sie
eine ziemlich hohe Stellung erreichen,
ihr Wesen nicht verändern.
Zeus und die Menschen
Als Zeus die Menschen erschaffen hatte, befahl er Hermes,
ihnen Vernunft einzuflößen. Und jener goß in jeden einzelnen die
gleiche Portion hinein. So kam es, daß die Kleinwüchsigen von
ihrer Portion ganz ausgefüllt waren
und vernünftig wurden, während bei den Großen der Trank nicht
den ganzen Körper ausfüllte, so daß sie dümmer wurden.
Das trifft auf einen Menschen zu, der zwar körperlich groß ist,
aber nichts im Kopf hat.
Zeus und die Schildkröte
Als Zeus heiratete, lud er alle Tiere ein. Als aber
allein die Schildkröte zu spät gekommen
war, wußte er den Grund für ihre Verspätung nicht. Er fragte
sie, warum sie als einzige nicht zum Festmahl gekommen sei. Sie
antwortete: »Das eigene Haus ist das beste Haus.« Zeus ärgerte
sich über sie und bewirkte, daß sie sich ihr eigenes Haus selbst
aufladen und herumtragen mußte.
So ziehen es auch viele Menschen vor, einfach zu wohnen, statt
bei anderen aufwendig zu leben.
Zeus und die Schlange
Als Zeus heiratete, brachten alle anderen Tiere
Geschenke. Die Schlange aber kam kriechend mit einer Rose im
Maul herauf. Als Zeus sie sah, sagte er: »Von allen Tieren bekam
ich Geschenke, die sie mir mit ihren Pfoten überreichten; aus
deinem Maul aber nehme ich nichts an.«
Die Geschichte zeigt, daß die Liebesgaben aller Bösen stets
furchterregend sind.
Zwei Hunde
Jemand hatte zwei Hunde. Den einen bildete er zu einem Jagdhund
aus, den anderen machte er zu einem Wachhund. Jedes Mal wenn der
Jagdhund zur Jagd ging und etwas fing, warf der Herr auch dem
anderen Hund ein Stück Fleisch vor. Darüber ärgerte sich der
Jagdhund und beschimpfte den anderen, weil er selbst immer auf
Jagd gehen und große Anstrengungen ertragen müsse, der andere
aber nichts tue und nur das zu genießen brauche, was er unter
großen Mühen beschaffe. Da sagte jener zu ihm: »Aber schimpf
doch nicht mit mir, sondern mit dem Herrn, der mir nicht
beigebracht hat, selbst zu arbeiten, sondern nur von der Arbeit
anderer zu leben.«
In diesem Sinne darf man auch faulen Kindern keine Vorwürfe
machen, wenn ihre Eltern sie nicht anders erziehen.
Zwei Krebse
»Geh doch gerade und vorwärts!« rief einem jungen
Krebs seine Mutter zu.
»Von Herzen gerne, liebe Mutter«, antwortete dieser, »nur möchte
ich es dich ebenso machen sehen.«
Jedoch vergeblich war der Mutter Anstrengung und sichtbar ihre
Klügelei und Tadelsucht.
Gib keine Befehle, die man nicht vollbringen kann, und tadle an
andern keine Fehler, die du selbst begehst.
Zwei Krüge
Zwei Krüge riß der Fluß dahin; einer war aus Ton, der andere aus
Erz. Da sprach der Irdene zum Ehernen: »Schwimm weit entfernt
von mir und nicht zu nah, denn wenn du an mir anprallst,
zerbreche ich, auch wenn ich bei dir nicht anstoßen will.«
Riskant ist das Leben eines Armen, der nahe einem hohen Herren
wohnt.
Zwei Maultiere und die Räuber
Zwei Maulesel gingen mit viel Gepäck beladen: Einer trug einen
Korb mit Geld,
der Andere trug einen Sack mit viel Gerste. Jener geht durch die
Last reich mit erhobenem Hals, der Begleiter folgt mit sehr
eiligen Schritten.
Plötzlich eilen Räuber aus ihren Verstecken und verletzen den
Maulesel mit dem Eisen,
sie rauben die Geldstücke, sie beachten die billige Gerste
nicht.
Der Beraubte weint also um sein Schicksal. »Ich jedenfalls,«
sagt der Andere, »freue
mich, daß ich verachtet worden bin; denn ich habe nichts
verloren oder bin durch Wunden verletzt worden.
Zwei Mistkäfer
Auf einer kleinen Insel weidete ein Stier. Von seinem
Mist ernährten sich zwei Mistkäfer. Als nun aber der Winter kam,
sagte der eine zu seinem Freund, er wolle zum Festland
übersetzen, damit für den anderen, wenn er allein auf der Insel
sei, das Futter ausreiche. Er selbst gehe dorthin, um den Winter
zu verbringen. Er sagte aber auch, falls er viel Futter finde,
werde er es auch ihm mitbringen. Er kam zum Festland und fand
dort eine Menge saftigen Mist. Er blieb dort und ernährte sich
davon. Als der Winter vorbei war, flog er wieder zur Insel. Als
der andere sah, wie feist und wohlgenährt er war, warf er ihm
vor, daß er ihm trotz seines früheren Versprechens nichts
mitgebracht habe. Da sagte er: »Mach mir keine Vorwürfe, sondern
vielmehr der Beschaffenheit des Platzes. Denn man kann sich dort
zwar ernähren, aber nichts wegbringen.«
Die Geschichte könnte auf diejenigen passen, die ihre
Freundschaften nur so lange halten, bis sie satt sind, darüber
hinaus aber ihren Freunden nicht mehr helfen.
Zwei Ranzen
Jeder Mensch trägt zwei Ranzen, einen vorne, den anderen
hinten, beide voller Fehler. Der vordere enthält die Fehler
anderer, der rückwärtige die eigenen des Trägers. Daher sehen
die Menschen ihre eigenen Fehler nicht, die der anderen aber
ganz genau.
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