Fabelverzeichnis
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Johannes Hadlaub
auch Hadloub

*Ende des 13. Jahrhunderts in Zürich, † um 1340
Er war ein Minnesänger bürgerlicher Herkunft.
Von ihm sind 53 Minnelieder überliefert, daneben hat er auch Ernte- und Herbstlieder
und Leichs geschrieben.
Er war Bürger der Stadt Zürich, wo er sich im Jahr 1302 am Neumarkt ein Haus kaufte
und an einem 16. März vor 1340 verstarb. Seine Gedichte stammen aus der Spätzeit des Minnesangs (um 1300).


 

Ich wil ein warnen singen
 

Ich will ein Warnlied singen
 
1.
»Ich wil ein warnen singen,
daz lieb von liebe bringen
nu mag, die mâzze kunnen hân.
Sus râte ich dien ein scheiden,
der ich nu hüete, beiden:
der tag, der wil so schiere ûf gân.
Des ich wunder sorgen hân,
wie ez uns noch irgange:
ir nâhen umbevange,
die wellent sî so kûme lân.

2.
In gibe dem herren nit die schulde:
ich weiz ir ungedulde
so wol, si lât in kûme varn.
Der herre sol si lâzzen weinen:
der nacht ist noch so kleinen,
er sol ez langer nicht ensparn.
Nu bin ich aller fröiden arn,
ich vürchte mir so sêre:
ez stât umb lîb und êre.
In kann ir nicht biwarn,

3.
Sin volgen danne mînem râte.
und tuont si daz ze spâte,
owê, ich bin mit in verlorn!
Nu hoerent sî doch wol mîn warnen.
muoz ich ir minn erarnen
noch mê, daz ist mir leit und zorn.
Ôwê, daz ich wart erkorn,
daz ich wart ir wachaere!
noch wendent unsir swaere:
den tag man kündet dur diu horn.«

 
1.
»Ich will ein Warnlied singen,
das den Geliebten von seiner Liebsten trennen wird,
wenn sie das rechte Maß halten können.
Auf diese Weise rate ich den beiden,
die ich zur Zeit beschütze, Abschied zu nehmen.
Der Tag wird in Kürze anbrechen.
Ich mache mir größte Sorgen,
wie es uns ergehen wird.
Denn sie wollen gar nicht aufhören,
sich zärtlich zu umarmen.

2.
Ich gebe nicht dem Herrn die Schuld daran.
Ich kenne ihre ungezügelte Leidenschaft genau,
sie läßt ihn nicht fort.
Der Herr soll sie weinen lassen.
Die Nacht ist nur noch so kurz,
er darf den Abschied nicht länger hinauszögern.
Nun ist mir jegliche Freude vergangen,
statt dessen habe ich furchtbare Angst.
Leben und Ansehen stehen auf dem Spiel.
Ich kann sie nicht vor Unheil bewahren,

3.
es sei denn, sie folgen meinem Rat.
Wenn sie dies aber zu spät tun,
ach, dann bin ich zusammen mit ihnen verloren.
Nun hören sie doch meine Warnung genau.
Wenn ich für ihre Liebe noch mehr büßen muß,
packen mich Schmerz und Wut.
Ach, daß man ausgerechnet mich auserwählt hat,
ihr Wächter zu sein.
Wendet das Unheil, das uns droht, doch noch ab.
Schon kündigt das Hörnerblasen den Tag an.«

 
Der ich leider dise nacht gehüetet hân
 
Die, für die ich zu meinem Leidwesen heute Nacht
 
1.
Der ich leider dise nacht gehüetet hân,
der umbevân ist noch so manigvalt,
Wan ir beider wille stellet sich inein.
Ir sorge ist klein: si sint so minnen balt.
Wan sorgent sî, wie ez uns irgê?
wirt man sîn gewar, so komen wir in nôt.
Nu welle got, daz sî sich scheiden ê!

2.
»Ez biginnet gegen dem tage stellen sich«:
alsus warne ich si beidiu, der ich pflag.
Des gewinnet doch mîn frowe leides vil,
davon sin wil nicht wîzzen noch den tag.
Mîn herre sehe selb darzuo:
ez stêt beiden umb ir lîb — ich kum wol hin,
wan ich wil sîn ûz vor dem morgen fruo.

3.
Ich sleich tougen ûz und sang ein warnen dô.
do sprach ie sô mîn frowe minnenklîch:
»Âne lougen, der wachter hât uns verlân.
du solt ûf stân, mîn herre tugenden rîch!
Ich weiz nu wol, daz ez ist zît,
des sich unser lieblich triuten scheiden sol.
ez kumt nicht wol, swer doch ze lange lît!«


 
1.
Die, für die ich zu meinem Leidwesen heute Nacht
Wache gehalten habe, die hören nicht auf,
einander zu umarmen, denn beide wollen das gleiche.
Sie sind völlig unbekümmert, so sehr sind sie mit der Liebe beschäftigt.
Warum kümmert es sie nicht, wie es uns ergehen wird?
Wenn man ihn hier entdeckt, geraten wir in Gefahr.
Nun gebe Gott, daß sie sich vorher trennen.

2.
»Der Tagesanbruch rückt näher.«
Mit diesen Worten warne ich die beiden, für die ich gewacht habe.
Dies bereitet meiner Herrin allerdings großen Schmerz,
und sie will deshalb den Tag noch nicht wahrhaben.
Mein Herr sehe selbst, wie er zurecht kommt. Beider Leben
steht auf dem Spiel — ich komme schon ungeschoren davon,
denn ich will noch vor dem Morgengrauen fort sein.

3.
Heimlich schlich ich hinaus und sang draußen ein Warnlied.
Daraufhin sagte meine liebreizende Herrin:
»Der Wächter hat uns wahrhaftig verlassen.
Du mußt aufstehen, mein vortrefflicher Geliebter.
Ich weiß nun genau, daß es Zeit ist.
Deshalb müssen unsere Zärtlichkeiten ein Ende haben.
Es nimmt kein gutes Ende, wenn jemand zu lange liegenbleibt.«


 
Sich fröit ûf die edlen nacht
 
Ein vornehmer Liebhaber
 
1.
Sich fröit ûf die edlen nacht
ein gislacht minnaere harte,
des sîn frowe ruochen wil.
Sô der tag sîn liecht verlât,
secht, so gât si an die warte,
als si hânt gileit ir zil.
Sô kumt er gegangen tougenlîche
unde rüert daz tor so lîse iesâ.
sô si daz erhoert, diu minnenkliche,
sô spricht sî: »mîn herre, bist du dâ?«
er sprichet: 'edliu frowe, jâ.
tuo mir ûf, vil wunnenrîche,
daz ich dich al umbevâ!'

2.
Im wont wilde fröide bî,
swanne sî daz tor entsliuzzet,
und daz hoert der werde man,
und sî engegen im danne ûf tuot:
dast ein guot, des nicht verdriuzzet
beider lîb so lobesan.
Sî vüert in mit ir so wîzzen hende
vür ir bette, dur der huote bant,
also stille, daz echt nieman wende.
wie schier sî sich danne enkleidet hânt!
sî gênt zemene, lieb bewant
wirt da wol mit liebem ende:
in wirt beiden minne irkant.

3.
Wer möchte bezzer fröide hân,
des enkan ich nicht volspehen,
als si hânt die nacht so gar?
Dâ wirt manig umbevang
lieblîch lang, da mag geschehen
manig kus so valsches bar.
dâ wirt brust an brust so wol gedruket,
daz da sorgen mag belîben nicht,
beider lîb zesemene nâch gesmuket,
dâvon dâ daz liebste lieb geschicht.
doch hânt sî die zuoversicht,
daz in fröide wirt verzuket,
sô der wachter tages gicht.


 
1.
Ein vornehmer Liebhaber, den seine Dame
erhören will, freut sich sehr auf die
wunderschöne Nacht.
Sobald die Dämmerung einsetzt,
seht, so geht sie, um Ausschau zu halten,
wie sie es miteinander verabredet haben.
Heimlich kommt er herbei und klopft
sogleich ganz leise ans Tor.
Sobald die liebreizende Frau dies hört,
fragt sie: »Mein Freund, bist du es?«
Er antwortet: 'Ja, edle Herrin.
Schließ mir auf, Liebste,
damit ich dich zärtlich umarmen kann.'

2.
Wenn der edle Mann hört,
daß sie das Tor aufschließt, ist er außer
sich vor Freude. Und der Augenblick,
wenn sie ihm dann öffnet, ist so wundervoll,
daß die beiden vortrefflichen Liebenden
ihn in keiner Weise missen möchten.
Sie führt ihn an ihrer weißen Hand an den
Aufpassern vorbei so leise zu ihrem Bett,
daß es niemand verhindern kann.
Wie rasch sie sich dann ausgezogen haben!
Sie legen sich zueinander,
ihre Liebe ist am ersehnten Ziel.
Beide erfahren, was Liebe ist.

3.
Ich kann mir nicht vorstellen,
wer größeres Glück erleben könnte,
als sie es die Nacht lang erleben.
Ihre unzähligen zärtlichen Umarmungen
finden kaum ein Ende,
und zahllose Küsse werden ohne eine Spur von Treulosigkeit ausgetauscht.
Sie liegen so eng Brust an Brust beieinander,
daß alle Sorgen verfliegen,
und schmiegen sich so nah aneinander,
daß ihnen dabei das größte
Liebesglück widerfährt. Allerdings wissen
sie genau, daß ihr Glück dahin ist,
sobald der Wächter den Tag ankündigt.


 
Quelle:
©Reclam 2003/Tagelieder des deutschen Mittelalters/Ausgewählt und übersetzt von ©Martina Backes

 
Winter hât vorbotten ûz gesendet
 
Der Winter hat seine Vorboten ausgeschickt
 
1.
Winter hât vorbotten ûz gesendet,
die hânt vogel süezen sanc erwendet.
sô velwent sî dem sumer sîne schœne var.
der botten heizet einer sûriu bîse, diu lêrt
mangen hiure ziterwise. sô heizt
einer twer, der trüebt die tage clâr. dar nâch
wirt man snêws und rîfen schier gewar.
winter bringt uns sorge her und anderswar:
wunnen bar werdent diu lant sô gar.

2.
Sô sach man ouch dicke an schœnen frouwen
wunnen mêr dan man nû müge geschouwen.
sî bergent nû kelen blanc und neckelîn
und ir houbet, wîze hende ouch dicke.
winter went uns süezer ougen blicke.
man sach dür klein ermel blanker arme schîn.
sô sach man in wîplîch stên ir kleinen lîn.
nû went sî sich ziehen in die stuben hin:
liechter schîn wil leider tiure sîn.

3.
Doch muoz ich vor allen nœten klagen
daz mich lât mîn frouwe jâmer tragen.
sî tuot glîch wies mîn nicht müge minne hân.
swaz ich dar nâch trôstes an sî muote,
gan sî mir nicht heils, diu reine guote,
sô ist gar verlorn daz ich mich an sî lân.
nû enmag ichs nicht, wan si ist sô wol getân.
doch ensol sî lîcht den muot nicht iemer hân:
ûf den wân ding ich noch sender man.


 
1.
Der Winter hat seine Vorboten ausgeschickt,
die haben den Vögeln ihren süßen Gesang gestohlen.
Auch lassen sie des Sommers schöne Farben verblassen.
Von den Boten heißt einer: scharfer Nordwind,
der lehrt manchen in diesem Jahr den Schüttelfrost.
Einer wiederum heißt: Seitenwind, der macht die hellen Tage trübe.
Nach dem sieht man bald Schnee und Reif.
Überallhin bringt uns der Winter ein sorgenvolles Leben.
Die Länder werden so völlig von allen Freuden leer.

2.
So sah man auch an schönen Frauen
oft schon viel Lustvolleres, als sich jetzt den Augen bietet:
Sie verstecken nun ihre weißen Hälse und Nacken
und ihren Kopf, und ebenso auch die weißen Hände.
Der Winter nimmt uns der süßen Augen Blicke.
Man sah durch kleine Ärmel hindurch den Schimmer glänzender Arme.
Auch sah man ihre zierlichen Leinenkleider sich fraulich bauschen.
Nun jedoch wollen sie sich in die Stuben zurückziehen.
Heller Glanz wird uns zu unserem Bedauern fehlen.

3.
Doch muß ich vor allen Bedrängnissen darüber klagen,
daß meine Herrin mir Leid aufbürdet.
Sie verhält sich so, als ob sie keine Zuneigung zu mir empfindet.
Was immer ich an Trost von ihr begehre —
wenn die edle, reine Frau mir keine Erhörung schenkt,
so ist es ganz vergebens, daß ich meine Hoffnung auf sie setze.
Nun kann ich nichts dagegen tun, denn sie ist so vollkommen.
Dennoch wird sie vielleicht nicht immer dieselbe Einstellung haben:
Auf diese Hoffnung baue ich, ich sehnsüchtiger Mann.


 
Ach, ich sach si triuten wol ein kindelîn
 
Ach, ich sah sie ein Kindlein liebkosen
 
1.
Ach, ich sach si triuten wol ein kindelîn,
davon wart mîn muot liebes ermant.
sî umbevieng ez unde druhte ez nâhe
an sich, dâ von dâht ich lieplîch zehant.
si nam sîn antlüte in ir hende wîz
unde truhte ez an ir munt, ir wengel clâr.
owê so gar wol kuste sîz.

2.
Ez tet ouch zewâre, als ich hæte getân.
ich sach umbvân ez ouch so dô.
ez tet reht, als ez entstüende ir wunnen
sich, des dûhte mich, ez was so frô.
don mohte ich ez nicht âne nît verlân.
ich gedâht: "owê, wær ich daz kindelîn,
unz daz si sîn wil minne hân."

3.
Ich nam war, dôz kindelîn êrst kam von ir.
ich namz zuo mir lieplîch ouch dô.
ez dûht mich sô guot, wan sîz ê druhte
an sich. dâ von wart ich sîn gar sô frô.
ich umbeviengz, wan sîz ê schône umbevie,
und kustz an die stat, swâ'z von ir kust
ê was: wie mir doch daz ze herzen gie!

4.
Man giht, mir sî niht als ernstlîch wê nach ir,
als sîz von mir vernomen hânt,
ich sî gesunt; ich wær vil siech und siechlich
var, tæt mir sô gar wê minne bant.
daz manz niht an mir siht - doch lîde ich nôt-
daz füegt guot geding, der hilft mir alda her:
und liez mich der, sô wære ich tôt.


 
1.
Ach, ich sah sie ein Kindlein liebkosen,
davon kam mir eine freudige Erinnerung.
Sie umarmte es und drückte es eng an sich.
Das machte mir angenehme Empfindungen.
Sie nahm sein Gesicht in ihre weißen Hände
und drückte es an ihren Mund, ihre strahlenden Wangen.
Ach, sie küßte es so liebevoll.

2.
Es verhielt sich genauso, wie ich mich verhalten hätte.
Ich sah, wie es auch sie umfing.
Es verhielt sich so, als ob es ihre freudigen Empfindungen begriffe.
Es schien mir, daß es darüber sehr froh war.
Da konnte ich es nicht ohne Eifersucht geschehen lassen.
Ich dachte: 'Ach, wäre ich doch dieses Kindlein,
so lange wie sie ihm ihre Zuneigung schenkt.'

3.
Ich stellte mich auf die Lauer, als das Kind zuerst von ihr kam.
Ich nahm es da auch liebevoll an mich.
Es schien mir so reizend, denn sie hatte es eben vorher an sich gedrückt.
Dadurch wurde ich freudig erregt.
Ich umarmte es, denn sie hatte es zuvor liebevoll umarmt,
und ich küßte es dort, wo es gerade von ihr geküßt worden war.
Wie mir das doch das Herz erfüllte!

4.
Man sagt, mir sei nicht wirklich nach ihr so weh,
wie sie es von mir gehört haben.
Ich sei gesund; und ich müßte krank sein und kränklich aussehen,
wenn mir die Fessel der Liebe so ins Herz schnitte.
Daß man es nicht an mir wahrnimmt — wahrlich, ich leide den Schmerz —
das macht die gute Hoffnung, die mir bis jetzt geholfen hat.
Wenn mich die verließe, so wäre ich tot.


 
Quelle:
©Fischer TB Verlag 2004/Minnesang/Herausgegeben, übersetzt von©Helmut Brackert

 
Das folgende Lied ist eine autobiographische Minne-Novelle in Liedform. Die von Hadlaub angeführten Honorationen lassen sich alle nachweisen.
 
Ich diene ir sît daz wir beidiu wâren kint
 
Ich diene ihr, seitdem wir beide Kinder waren
 
1.
Ich diene ir sît daz wir beidiu wâren kint.
diu jâr mir sint gar swaer gesîn,
wan si wag so ringe mînen dienest ie:
sin wolte nie geruochen mîn. Daz wart
irbarmende herren, dien wartz kunt,
daz ich nie mit rede ir was giwesen bî.
des brâchten sî mich dar zestunt.

2.
Swie ich was mit hôhen herren komen dar,
doch was si gar hert wider mich.
Sî kêrt sich von mir, do sî mich sach,
zehant: von leide geswant mir, hin viel ich.
Die herren huoben mich dar, dâ si saz,
unde gâben mir balde ir hant in mîn hant.
do ich des bevant, do wart mir baz.

3.
Mich dûchte, daz nieman möchte hân
erbetten sî, daz sî mich frî nôt haete getân,
wan daz si vorchte, daz si schuldig wurde
an mir: ich lag vor ir als ein tôt man
und sach si jaemerlîch an ûz der nôt.
des irbarmet ich si, wan ichz hâte von ir,
des sî doch mir ir hant do bôt.

4.
Dô sach sî mich lieblîch an und rete mit mir.
ach, wie zam ir daz sô gar wol!
Ich mochte sî so recht geschowen wolgetân.
wa wart ie man so fröiden vol?
Die wîle lâgen mîn arme ûf ir schôz:
ach, wie suozze mir daz dur mîn herze gie!
mîn fröide nie mêr wart so grôz.

5.
So hâte ich ir hant so lieblîch vaste, gotte
weiz, davon si beiz mich in mîn hant.
Si wânde, daz ez mir wê taet, do froete ez
mich: so gar suozze ich ir mundes bevant.
Ir bîzzen was so zartlich, wîblich, fîn,
des mir wê tet, daz so schiere zergangen
was. mir wart nie baz, daz muoz wâr sîn!

6.
Sî bâten si vaste eteswaz geben mir,
des sî an ir lange haete gehân.
Also warf si mir ir nâdilbein dort her.
in süezzer ger balde ich ez nam.
Si nâmen mirz und gâbenz ir wider dô
und irbâten sî, daz sî mirz lieblîch bôt.
in sender nôt wart ich so frô.

7.
Der vürste von Konstenz, von Zürich diu
vürstîn vil saelig sîn! der vürste ouch sâ
von Einsidellen, von Toggenburg lobelich
grâf Friderîch, und swer was dâ
und half alt riet, daz man mich brâchte für
sî. daz tâten hôhe liut, der frume
Reginsberger nach mîner ger ouch was dabî.

8.
Und der abt von Pêterhûsen tuginde vol
half mir ouch wol. da wâren ouch bî
edil frowen, hôhe pfaffen, ritter guot.
da wart mîn muot vil sorgen frî.
Ich hâte ir gunst, die doch nit hulfen mir.
her Ruodolf von Landenberg, guot ritter
gar, half mir ouch dar und liebte mich ir.

9.
Dem die besten helfent, daz vervât ouch
icht. diu zuoversicht wart mir wol schîn,
wan der vürste von Konstenze loblich,
gerecht, und her Albrecht, der bruoder sîn,
und her Rüedge Manesse, die werden man,
hulfen mir vür mîn edlen frowen klâr,
des manger jâr nie mochte irgân.

10.
Ez ist lang, daz mich von êrst ir wunne vie
und daz ich nie so nâch ir kann, wan si
stalte ungruozlîch sich ie gegen mir, des ich
zuo zir nie getorste gegân. Ich dâchte:
"Sît sî nicht ruochet grüezzen mich, gienge
ich für sî, daz waere lîchte so verre ir haz!"
nicht wan umb daz verzagt dan ich.

11.
Möchte ein herze von fröiden dur den lîb
ûzgân, in möchte behân des mînen niet,
sît ich vür die wolgetânen komen bin,
von der mîn sin mich nie geschiet.
Ich hâte ir hant in mînen henden, ach!
êst ein wunder, daz von rechten minnen
nicht in der geschicht mîn herze brach.

12.
Ach, ich hôrte ir süezzen stimme, ir zarten
wort, si reiner hort, des hât si prîs.
Sô sach ich ir munt, ir wengel rôsenvar,
ir ougen clâr, ir kelîn wîz,
ir wîblich zucht, ir hende wîz als der snê.
mir was lieblîch wol, unz ich mües dannan
gân: mir senden man tet daz so wê.

13.
Wol uns, daz der Klingenberger vürste ie
wart! die rechten vart, die vuoren sî,
dien ze herren walten. er kann wîse unde
wort, der sinne hort, der wont im bî,
sîn helfe, sîn rât, sîn kunst sint endelich.
des die wîsen habten sîn ze herren ger,
des heizzet er bischof Heinrîch.


 
1.
Ich diene ihr, seitdem wir beide Kinder waren:
die Jahre sind mir sehr schwer gewesen,
denn sie bewertete meinen Dienst gering,
daß sie niemals auf mich achtete.
Das erbarmte einige Herren, die es erfahren hatten,
daß ich noch nie mit ihr hatte reden können:
sogleich brachten sie mich zu ihr hin.

2.
Obwohl ich mit hohen Herren zu ihr gekommen war,
war sie sehr unfreundlich gegen mich.
Sie drehte sich sofort, als sie mich gesehen hatte, von mir weg.
Vor Kummer wurde ich ohnmächtig, und fiel zu Boden.
Die Herren trugen mich dorthin, wo sie saß,
und sie legten mir sogleich ihre Hand in meine Hand:
als ich das bemerkte, da wurde mir wieder besser.

3.
Ich glaubte, niemand hätte sie mit Bitten dazu gebracht,
daß sie mich von meinem Kummer befreit hätte,
wenn sie nicht befürchtet hätte, sie würde mir gegenüber eine Sünde begehen:
Denn ich lag wie tot vor ihr
und blickte sie jämmerlich in meinem Kummer an.
Daher hatte sie Mitleid mit mir, denn sie war ja die Ursache davon:
Und so reichte sie mir dann ihre Hand.

4.
Da sah sie mich liebevoll an und redete mit mir:
Ach, wie gut stand ihr das an!
Ich konnte sie ausgiebig in ihrer Schönheit anschauen:
Wo gab es jemals einen so freudevollen Mann?
Die ganze Zeit lagen meine Arme in ihrem Schoß.
Ach, wie süß ging mir dies durch mein Herz!
Mein Glück war nie mehr so vollkommen.

5.
Da hielt ich ihre Hand, bei Gott, so liebevoll fest,
daß sie mich deswegen in die Hand biß.
Sie glaubte, das täte mir weh: doch ich freute mich darüber.
So überaus süß empfand ich ihren Mund.
Ihr Beißen war so zart, fraulich, schön,
daß mir das weh tat, daß es so bald zu Ende war:
mir ging es nie besser, das ist wahr!

6.
Sie baten sie sehr, mir etwas zu schenken,
was sie lange bei sich getragen hätte.
Und so warf sie mir ihre Nadelbüchse nach:
in frohem Verlangen nahm ich sie schnell;
sie aber nahmen sie mir weg, gaben sie ihr zurück,
und baten sie, sie möge sie mir liebevoll überreichen:
in meinem Liebesschmerz wurde ich da froh.

7.
Der Fürst von Konstanz, die Fürstin von Zürich
seien gepriesen! Auch der Fürst
von Einsiedeln, der preisenswerte Graf Friedrich
von Toggenburg, und wer sonst noch da war
und mit Hilfe und Rat mein Treffen mit ihr unterstützte.
Das taten hochgestellte Personen: Der edle Regensburger
war, wie ich es gewünscht hatte, auch dabei.

8.
Und auch der vortreffliche Abt von Petershausen
half mir sehr. Dabei waren auch
edle Damen, hohe Kleriker, gute Ritter:
da wurde mein Herz frei von Sorgen.
Ich hatte auch deren Gunst, die nicht helfend dabei waren.
Herr Rudolf von Landenberg, der vorzügliche Ritter,
half mir auch hinzukommen und empfahl mich ihr.

9.
Wenn jemandem die Besten helfen, dann nützt das auch.
Diese Hoffnung erfüllte sich an mir:
denn der lobenswerte, gerechte Fürst von Konztanz
und sein Bruder, Herr Albrecht,
ferner Rüdiger Manesse, alle diese edlen Männer
halfen mir, daß ich zu meiner edlen, schönen Herrin kam,
was viele Jahre lang nicht möglich gewesen war.

10.
Es ist lange her, daß mich erstmals ihre Schönheit fesselte,
obwohl ich ihr nie so nahe gekommen war,
denn sie verhielt sich stets unfreundlich gegen mich:
daher wagte ich nie, zu ihr zu gehen.
Ich dachte,weil sie mich nicht zu grüßen beabsichtigte,
wäre es ihr vielleicht ebenso verhaßt, wenn ich zu ihr käme:
Nur aus diesem Grund war ich so voll Angst.

11.
Könnte ein Herz vor Freude den Körper verlassen,
dann hätte ich das meinige nicht behalten können,
als ich vor die Schönste gekommen bin,
von der meine Gedanken sich nie getrennt haben.
Ich hatte ihre Hand in meinen Händen, ach!
Es ist ein Wunder, daß vor lauter Liebe
bei diesem Ereignis nicht mein Herz zerbrochen ist.

12.
Ach, ich hörte ihre süße Stimme, ihre zarten Worte:
sie, dieser herrliche Schatz, ist dafür zu preisen.
Auch sah ich ihren Mund, ihre rosenfarbigen Wangen,
ihre hellen Augen, ihren weißen Hals,
ihr so frauliches Benehmen, ihre schneeweißen Hände.
Ich fühlte mich wundervoll, bis ich weggehen mußte:
mir liebeskrankem Mann tat das überaus weh.

13.
Wohl uns, daß der Klingenberger ein Fürst geworden ist!
Den richtigen Weg nahmen jene,
die ihn zum Herrn machten. Er versteht sich auf Musik und Dichtung:
den Schatz der Bildung besitzt er.
Seine Hilfe, sein Rat, sein Können sind zuverlässig,
deshalb wollten ihn die Klugen zum Herren haben:
Deshalb heißt er nun Bischof Heinrich.


 
Wol der süezzen wandelunge!
 
Wohl dem süßen Wechsel der Jahreszeiten!
 
1.
Wol der süezzen wandelunge!
swaz winter truobte, daz tuot sumer câr.
Daz fröit alte, daz fröit junge,
wan sumer uobte doch ie wunnen schar.
Wol im, swer sich nu fröiwen sol!
dem ist so wunnenklîchen wol.
swaz aber ich von wunnen schowe,
doch wil mîn frowe, daz ich kumber dol.

2.
Ôwê, solt ich und mîn frowe
unsich vereinen und uns danne ergên
in ein schoenen, wilden owe,
daz ich die reinen saehe in bluomen stên!
Da sungen uns diu vogellîn:
wa mechte mir danne baz gesîn?
sô vunde ich da schoen geraete
von sumerwaete zeinem bette fîn.

3.
Daz wolde ich von bluomen machen,
von vîol wunder und von camandrê,
daz ez von wunnen möchte lachen.
da müesten under münzen unde klê;
Die wanger müesten sîn von bluot,
daz culter von bendichten guot,
diu lînlachen clâr von rôsen:
ez waere ir lôsen lîbe nicht vorbehuot.

4.
Waer si nicht so lobeliche,
si waer ze danke an daz bette mir.
Si ist so rein, so wunnerîche,
davon nit kranke wunne hôrte zir.
So spraeche ich: »lieb, nu sich, wie vil
daz bette hât der wunnenspil:
darûf gê mit mir, vil hêre!« —
ich vürchte sêre, daz si spraeche: 'in wil!'

5.
Wan daz mir ir zorn wê taete,
ich wurde âne lougen dâ gewaltig ir.
Swes ich sî lieblîch irbaete,
daz braechte tougen hôhe fröide mir.
Ě daz aber ich si wolte lân,
ich wolde sî doch umbevân
und si dan anz bette swingen —
owê, daz ringen mag mir wol vorgân!


 
1.
Wohl dem süßen Wechsel der Jahreszeiten!
Was immer der Winter auch trüb machte, das macht der Sommer wieder hell.
Das freut Alte, das freut Junge,
denn der Sommer brachte doch immer eine große Anzahl von Freuden.
Wohl ihm, der sich nun freuen wird!
Dem ist auf so schöne Weise gut zumute.
Was ich auch an Freuden schaue,
so will doch meine Herrin, daß ich Schmerz erleide.

2.
Ach, würden ich und meine Herrin
uns zusammentun und dann
in eineschöne, ferne Auwiese gehen,
wo ich die Vortreffliche inmitten von Blumen stehen sähe!
Da sängen für uns die kleinen Vögel:
Wo möchte es mir besser ergehen?
Dort würde ich schöne Vorräte von Kleidern
des Sommers finden, und zwar für ein zartes Bett.

3.
Ein solches würde ich aus Blumen machen,
aus einer Unmenge von Veilchen und Gamander,
daß es vor lauter Pracht eine strahlende Freude wäre.
Minze und Klee müßten dabei sein,
die Kissen müßten aus Blüten sein,
die Bettdecke aus schönen Benedikten,
die Leinenlaken strahlend vor Rosen:
die Schöne müßte sie mit ihrem Leib berühren.

4.
Wäre sie nicht so tugendrein,
so müßte sie aus freiem Willen das Bett mit mir teilen.
Sie ist so vortrefflich, so reich an Freuden,
daß geringe Freuden nicht zu ihr passen.
Denn sagte ich zu ihr: »Liebste, nun sieh, wie viel
das Bett an Freudenspielen bereit hält:
komme darauf mit mir, du Edle!« —
Ich fürchte sehr, daß sie dann sagte: 'Ich will nicht!'

5.
Wenn mir ihr Zorn nicht Schmerz bereiten würde,
dann würde ich sie ganz unzweifelhaft unterwerfen.
Um was ich sie liebevoll gebeten hatte,
das würde mir heimlich hohe Freude bringen.
Bevor ich sie aber weglassen würde,
würde ich sie vielmehr umarmen
und sie dann auf das Bett werfen —
Aber ach! Zu einem solchen Kampf wird es sicher nicht kommen!


 
Quelle:
©Reclam 1993 Deutsche Gedichte des Mittelalters/Ausgewählt, übersetzt und erläutert von ©UlrichMüller/©Gerlinde Weiss

 
Ach mir was lange
 
Ach, lange schon hatte ich
 
1.
Ach mir was lange
nâch ir sô wê gesîn.
dâ von ich dâhte vil ange,
daz ir daz würde schîn.
ich nam ir achte
in gwande als ein pilgrîn,
sô ich heinlîchste machte,
dô sî gienc von mettin.
dô hât ich von sender klage
einn brief, dar an ein angel was;
den hieng ich an sî, daz was vor tage,
daz si niht wisse daz.

2.
Mich dûht si dæchte
»ist das ein tobic man?
waz wolde er in die næchte,
daz er mich grîfet an?«
sî vorchte ir sêre,
mîn frouwe wol getân.
doch sweic sî dür ir êre;
vil bald sî mir entran.
des was ich gein ir sô gæhe,
daz echt sî balde kæm hin în,
dür daz den brief nieman an ir gesæhe:
sî brâchte in tougen hin.

3.
Wie sim dô tæte,
des wart mir niht geseit,
ob sin hin wurfe ald hæte.
daz tuot mir sende leit.
las sin mit sinne,
sô vant si sælikeit,
tief rede von der minne,
waz nôt mîn herze treit.
dem tet sî nie sît gelîche,
daz ir mîn nôt ie würde kunt.
Owê, frouwe reine minneclîche,
du tuost mir sêre wunt.

4.
In torst gesenden
nie keinen botten ir,
wan sî nie wolt genenden
ir trôst erzeigen mir,
der ir kunt tæte,
wie kûme ich sî verbir,
und sî genâden bæte
nâch mînes herzen gir.
dâ vorcht ich ir ungedulde,
wan sî mir ist darumb gehaz,
daz ich sô gar gerne hæte ir hulde.
warumbe tuot sî daz?

5.
Mîn herze sêre
sî mir dürbrochen hât,
wan sî dâ dür, diu hêre,
sô gwalteclîche gât
hin und her wider,
dochez sî gerne enphât:
sî lât sich drinne ouch nider
mit wunnen die sî hât.
sî kann sô gefüege wesen,
swie sî mêr dan mîn herze sî.
swie sî drinne gât, des mag ich gnesen.
arges ist sî sô vrî.

6.
Mich dunket man sæhe
mîn frouwen wol getân,
der mir mîn brust ûfbræche,
in mînem herzen stân,
sô lieplich reine,
gar wîplich lobesan.
ine wige ez doch nicht kleine,
daz ich sî sô mac hân.
nu muoz sî mir doch des gunnen,
swie sêre sî sich frömdet mir:
doch gan sî mir nicht der rechten wunnen,
der ich ie muote zir.

7.
Owê, diu minne —
wie wil sî mich nû lân,
und ich doch mîne sinne
an ir behalten hân!
daz noch mîn herze
nie trôst von ir gewan —
des wil mich sender smerze
von nôt gesigen an,
sin kêr mirz dannoch ze guote,
die reinen twinge gegen mir ê,
daz sî mir ze heil der leiden huote
dür triuwe gar engê.


 
1.
Ach, lange schon hatte ich
Sehnsucht nach ihr.
Deshalb war ich sehr angelegentlich darauf bedacht,
daß ihr das offenbar werde.
Ich erregte ihre Aufmerksamkeit
im Gewand eines Pilgers,
so heimlich wie ich konnte,
als sie aus der Frühmette kam.
Da hatte ich einen Brief
mit (meiner) Sehnsuchtsklage an einem Widerhaken befestigt;
den hängte ich ihr an — das war noch vor
Tagesanbruch, damit sie nichts merke.

2.
Mir schien, sie überlegte:
»Ist das ein verrückt gewordener Mann?
Was wollte er bloß in solcher Nähe,
das er mich berührte?«
Sie fürchtete sich sehr,
meine schöne Dame.
Sie schwieg jedoch ihres Rufes wegen;
sehr schnell entschlüpfte sie mir.
Deshalb war ich so zudringlich ihr gegenüber,
damit sie bald hinein ins Haus käme
und niemand den Brief an ihr sähe:
sie brachte ihn ungesehen weg.

3.
Was sie mit ihm machte,
wurde mir nicht mitgeteilt
ob sie ihn weggeworfen oder behalten hätte.
Das tut mir bitter weh.
Las sie ihn besonnen,
so fand sie Freude darin,
tiefempfundene Worte der Liebe
und welche Qual mein Herz erfüllt.
Sie hat aber nie gezeigt,
daß ihr meine Qual jemals bekannt geworden sei
O Weh, edle und liebenswerte Dame,
du verwundest mich schmerzlich.

4.
Ich wagte nicht,
ihr einen Boten zu senden,
denn sie wollte niemals sich dazu entschließen,
ihren Zuspruch mir gegenüber zu erzeigen,
der ihr kund getan hätte,
wie wenig ich sie entbehren kann
und wie ich sie um Erhörung gebeten hätte
für das Verlangen meines Herzens.
Ich fürchtete da ihren Verdruß,
denn sie haßt mich darum,
daß ich so rasend gern ihre Huld hätte.
Warum tut sie das?

5.
Mein Herz hat sie mir
schmerzhaft durchbohrt,
denn sie, die Hohe,
geht so brutal durch es hindurch
— vorwärts und rückwärts —,
obwohl sie es auch gern empfängt:
sie läßt sich ihn ihm nieder
mit Genuß, den sie dort erhält.
Sie kann so schmiegsam sein,
wenn sie auch größer als mein Herz ist.
Wie immer sie sich in ihm aufhält, mir schadet es nicht.
Sie ist frei von jeder Falschheit.

6.
Mir scheint, man könnte
meine schöne Herrin sehen,
wenn jemand mir die Brust aufbräche,
wie sie in meinem Herzen steht —
lieblich und rein,
ganz und gar auf weiblich feine Art.
Ich erachte es als nicht wenig,
daß ich sie so haben darf.
Aber, sie muß mir dies gönnen,
wie sehr sie sich mir entzieht: dennoch
gewährt sie mir nicht die rechten Freuden,
die ich schon immer von ihr wünschte.

7.
O Weh, Liebe —
warum will sie mich nun verlassen,
da ich doch mit all meinen Sinnen
an ihr festgehalten habe!
Daß ich noch nie die
Zuversicht von ihr erhielt —
davon wird mich Sehnsuchtsschmerz
sicher besiegen, es sei denn,
er wendet es mir dennoch zum Guten
und treibe die Reine zu mir, daß sie zu
meinem Glück der lästigen Aufpasser um
unserer gegenseitigen Treue willen entfliehe.


 
Jetzt folgt das sogenannte "Manesse-Lied". In ihm werden Rüdiger II. Manesse (1252-1304) und sein Sohn Johannes
(Kustos des Stiftschatzes, † 1297) als Züricher Liedersammler vorgestellt.
Johann Jakob Bodmer 1689-1783 (
war ein Schweizer Philologe.) griff 1748 genau dieses Lied auf und gab den Handschriften
die weitere Bezeichnung die wir heute kennen: "Codex Manesse" oder "Manessische Liederhandschrift".
 

Wo fände man so viele Lieder beisammen?
 

Wâ vunde man sament sô manic liet?
 
1.
Wâ vunde man sament sô manic liet?
man vunde ir niet in dem künicrîche,
als in Zürich an buochen stât.
des prüvet man dik dâ meister sanc.
der Manesse ranc dar nâch endlîche,
des der diu liederbuoch nu hât.
gegen sîm hove mechten nîgin die
singære, sîn lop hie prüvn und anderswâ,
wan sanc hât boun und würzen dâ.
und wisse er, wâ guot sanc noch wære,
er wurb vil endelîch darnâ.

2.
Sîn sun, der kuster, der treibz ouch dar,
des hânt si gar vil edels sanges,
die herren guot, hânt semne brâcht.
ir êre prüvet man dâ bî.
wer wiste sî des anevanges,
der hât ir êren wol gedâcht.
daz tet ir sin: der richtet sî nâch êren;
daz ist ouch in erborn wol an.
sanc, dâ man dien frowen wol getân
wol mitte kann ir lop gemêren,
den wolten sî niht lân zergân.

3.
Swem ist mit edelem sange wol,
des herze ist vol gar edeler sinne.
sanc ist ein sô gar edelez guot:
er kumt von edelem sinne dar.
dür frouwen clâr, dür edel minne —
von dien zwein kumt sô hôher muot.
waz wær diu welt, enwærn wîp niht sô
schœne? dür sî wirt sô vil süezekeit,
dür sî man wol singt und seit
sô guot getiht und süez gedœne.
ir wunne sanc ûz herzen treit.


 
1.
Wo fände man so viele Lieder beisammen?
Man fände sie nirgends sonst im Königreich,
wie sie hier in Zürich in Büchern stehen!
Deshalb beschäftigte man sich intensiv mit Sang der Meister.
Der Manesse bemühte sich eifrig darum,
so daß er die Liederbücher nun endlich beisammen hat.
Vor seinem Hof müßten sich die Sänger verneigen
und seinen Ruhm hier und anderswo herausstellen,
denn die Sangeskunst hat Stamm und Wurzeln.
Und wüßte er, wo es noch gute Liedkunst gäbe,
er würde sich intensiv darum bemühen.

2.
Sein Sohn, der Kustos, sammelte auch Lieder.
Deshalb haben sie, die angesehenen Herren,
eine reiche und kostbare Liedersammlung zusammengebracht.
Daran lernt man ihre Verdienste schätzen.
Wer sie in ihre Sammelarbeit einführte,
hat für ihren Nachruhm aufs Beste gesorgt.
Das tat ihr verständiger Sinn, ausgerichtet auf Ruhm.
Es ist ihnen schon wohl angeboren gewesen.
Liedkunst, mit der man der schönen Damenwelt
eindrucksvoll noch mehr Ansehen gewinnen läßt,
wollten sie nicht verloren gehen lassen.

3.
Wem bei edler Sangeskunst wohl ist,
dessen Herz ist voll edler Gedanken.
Sangeskunst ist doch ein wirklich edler Schatz:
sie speist sich von einer edlen Gesinnung.
Von der Damen Reinheit, von der edlen Liebe —
aus diesen beiden resultiert große Hochgestimmtheit.
Was wäre die Welt, wären die Frauen nicht so schön?
Um ihretwillen geschieht so viel Erfreuliches,
um ihretwillen singt und trägt man so kostbare
Dichtung und angenehme Musik vor.
Ihr bezauberndesWesen lockt die Sangeskunst aus dem Herzen.


 
Er muoz sîn ein wol berâten êlich man
 
Der muß ein wohlversorgter Ehemann sein
 
1.
Er muoz sîn ein wol berâten êlich man,
der hûs sol hân, er ,üeze in sorgen stên.
Noetic lidic man fröit sich doch mangen tac,
er spricht: »ich mac mich einen sanft begên.«
ach nœtic man, kumst dû zer ê,
wan dû kûme gwinnen macht muos unde brôt,
dû kumst in nôt: hûssorge tuot sô wê!

2.
Sô dich kint an vallent, sô gedenkest dû:
»war sol ich nû? mîn nôt was ê sô grôz.«
wan diu frâgent dik, wâ brôt und kæse sî,
sô sitzt dâ bî diu muoter râtes blôz.
sô spricht sî: 'meister, gip uns rât.'
sô gîst in dan Riuwental und Siuftenhein
und Sorgenrein als der nicht anders hât.

3.
Sô spricht sî dan: 'ach, daz ich ie kann zuo dir!
jan haben wir den witte noch daz smalz,
noch daz fleisch noch vische, pfeffer noch den wîn:
waz wolte ich dîn? son hân wir niender salz.'
sô riuwetz ir. dâ sint fröid ûz,
dâ vât frost und turst den hunger in daz hâr
und ziehent gar oft in al dür daz hûs.

4.
Mich bedunket, daz hûssorge tüeje wê:
doch klage ich mê, daz mir mîn frouwe tuot.
swenne ich für sî gên dür daz sî grüeze mich,
sô kêrt sî sich von mir, daz reine guot.
sô warte ich jaemerlîche dar
unde stên verdâcht als ein ellender man,
der nicht enkan und des niemen nimt war.

5.
Daz sî mich versêret hât so manic jâr,
daz wolte ich gar lieplîch vergeben ir,
gruozte sî mich als man friunde grüezen sol:
sô tæt sî wol. sî sündet sich an mir,
wan ir mîn triuwe wonet bî.
dâ vôn solte sî mich grüezen âne haz.
wan tuot sî daz? dazs iemer saelic sî!


 
1.
Der muß ein wohlversorgter Ehemann sein,
der einen Haushalt haben kann, ohne in Sorgen zu sein.
Ein in Not lebender lediger Mann freut sich dennoch oft
und sagt sich: »Ich kann mich gut alleine durchbringen.«
Ach, bedrängter Mann, trittst du in die Ehe ein —
wo du dir doch jetzt kaum Mus und Brot leisten kannst—,
kommst du in echte Not: Hausstandssorgen sind doch so schmerzlich!

2.
Wenn dann noch Kinder kommen, denkst du:
»Wohin führt das? Meine Notlage war vorher schon so groß.«
Denn die (Mäuler) fragen oft, wo Brot und Käse bleiben,
und die Mutter sitzt ratlos dabei.
Sie sagt: 'Meister gib uns Rat!'
Dann gibst du ihnen, weil du nichts anderes hast,
Jammertal und Seufzenheim und Sorgenrain.

3.
So spricht sie weiter: 'Weh, daß ich je zu dir kam!
Haben wir doch weder Brennholz noch Schmalz,
noch Fleisch, noch Fische, Pfeffer und Wein:
was soll ich mit dir? Wir haben ja noch nicht mal Salz.'
Dann reut es sie. Da ists aus mit Ehefreuden;
da fahren Frost und Durst dem Hunger in das Haar
und treiben ihn oft durch alle Türen des Hauses.

4.
Ich denke, daß Hausstandssorgen arg weh tun.
Aber noch mehr beklage ich, was mir meine Herrin antut.
Wenn ich vor sie trete, damit sie mich grüße,
wendet sie sich ab von mir — sie, das hohe Gut.
Dann schaue ich ihr klagend nach
und stehe gedankenverloren wie ein Fremder da,
der erfolglos ist und den niemand beachtet.

5.
Daß sie mich so viele Jahre verletzt hat,
wollte ich ihr um der Liebe willen vergeben,
wenn sie mich nur grüßen würde, wie man Freunde grüßt:
dann handelte sie gut. Sie versündigt sich an mir,
denn sie hat meine ganze Ergebenheit.
Deshalb sollte sie mich ohne Feindseligkeit grüßen.
Warum tut sie das nicht? — Ach, sie sei trotzdem immer vom Glück begünstigt!


 
Ich was, dâ ich sach
 
Ich hielt mich einmal dort auf
 
1.
Ich was, dâ ich sach:
in ir swert zwên dörper grîfen junge:
Ruodolf dô begonde in zorne stetchen.
Kuonze dar zuo sprach:
»niemen ist, dem an mir gelunge,
ich hân dînen zorn niwan für getschen.«
Ruodolf sprach: 'dû hâst Ellen gemeinet,
nâch der ich vil dike hân geweinet.
hüet dîs lîbes vor mir
an dem werd am sunnentage vor ir.
dîn schuld ist, daz ir hulde gein mir kleinet.'

2.
Sî swigen dar zuo,
daz manz verre vernam in kurzer stunde.
dar kam dörper vil mit grôzem schalle.
Ruodolf malch sîn kuo
und ruoft dien, dien er guotes gunde
»trinket unde sît mir bî hiut alle,
helf man im, sô helfent mir ouch sêre,
deich vor Ellen bejage hiute êre.
ich wil Kuonzen slân,
daz hund in in mügen zem herzen gân:
ern gewirbt umb Ellen niemer mêre!«

3.
»Wir sunz understân,«
sprâchen zwên der wægsten und der meijer:
»bittent Kuonzen, daz er Ellen abe lâze.«
'des mag nicht ergân,
ich gab ir ein geiz und hundert eijer
und bin ir holt recht âne mâze.'
»dâ vür sol dich Ruodolf vil wol mieten.«
'nû lânt hœren, waz wil er mir bieten?'
»zwô geiz und ein huon.«
Kuonze sprach: 'daz wil ich gerne tuon:
ich tet ie, daz biderbe liut mir rieten.'


 
1.
Ich hielt mich einmal dort auf, wo ich sah,
wie zwei junge Dorfburschen zu ihren Schwertern griffen.
Rudolf begann da aus Zorn die Zähne zu fletschen.
Kunze sagte dazu:
»Niemand hat mich je besiegt.
Ich halte deinen Zorn nur für leeres Getue.«
Rudolf sagte: 'Du hast Ellen geliebt,
um die ich oft geweint habe.
Verteidige dein Leben vor mir,
am Sonntag auf der Insel, in ihrem Beisein.
Deine Schuld ist es, daß ihre Liebe mir gegenüber kleiner wird.'

2.
Sie schwiegen so dazu,
daß man es überall in kürzester Zeit vernahm.
Viele Bauernlümmel kamen mit lautem Getöse herzu.
Rudolf melkte seine Kuh
und rief denjenigen, denen er gesonnen war, zu:
»Trinkt und steht mir heute alle bei.
Hilft man ihm, so helft auch mir kräftig,
damit ich heute bei Ellen in der Gunst steige.
Ich werde den Kunzen so zurichten,
daß die Hunde sich über sein Herz hermachen können:
er wird um Ellen nie mehr werben.«

3.
»Wir werden das verhindern,«
sagten zwei der Besonnensten und der Meier:
»Bittet Kunze, daß er Ellen aufgibt.«
'Das kann überhaupt nicht sein,
ich gab ihr nämlich eine Geiß und hundert Eier
und bin ihr über die Maßen zugetan.'
»Dafür wird dich aber Rudolf reichlich entschädigen.«
'Nun laßt hören, was will er mir bieten?'
»Zwei Geißen und ein Huhn.«
Kunze entgegnete: 'Darauf gehe ich mit Freuden ein; schon immer
habe ich mich nach den Ratschlägen kluger Leute gerichtet.'


 
Quelle:
©Marix Verlag/ Deutsche Lyrik des Mittelalters/2005/Herausgegeben und kommentiert.©Manfred Stange

 
Minne ist sô wunderlîch
 
Minne ist so erstaunlich
 
1.
Minne ist sô wunderlîch,
sî kêrt sich an tumbe, an wîse,
alte, junge twinget sî.
Son ist ir ze rîch nieman,
noch z'arm, wan sî slîhet lîse:
swem si wil, dem ist sî bî.
Sî lie mich ir helfe nie beruochen
unde twinget mich sêre gegen ir,
unde sî nicht gegen mir.
Minne, ich dir mag fluochen
tiefe ûz mînes herzen gir.

2.
Minne, süene dich mit mir,
kêr zuo zir, ald ich wil strâfen
dich, die wîle ich leben mag;
unde liebe noch ir mich,
ald ûf dich so schrîje ich wâfen,
mange nacht und mangen tag!
Ôwê, Minne, kum ir noch ze herzen,
mir ze heile, son fluoche ich dir nicht mê!
In weiz anders, wiez ergê;
mir ist wê von sendem smerzen.
Minne, noch mîn nôt verstê!

3.
Jâne wîzze ich ez nicht ir,
daz sî mir ist sô gar herte.
ich wîzze ez der Minne gar,
Wan si lât ir lîb so frî,
und doch sî wol sî gelêrte,
daz si mîn noch næme war.
Ôwê, sît si nicht enhât der minne,
wâvon solte sî dan ruochen mîn?
Minne, wirde mir noch fîn,
kêre hin und twinge ir sinne,
sô wil ich dîn friunt noch sîn!


 
1.
Minne ist so erstaunlich.
Sie wendet sich an Toren und an Weise,
Alte, Junge überwindet sie,
niemand ist ihr zu reich,
niemand zu arm, und da sie leise anschleicht,
ist sie, bei wem sie will.
Ihre Hilfe hat sie mich nie spüren lassen,
zu ihr hin zwingt sie mich sehr,
nicht aber sie zu mir.
Minne, dir darf ich wohl fluchen
aus tiefem Herzenswunsch heraus.

2.
Minne, versöhne dich mit mir,
wende dich ihr zu, sonst will ich schelten
dich, solang ich lebe,
und empfiehl mich endlich ihr,
sonst schrei ich wehe über dich
immerzu bei Tag und Nacht.
O weh, Minne, komm endlich in ihr Herz,
mir zur Rettung, dann fluch ich dir nicht mehr!
Anders weiß ich nicht, was werden soll.
Mir ist weh vor Liebesschmerz.
Minne, stell dich endlich gegen meine Not!

3.
Ich will es ja nicht ihr vorwerfen,
daß sie zu mir so hart ist.
Ich werfe alles nur der Minne vor,
denn die läßt sie so unbehelligt
und könnte doch ganz leicht sie lehren,
mich endlich wahrzunehmen.
O weh, da sie kein bißchen von der Minne hat,
wie sollte sie da an mich denken?
Minne, zeig dich mir noch schön,
geh zu ihr, bezwinge ihre Sinne,
dann will ich doch noch dein Freund sein.


 
Ich wære gerne frô
 
Ich wäre gerne froh
 
1.
Ich wære gerne frô;
nu mags nit, leider, sîn:
ich minne gar ze hô,
si wil nit ruochen mîn.
davon ich herzen sêre
vil stæte haben muoz.
mir wart ir nie nit mêre,
wan frömdeklîch ir gruoz.

2.
Owê, si wigt so kleine
mîn herzeklichen nôt!
gnâde, ein süeziu reine,
erwendent mir den tot.
irkennent mîne swære
und helfet mir inzît;
bin ich iu lange unmære,
der tôt ûf minem herzen lît.

3.
Ich man iuch rechter triuwen,
die ich doch gegen iu hân,
daz ir iuch lâzzent riuwen,
wan ir noch hânt getân
gegen mir so frömdeklîche:
daz muoz ich sêre klagen,
gnâde, ein wunnerîche,
lânt mich noch heil an iu bejagen!

 
1.
Ich wäre gerne froh,
doch leider kann's nicht sein.
Ich liebe allzu hoch hinauf,
sie will von mir nichts wissen.
drum muß ich immerfort
nur Leid im Herzen tragen.
Nie kriegte ich mehr von ihr
als einen kühlen Gruß.

2.
Ach sie nimmt allzu leicht
die Qualen meines Herzens.
Gnade, geliebte reine Frau,
wendet den Tod von mir!
Seht an mein Leid und helft
mir noch zur rechten Zeit.
Bin ich Euch lange noch gleichgültig,
so liegt der Tod auf meinem Herzen.

3.
Ich mahne Euch bei der wahren Treue,
die ich Euch entgegenbringe,
daß Ihr es bedauert,
daß Ihr Euch mir gezeigt habt,
als wäre ich Euch fremd.
Darüber muß ich bitter klagen.
Gnade, Liebreizende,
laßt mich mein Heil bei Euch erringen!


 
Ir sult iuwer swenzel
 
Ihr sollt Eure Röcke raffen
 
1.
Ir sult iuwer swenzel
krispen, dirne guot (êst erne zît!),
krenzel machen ouch ûf die vërtage.
Swiem arebeit in erne
hât, doch hât man dâ frœlichen muot:
gerne pfligt man dâ so lôser sage.
Wan dar kumt sô
manig stolziu dirn und knappe, des man dô
wirt frô.
ir singet dan sô vil süezzeklîche hô,
ouch ist erne recht fröide ûf dem strô.

2.
Heinlîchi mag enden
vil: der die hân mag zînr frowen wol
wenden tuot sim des lîcht senden pîn.
Der aber frowen minnen
gert, der huote pfligt nacht unde tag,
gewinnen wirt im da lîchte niemer schîn.
Des bin ich bar
fröiden und vol sorgen, wiez gevar:
wan dar
minne ouch ich, dâ mich huote frömdet gar.
frömde friunds nam ie so kleine war!

3.
Minne, dîn süez twingen
hât betwungen mich in sûren strît;
ringen tuost du mich mit sender nôt.
Dû gîst mir ze herzen
suoz ein wîb, der ich muoz frömde sîn
smerzen muoz mich daz unz ûf den tôt.
Ir wunne gât
so suozze mir ze herzen, ez verstât
die gitât
so wol, daz sî so mange wunne hât:
des Minne mich von ir nit scheiden lât.


 
1.
Ihr sollt Eure Röcke raffen,
hübsche Mägde, es ist Erntezeit;
auch Kränzlein sollt ihr machen für die Feiertage!
Wenn's auch viel Arbeit gibt
bei der Ernte, ist man da doch fröhlich.
Gern führt man da recht lockere Reden.
Denn da macht
so manches dralle Mädchen mit, so mancher Bursch,
da geht es lustig her.
Dann singt ihr hell und süß.
Auch gehört zur Ernte rechte Lust im Stroh.

2.
Heimliches Beisammensein kann vieles richten.
Wer das mit seiner Herrin haben kann,
dem wendet sie vielleicht den Liebeskummer.
Doch wer die Liebe einer Dame
begehrt, die immer unter Aufsicht steht,
dem wird wohl nie Erfolg aufscheinen.
Drum bin ich freudelos
und voll Sorgen, wie's wohl wird;
denn auch ich
liebe, wo die Aufsicht mich zum Fremden macht.
Fremdheit hat noch nie auf einen Freund geachtet.

3.
Liebe, dein süßer Zwang
hat mich in einen bitteren Kampf gezwungen.
Du bringst mich dazu, mit Liebesnot zu ringen.
Süß legst du mir ins Herz
eine Frau, der ich fremd bleiben muß.
Das wird mich bis zum Sterben schmerzen.
Ihre Anmut geht
mir so süß ins Herz.
Das erkennt als wahr,
daß der Freuden Fülle in ihr wohnt.
Darum läßt Liebe mich nicht von ihr scheiden.


 
Quelle:
© Deutscher Klassiker Verlag/2006/Deutsche Lyrik des späten Mittelalters/Herausgegeben von ©Burghart Wachinger

 
   

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