Zueignung
Ihr und Ihm
Mancher Wunsch war eine Fabel,
Manche Hoffnung ein Gedicht! —
Sei es! — sind's nur Ihre Liebe —
Ach! — und Seine Freundschaft nicht.
Die faule Frucht
Von einem Baume brach ein Leckermaul
Ein Birnlein, dieses war von Innen faul;
Nun haut den Baum er um, samt vielen guten Früchten. —
O möchte die Kritik nie so ihr Amt verrichten!
Der Glühwurm
Ein Glühwurm ergetzt' im Grase sich,
Da gab eine Schlang' im schnell einen Stich,
"Was tat ich dir, daß du den Tod mir bereitet?"
— ""Hast du nicht Licht um dich her verbreitet?""
Die Rose und der Zephyr
Ein Röslein ließ der Flur sein sanftes Rot beschauen.
Ein Zephyr kam und trieb sein Spiel,
Ein Blättchen nach dem andern fiel; —
So welkt von einem Hauch der gute Ruf der Frauen.
Die Lust und die Besorgnis
Die Lust, ein Kind, verhätschelt, unvernünftig,
Sah lächelnd man an jedem Abgrund stehn.
Da sprach der Gott der Götter: Du sollst künftig
Nur Arm in Arm mit der Besorgnis gehn!
Der Betrunkene
Bibax zerkeucht auf dem Wege sich,
Schimpft auf die Straße gar jämmerlich,
Daß sie nicht grade gebahnt sei, nicht eben. —
Hätt' er die Schuld doch sich selber gegeben!
Der Altar und die Gerechtigkeit
Ein Schuldiger floh in das Gotteshaus.
Es schrie die Gerechtigkeit: Gebt ihn heraus!
Eine Stimm' erscholl aus des Altars Rauch:
Zurück! ich bin heilig, das Unglück ist's auch.
Der Spiel-Ball
Hört doch des Balles Klagen erschallen:
"Wenn ich auch steig', muß ich wieder fallen,
Darf ich den nicht immer höher streben?" —
Allen geht's so, die durch Andre sich heben.
Der Wanderer und der Räuber
Zog ein Wanderer singend am Morgen
Froh durch den Wald; sah ein Räuber ihn,
Sprach: "Weil so lustig er singt, mag er ziehn,
Der hat kein Geld; denn sonst hätt' er auch Sorgen."
Das Pferd und der Knabe
Ein Knäbchen ritt auf einem Pferde:
"Auf Starker! schleudre den Buben zur Erde!"
— ""Zu klein ist der Arme für meine Rache,
Den Starken ehrt nicht der Sieg über Schwache.""
Der Affe
Im Doktorhut wollt' ein Affe sich zeigen,
Er saß gravitätisch, das Haupt gesenkt.
Seht, — rief man, — den Philosophen, er denkt.
Die einzige Klugheit des Dummen ist — Schweigen.
☼☼☼☼☼ 10
Die Liebe und die Freundschaft
Liese ließ Amorn in's Haus nicht hinein,
Dieser fing bitterlich an zu weinen;
"Wechsle," — sprach die Freundschaft, — "dein Kleid mit dem
meinen,
Klopfe, — man öffnet, — der Sieg ist dein."
Die Zeit
Ein Röslein lebte nur zwei Tage,
Ein Veilchen rief: "Beneidenswerte Lage!
Du lebst ja eine Ewigkeit!" —
So messen wir die Zeit-
Die Pappel und die Linde
"Tor!" sprach die Pappel zum Lindenbaum — "breite
Doch nicht die Zweig' in die Tiefe und Weite;
Heb dich empor!" — ""Laß die Zweige mich biegen,
Andere erquicken ist auch ein Vergnügen.""
Die Stecknadel
Die Nadel hielt so lange treu der Frau
Die Schleife fest, sie bog erst spät sich um
Und nun wirft man sie weg! — Dein Schicksal schau,
Du treuer Diener! beugt dich Alter krumm.
Der Schmetterling und die Raupe
"Fort, häßliches Tier!" ein Schmetterling sprach
Zu einer Raupe, die auf einem Blatt gesessen;
Doch diese gibt ihm Antwort: — ""Nur gemach!
Das heißt doch seine Abkunft schnell vergessen.""
Der Löwe und die Wölfe
Um eine Ziege stritten voll Übermut
Zwei Wölfe, Diener des Löwen; — der ging vorbei,
Sah es und machte die Ziege frei. —
Grausam sind oft nur die Knechte, der Herr ist gut.
Der Hund
Weil Philax treu und wachbar ist,
Macht ihm sein Herr ein stärkres Halsband noch,
Und schließt ihn fester an das Hundeloch.
Du kommst nicht weiter, wenn du brauchbar bist.
Der Wanderer und die Biene
Wanderer
Flieg' an jener Blum' vorüber,
Giftig ist sie, gutes Tier!
Biene
Nur den Nektar saug' ich, Lieber!
Und das Gift'ge lass' ich ihr.
Der Jagdhund und das Rebhuhn
Ein Jagdhund kroch auf eines Rebhuhns Spur,
Das Huhn bemerkt's und flog in höh're Sphären,
Und rief herab: "Ihr Feinde! kriechet nur,
Ihr sollt mir doch den Flug' nicht wehren."
Der Bucklige
Man spottet sehr des buckligen Hans Hagen.
Er schaut sich an, kann nicht den Grund erblicken;
Er trägt den Buckel nämlich auf dem Rücken,
So wie wir Andre unsre Fehler tragen.
☼☼☼☼☼ 20
Die beiden Ärzte
Ein Arzt griff hastig auf der Wunde Beulen,
Der Kranke schrie. — Ein klüg'rer Mann
Griff sie nur langsam und gelinde an. —
So muß man auch des Herzens Wunden heilen.
Die Brille
Brigitte sucht' einst ihre Brill' im Grase,
"Frau!" — sprach die Magd, — "ihr habt sie auf der Nase."
So suchen wir auch oft des Glückes Gaben,
Wenn wir sie haben.
Der Räuber
"Da ist ein Räuber!" — sprach, die Kerze meinend, — Töffel,
Da rief ein Mann am Tisch mit blassem Angesicht:
""Erbarmt Euch meiner! hier ist der gestohlne Löffel!""
Es sieht der Schuldige allüb'rall das Gericht.
Tinte, Feder und Papier
"Mir dankst du deinen Ruhm!" sprach das Papier;
Die Tinte sprach: ""Das Leben geb' ich dir;""
"""Ich leit' euch Beide!""" sprach die Feder drauf. —
Der Eine braucht den Andern — Weltenlauf!
Des Todes Agent
Einen Agenten wollte der Tod senden zur Welt,
Fieber und Liebe und Pest boten dazu sich mit Freuden:
"Warum hat sich kein Arzt, — also fragte der Tod, —
eingestellt?"
Wahres Verdienst ist bescheiden.
Echo
Echo lacht und weint und jauchzt und klagt,
Spricht bald trotzig und bald mild,
Wie's ihr vor ein Andrer sagt.
Des Charakterlosen Bild.
Der Magnet und das Eisen
Magnet
Warum folgst du mir auf meiner Bahn?
Eisen
Warum ziehst du mich denn immer an?
Stimme
Lieb' hat Euch Natur in's Herz geschrieben,
Also müßt ihr lieben!
Schwanengesang
Es tönte Gesang vom Teiche heran,
Sind dieses, — frug ich — Töne der Freuden?
"Singend sterb' ich" — erwidert' ein Schwan.
Der Gute geht froh aus dem Tale der Leiden.
Die Bruthenne
Einer Henne legt man Enteneier unter.
Diese brütet eins um's andre aus
Und bei jedem gackert sie recht munter. —
Andrer Werke gibt man so heraus.
Der Wasserfall und das Bächlein
Wasserfall
Wer wird den so versteckt und langsam fließen?
Benütze deine Kraft, dein Bett durchbrich!
Und rausche, schimmre so wie ich!
Bächlein
Immer rausche du, ich wäss're Wiesen.
☼☼☼☼☼ 30
Der Künstler und die Leyer
Ein Musiker warf seine Leyer,
Als sie ihm Ehr' und Gold gebracht, in's Feuer;
So nimmt manch andrer Künstler nicht in Acht
Das herrliche Talent, das ihn emporgebracht.
Die Verwandlungen des Schmetterlings
Prahlte ein Schmetterling einst mit seinen Metamorphosen:
"Sieh, ich liebe dich Freund!" versetzte die schönste der Rosen,
"Mehr aber liebt' ich dich noch, wenn Raup' und Pupp'
unterbliebe;
Denn das Beste ist: stets Derselbe sein in der Liebe."
Tugend und Laster
Das Laster rief: "Ich bin auf Erden König!"
Die Tugend rief: ""Mir ist der Himmel untertänig!""
Nun wähle,
Unsterbliche Seele!
Der büßende Fuchs
Ein Fuchs, dem Tode nah', entsagt dem Hühnerblute,
Tat ernsthaft Buß' und ging nicht mehr auf Mord,
Und dennoch flohn die Hühner vor ihm fort;
Dem Lasterhaften glaubt man nicht das Gute.
Die Nußbäume
"Zum Dank, daß wir die Nüsse tragen,
Pflegst, unbarmherz'ger Erdensohn,
Mit Stangen du auf uns zu schlagen!" — —
Ist dies nicht auch der Wahrheit Lohn??!
Die beiden Pflüge
In einer Scheune lag versteckt
Ein Pflug, schon ganz mit Rost bedeckt,
Ein zweiter Pflug daneben glänzte sehr; —
Sein Glanz kam von der Arbeit her.
Der Löwe und der Hund
Ein Hund, als dummer Kläffer schon bekannt,
Stellt keck sich hin und bellet gen den Leuen,
Der hebt die Tatz' und tot liegt er im Sand! —
Man soll nicht gegen einen Mächt'gern schreien.
Das Kind
Ein liebliches Kind im rosigen Schimmer
Erschien einem Manne; — der stand zerstreut
Und hascht' es nicht schnell, da entschwand's und kam nimmer.
Wer war dieses Kind? — Die Gelegenheit.
Die Ratten
Man hatte eine Ratt' in einem Haus gefangen,
Hing ihr ein Schellchen um und ließ sie ziehn,
Und wenn sie schellte nun, die Ratten all' entsprangen.
Freund! zeichne einen Wicht und alle Andern fliehn!
Das Seifenbläschen
Es flog ein Seifenbläschen hin und her
Und prahlt' mit seinen Farben sehr;
Ein Lüftchen weht' und es zerfloß;
Ihr Günstlinge! seht Euer Los.
☼☼☼☼☼ 40
Der Kater
Einen Komiker suchte ein Leu sich zu seinem Theater;
Schnitt Gesichter die Menge, den Platz zu erhalten, ein Kater:
"Freund" — sprach der Leu, — "mir stehst du nicht an, loben
gleich dich die Katzen;
Wahre Komik besteht nicht in Sprüngen und Fratzen."
Der Nagel
Ein Nagel seufzte unter schweren Schlägen
Des Hammers, endlich sträubt' er sich dagegen,
Da schlug ihn dieser ganz entzwei.
Du widerstrebst umsonst des Schicksals Tyrannei!
Der Schmerz
Der Schmerz erhob einst lächelnd seinen Blick,
"Was endet," — frug die Luft, — "so plötzlich denn dein
Stöhnen?"
Der Schmerz erwiderte: "Mir ward das Glück
Zu trocknen eines ärmern Bruders Tränen."
Der Apfel
Ein Apfel stand im Schatten, reifte nicht;
Der Gärtner zürnte drob. — "Stell' mich in Sonnenschein!"
Der Apfel sprach: — "wirst dann dich meiner freu'n!"
Soll das Talent gedeihn, so stellt's in's rechte Licht!
Das Pappelblatt und das Erdbeerblatt
Zu einem Pappelblatt, das hoch im Äther schwebte,
Und bei dem schwächsten Lüftchen furchtsam lebte,
Sprach einst ein Erdbeerblatt: "Was kann dich so erschüttern?"
— Drauf jenes: ""Wer hoch steht, muß immer zittern.""
Der Fels und der Wassertropfen
"Du armes Tröpflein! mich willst du durchdringen?"
So sprach ein Fels. — Das Tröpflein schwieg und brach
Sich Bahn, durch seinen Busen allgemach.
Beständigkeit verbürget das Gelingen.
Die weiße Rose und der Schmetterling
Als einst der Schmetterling zu einer Rose kam
Und buhlend einen Kuß ihr bot,
Da ward die weiße Schöne — rot. —
Die Unschuld zieret holde Scham.
Die Verleumdung
Franz fällt, ein Dolch nach seinem Leben zielte,
Doch er genes't mit vieler Mühe noch.
Der Mörder spricht: "Die Narbe bleibt ihm doch!"
Verleumder! kennst du dich in diesem Bilde?
Der hypochondrische Löwe
Ein Leu war hypochondrisch, nahm zu sich
Ein Eselein sich zu zerstreuen;
Doch bald hört auch den Leu man wie den Esel schreien.
Eh' du Gesellschaft wählst, besinne dich!
Der Wucherer
Ein Wuch'rer häufte Körner Schicht auf Schicht,
Auf seiner Scheune Boden; — länger nicht
Kann's halten. — ah! — nun kracht es, — bricht. —
So stürzt zu große Macht durch eigenes Gewicht.
☼☼☼☼☼ 50
Die Mohren
Es räucherte ein Stamm der Mohren
Mit
assa foetida
den Götzen ein;
Kein Mensch ging in den Tempel mehr hinein; —
So wirkt der Weihrauch stets der Toren.
Die beiden Kornähren
Eine Ähre
Du bist von Körnern schwer,
Und ich bin leer,
Und doch seh' ich vor mir dich neigen?
Die andere Ähre
Man muß sich oft vor hohlen Köpfen beugen.
Der Renner und der Esel
Ein Esel ging, — obschon man ihm die Last genommen, —
Gesenkten Kopfs und faulen Schritts nach Haus;
Ein Renner flog ihm vor und höhnt' ihn aus.
Ist's denn so ruhmvoll einem Esel vorzukommen?
Systeme und die Wahrheit
Den Berg der Wahrheit kletterten hinan
Zwei Forscher; — Einer wandte rechts die Schritte,
Der Andre folgte links der Bahn; —
Die Wahrheit rief: "Ich wohne in der Mitte!"
Der Strom und der Damm
"Was wütest du rasend durch's blühende Land?" —
Der Damm sprach zum Strome, — "sei mir untertänig
Ich leite zur Ruh' dich an meiner Hand!" —
Der Strom ist das Volk, — Der Damm ist der König.
Die hohlen Eichen
Knabe
Sieh Vater, hohl sind diese Eichen,
Und grünen doch so schön! —
Vater
Mein Kind! viel Menschen diesen Bäumen gleichen,
Die hohlen Kopfs doch grünend vor dir stehn.
Die Erdscholle und die Egge
"Warum zerdrückst du mich denn?" frug eine Scholle von Erde
Eine Egg' auf dem Feld; — diese versetzte hierauf:
""Weil sich's gebührt, daß der Weg dem Edlen geebnet werde,
Sonst, — von dem Bösen gehemmt, — kommt ja das Gute nicht auf.""
Illusion
"O seht nur," — rief Wilhelm, — "meine Helene,
Und sagt mir, ob es was Reizender's gibt?
Die Augen — der Mund, — die Haare; die Zähne" —
Sie war gar nicht schön, aber er war verliebt.
Das Bäumchen und der Baum
Ein junges Bäumchen bog sich sehr,
Man achtet's nicht; doch später glückt's nicht mehr
Es g'rad zu biegen trotz der eifrigsten Bemühung?
Ist dies nicht die Geschichte der Erziehung?
Das Kätzchen
Sein Kätzchen liebte ein Mann überaus
Und Stunden lang pflegt' er's am Kopfe zu kraulen;
Einst wendet sich's, hackt ihm die Augen aus —
Verzeiht, dabei denk' ich an Euch! liebe Frauen!
☼☼☼☼☼ 60
Verschiedenes Gebäcke
Ein Bäcker pries die Semmel sehr,
Den Wecken ein Andrer, die Bretzel der;
Das Mehl war dasselbe; der Form galt der Streit;
Poetische Bäcker hat auch unsre Zeit.
Der Schlüssel
Ich wünschte mir alle Mädchen hold,
Da fleht' ich: es möchten mit gnädigen Händen
Die Götter den Schlüssel der Herzen mir senden;
Es brachte ihn Merkur mir, er war — von Gold.
Der beraubte Wanderer
Ein Räuber nahm dem Wandrer all sein Geld;
Der bat; — da hat er ihm die Hälfte rückgestellt,
Er dankt. — So müssen wir uns oft zum Dank bequemen
Dafür, daß Manche uns nicht Alles nehmen.
Der Pudel
Ein Pudel sieht sich in den Spiegel
Und kennt sich nicht und läßt dem Grimm die Zügel,
Beißt, — bellt, — gebärdet sich gar fürchterlich; —
So wütet Eifersucht auch öfters gegen sich.
Die beiden Maler
Zwei Maler malen eines Reichen Sohn;
Der Eine malt ihn wahr, — man peitscht ihn aus dem Tor,
Der Andre schön; — man gibt ihm tausend Louisd'ors.
Dies ist der Wahrheit und des Schmeichelns Lohn.
Das Blümchen im Pfade
"Schönes Blümchen! hier im Pfade
Wirst zertreten ohne Gnade,
Trag' ins Blumenbeet dich fort,
Viel hängt ab vom rechten Ort."
Änderung
Melint, der bravste Mann und treu'ste Freund,
Ist jetzt der ganzen Menschheit Feind.
Ihr fragt, woher die Änderung rührt?
Er nahm ein Weib, das ihn regiert.
Der gute Mops
Theresens Mops tat Niemand was zu Leide,
Auch nicht dem Dieb, der ihr das Armgeschmeide
Im Schlafe stahl. — Du wirst sehr leicht betrogen
Von einem Freund, der aller Welt gewogen.
Der Sensenmann
Kam ein Sensenmann gegangen: —
"Mäh' die Jahre mir, die langen!"
Und er mähte sie ab, den Fordrer auch zugleich!
Tötet nicht die Zeit, sie tötet Euch!
Der Haushund und die Bruthenne
"Faule!" schimpft' ein Hund eine brütende Henne.
"Sitzest, indes ich stets bellend im Hof herum renne."
Drauf die Henne: ""Viel Schreien macht es nicht aus,
Während du nichts tust und bellst, bring' ich Hühner in's
Haus.""
☼☼☼☼☼ 70
Der Rabe und die Elster
Rab' und Elster warfen ihre Diebestaten
Laut sich vor, es wollte jedes besser sein;
Dieses hört ihr Herr und sperrt sie Beide ein,
Sprechend: "Seht, wie sich die Schlechten selbst verraten!"
Der Maulwurf
Maulwurf
Ich bin auf Erden das beste Tier,
Die anderen All' sind ein Räuberheer,
Ich lebe verborgen für und für!
Löwe
Wer heimlich schadet, der schadet noch mehr.
Der Baum im Herbstschmucke
Ein Baum im Herbstschmuck rühmt sein buntes Farbenspiel.
Der Nachbar ruft ihm warnend zu: "Sei nicht verwegen!
Der Glanzpunkt ist des Lebens und der Schönheit Ziel!
Mit seinem Licht gehst du der Grabesnacht entgegen."
Der Streit der Rosen und Nelken
Es stritten um den Rang die Rosen und die Nelken,
Da kam ein Gärtner, pflückt' sie alle ab,
Und bindet sie als Strauß, wo bald sie welken. —
Weltlauf! — Sie blühn — sie streiten, gehn zu Grab!! —
Die beiden Eichhörnchen
Ein Eichhorn aß Mandeln; doch war es gefangen,
Ein andres aß Eicheln; doch war es frei.
Sie tauschten, doch Keines war glücklich dabei. —
'S ist auch vielen Menschen schon also ergangen.
Die Birke und die Axt
"Warum treffen denn mich, du böse Axt! deine Streiche,
Und der Zwetschkenbaum dort, der alte Krüppel, bleibt stehn!"
Also klagt' eine Birk'; die Axt ließ die Antwort ergehn:
""Weil es billig ist, Freund, daß das Schöne dem Nützlichen
weiche.""
Rettung
In's Wasser fiel ein Mann, schnell faßt ihn bei den Haaren
Ein Braver, rettet ihn; — doch Jener zankt,
Warum? — weil ihm die Haar' zerzauset waren. —
Auf diese Art die Welt für große Dienste dankt-
Die Diener des Rufes
Der Ruf wahr müde, da dingt' er zwei Knechte,
Den Einen für's Gute, den Andern für's Schlechte;
Der Schlechte hatt' aber die Schwindsucht bekommen,
Bevor noch der Gute das Amt übernommen.
Die Eiche und der Strauch
Ein Eichbaum versucht's dem Sturm zu widerstreben,
Ein Strauch, — sich beugend, — gibt dem Sturme nach;
Noch steht der Strauch, die Eiche aber brach.
Euch Frauen mag der Strauch ein Beispiel geben.
Die beiden Krämer
Ein Krämer gab die Waren nach dem Gesicht,
Gab bald zu viel, bald zu wenig deswegen,
Ein Andrer wog sie und fehlte nicht. —
So sollte man auch seine Worte wählen.
☼☼☼☼☼ 80
Der Fuchs und der Kater
Kater
Pfui! — Zu der Menschen Schaden friß't du Hennen,
Ich aber freß' zu ihren Nutzen Mäuse.
Fuchs
Nur still! Man hat die Ehre Sie zu kennen,
Das Mäusefleisch ist Ihre Gustospeise.
Das Pulver
Ein Häuflein Pulver lang im Felsen lag;
Doch endlich zündet es, — ein Blitz, — ein Schlag —
Der Felsen borst und lag in seinem Schutt'. —
So wirkt auch unterdrückten Zornes Wut.
Der Schmetterling und die Schnecke
Ein Schmetterling höhnt' eine Schnecke,
Daß sie sich immer in ihr Haus verstecke.
Da kam ein Knab' und hascht den Schmetterling;
Die Schnecke lächelnd in ihr Häuslein ging.
Der Hirsch
Ein Hirsch pries sein Geweih, da tönet Hörnerschall;
Er floh, — verwickelt seinen Schmuck in ein Gesträuch,
Der Jäger kommt, und tötet ihn sogleich. —
So kommt der Hochmut durch sich selbst zu Fall.
Der Adler und der Uhu
Ein Adler sah fröhlich zur Sonn' empor,
Ein Uhu suchte dem Glanz zu entgehen.
Der Adler stellt dir die Tugend vor,
Im Uhu magst du das Laster sehen.
Das Schiff ohne Ruder
Ein Schiff ohne Ruder vertraut sich den Wellen,
Nicht lange, so sieht man's an Klippen zerschellen. —
Das Meer ist das Leben, das Schifflein bist du,
Die Klugheit, mein Freund, ist das Ruder dazu.
Die Rose und die Biene
Ein Röslein empfing eine Bien' mit Vertrauen,
Versprach von dem Kosen sich süße Lust;
Doch bald fühlt den Stachel sie in der Brust. —
Gott Amor ist so wie die Biene, ihr Frauen!
Der rasierte Bock
Um seiner Schönen zu hofieren
Ließ sich ein alter Bock rasieren,
Da ward er billig ausgelacht. —
Ihr alten Böcke, nehmet dies in Acht!
Das Gold
"Mit Undank lohnet mich die Welt,
Da sie mich für die Ursach' alles Übels hält,
Indes' ich auch so Vielen Segen spende;
Nur daran liegt's, daß man mich recht verwende.
Der Biber und der Esel
Der Esel sprach zum Biber:
"Warum so mühsam sich ein Haus bau'n, Lieber?"
Der Biber sprach: ""Weil ich stets gerne tat,
Was nicht der Esel Beifall hat.""
☼☼☼☼☼ 90
Der Bullenbeißer und der Spitz
Ein Bullenbeißer lag faul an der Kette,
Und vor ihm ein Spitz, der bellte für ihn,
Der Spitz bekam auch für ihn Schläge. — Ich wette,
Manch Schützling fühlt schwer dieser Fabel Sinn.
Der Ochs und die Frösche
Das Volk der Frösche ganz entsetzlich schrie,
Da kam ein Ochs zum Sumpf und überbrüllte sie. —
Groben Leuten ist es eigen,
Das sie nur vor gröber'n schweigen.
Die Maus
Die Maus verwies das Naschen jungen Mäusen,
Doch bald sah man sie selbst zum Specke wandeln,
Und tödlich traf sie dort der Falle Eisen.
Viel Lehrer lehren klüger, als sie handeln.
Der Hase und der Storch
Bei einem Sumpfe nährt' ein Hase sich von Gras.
Drob ärgert sich ein Storch, der dorten Frösche aß.
So mancher Mensch sich beim Genusse kränkt,
Daß andern Menschen auch das Glück was schenkt.
Der Baum und der Dieb
Ein Baum, auf den ein Dieb gestiegen war,
Fleht bang um Hilfe zu der Winde Schar.
Sie stürmen — und der Böse kommt zu Falle,
Doch — auch mit ihm die schönsten Früchte alle.
Die beiden Götter
Es hatt' ein fremdes Volk zwei Götter,
Der Eine drückte Jedermann,
Der Andre war in Not ein Retter:
Drum beteten sie — Beide an.
Der Affe und die Kastanien
Kastanien lagen in glühenden Kohlen;
Ein Affe brauchte der Katze Fuß,
Um sie zum Genuß sich heraus zu holen.
So macht's unter Menschen manch Pfiffikus.
Der Delinquent
Saß Einer auf den Tod, und als man Käs' ihm brachte,
Aß er ihn nicht — aus Furcht, daß er ihm Steine machte. —
So sammeln Alte oft für künft'ge Jahre,
Und haben nur zwei Schritte zu der Bahre.
Der Panther
Der Panther war schon lang des Löwen General,
Doch endlich wurd' er schwach, das Alter macht' ihn kahl.
Da legt er ihm den Feldherrnstab zu Füßen, —
Man muß zur rechten Zeit zu enden wissen.
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