Fabelverzeichnis

weiter
 

Fabeln 2
 
Der alte Spanier
Die Hunde mit der Löwenhaut
Der Esel und der Stier
Der Adler und der Wiedehopf
Der Löwe, der Stier, und der ….
Der Bauer mit den Birnen
Der Teufel und das alte Weib
Der Löwe und der Esel
Die Ziege, das Lamm und das Schwein
Die Mücke und der Stier
Der Vieharzt und der Kranke
Der gefangene Trompeter
Der abgebrannte Bauer
Der Greis und die junge Frau
Der Esel, der Affe und der ……
Der Jäger und die Wachtel
Der Jüngling und die Schwalbe
Der Fuhrmann und der Gott Herkules
Der kranke Esel
Der Star und die Hähne
Der wehmütige Abschied

Der alte Spanier

Ein Spanier, der lange Zeit
Geschmachtet in der Dürftigkeit,
Ward schnell zu einem reichen Erben
Durch eines alten Vettern Sterben.
Das seltne war hierbei, er fand
In einem Schränkchen in der Wand
Zu dem er unverhofft geraten,
Zehntausend neue Stück Dukaten.
Was (dacht er) fängst du damit an?
Du bist nun schon ein alter Mann!
Sie erst auf Zinsen auszuleihn
Das möchte zu gefährlich sein.
Schon gute volle siebzig Jahr!
Leb ich zehn Jahr noch — Nun fürwahr!
So hab ich mich nicht zu beschweren!
Jedoch so lange wirds nicht währen!
Ich bin bereits zu alt, zu schwach,
Denk ich drum recht dem Dinge nach:
So wird es wohl am besten sein,
Ich schließe meinen Goldklump ein;
Und nehme dann für jedes Jahr
Ein tausend Stück Dukaten bar,
Verzehre die, wie mirs gefällt,
Und sag im zehnten Jahr der Welt
Mein Lebewohl! Was er beschloß.
Das tat er. Wenn ein Jahr verfloß,
Nahm er aus seinem Beutel auch
Aufs neu zum künftigen Gebrauch
Sich tausend Stück Dukaten hin,
Und lebte froh nach seinem Sinn.

Als nun das letzte Jahr verstrich;
So fügte sichs gar wunderlich,
Daß er noch lebte; ja, sogar
Bei achtzig Jahren frischer war,
Als vor bei siebzig. Ohne Geld.
Sah er aufs neu sich in der Welt,
Und mußte wiederum gar schön
Vor fremden Türen betteln gehn,
Er seufzte dann beim sauren Schritt:
Teilt einem Edelmann was mit,
Der seine Rechnung schlecht gemacht,
Und länger lebt, als er gedacht.

Die Hunde mit der Löwenhaut

Zween Hunde fanden in dem Wald
Ein Löwenfell und fielen bald
Voll Neid und Rachsucht drüber her,
Zerzausten und zerrissen's sehr.
Dies sah voll Zorn ein Wolf und sprach:
Die Haut bedecket ihr mit Schmach;
Doch stäke noch der Löwe drin,
Wie hurtig wollet ihr entfliehn!

* * *

Es machten sich mit grobem Schmähn,
Wie wir noch täglich vor uns sehn,
Zwei Kritiker voll Rach' und Gift
An eines toten Autors Schrift.
Sein Freund las ihre Schmierei
Und sprach voll edlen Zorns dabei:
Oh, könnt' er wider euch noch schreiben,
Wo wolltet ihr, ihr Herrn, doch bleiben!

Der Esel und der Stier

Der Esel ging einst auf der Weide
Mit einem Stier: Da hörten beide
Viel Lärm als wie von einem Heer
Und in den Dörfern rund umher
Zum Sturm mit allen Glocken läuten.
Was, (sprach Herr Heinz) mag das bedeuten?
Ach Freund, (erwidert ihm der Stier,)
Ich zittre schon, der Feind ist hier!
Laß uns sogleich von hinnen fliehn,
Bis daß die Plündrer weiterziehn;
Bekämen sie uns hier zu fassen,
Wir müßten beide Haare lassen.
Der Esel sprach hierauf: Ei nun!
Willst du entfliehn, das kannst du tun.
Dir grauet, daß du wirst erstochen
Und sie dich schlachten, schinden kochen,
Vor diesem allen bin ich frei.
Mein Schicksal bleibt stets einerlei,
Und ich muß unter gleichen Plagen
Die Säcke doch zur Mühle tragen.

* * *

Kalt sieht sehr oft der Untertan
Den Feind sich seinen Grenzen nahn.
Er weiß, ihm bleibet Sklaverei,
Sein Sieger sei auch, wer er sei.

Der Adler und der Wiedehopf

Ein Adler, der mit großem Prachte
Dem ältsten Sohne Hochzeit machte;
Lud alle Vögel ein zum Mahl.
Sie kamen auch in großer Zahl,
Und nach sehr freundlichem Empfang
Ward jeglichem sein Sitz und Rang
Vom Adler selber zuerkannt.
Den Platz der Braut zur rechten Hand
Bekam zu aller Vögel Neid
Der Wiedehopf, dieweil sein Kleid
Ins Auge fiel, und seinen Kopf
Ein hocherhabner Federschopf
Wie eine Königskron umschloß,
Die Vögel, welche dies verdroß,
Beschwerten sich, und sagten laut:
Er sitzt mit Unrecht bei der Braut.
Was hilft die Kron auf seinem Kopf,
Da er in seinen garstgen Kropf
Die ekelhafteste Nahrung liest;
In jedem Kot, auf jedem Mist
Herum sich wälzt, aus Pfützen trinkt,
Und auf zehn Schritte weit schon stinkt.
So sprachen sie, und voller Hohn
Ging drauf der größte Teil davon.

* * *

Dem Adler gleichen viel auf Erden,
Die bloß durch Schein betrogen werden.

Der Löwe, der Stier und der Ziegenbock

Wenn erst der Mächtige dir droht,
Schwört auch der Klein're dir den Tod.

Ein starker Stier, sonst unverzagt,
Ward von dem Löwen doch gejagt,
Und floh nach seinem Stalle zu.
Ein Ziegenbock stand da in Ruh',
Und hielt dem Stier sogleich verwegen
Mit wildem Blick sein Horn entgegen.
Der Ochse wich in vollem Lauf
Den Hörnern aus, und sprach darauf:
Ich fürchte mich, Freund, nicht vor dir;
Allein der Löw' ist hinter mir.

Der Bauer mit den Birnen

Verachte das Gewisse nicht,
So viel auch Hoffnung mehr verspricht;
Sie täuscht mit jedem Augenblick;
Was du verschmähst, ist oft dein Glück.

Ein reicher Schultheiß ging von Haus
Gar früh zu einem Kirmesschmaus.
Das Dorf lag weit von seinem Ort,
Indes lief er doch nüchtern fort;
Denn schon saß er im Geist am Tisch,
Bedeckt mit Braten, Fleisch und Fisch.
Da dacht' er, sollst du sanft dich ruhn,
Und dir was recht's zu Gute tun,
Wer wollte nicht mit leerem Magen
Auf einen Schmaus zu hungern wagen?

So strich er mit vergnügtem Sinn,
Durch Heide, Wald und Fluren hin.
Der Mittag nahte sich nunmehr,
Und sieh', ihm fällt von ungefähr,
Da schon die Sonne brennend sticht,
Am Weg ein Birnbaum ins Gesicht,
Den kürzlich brav der Wind durchrüttelt
Und manche Birn' herabgeschüttelt.
Sie schienen reif und schön zu sein,
Und luden unsern Wand'rer ein,
Bei leerem Bauch davon zu essen.
Allein er stieß sie ganz vermessen
Mit seinen Füßen fort und sprach:
Ich geh' ganz andern Essen nach
Ihr seid mir sonst ein gut Gericht,
Doch meiner Treu', nur heute nicht!
Er eilte fort, und kam gar bald
An einen Strom, wo, durch Gewalt
Der Flut, die Brücke weggeschwommen.
Er konnte nicht darüber kommen,
Lief lang' am Ufer auf und ab,
Bis er zuletzt sich d'rein ergab,
Ungern den Weg zurücke nahm,
Und wieder zu dem Birnbaum kam,
Den er geschmäht vor wenig Stunden.
Hätt er da nicht die Birn' gefunden,
Die er getreten erst mit Füßen,
So hätt er halb verhungern müssen.

Der Teufel und das alte Weib

Wie oft gibt man in unsern Tagen,
Wenn sich ein Unglück zugetragen,
Dem Teufel, und nicht sich, die Schuld!
Ihm riß daher einst die Geduld,
Da voller Unvorsichtigkeit
Ein altes Weib zur Kirschenzeit
Selbst auf den Baum zu steigen dachte,
Und schon zum Fallen Anstalt machte.

Er sah ihr törichtes Bestreben,
Sie wird (dacht er) die Schuld mir geben,
An ihrem Unglück Ursach sein,
Und dennoch über mich nur schrein.
Dem Dinge deshalb vorzubeugen
Rief er Notarien und Zeugen,
Und sprach: ihr seht, das alte Weib
Wagt unvorsichtig ihren Leib,
Und wird vom Baum herunterfallen;
Deswegen tut mir den Gefallen,
Und helft mir zeugen, daß sie es tat
Für sich, und ohne meinen Rat.
Kaum hatten sie dies ausgemacht:
So tat das Weib, wie er gedacht,
Vom Baum gar einen schweren Fall,
Und schrie. Die Nachbarn kamen all,
Und fragten: welcher böse Geist
Treibt dich im Alter noch, so dreist
Dich jungen Knaben gleich zu zeigen,
Und auf solch einen Baum zu steigen?
Der Teufel, (sprach sie) gab mirs ein!
Was? (schrie der Teufel zornig,) Nein!
Das lügst du, alte Hexe, du!
Rief seine Zeugen drauf herzu,
Die tatens unparteiisch dar,
Daß er es nicht gewesen war.

Der Löwe und der Esel

Gebeuget unter schwere Lasten,
Und mager von dem vielen Fasten,
Ging einst ein Esel über Feld.
Ihn sah der Tiere Fürst, der Held,
Der so gepries'ne Löwe, gehn,
Und sprach zu ihm mit bitterm Schmähn:
Weich aus, du niederträchtig Tier!
Man siehet seine Schand an dir!
Du schleppest, wie man's haben will,
Und schweigst zu jeder Drohung still!
Ruhm habt ihr noch allein von mir;
Ich bin des Tierreichs Schmuck und Zier,
Denn mich und meine Tapferkeit
Rühmt man auf Erden weit und breit.
Mit Demut hub der Esel an:
Und was hat Gutes sie getan,
Die so gerühmte Tapferkeit?
Den Wald verheert, das Vieh zerstreut!
Ich nütze Menschen spät und früh,
Und du, Held, Fürst? zerreißest sie!

Die Ziege, das Lamm und das Schwein

Wie deutlich sagt uns das Gewissen,
Was für ein Los wir fürchten müssen;

Ein Bauer fuhr zur Stadt, und nahm
Ein fettes Schwein, ein niedlich Lamm,
Und eine Zieg' auf seinen Wagen.
Die Ziege lag da, ohne Klagen,
Still, wie das Lamm. Nur bloß das Schwein
Fing an aus vollem Hals zu schrein,
Und tobte, rast', und sperrte sich.
Pfui! (sprach der Bauer) schäme dich,
Du garstig ungezognes Tier!
Sieh, wie geduldig liegen hier
Die andern beiden! — Ei nun ja!
(Versetzt das Schwein.) Die Ziege da
Hat gute Milch; die läßt man leben.
So wie das Lamm, das Wolle geben,
Und sich gefällig machen kann;
Allein wie schlimm bin ich nicht dran.
Da alles beides mir gebricht?
Nicht Milch hab ich, noch Wolle nicht;
Komm ich zur Stadt, so weiß ichs schon,
Der Tod ist mein gewisser Lohn!

Die Mücke und der Stier

Mit lautem, sumsendem Gefieder
Ließ eine Mücke sich hernieder
Auf einen Stier, und setzte sich
Stolz auf sein Horn und sprach: Drück' ich
Zu sehr dich auch, mein lieber Stier,
So bitt' ich, sage dreist es mir!
Wen hör ich hier als wie im Traum?
Versetzt der Stier. Ich weiß es kaum,
So sehr du auch dein Dasein nützest,
Auf welchem Horne du mir sitzest.

Der Vieharzt und der Kranke

Ein Mann, von nicht gar viel Verstande,
War lange Zeit von Hitz und Brande
An seinen Augen krank gewesen,
Und ging, um wieder zu genesen,
In seinem einfaltsvollen Sinn
Zu einem Pferdedoktor hin.
Der Vieharzt griff zu seinen Flaschen,
Fing an, die Augen ihm zu waschen
Mit alle seinem Wasserkram,
Den er für Pferd und Esel nahm.
Der Mann, (wie konnt es anders sein?)
Ward völlig blind; fing an, zu schrein,
Und zog, als einen Bösewicht
Den armen Vieharzt vors Gericht.
Der Richter aber sprach ihn frei,
Und sagte Klägern noch dabei:
Wärst du mein Freund, nicht selbst ein Vieh,
So gingest du zum Vieharzt nie!

Der gefangene Trompeter

Ein dicker Mohr, mit Namen Peter,
Ward bei der Reiterei Trompeter
Und bald darauf in einer Schlacht
Mit zum Gefangenen gemacht.
Man gab ihm manchen Rippenstoß,
Er aber rief: Laßt mich doch los!
Ihr wißt, daß ich nicht mitgekriegt
Und euch kein Leides zugefügt.
Mein Säbel wurde nicht gezückt.
Und mein Pistol nicht losgedrückt!
Das bißchen Blasen auch allein
Wird ja so strafenswert nicht sein!
Warum nicht? Schurke! fing man an,
Dein Blasen eben hat's getan;
Du machtest unsern Feinden Mut
Und setztest sie dadurch in Wut.
Wer zu der Tat Ermunt'rung gibt,
Hat selber sie mit ausgeübt.


Der abgebrannte Bauer

Dem feindlichen Geschick zum Trutz
Mach selbst das Unglück dir zu Nutz!

Bei einem starken Winterfrost,
Und bei geringer schmaler Kost,
Behalf ein armer Bauer sich
Gar elend und gar jämmerlich.
Dem ward von Bösewichtes Hand
Sein kleines Häuschen angebrannt.
Er lief hinaus. Die helle Glut
Nahm überhand. Der Nachbarn Mut
Half ihm zwar treulich; doch zuletzt
Ward alles Löschen ausgesetzt,
Da bei stets wachsender Gefahr
Das Haus nicht mehr zu retten war.
Der Bauer sah hierauf in Ruh
Den schönen hellen Flammen zu;
Trat näher und hub lächelnd an:
Kann ich nicht löschen, nun wohlan!
So will ich, ohne mich zu härmen,
Mich an dem Feuer doch noch wärmen!

Der Greis und die junge Frau

Ein alter Mann mit grauen Haaren,
Nahm sich ein Weib von zwanzig Jahren.
Allein nachdem sie manche Nacht
Sehr kalt zusammen zugebracht:
So sah er, doch zu spät, es ein,
Daß er wohl nicht mehr sollen frein.
Ich werde, (hub er seufzend an)
Gestraft für das, was ich getan!
Zu meiner Jugend Zeitvertreib
Hatt ich, wie Pflicht es war, kein Weib;
Nun, da Verdruß und Alter nahn,
Hat meine Frau auch keinen Mann!


Der Esel, der Affe und der Maulwurf

Sei mit dem Lose doch zufrieden,
Das dir die Vorsehung beschieden!
So schlecht es dir auch immer scheint,
So gibts doch schlechtre noch, mein Freund!

Der Esel war sehr ungehalten,
Daß er nicht Hörner auch erhalten.
Man schlägt mich, (hub er seufzend an)
Weil ich mit nichts mich wehren kann!
Ach! (sprach der Affe,) tröste dich!
Du bist noch glücklich! doch, sieh mich!
Du hast ja deine Glieder ganz;
Mir aber fehlet gar der Schwanz,
Der doch so manchmal Not mir tut!
Die Mücken stechen mich aufs Blut;
Das muß ich alles willig leiden!
In Wahrheit, guter Freund, uns beiden
Hat die Natur zu viel versagt!

Indem der Affe dieses klagt,
Wühlt sich ein Maulwurf aus der Erde,
Und sprach: o tragt doch die Beschwerde,
So die Natur euch aufgelegt!
Wie karg hat sie nicht mich gepflegt!
Es mag auch noch so schlecht euch gehn,
So könnt ihr wenigstens doch sehn!
Doch ich, ich armes Erdenkind,
Bin gar mit beiden Augen blind!


Der Jäger und die Wachtel

Ein Jäger, der mit süßen Griffen
Den Wachteln lange Zeit gepfiffen,
Fing endlich eine. Guter Mann,
Hub sie vertraut zum Jäger an,
Ich weiß es wohl, an mir allein
Kann dir nicht viel gelegen sein.
Doch willst du mir das Leben schenken,
So wirst du noch an mich gedenken!
Du sollst durch meine seltnen Gaben
Traun! Wachteln gnug zu fangen haben,
Ich will sie selbst ins Netz dir führen,
Und du brauchst es nur zuzuschnüren.
Ei, sprach der Jäger voller Hohn,
Weißt du auch wohl der Falschheit Lohn?
Da du selbst Freunde willst verraten,
So will ich auch zuerst dich braten!

Der Jüngling und die Schwalbe

Ein junger lockerer Verschwender,
Der seine Kleider all als Pfänder
Zum Wechseljuden hingebracht,
Und froh den Winter durchgelacht;
Besaß von warmer Kleidung nur
Noch einen Mantel. Die Natur
Begann sich wiederum zu fühlen;
Die Mücken fingen an zu spielen,
Und eines Tags nahm er sogar
Mit Freuden eine Schwalbe wahr.
Der Sommer kommt! (rief er entzückt.)
Und dieser Mantel, der mich drückt,
Kann noch in Wein vertrunken werden!
Er tats. Allein der Schoß der Erden
Ward bald aufs neu in Schnee versteckt;
Der Mantel, welcher ihn bedeckt,
War fort. Für Frost beinah halbtot
Fand er zum Trost in seiner Not
Am Wall wo eine Schwalbe liegen,
Vom Frost getötet. Mit Vergnügen,
(Sprach er) trag ich des Mangels Last,
Da du auch deinen Lohn nun hast.

Der Fuhrmann und der Gott Herkules

Das Beten hilft, nur nicht allein;
Auch eigner Fleiß muß wirksam sein.

Ein Kärner, der zu großem Schaden
Sein kleines Fuhrwerk überladen;
Saß endlich fest mit seiner Last
In einem Wege voll Morast.
Sogleich rief er in dieser Not
Zum Herkules, dem mächt'gen Gott;
Und bat mit vielen Seufzern, ihn
Mit seinem Karr'n herauszuziehn.
Nachdem er lange Zeit geharrt,
Und endlich, nach der Faulen Art,
Schon in sein Schicksal sich ergab,
Rief eine Götterstimm' herab:
Was schreit und heult da für ein Tor?
Hol deine Hacke frisch hervor!
Räum' weg den Kot, wie sich's gehört,
Und peitsche tüchtig auf dein Pferd;
Dann ruf' zum Herkules auf's neu,
Und glaube mir, er steht dir bei!


Der kranke Esel

Ein alter Esel lag sehr krank
Im Stall auf einer harten Bank;
Der Stall war weislich zugemacht,
Und nur ein Loch drin angebracht.
Da kamen Wölfe, Füchse, Hunde,
Mit schon nach Fleisch begierigem Munde,
Und sprachen zu des Esels Sohn
In süßem freundschaftlichen Ton:
Wie gehts dem alten Eselmann?
Viel besser (hub der Sohn drin an)
Als wie die Herren wünschen werden,
So freundlich sie sich auch gebärden.

Der Star und die Hähne

In einem Hühnerbauer saßen
Zween Hähne, die man mästen lassen;
Zu denen kam ein junger Star,
Der von dem Koch gefangen war.
Die Hähne fielen auf ihn los,
Und rupften ihn mit manchem Stoß.
Der Star verkroch sich; er war klein,
Und saß im Winkel scheu, allein.
Sie pflücken, (dacht er) dich mit Recht,
Denn du bist nicht vom Hahngeschlecht.
Doch bald drauf fiel der eine Hahn
Den andern selber grimmig an;
Da ging es an ein raufen, beißen,
Es kam zuletzt zum Kammausreißen.
Ei ei! (gedachte drauf bei sich
Der scheue Star) nun tröst ich mich!
Wie sollt ich armer Fremdling klagen,
Da sie sich selber nicht vertragen?

* * *

So tröst auch, armer Autor, dich,
Wenn Zeitungsschreiber unter sich
Zerfalln; sich zanken, schimpfen, hassen,
Und dich dadurch in Ruhe lassen.


Der wehmütige Abschied

Ein junger deutscher Edelmann,
Der manche Reise schon getan,
Kam endlich nach Neapel hin;
Da fand er eine Sängerin,
Die ganz besonders ihm gefiel.
Sie ward bald seiner Wünsche Ziel,
Und nach sehr viel gespielten Ränken,
Nach manchen Bitten und Geschenken,
Ergab sie seiner Sehnsucht sich.
Er liebte sie so inniglich,
Daß fast kein Tag vorüber ging,
An welchem nicht ein schöner Ring,
Und Dosen, Uhren, Brüßler - Kanten,
Saloppen, Mäntelchen, Volanten,
Und Silberzeug, und Porzellan,
Und was man sonst erdenken kann,
Den Weg zu ihrer Wohnung fanden.

Indes war nun die Zeit vorhanden,
In welcher eines Vaters Brief
Den jungen Herrn zurücke rief.
Die Dame war ihm so gewogen,
Daß sie ihn gänzlich ausgezogen;
Sein Beutel war längst völlig leer;
Er hatte nichts von Kleidern mehr,
Als einen Pelz mit Gold besetzt.
In dem ging er zu guterletzt
Zur Sängerin, und wehmutsvoll
Sagt er ihr nun sein Lebewohl!
Die Schöne konnte sich nicht fassen;
Auch, da er sie bereits verlassen,
War sie noch immer außer sich,
Und schrie, und weinte bitterlich.

Dem Kammermädchen nahm dies Wunder;
Signora, (hub sie an) itzunder
Tun Sie, was Sie noch nie getan!
In aller Welt! was ficht Sie an?
Laß doch den dummen Deutschen wandern!
Sie haben morgen einen andern,
Und zehn und zwanzig, wenn sie wollen,
Die uns wohl schadlos halten sollen!
Was? (sprach hierauf die Sängerin)
Meinst du, daß ich so albern bin,
Und über seinen Abschied weine?
Was ich mit diesen Tränen meine
Ist bloß sein Pelz! Ach! welche Pracht!
Er schien für mich recht wie gemacht!
Und darum wein ich aus Verdruß,
Daß ich ihm den so lassen muß!