Fabelverzeichnis
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Burkhart von Hohenfels

Über seine Lebensumstände ist wenig bekannt.
Urkundlich nachgewiesen ist Burkart zwischen 1212 und 1242.

Die Trümmer der Stammburg dieses schwäbischen Adelsgeschlechtes stehen noch bei Ueberlingen
am Bodensee. Hohenfels gehört zu dem Kreise ritterlicher Sänger, die wir in Beziehung
zu dem jungen König Heinrich, Friedrich II. sehen.

In einer Urkunde des Königs begegnet er uns zuerst 1226.
Ab 1222 war er mehrfach am Hofe des Königs Heinrich VII.
Er war ein Zeitgenosse Neidharts und setzte als erster den anspruchsvollen "geblümten"
Stil in seinen Liedern ein.



 

Ich wil reigen
 

Ich will tanzen
 

Anmerkung zu Strophe 1/9:
von strôwe ein schapel, der Strohkranz ist hier Sinnbild für eine >freie< Liebe im Unterschied zum Rosenkranz, der die Ehe symbolisiert.

 

1.
»Ich wil reigen,«
sprach ein wünniclîchiu magt.
»disen meigen
wart mir fröide gar versagt.
nu hât mîn jâr ein ende:
des bin ich frô.
nieman mich fröiden wende,
mîn muot stêt hô.
mirst von strôwe ein schapel und mîn frîer muot
lieber danne ein rôsenkranz, sô bin ich behuot.«

2.
»Lâz erbarmen
dich,« sprach ir gespil zehant,
»daz mich armen
niht geschuof diu gotes hant,
wan sî geschuof mich rîchen.
hî waere ich arn,
sô wolte ich mir dir strîchen,
ze fröiden varn.
mirst von strôwe ein schapel und mîn frîer muot
lieber danne ein rôsenkranz, sô bin ich behuot.«

3.
»Est verdrozzen
hie, sît mîn müemel hât
vor beslozzen
mir die mîne liehten wât.
trûr ich, si giht ich gwinne
von liebe nôt:
fröw ich mich, daz tuot minne.
wan waer si tôt!
mirst von strôwe ein schapel und mîn frîer muot
lieber danne ein rôsenkranz, sô bin ich behuot.«

4.
»Wiltu sorgen,
waz sol dir dîn schoener lîp?
du solt morgen
sant mir, trûren von dir trîp.
ich wil dich lêren snîden,
wis fröiden vol:
tuot daz wê, wir sunz mîden,
uns wirt sus wol.
mirst von strôwe ein schapel und mîn frîer muot
lieber danne ein rôsenkranz, sô bin ich behuot.«

5.
»Ich hân schiere
mir gedâht einen gerich:
wan ich zwiere,
swâ man zwinket wider mich.
sin lât mich niender lachen
gen werdekeit:
sô nim ich einen swachen,
daz ist ir leit.
mirst von strôwe ein schapel und mîn frîer muot
lieber danne ein rôsenkranz, sô bin ich behuot.«

 

1.
»Ich will tanzen,«
sagte ein reizendes Mädchen.
»In diesem Mai
wurde mir überhaupt kein Vergnügen erlaubt.
Nun ist mein Dienstjahr zu Ende,
darüber bin ich froh.
Niemand soll mich an meiner Freude hindern,
denn ich bin in guter Stimmung.
Mir sind ein Kranz von Stroh und meine Unbeschwertheit
lieber als ein Rosenkranz: Das ist mein Schutz.«

2.
»Laß dich erbarmen,«
sagte ihre Freundin sogleich,
»daß mich Gottes Hand
nicht zu einem armen, einfachen Mädchen werden ließ,
denn sie schuf mich reich und vornehm.
Hei, wäre ich niederen Standes,
dann würde ich mit dir losziehen
und mich vergnügen.
Mir sind ein Kranz von Stroh und meine Unbeschwertheit
lieber als ein Rosenkranz: Das ist mein Schutz.«

3.
»Es ist verdrießlich
hier, weil meine Tante
mein helles Kleid
vor mir verschlossen hat.
Bin ich traurig, dann behauptet sie,
die Liebe brächte mir Kummer,
freu ich mich, dann bewirkt das die Minne.
Wenn sie nur tot wäre!
Mir sind ein Kranz von Stroh und meine Unbeschwertheit
lieber als ein Rosenkranz: Das ist mein Schutz.«

4.
»Wenn du Trübsinn blasen willst,
was nützt dir dann deine Schönheit?
Komm morgen
mit mir, vertreibe den Kummer!
Ich will dich schneidern lehren,
freu dich nur!
Wenn das wehtut, werden wir es meiden,
dann wird uns wohl.
Mir sind ein Kranz von Stroh und meine Unbeschwertheit
lieber als ein Rosenkranz: Das ist mein Schutz.«

5.
»Ich habe mir schon ausgedacht,
wie ich mich räche,
denn ich blicke verstohlen dorthin,
wo man mir zuzwinkert.
Sie läßt mich niemals
einem vornehmen Herrn zulächeln;
so nehme ich halt einen einfachen Mann,
das wird sie bekümmern.
Mir sind ein Kranz von Stroh und meine Unbeschwertheit
lieber als ein Rosenkranz: Das ist mein Schutz.«

 

Quelle:
©Reclam 1990/Frauenlieder/Übersetzt und herausgegeben von ©Ingrid Kasten

 

Dô der luft mit sunnen viure

 
Als die Luft mit dem Feuer der Sonne
Ein Frühlings-Tanzlied
 
1.
Dô der luft mit sunnen viure
wart getempert und gemischet,
dar gab wazzer sîne stiure,
dâ wart erde ir lîp erfrischt.
dur wart tougenlîchez smiegen
wart si fröiden frühte swanger.
Daz tet luft, in wil niht triegen:
schouwent selbe ûz ûf den anger.
fröide unde frîheit
ist der werlte für geleit.

2.
Uns treib ûz der stuben hitze,
regen jagte uns în ze dache:
ein altiu riet uns mit witze
in die schiure nâch gemache.
sorgen wart dâ gar vergezzen,
trûren muose fürder strîchen:
fröde hâte leit besezzen,
dô der tanz begunde slîchen.
fröide unde frîheit
ist der werlte für geleit.

3.
Diu vil süeze stadelwîse
kunde starken kumber kränken.
eben trâtens unde lîse,
mengelîch begunde denken
waz in aller liebest waere.
swer im selben daz geheizet,
dem wirt ringe sendiu swaere:
guot gedenken fröide reizet.
fröide unde frîheit
ist der werlte für geleit.

4.
Heinlîch blicken, sendez kôsen
wart dâ von den megden klâren,
zühteclich si kunden lôsen,
minneclîch was ir gebâren.
hôher muot was dâ mit schalle
nâch bescheidenheite lêre.
wunderschoene wârens alle,
. . . . . . . . . . . . . . . . . .
fröide unde frîheit
ist der werlte für geleit.

5.
Sûsâ wie diu werde glestet!
sist ein wunneberndez bilde,
sô si sich mit bluomen gestet:
swer si siht, demst trûren wilde.
des giht manges herze und ougen.
ein ding mich ze fröiden lücket:
sist mir in mîn herze tougen
stahelherteclich gedrücket.
fröide unde frîheit
ist der werlte für geleit.

 
1.
Als die Luft mit dem Feuer der Sonne
gemodelt und gemischt wurde,
da gab das Wasser seine Hilfe dazu,
und der Leib der Erde wurde erfrischt.
Durch ein heimliches Hineinschmiegen
wurde sie schwanger mit Freudenfrüchten.
Dies bewirkte die Luft, ich lüge nicht:
schaut selbst hinaus auf die Wiese.
Freude und Freiheit sind
vor der Welt ausgebreitet.

2.
Uns hat die Hitze aus der Stube hinausgetrieben,
doch der Regen jagte uns wieder unters Dach:
Eine alte Frau gab uns den klugen Rat,
wir sollten es uns in der Scheuer bequem machen.
Da vergaßen wir die Sorge,
die Trauer mußte verschwinden:
die Freude hat den Kummer besiegt.
als der Tanz zu schreiten begann.
Freude und Freiheit sind
vor der Welt ausgebreitet.

3.
Diese so süße Tanzmelodie
konnte auch starken Kummer vertreiben.
Sie tanzten gleichmäßig und ohne Hast.
Viele dachten daran,
was ihnen das Liebste wäre.
Wer sich das vorstellen kann,
dem verringert sich die sehnsuchtsvolle Beschwernis:
Frohe Hoffnung ruft Freude hervor.
Freude und Freiheit sind
vor der Welt ausgebreitet.

4.
Ein heimliches Blicken, ein sehnsüchtiges Kosen
geschah da von den schönen Mädchen.
In allem Anstand verstanden sie zu flirten,
ihr Benehmen zeigte liebliche Eleganz.
Freudige Stimmung war laut zu hören,
aber stets so, wie es sein sollte.
Wunderschön waren sie alle,
. . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Freude und Freiheit sind
vor der Welt ausgebreitet.

5.
Hei, wie die Schöne strahlt!
Sie ist ein freudebringender Anblick,
wenn sie sich so mit Blumen schmückt.
Wer sie ansieht, den verläßt die Trauer.
Das sagen viele Herzen und Augen.
Etwas verlockt mich zu höchster Freude:
daß sie nämlich heimlich, aber mit
stählener Härte in mein Herz eingedrückt ist.
Freude und Freiheit sind
vor der Welt ausgebreitet.

 
Quelle:
©Reclam 1993 Deutsche Gedichte des Mittelalters/Ausgewählt, übersetzt und erläutert von ©UlrichMüller/©Gerlinde Weiss

 
Sî gelîchet sich der sunnen
 
Sie gleicht der Sonne
 
1.
Sî gelîchet sich der sunnen,
diu den sternen nimt ir schîn,
die dâ vor sô liehte brunnen.
alsus nimt diu frouwe mîn
allen wîben gar ir glast.
si sint deste unschœner niht.
êre ist ir, si ist niht id gast.
alle tugent sî gar zündet,
daz der werlte fröide kündet.
dâ von man ir prîses giht.

2.
Dô mîn wilder muot vil tougen
streich nâch fröide in elliu lant,
dô lûhten ir liehten ougen.
er fuor dar, dâ von si in bant
mit ir stæten wîbes zuht.
ich viel mit im in den stric.
wir hân von ir keine fluht,
wir hân aber den gedingen,
daz ir spilnden ougen swigen
unde uns werfen einen blic.

3.
Dô mîn muot sît wolde fliegen
alse ein valke in fröiden gir,
sô moht er si niht betriegen.
er muos aber wider zir,
von der er verstolne flouc.
er vorhte, si næme es war,
ob er sî mit wandel trouc
unde er anders wolde denken.
dô dûhte in, si wolde wenken.
alsô swanc er wider dar.

~0~0~0~0~

 
1.
Sie gleicht der Sonne,
die die Sterne verblassen läßt,
die zuvor so hell schienen.
Ebenso nimmt meine Herrin
allen anderen Frauen völlig ihren Glanz.
Diese sind aber darum keineswegs weniger schön.
Ehre kommt ihr zu, sie ist ihr nicht fremd.
Alle Tugend bringt sie zum Entflammen,
so daß sie von der Freude der Welt kündet.
Deshalb rühmt man sie.

2.
Da mein wilder Sinn heimlich
im Flug in allen Ländern nach Freude suchte,
da leuchteten ihre strahlenden Augen.
Er stieß darauf zu, so kam es, dass sie ihn fesselte
mit der feinen Sittsamkeit ihrer weiblichen Beständigkeit.
Zusammen mit dem >Sinn< wurde auch ich verstrickt.
Wir können nicht fliehen vor ihr,
wir haben aber die Hoffnung,
daß ihre leuchtenden Augen sich umwenden
und uns einen Blick zuwerfen.

3.
Da mein >Sinn< später wieder davonfliegen wollte,
wie ein Falke in der Gier nach Lust,
da mochte er sie nicht hintergehen.
Er mußte immer wieder zu ihr hin,
von der er heimlich fortgeflogen war.
Er fürchtete, sie nähme es wahr,
wenn er sie mit Wankelmut betröge
und sie anders ausrichten wollte.
Da dachte er, sie könnte sich abwenden.
Also flog er wieder dorthin zurück.

~0~0~0~0~

 
Wir sun den winder in stuben enpfâhen
 
Wir sollen den Winter in der Stube freundlich empfangen
 
1.
Wir sun den winder in stuben enpfâhen,
wol ûf, ir kinder, ze tanze sun wir gâhen!
volget ir mir,
sô sun wir smieren und zwinggen und
zwieren nâch lieplîcher gir

2.
schône umbeslîfen und doch mit gedrange.
breste uns der pfîfen, sô vâhen ze sange,
respen den swanz.
sô sun wir rucken und zocken und zucken.
daz êret den tanz.

3.
Nieman verliese sîner fröiden gewinne,
ie der man kiese sîn trût daz er minne.
sanfte daz tuot.
swie si dâ wenke, sô trefs anz gelenke,
daz kützelt den muot.

4.
Nieman sol stœren die minne ûz dem muote!
er wil si tœren: si wehset von huote.
liep âne wanc,
swie si doch smucket, si luodert,
si lucket ir friundes gedanc.

5.
Fröide uns behuote vor sorclîchen dingen.
slîchendem muote 'z gevider lânt swingen.
nieman sol toben.
wenket si dicke die smierenden blicke,
daz reizet zem kloben.

 
1.
Wir sollen den Winter in der Stube freundlich empfangen!
Wohlauf, ihr jungen Leute, wir wollen zum Tanze eilen!
Wenn ihr mir folgt,
dann werden wir lächeln und zwinkern und
blinzeln nach verliebter Begierde

2.
und uns schön rundum drehen, hübsch dicht beieinander.
Fehlt es uns an Pfeifen, so werden wir singen,
die Schleppe raffen.
So sollen wir hin-und herschieben und zerren und drängen.
Das muß beim Tanz ja so sein.

3.
Niemand soll seinen Lustgewinn einbüßen,
jeder soll sich das Mädchen wählen, das er gernhat.
Das tut gut!
Wenn sie mal stolpert, dann greif nach ihrer Taille!
Das kitzelt die Sinne.

4.
Niemand soll die Minne aus seinem Sinn vertreiben.
Sucht er sie zu täuschen, dann wird sie durch Nachstellung nur größer.
Beständige Liebe,
wie immer sie auch auftritt, sie reizt und
lockt die Phantasie des Geliebten.

5.
Freude soll uns vor allem Schlimmen bewahren.
Laßt die Niedergeschlagenheit wieder die Flügel emporschwingen.
Niemand soll ein Narr sein.
Läßt sie die verheißungsvollen Blicke oft schweifen,
dann verlockt das zur Falle.

 
Quelle:
©Fischer TB Verlag 2004/Minnesang/Herausgegeben, übersetzt von©Helmut Brackert

 
Nach des aren site ir êre
 
Wie ein Adler schwebt ihr Ansehen
 
1.
Nach des aren site ir êre
hôhe sweimet unde ir muot.
schande wenket von ir sêre,
sam vor valken lerche tuot.
swer ir gruoz nimt, derst vor schanden
banden frî; sîst sælden wer.

2.
Der wilde visch in dem bêre
nie gewan sô manegen wanc
als mîn herze in jâmers lêre
nâch ir; dest mîn fröide kranc.
wan mîn frîheit sich für eigen
neigen der vil lieben kann.

3.
Swie der affe sî gar wilde,
doch sô vâhet in sîn schîn,
sô'r im spiegel siht sîn bilde.
sus nimt mir diu frouwe mîn
sin, lîp, herze, muot und ougen
tougen, dest mîn ungewin.

4.
Einen fürsten hân die bîen;
swar der vert, si volgent nâch.
mînen gedenken den frîen
ist sus nâch der lieben gâch.
ir vil fröudenfrühtic lachen
machen kann wol fröude mir.

5.
Der einhürne in megede schôze
gît durch kiusche sînen lîp.
dem wild ich mich wol genôze,
sit ein reine sælic wîp
mich verderbet: an den triuwen,
riuwen mac si der gerich.

 
1.
Wie ein Adler schwebt ihr Ansehen
und ihre Gesinnung in großer Höhe.
Schande flattert von ihr heftig weg,
wie es die Lerche vor dem Falken tut.
Wer auch immer in ihrer Gunst steht,
der ist frei von den Fesseln der Schande; sie ist ein Bürge des Heils.

2.
Der wilde Fisch in dem Netz
erlebte nie ein so häufiges Hin und Her
wie mein Herz im Impuls des Verlangens
nach ihr; davon ist meine Freude angekränkelt.
Denn meine Freiheit wird sich dem
zuneigen, der intensiv lieben kann.

3.
Wie immer der Affe auch unmäßig wild sei,
so fängt ihn doch sein eigenes Aussehen,
wenn er im Spiegel sein Ebenbild sieht.
Genau so raubt mir meine Herrin
meinen Verstand, Körper, Herz, Gesinnung und Augen
auf geheimnisvolle Art; das ist mein Unglück.

4.
Einen Herrscher haben die Bienen;
wohin der sich bewegt – sie folgen ihm nach.
Meine Gedanken an die Freiheit
folgen so eifrig der Geliebten nach.
Ihr so freudvolles Lachen
vermag mir wirklich Freude zu bringen.

5.
Das Einhorn im Schoße von Jungfrauen
gibt um der Keuschheit willen sein Leben hin.
Diesem Tier will ich mich gern vergleichen,
seitdem eine reine, heilbringende Frau
mich zu Grunde richtet: meiner Treu -
meiner Reue kann sie Richter sein.

 
Quelle:
©Marix/ Deutsche Lyrik des Mittelalters/2005/Herausgegeben und kommentiert.©Manfred Stange

 
Mich müet daz sô maniger sprichet
 
Mancher mir zum Leide saget
 
1.
Mich müet daz sô maniger sprichet
sô er mich muoz in jâmer schouwen:
»wer tet dir diz ungemach?
übel sî sich an dir richet,
hâst du daz von dîner frouwen,
der dîn munt ie zbeste sprach,
kann diu dîne fröude zern.
nu hâst du doch mannes bilde:
wie'st dir mannes muot sô wilde,
maht du dich eins wîbes niht erwern?«

2.
Wie möht ich mit der gestrîten
diu so gar gewalteclîche
sitzet ûf mîns herzen turn?
der ist veste an allen sîten,
sô'st si schoene und êren rîche:
wie gehebe ich einen sturm,
daz ich sî getrîbe drabe?
ebenhoehe, katzen, mangen
mügen ir dâ niht erlangen.
lâ sîn: selbe taete, selbe habe.

3.
Sî ist ûf mînes herzen veste
sô gewaltic küneginne
daz si es eine haben wil.
sî vertrîbet al die geste,
die dar ladent mîne sinne
ouch durch kurzewîle spil.
mit ir zuht sî füegen kan
daz mîn muot sô gar veraffet,
daz er anders niht erschaffet,
wan daz er sî swîgent kapfet an.

4.
Leite sî mich zeinem mâle
heim zuo zir gedanke fiure,
sît si mîner fröuden pfliget,
solte ich dâ bî ir tuon twâle,
von der wunnebernden stiure
hete ich sorgen an gesiget.
kaeme ich in ir herzen kamer,
ob sie daz mit willen lieze,
dâ wont ich, daz mich verstieze
niemer wankes zange noch sîn hamer.

5.
Ich kan wunder an der snüere,
ich kan fliegen unde fliezen,
ich kan alle ritterschaft,
eigenlîchen steine ich rüere,
ich kan jagen, birsen, schiezen,
ich hân wîsheit unde kraft.
diz gît wilde gedanken mir.
sô mîn muot als umbe swinget
unde in müede gar betwinget,
wil er ruowen, sô muoz er hin z'ir.

 
1.
Mancher mir zum Leide saget,
der mich muß mit Jammer schauen:
»Wer tat dir dies Ungemach?
Üble Rache, die sie waget!
Hast du das von deiner Frauen,
der dein Mund das Beste sprach,
daß sie Freude dir verzehre?
Du bist doch als Mann geboren!
Ging der Mannesmut verloren?
Eines Weibes Laune dich erwehre!«

2.
Wie möchte ich mit jener streiten,
die mit zwingenden Gewalten
sitzt auf meines Herzens Turm?
Fest ist er von allen Seiten,
Schönheit, Ehre Wache halten.
Wie erhebe ich einen Sturm,
daß ich sie herunter hole?
Der Belagerungsmaschinen
Kunst vermag da nicht zu dienen:
Selbstgetan, die einzige Parole.

3.
Sie ist meiner Herzensfeste
eine Herrin ohne Gnaden,
und sie will es sein allein.
Sie vertreibt mir alle Gäste,
die da meine Sinne laden
mir zu Spiel und Kurzweil ein.
Strenge hält sie mich in Bann,
daß mein Mut mir muß töricht werden
und nichts andres läßt mich schaffen,
als sie schweigend nur zu starren an.

4.
Ließe sie den Platz mich teilen
bei dem Herdbrand ihres Denkens,
die mir so im Herzen liegt,
dürfte dort ich bei ihr weilen!
Durch die Wonne solchen Schenkens
würde all mein Gram besiegt.
Wenn in ihre Herzenskammer
sie mich ein gefügig ließe,
niemals mich von dort verstieße
eines Wankes Zange oder Hammer.

5.
Ich kann auf dem Seile tanzen,
ich kann schwimmen, Volte schlagen,
üben alle Ritterschaft.
Wie ein Fröner kann ich schanzen,
ich kann schießen, pirschen, jagen,
bin gewitzt und voller Kraft.
Kühnen Mut verleiht es mir.
Wenn er toll mich umgeschwungen,
und, von Müdigkeit bezwungen,
ruhen will, so muß er hin zu ihr.

 
Quelle:
©Reclam 1978/Deutscher Minnesang/Nachdichtung©Kurt Erich Meurer.

 


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