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Friedrich von Hausen

geb. zwischen 1150 und 1160, genauer Geburtsort unbekannt
† 6. Mai 1190 bei Philomelium in Kleinasien

war ein deutscher Ministeriale und Minnesänger.

Friedrich von Hausen ist zwischen 1171 und 1188 urkundlich belegt.
Am 6. Mai 1190 auf dem Kreuzzug Barbarossas in Kleinasien-Philomelium
(heute: Akschehir/Türkei) durch einen Sturz vom Pferd bei der Verfolgung feindlicher Türken gefallen.

Mit romanischem Minnesang vertraut, gewinnt er in dieser Frühzeit der deutschen Liedkunst eine
hochritterliche Formensprache.
Aus seinen Liedern geht hervor, dass er ein äußerst gläubiger Mensch war. Die vermutlich nicht
erwiderte Liebe zu einer Frau, trieb ihn letztendlich dazu, dass er an dem Kreuzzug teilnahm.

Siehe das Lied: "Si darf mich des zîhen niet…"
 

Lied 1

 
 

1.
Gelebte ich noch die lieben zît
daz ich daz lant solt aber schouwen,
dar inne al mîn fröude lît
nu lange an einer schoenen frouwen,
sô gesaehe mînen lîp
niemer weder man noch wîp
getrûren noch gewinnen rouwen.
mich dûhte nu vil manigez guot,
dâ von ê swaere was mîn muot.

2.
Ich wânde ir vil verre sîn
dâ ich nu vil nâhe wâre.
alrêrste hât das herze mîn
von der frömde grôze swâre.
ez tuot wol sîne triuwe schîn.
waere ich iender umb den Rîn,
sô friesche ich lîhte ein ander mâre,
des ich doch leider nie vernam
sît daz ich über die berge quam.

 

1.
Erlebte ich noch die liebe Zeit,
die Lande wiederum zu schauen,
wo mich erfüllte mit Seligkeit
die schönste aller schönen Frauen,
so sähe weder Weib noch Mann
jemals meinem Antlitz an,
daß Sorgen mir im Herzen brauen.
Mich dünkte dann gar manches gut,
das sonst mir machte schweren Mut.

2.
Ich wähnte oft ihr fern zu sein,
da ich ihr doch so nah gestanden.
Jetzt erst fühle ich mit schwerer Pein
die Ferne in den fremden Landen.
O Gram der Treue ungemein!
Wäre ich dort unten an dem Rhein,
wo gute Kunden zu mir fanden,
davon ich leider nichts vernahm,
seitdem ich über die Alpen kam!

 

Quelle:
©Reclam 1978/Deutscher Minnesang/Nachdichtung von ©Kurt Erich Meurer


Lied 2
 

1.
Ich sihe wol, daz got wunder kan
von schoene würken ûz wîbe.
daz ist an ir wol schîn getân,
wan er vergaz niht an ir lîbe.
Den kumber, den ich lîde,
den wil ich gerne hân,
ze diu daz ich mit ir belîbe,
und al mîn wille sül ergân.
mîn vrouwe sehe, waz si des tuo!
dâ stât dehein scheiden zuo.

2.
Si gedenke niht, daz ich sî der man,
der sî ze kurze wîlen minne.
ich hân von kinde an sî verlân
daz herze mîn und al die sinne.
Ich wart an ir nie valsches inne,
sît ich sî sô liep gewan.
mîn herze ist ir ingesinde
und wil ouch staete an ir bestân.
mîn vrowe…

 

1.
Ich sehe gut, daß Gott wahre Wunder
an Schönheit bei einer Frau bewirken kann.
Das ist an ihr sichtbar geworden,
denn er vergaß nichts bei ihrem Aussehen.
Den Schmerz, den ich erleide,
den will ich gerne ertragen,
dafür, daß ich bei ihr bleiben kann
und alle meine Wünsche sich erfüllen.
Meine Herrin soll darauf achten, wie sie das ermögliche!
Da gibt es keine Ausflucht.

2.
Sie soll nicht denken, daß ich ein solcher Mann bin,
der sie nur zur Kurzweil liebt.
Ich habe seit meinen jungen Jahren mein Herz
und alle Sinne ihr überlassen.
Ich habe an ihr nie einen Fehler entdeckt,
seitdem ich mich so in sie verliebt habe.
Mein Herz ist ihre Dienerin
und will unverbrüchlich bei ihr bleiben.
Meine Herrin…

 

Lied 3
 
 

1.
Wâfenâ, wie hat mich minne gelâzen!
díu mich betwánc,daz ich lie mîn gemüete
an solhen wân, der mich wol mac verwâzen,
ez ensî daz ich müeze genieze ir güete,
von der ich bín alsô dícke âne sin.
mich dûhte ein gewin, und wolte diu guote
wizzen die nôt, diu wont in mînem muote.

2.
Wâfenâ,waz habe ich getân sô ze unêren,
daz mir diu guote ir gruozes niht engunde?
sus kan si mír wol daz herze verkêren.
daz ich in der werlte bezzer wîp iender vunde,
seht, dêst mîn wân. dâ vür sô wil ichz hân,
und wil dienen mit triuwen der guoten,
diu mich dâ bliuwet vil sêre âne ruoten.
 

1.
Zu Hilfe, wie hat mich die Liebe behandelt!
Sie, die mich gezwungen hat, daß ich mein ganzes Denken
auf einen solchen Wahn richtete, der mich ohne weiteres verderben kann,
außer ich erfreue mich der Gunst von derjenigen,
durch die ich so oft ohne Verstand bin.
Mir käme es als Gewinn vor, wenn die Gute das Leid
zur Kenntnis nähme, das in meinem Herzen wohnt.

2.
Zu Hilfe, was habe ich so Ehrloses getan,
daß mir die Gute ihren Gruß verweigert?
Damit kann sie mir durchaus das Herz brechen.
Daß ich in der Welt nirgendwo eine bessere Frau finden werde -
seht, darin besteht mein Wahn. Dafür will ich sie halten,
und ich will der Guten in Treue dienen,
ihr, die mich ohne Ruten so stark schlägt.

 

Lied 4
 

1.
Waz mac daz sîn, daz diu werlt heizet minne,
und ez mir tuot sô wê ze aller stunde
und ez mir nimet sô vil mîner sinne?
ich wânde niht, daz ez iemen enpfunde.
getorste ich ez jehen, daz ich ez hête gesehen
dâ von mir ist geschehen alsô víl herzesêre,
sô wolt ich dar an gelouben iemer mêre.

2.
Minne, got müeze mich an dir rechen!
wie vil dû mînem herzen der vröuden wendest!
und möhte ich dir dîn krumbez ouge ûz gestechen,
des het ich reht, wan du vil lützel endest
an mir sölhe nôt, sô mir dîn lîp gebôt.
und waerest du tôt, sô dûhte ich mich rîche.
sus muoz ich von dir leben betwungenlîche.

 

1.
Was kann das sein, das die Welt >Liebe< nennt
und das mir allezeit so weh tut
und das mir so sehr meinen Verstand raubt?
Ich habe bisher nicht geglaubt, daß da jemand ebenso fühlen kann.
Könnte ich sagen, daß ich dasjenige gesehen hätte,
von dem mir so viel Herzeleid zugefügt wurde,
dann erst würde ich für immer daran glauben.

2.
Liebe, Gott soll mich an dir rächen!
Wie viele Freuden nimmst du meinem Herzen weg!
Könnte ich dir dein böswilliges Auge ausstechen,
so wäre ich im Recht damit, denn du bringst bei mir kaum
dieses Leid zu Ende, das du mir auferlegt hast.
Wärst du aber tot, dann käme ich mir reich vor.
So aber muß ich, deiner Gewalt unterworfen weiterleben.

 

Lied 5
Ein "Kreuzlied"
 
1.
Mîn herze und mîn lîp die wellent scheiden,
die mit ein ander wâren nû manige zît.
der lîp wil gerne vehten an die heiden,
iedoch dem herzen ein wîp sô nahen lît
vor al der werlt. daz müet mich iemer sît,
daz si ein ander niht volgent beide.
mir habent diu ougen vil getân ze leide.
got eine müeze scheiden noch den strît.

2.
Sît ich dich, herze, niht wol mac erwenden,
dune wellest mich vil trûreclîchen lân,
sô bite ich got, daz er dich geruoche senden
an eine stat, dâ man dich wol welle enpfân.
ôwê, wie sol ez armen dir ergân,
wie getorstest eine an solhe nôt ernenden?
wer sol dir dîne sorge helfen wenden
mit triuwen, als ich hân getân?

3.
Ich wânde ledic sîn von solher swaere,
dô ich daz kriuze in gotes êre nan.
ez waer ouch reht, daz ez alsô waere,
wan daz mîn staetekeit mir sîn verban.
ich solte sîn ze rehte ein lebendic man,
ob ez den tumben willen sîn verbaere.
nû sihe ich wol, daz im ist gar unmaere,
wie ez mir süle an dem ende ergân.

4.
Niemen darf mir wenden daz zunstaete,
ob ich die hazze, die ich dâ minnet ê.
swie vil ich si geflêhtr oder gebaete,
sô tuot si rehte als ob siz niht verstê.
mich dunket rehte wie ir wort gelîche gê,
rehte als ez der sumer von Triere taete.
ich waer ein gouch, ob ich ir tumpheit haete
für guot. ez engeschiht mir niemer mê.

 
1.
Mein Herz und mein Körper, die wollen sich trennen,
die so lange Zeit beisammen waren.
Der Körper will gern gegen die Ungläubigen kämpfen,
mein Herz aber hat sich eine Frau erwählt
mehr als alles in der Welt. Es quält mich seither immer,
daß sie einander nicht mehr folgen.
Mir haben die Augen viel Leid zugefügt
Gott allein wäre noch imstande, den Zwist zu beenden.

2.
Da ich dich, Herz, sicherlich nicht davon abbringen kann,
daß du mich in großer Trauer allein läßt,
so bitte ich Gott, daß er dich dorthin senden
möge, wo man dich gut aufnehmen wird.
Aber ach, wie wird es dir Armen ergehen?
Wie getraust du dich, allein solche Not auf dich zu nehmen?
Wer soll dir helfen, deine Sorge mit solcher Treue
abzuwenden, wie ich es getan habe?

3.
Ich glaubte, daß ich keine solche Beschwernis hätte,
als ich das Kreuz zu Gottes Ehre nahm.
Es wäre auch ganz zu Recht, daß es so wäre,
wenn mir nicht meine Beständigkeit dies mißgönnte.
Ich würde, wie es richtig ist, ein vollständiger Mann sein,
wenn das Herz seine törichte Absicht aufgäbe.
Doch ich sehe jetzt, daß es ihm ganz gleichgültig ist,
wie es mir am Ende ergehen wird.

4.
Niemand soll mir das zur Unbeständigkeit verdrehen,
wenn ich diejenige hasse, die ich einst geliebt habe.
Wie viel ich sie auch anflehte und bat,
sie tut genau so, als ob sie es nicht verstünde.
Mir kommt es vor, als ob sich ihr Wort so verhielte,
genau wie es der Sommer in Trier tut.
Ich wäre ein Trottel, wenn ich ihr dummes Benehmen
für etwas Gutes ansähe. Damit ist es bei mir vorbei!

 

Quelle:
©Reclam 1993 Deutsche Gedichte des Mittelalters/Ausgewählt, übersetzt und erläutert von ©UlrichMüller/©Gerlinde Weiss


Lied 6

 
1.
Si darf mich des zîhen niet,
ichn hête si von herzen liep.
des mohte si die wârheit an mir sên,
und will sis jên.
ich quam sîn dicke in solhe nôt,
daz ich den liuten guoten morgen bôt
engegen der naht.
ich was sô verre an sie verdât
daz ich mich underwîlent niht versan,
und swer mich gruozte daz ichsniht vernam.

2.
Mîn herze unsanfte sînen strît
lât, den ez nu mange zît
haldet wider daz aller beste wîp,
der ie mîn lîp
muoz dienen swar ich iemer var.
ich bin ir holt: swenn ich vor gote getar,
so gedenke ich ir.
daz ruoche ouch er vergeben mir:
ob ich des grôze sünde solde hân,
zwiu schuof er si sô rehte wol getân?

3.
Mit grôzen sorgen hât mîn lîp
gerungen alle sîne zît.
ich hâte liep daz mir vil nâhe gie:
dazn liez mich nie
an wîsheit kêren mînen muot.
daz was diu minne, diu noch mangen tuot
daz selbe klagen.
nu will ich mich an got gehaben:
der kann den liuten helfen ûzer nôt.
nieman weiz wie nâhe im ist der tôt.

4.
Einer frouwen was ich undertân,
diu âne lôn mîn dienest nam.
von der enspriche ich niht wan allez guot,
wan daz ir muot
zunmilte wider mich ist gewesen.
vor aller nôt sô wânde ich sîn genesen,
dô sich verlie
mîn herze ûf genâde an sie,
der ich dâ leider funden niene hân.
nu will ich dienen dem der lônen kann.

5.
Ich quam von minne in kumber grôz,
des ich doch selten ie genôz.
swaz schaden ich dâ von gewunnen hân,
sô friesch nie man
daz ich ir spraeche iht wan guot,
noch mîn munt von frouwen niemer tuot.
doch klage ich daz
daz ich sô lange gotes vergaz:
den will ich iemer vor in allen haben,
und in dâ nâch ein holdez herze tragen.

 
1.
Sie darf mir nicht vorwerfen,
ich habe sie nicht von Herzen geliebt.
Davon konnte sie an mir die Wahrheit sehen,
wenn sie es zugeben will.
Ich kam oft dadurch in so große Not,
daß ich den Leuten guten Morgen wünschte
vor der Nacht.
Ich war so tief in Gedanken an sie versunken,
daß ich bisweilen mich nicht besann
und nichts vernahm, wenn man mich grüßte.

2.
Mein Herz läßt nur schwer von dem Streit,
den es nun lange Zeit
führt gegen die allerbeste Frau,
welcher ich immer
dienen muß, wohin ich je ziehe.
Ich liebe sie: wenn immer ich vor Gott es wage,
denk ich an sie.
Das wolle auch er mir vergeben:
wenn ich deswegen großer Sünde schuldig wäre –
was schuf er sie so recht vollkommen?

3.
Mit großen Sorgen hab ich
gerungen alle meine Zeit.
Ich hatte ein Glück, das mir sehr nahe ging:
das ließ mich nie
zur Weisheit wenden meinen Sinn.
Das war die Minne, die noch manchen
läßt das selbe klagen.
Nun will ich mich an Gott halten:
der kann den Leuten helfen aus der Not.
Niemand weiß, wie nah der Tod ihm ist.

4.
Einer Herrin war ich untertan,
die meinen Dienst unbelohnt entgegennahm.
Ich spreche von ihr nichts als lauter Gutes,
nur daß ihr Sinn
zu hart gegen mich gewesen ist.
Von aller Not glaubte ich mich gerettet,
als sich mein Herz
ganz aufgegeben hatte in ihre Gnade,
von der ich leider da nichts gefunden habe.
Nun will ich dienen dem, der es zu lohnen weiß.

5.
Die Minne brachte mich in großen Kummer,
von dem mir doch nie etwas zugute kam.
Was immer ich an Schaden da erworben,
hat doch niemand je gehört,
daß ich von ihr anderes als nur Gutes sagte,
noch daß dies mein Mund überhaupt je von Frauen tut.
Doch das beklage ich,
daß ich so lange Gott vergessen:
den will ich künftig vor sie alle stellen
und ihnen dann erst ein holdes Herz entgegenbringen.

 
Lied 7
 
1.
Deich von der guoten schiet
und ich ir niht ensprach,
als mir waere liep,
des lîde ich ungemach.
daz liez ich durch die valschen diet
von der mir nît geschach,
ich wünsche ir anders niet,
wan der die helle brach,
der füege ir wê unt ach.

2.
'Sie waenent hüeten mîn,
diu sîn doch niht bestât,
und tuont ir nîden schîn;
daz wênic sî vervât.
si möhten ê den Rîn
gekêren in den Pfât,
ê ich mich iemer sîn
getrôste, swieez ergât,
der mir gedienet hât.'

 
1.
Daß ich von der Edlen schied
und ihr nicht sagte,
wie sie mir lieb sei,
Das macht mir Kummer.
Ich unterließ es der Leute wegen,
das mir mißgünstig waren.
Ich wünsche ihnen anderes nicht,
als daß, der die Hölle gebrochen,
ihnen Weh und Ach bereite.

2.
'Sie wollen mir aufpassen,
und es geht sie doch nichts an;,
sie zeigen ihren Neid,
aber er verfängt ihnen wenig.
Sie könnten eher den Rhein
in den Po verwandeln,
bevor ich je auf ihn
verzichtete, wie's auch komme,
der mir gedient hat.'

 

Quelle:
©Manesse Bibliothek der Weltliteratur/Auswahl und Übersetzung von ©Max Wehrli

 


Lied 8
 
In mînem troume ich sach
ein harte schoene wîp
die naht unz an den tac.
dô erwachete mîn lîp.
dô wart si leider mir benomen,
daz ich enweiz, wâ si sî,
von der mir fröide solte komen.
daz tâten mir diu ougen mîn,
der wolte ich âne sîn.

 
In meinem Traum sah ich
eine hinreißend schöne Frau
die Nacht hindurch bis zum Morgen.
Da erwachte ich.
Da zerfloß mir leider das schöne Bild,
so daß ich nicht weiß, wo sie sein mag,
die mich erfreuen sollte.
Das taten mir meine Augen an,
die ich gerne los wäre.

 

©Marix/ Deutsche Lyrik des Mittelalters/2005/Hrsg. ©Manfred Stange