I.
Der Phoenix und die Eule
Phoenix, Arabiens Gefieder Herr und Zar,
Der auch mit aller Ehr und Wonne
Der Großverehrer von der Sonne
Und Erster dieses Namens war,
Hat, als ein Heiliger, sein Leben zugebracht,
Und sollte itzt nach fünfhundert Jahren
Der fromme Vogel nun zu seinen Vätern fahren,
Die Ordnung wollte es so. Kaum war's ihm kund gemacht,
So war er ohne Gram und Trauern,
Ohne einzige Klagen oder Schauern,
Den Scheiterhaufen sich zu bauen gleich bedacht.
Nicht weit davon in einer hohlen Eiche
Hat eine Eule ihr Nest, die saß da dürr und alt,
Schwach, miserabel, ungestalt,
Und starrte gleich einer Leiche,
Die flucht und lästerte stets auf das Sonnenlicht,
Daß es sie nicht mehr wollte wärmen.
Der Heilige sprach: Was hilft dein Fluchen und dein Lärmen?
Stirb in Geduld und Zuversicht,
Und seliger, als du gelebt hat,
Der Tod ist keineswegs ein Übel oder Last.
Das glaube, wer da will, das darfst du mir nicht sagen,
Sprach unsre Eule; ich weiß, daß er ein Schrecken ist,
Und darum will ich darüber klagen.
Als ich noch jung und frisch, tat ich was mir gelüst,
Ich will auch sterben, wenn mir's wird behagen,
Und deine Lehre brauch ich nicht.
Du hast gut predigen, weil du dein Lebenslicht
Schon mit der Schöpfung angefangen,
Die Sonne war vorher kaum einmal aufgegangen,
Was Wunder, daß du itzt so gern,
Der Welt und Lebens satt, willst sterben und erblassen?
Hätt ich so lang gelebt, ich wollte mich nicht sperren,
Mein Loch allhier auch zu verlassen.
Was wär's nun mehr? wandte ihr der fromme Phoenix ein,
Die Tage pflegen hier einander gleich zu sein,
Ich habe stets nur einerlei gesehen.
Sind wir zum Sterben recht bereit;
So gilt es gleich, welch eine Zeit
Wir hier gelebt, und was darin geschehen.
Ruf an das Sonnenlicht, es wird dir gnädig sein,
Es hat das Leben dir gegeben.
Dein böses fliehn und widerstreben
Bringt dir nur Trübsal, Angst und Pein.
Jedoch genug! die Zeit lauft hin,
Mein Ende nähert sich, wozu ich fertig bin.
Fahr glücklich! rief die Eule, und daß dies wohl bekommen,
Ich habe mir gesund zu werden vorgenommen.
Der Phoenix baut indes, den Vorsatz zu vollbringen,
Von Spezereienholz den Scheiterhaufen auf,
Facht in der Sonnenstrahl die Glut an mit den Schwingen,
Und setzte sich gelassen oben drauf.
Da nun die Flamme groß, entzündet ein Wind aus West
Auch mit zugleich der Eule Nest,
Man sah den Frommen gern auf seinem Holzstoß sterben,
Und auch den Bösen mit in seinem Loch verderben;
Jedoch mit diesem Unterscheid:
Der eine starb auf allezeit,
Der andre kam mit aller Pracht und Zier,
Aus seiner Asche auf's neu herfür.
Unsterblichkeit ist des Gerechten Krone,
Ein Lasterhafter kriegt den Tod und Fluch zu Lohne.
Hier muß ich, welches zu beklagen,
Noch eine andre Wahrheit sagen:
Vom Vogel Phönix lebt nur einer, ohn Geschlechte,
So rar ist fast auch der Gerechte.
II.
Das Gastmahl des Leuen
Es machte König Leu der Hofstatt ein Fest,
Er war nicht, wie man dort beim Mohren Könige findet,
Davon sich keiner sehen läßt,
Und deren Majestät sich nur auf Schrecken gründet,
Nein; wer beglückt regieren will,
Hat gleiche Lieb und Furcht zum Ziel.
Man kam zusammen in der Tafelzimmer Höhle,
Mit Schöpsfleisch, Reh- und Feder-Wild
War durch der Köche Kunst die Tafel angefüllt,
Der köstliche Geruch erquickte Leib und Seele,
Und mancher Gast war recht des Hungers Ebenbild.
Der König Leu nahm erstlich seine Stelle,
Die Prinzen Tiger drauf und Mylord Wildeschwein,
Hiernächst Fürst Bär und sein Geselle,
Dann nahm Graf Hirsch und Wolf die letzten Sessel ein.
Ein jegliches Geschlecht hat immer
Auch eine Dame an der Seite;
Was hilft denn bei der Lustbarkeit
Die beste Speis und Wein ohne Frauenzimmer?
Wein trank man freilich überall,
Der Affe wartet auf, als Traktaments Marschall,
Der konnte Lust und Kurzweil machen,
Und schenkte immer hurtig ein,
Sie mußten seiner oft mit vollem Halse lachen,
Und wurden ziemlich Spaßgemein,
Da nun das schrauben und vexieren
Hierbei fast gar kein Ende nahm;
Geschah es, daß es vom raillieren
Auf stachelbittre Wahrheit kam.
Und wie gemeiniglich der Schwächste her muß halten;
So ging es übern Hirsch. Ei, seht den wohlgestalten
Und großen tapfern Held! so hieß man ihn;
Er kann das Jagdhorn nur nicht hören,
Sonst aber heldenmütig fliehn.
Der Hirsch ließ sich den Zorn und Wein betören,
Sprach: denkt ihr Herren denn, mir fehlt's an Tapferkeit
Zwar ich gesteh, mir ist der Jagdhornschall zuwider,
Doch wißt ihr wohl, Gebrechen hat ein jeder,
Fragt nur den König selbst, wie er das Feuer scheut.
Den Leu verdroß das Wort, und konnt es kaum verdauen,
Bald schloß er auf bald zu die Klauen;
Doch überwand er sich großmütig mit Bedacht,
Als wie's ein großer König macht.
Die Lust geriet dadurch ins Stecken;
Doch als der Wein aufs neu den Lauf gewann,
Verlor sich alle Furcht und Schrecken,
Und ging's Vexieren wieder an.
Indessen ward der Nachtisch aufgetragen,
Da dachte unser Hirsch sich Ehre zu erjagen,
Und spottete getrost den Bär,
Daß er so artig, nett, von zierlicher Parade
Und liebenswürdig sei; nur Schade über Schade,
Daß er nicht gar verfertigt wär.
Der Bär versteht nicht viel vom Spaßen,
Und kriegte Augenblicks den Spötter so zu fassen,
Daß er ihn gleich tot und zu Boden schlug.
Bär war wie König Leu gar nicht sein Selbstbesieger,
Und die Gefahr machte auch den Hirsch nicht klüger.
Die Narren werden niemals klug.
III.
Der Fuchs ein Prediger
Die Sittenlehre ist recht der Fabel Seele und Geist,
Es ist ein Blumenstrauch der Früchte trägt und weist;
Ihr lest zwar artige Historien und Sachen;
Lernt aber unvermerkt viel nützliches dabei,
Man scherzt, es scheinet gar, als ob der Endzweck sei,
Man wolle euch nur zu Lachen machen,
Doch wird das Spiel in Lehr verkehrt.
Durch ernstliches Gebot läßt sich der Mensch nicht binden,
Drum mußte man für ihn die Angellist erfinden,
Dies brachte Æsopum dort in solchen hohen Wert,
Daß er Praeceptor ward der Menschen aller Enden.
Ein Leser ist bei ihm in guten Händen
Er führt ihn, als ein Kind, durch lauter kindliche Sachen,
Um einen Mann aus ihm zu machen.
O! lasset unter uns die schöne Kunst nicht ruhn,
Und es dem Phrygier als Jünger das gleiche tun.
Wer seinen Tadel ernst mit Lieblichkeit versüßt,
Und kein verdrießlich Sauertopf nicht ist,
Dem pflegt man sein verweislich Schelten
Mit allem Danke zu vergelten.
Doch kommt's auf sichre Regeln an,
Daß die Erzählung sich auf die Moral stets gründe.
Man weiche nur nie aus der Bahn,
So, daß man gradewegs die Wahrheit vor sich finde,
Daß sich durch jeden Satz der Menschen Beifall regt,
Doch sei man kurz in dem Erzählen,
Weil die Gedanken sonst den Inhalt leicht verfehlen,
Und der, der viel gehört, viel zu vergessen pflegt.
Die Fabel ist manchmal schon an sich selber klar,
Man nimmt im Augenblick wohin sie zielet, wahr,
Alsdann verbeut die Kunst in Worten fortzugehn,
Und sie noch weiter zu erklären.
Und diese Regel such ich hier auch zu bewähren,
Wer wird wohl meinen Fuchs nicht von sich selbst verstehn?
* * * *
Ein hochgelehrter Fuchs, doch auch sehr hoch von Jahren,
Konnt altershalben wie vorhin
Nicht mehr die Vögeln stehlen, noch auf die Jagt mehr ziehn,
Und mußte nun mit List verfahren.
Er ward ein Prediger und schmähte scharf und frei,
Daß alle Mord- und Freß-Begierde sündlich sei.
Er lehrte die Moral, wie recht und wohl zu leben,
Die Stimme konnt er hoch erheben,
Mit den Gebärden auch den rechten Nachdruck geben.
Seine Art und Eifer war, wie sichs geziemt,
Und Pater Fuchs ward bald gar ungemein berühmt,
Man sagt, der Leue selbst hätt ihn gern hören wollen,
Der Fuchs in Demut doch es listig weigern sollen,
Weil ihm die Ehre möcht auf einen Stolz verführen.
Das Gäns- und Hühner-Volk besucht ihn fleißig genug,
Weil Niemand die geringste Sorge trug
Das Leben darüber zu verlieren.
Sein Text versicherte die Kirchfahrt schon dafür:
Verflucht sei, rief er aus, ein jeglich reißend Tier!
Kann man nicht ohne Blutvergießen
Sein Brot und Nahrung sonst genießen?
Blüht auf den Feldern nicht des Himmels Gnad und Segen?
Auch auf den Bäumen allerwegen?
Man esse sich doch nur an Obst und Kräutern satt,
Ich wüßte wahrlich nicht, was man mehr nötig hat:
Denn alles, was da lebt, das soll man respektieren,
Des will ich, Werteste! euch vielfach überführen.
Fürs erste, ist's nicht recht, man geht zu weit;
Fürs andre ist es Grausamkeit,
Die uns, so oft wir einen Mord verüben,
Verleiten kann, daß man sein eignen Eltern frißt.
Die eignen Eltern? ja! denn daß ihrs alle wißt,
Es lehrt Pythagoras, merkt's wohl, ihr meine Lieben!
Die Seelen pflegten rumzuwandern,
Bewohnten einen Leib auf eine kurze Frist,
Nach dessen Tode führen sie in einen andern.
Drum, meine Lieben, schaut, träf es nicht ein?
Der blutbegierige Wolf, wenn der ein Schaf verzehrt,
Kann der nicht leicht dadurch ein Vatermörder sein?
Ich selbst, ich wäre ja geführt,
Wenn ich die Gäns und Hühner fräße,
Daß ich meine eigene herzliche Mutter fräße.
Der Himmel sei dafür! eh stürb ich hundertmal,
Schrie der Pythagoras im langen Zahl,
Man hört ihn über eine Meile,
Und endigte nach einer Weile.
Das Kirchenvolk unterwegs lobt unsern Pfarrer sehr hoch,
Doch blieb manch Huhn und Gans bei diesem Heuchler noch,
Um einen Skrupel ihn zu fragen,
Die würgt und schlug er in den Kragen,
Die glücklich aus dem Netze kroch,
Die konnte viel vom Glücke sagen.
IV.
Der Hund und die Katze
Fidél, ein treuer Hund, von extra guter Art,
Als einer kaum gefunden ward,
Ging in dem Hause, wo er sich befand,
Dem Herrn, der Frau, den Kindern, Hausgenossen
Mit aller Treu recht eifrig an die Hand,
Durch seine artigen Sprüng und Possen
Macht er sich jedermann beliebt,
Besonders sucht er oft der Frauen Lust zu machen;
Sah er sie weinen oder lachen,
So war er auch danach bald lustig, bald betrübt,
Verreiste der Patron, so lief er zu voran,
Und meldet ihn weit zuvor auch bei der Rückkunft an.
Er bellt und rief herzu den Leuten,
Tat mit den Freunden schön, die kannte er schon von weiten,
Er gab das Pfötchen ohne Groll und Tück.
Man spannt ihn an, er zog der Kinder kleinen Wagen,
Der Katzianer Nachtmusik
Konnt er bald auseinander jagen.
Dem Koche dient er auch zum Bratspieß drehn,
Drum ward er überall im Hause gern gesehn,
Ein jeder war sein Freund; allein
Nur eine Katze ausgenommen,
Mit der er um ein Bein in Feindschaft war gekommen,
Er hat ihr Ohr gezerrt, sie mußte heftig schrein,
Und schwur in ihrem Zorn, er sollte dafür büßen,
Sie wollte diesen Streich zu revangieren wissen,
Der Hund war viel zu gut, er lachte nur dazu,
Und schlief deshalb in guter Ruh.
Die Katze war indessen Tag und Nacht
Auf lauter Rache nur bedacht,
Und fand Gelegenheit, ihm eines anzubinden.
(Was man recht sucht, das läßt sich finden)
Die Frau hat einen Zeisig lieb,
Mit dessen Zwitscherei sie ihr die Zeit vertrieb,
Die schelmische Katze nun macht ihren Anschlag drauf,
Riß früh inkognito den Vogelbauer auf,
Und zog den Sänger raus, den sie zerpflückt, zerfetzt,
In des Hundes Hütte praktizierte.
Hier stelle man sich vor, wie unsere Frau tournierte.
Als ihr der Zeisig weg, der sie so sehr ergötzt.
Das ganze Haus wurd in Alarm gesetzt,
Man lief, man sucht und fand, zu unterst an der Stiegen,
Delicti Corpus in Fidélens Wohnung liegen.
Ach! schrie die Frau, der Dieb gleich schlagt das Schindaas
tot!
Fort mit dem Rabenvieh! Es ward auf dies Gebot
Die Exekution vollzogen,
Und jeder, der ihn schlug, zu Tränen zwar bewogen,
Man ziehs die Katze auch, daß sie den Mord verricht;
Doch weiter ging die Freundschaft nicht,
Niemand trat auf, und schützt ihn in der Not.
Das war der ganze Dank, daß man ihn was beklagte,
Und bloß bei seinem Ende sagte:
Wie Schad ist's um den Hund was hilfts? er ist nun tot.
Ein tückischer Feind kann oft mehr schädlich sein,
Als hundert gute Freunde nützen.
Der Himmel wolle uns davor schützen!
Der Haß steht auf der Wacht, die Freundschaft schläft gern
ein.
V.
Homerus und der Taube
Homerus der ehemals von Achilles Siegen,
Ingleichen von den Mäusekriegen
Viel alte Zeitungslieder sang,
Und nun auf einem Markt auf eine Bank sprang,
Erzählte singend den Leuten
So wohl der Götter Narretei,
Als auch von ihren blutigen Streiten,
Er hatte seinen Stock und seine Schilderei,
Zeigt alle Helden an, und nannte sie mit Namen:
Seht Agamemnon dort! Schaut hier den Ajax an
Vernehmt, was jeglicher für Taten hat getan,
Und strich die Violine dabei.
Die Müßiggänger, die herzu gelaufen kamen,
Bedrängten ihn an allen Orten,
Und hörten halb entzückt den Klang von seinen Worten.
Man warf ihm Geld im Schnupftuch zu,
Der Sänger gleich in einem Nu
Warfs Schnupftuch und darin die Lieder
In die begierigen Hände wieder.
Drauf läutete man gleich zum Fischmarkt ein,
So bald lief alles fort; nur einer blieb allein,
Den küßt Homer, und nannt ihn einen Musensohn,
Sprach: Alles laufet stracks davon,
Und eilet auf den Fischmarkt zu,
Sobald die Glocke klingt, und Niemand bleibt, als du.
Der Kerl war aber taub, und hatte schwer Gehör,
Was? fragt er, läutet man? man läutet, sprach Homer,
Itzt geht der Fischmarkt an, doch du wirst drum nicht
wanken.
Der Fischmarkt? Lebet wohl, ging jener fort mit Danken.
Wenn es das Ansehn hat, daß wir geachtet sein:
So bilden wir uns viel auf andrer Beifall ein.
Mein Singen, Predigen rühmt Der und Der,
Ja, wenn nur Der und Der nicht taub und hörlos wär.
VI.
Die
Tugend, Fähigkeit und der gute Name
Die Tugend, der Kredit und auch die Fähigkeit
Verfügten sich auf eine Reise,
Durch die Verwandtschaft ward Lieb und Zufriedenheit
Bei ihnen nie verletzt auf keine Weise.
Wir haben zwar zugleich die Reise vorgenommen,
Doch, sprach die Fähigkeit, kann es gar leicht kommen,
Daß wir uns einst getrennt sehn.
Die Tugend sagte: Ja, das kann gar leicht geschehn;
Was aber ist zu tun, wenn solche Fälle entstünden?
Wie können wir uns wiederfinden?
Je, sprach Kredit, der Stein ist leicht zu heben,
Ihr müßt mir nur bei guter Zeit
Gewisse sichre Zeichen geben,
Die mir's stets weisen wo ihr anzutreffen seid.
Es sei so, sprach die Fähigkeit,
Da, wo man Künsten hat den Wohnplatz aufgerichtet,
Gelehrte Bücher schreibt, wohl redet, sinnreich dichtet,
Wo kluge Malerei, und wo man Bilder schnitzt,
Aus denen Kunst, Geist, Leben blitzt,
Da bin ich allzeit zu erfragen.
Ich, sprach die Tugend, kann es nicht so leicht fügen,
Läßt man mich aus den Augen schwinden,
So bin ich etwas schwer zum wiederfinden,
In Städten sprech ich nicht viel ein,
Ich wohne meist versteckt, und führe ein einsam Leben,
Doch werd ich manchmal auch bei reichen Leuten sein,
Die Armen gern und willig geben.
Wo wahre Freunde sich in Freundschaft eifrig üben,
Und die es auch im Notfall sind.
Wo Mann und Weib sich redlich lieben;
Wo man das Recht nicht kauft, noch durch die Gunst gewinnt;
Wo die Minister treu, wo Helden in den Kriegen,
Sich selbst so, wie den Feind besiegen,
Und wo die Leute sich bemühn,
Das allgemeine Wohl dem eignen vorzuziehn,
Da werd ich sein, da fragt nur hin.
Wohl! sprach der gute Name, so komm ich nicht daneben;
Jedoch bei mir müßt ihr wohl Achtung geben,
Das ihr mich nie verliert, sonst ist's um mich geschehn,
Dem hilft kein Zeichen nicht, und Hoffnung liegt danieder,
Mich jemals wiederum zu sehn,
Wer mich einmal verliert, der findet mich nicht mehr wieder.
VII.
Die drei Grazien
Die Grazien verbrachten ihre Zeit,
Als Schwestern, höchst vergnügt in süßer Einigkeit,
Bis durch den Ehrgeiz und den Neid
Sich Zank und Streit dazwischen spielte,
Weil jegliche sich für die Schönste hielte,
Und von sich glaubte, ihr Liebreiz ganz allein
Könnt alle Herzen sich bald untertänig machen,
Sie träfe nur allein der Venus ein,
Zu ihren Welt bezauberten Sachen.
Gut sprach die Euphrosine, mit einem höhnischen
Lachen,
Niemand, als Venus soll auch Richter sein,
Die, die mag selbst ein Urteil fassen,
Welche unter uns die Schönste ist?
Jedoch versprecht, daß ihrs euch wollt gefallen lassen.
Versprich du es selbst, wenn du zufrieden bist,
Brach die Thalia los mit ganz erhitzten Sinnen,
Weil sie aus ihren Worten schloß,
Es gäbe sich die Euphrosine bloß,
Sie wäre den Prozeß versichert zu gewinnen.
Ich weiß schon, fuhr sie fort, was wird geschehn.
Wohl sprach Aglaja drauf, man wird den Ausgang sehn.
Als nun der neue Schönheitsstreit
Der Venus ward erzählt; so war sie gleich bereit,
Und sann ein Urteil aus, in jenen Lustgedanken
Wie sie beim goldnen Apfelzanken,
Die andern gleichfalls überwunden.
Von denen Grazien, die itzo vor ihr stunden,
War jede höchst bemüht, bezaubernd schön zu sein;
Doch schlug dieselbe Müh die Sache selbst danieder,
Die ganze Kunst war ihr zuwider.
Denn eine biß den Mund sehr unanständig ein,
Die andre zog ihn auf, und ließ die Zähne sehn,
Die dritte pflegte so die Augen zu verdrehn,
Als schielte sie nach aller Zier.
Was ist das? rief die Venus hier,
Heißt dieses schön tun? Wie kommt ihr mir denn für?
Geht! wenn ihr Grazien wollt wieder werden;
So müßt ihr Mienen und Gebärden
Nicht so gekünstelt ausstudieren,
Das heißet Zwang und Afektieren.
Wer sehr gefallen will, mißfällt allezeit,
Nichts angenehmes wächst aus der Gezwungenheit.
VIII.
Der Fuchs und der Leu
Der Mensch ist schuldig insgemein
Mit seinem Nebenmensch aufrichtig umzugehen,
Doch muß man, wenn die Eintracht soll bestehen,
Der Wahrheit Bitterkeit mit Zucker überstreun.
Denn wenn der Wahrheit Spruch befehlungsweise schallt,
Und gleichsam herrschend mit Gewalt
Aus unserm Munde geht, wird Eigenliebe wilde,
Drum muß man mit Manier, und unter manchem Bilde
Demütig künstlich sein, so läßt sie sich bezähmen,
Man hilft ihr von sich selbst die Wahrheit anzunehmen,
Soll die Gerechtigkeit lieb und geübt sein;
So flösse man sie denen Leuten
Vielmehr durch Lieblichkeit, als durch Befehlen ein,
Zumal bei Königen und hohen Obrigkeiten,
Da muß man sonderlich die Sachen artig drehen:
Denn ohne diese Kunst, wird oft der beste Rat,
Als wie die große Missetat
Verletzter Majestät von Ihnen angesehen.
Ein abgeschmackter Mensch, der Nichts als schmeicheln kann,
Und ein pedantischer Grobian
Sind beide nicht geschickt zu diesen Sachen.
Wer zu verbessern weiß, ohne sich verhaßt zu machen,
Der triffts, der bleibe nur dabei.
In dieser Achtung muß der Nächste bei uns stehen:
Denn Eigenliebe glaubt, daß man verpflichtet sei
Mit Menschen zärtlich umzugehen.
Und was den Stolz betrifft, (wer aber prahlt nicht gern)
Sind alle Menschen große Herrn.
* * * *
Ein Fuchs salvierte sich in äußerster Gefahr,
Weil keine Zuflucht sonst war,
In eines Leuen Höhle, dem Jäger zu entrinnen,
Der Jäger ließ ihn auch darinnen;
Es schien ihm allzuschwer zu sein,
Des Ortes Freiheit zu verletzen.
Jedoch den Fuchs nahm bald ein neuer Schrecken ein,
Er konnte schlecht Vertrauen hier auf das Gastrecht setzen.
Willkommen! für mein Maul kommst du mir just zu passe,
Mein! sage mir, wie ich am besten tu?
Ob ich dich kochen oder braten lasse?
Herr König, sprach der Fuchs, das weiß ich nicht zu sagen;
Jedoch es fällt mir gleich bei Dero ernstem Fragen
Mein weiland armer Vater ein,
Sein Ende wird mir stets Beweinens würdig sein.
Ein armes Kaninchen kam verfolgt in unser Haus,
Das legte mein Papa für eine Grobheit aus,
Und, durch den bösen Geist besessen,
War er so grausam hart den Flüchtling aufzufressen.
Das sterbende Kaninchen bat:
Es räche Jupiter doch diese Tat!
Weil er die Gastfreiheit allzeit geliebt hat.
Mein Vater ist darauf zur Strafe für das Morden,
In seinem Loch geräuchert worden.
Durch die Erzählung ward der Leu bewegt,
Und Mitleid, Scham und Furcht in ihm erregt,
Sein Hunger hatte sich gelegt.
Geh, sprach er zu dem Fuchs, du sollst Gnade erlangen,
Mir ist der Appetit vergangen.
IX.
Der Walfisch
und der Amerikaner
Des Walfisches Majestät, der in der See regiert,
Und, wenn sein breiter Leib sich rührt,
Die Meere zitternd macht, durchkreuzte hie und da
Die Küsten von Amerika,
Nahm einen weiten Raum des nassen Feldes ein,
Und sein ertönend brüllend Schrein
Schien auch den Lüften selbst bewundernswert zu sein.
Wie groß bin ich? sprach er, weil von so vielen Meeren
Die Wasservölker mir Treu und Gehorsam schweren.
Es sei Lieb oder Furcht, so sind sie mir verpflicht,
Ich fresse sie nach Lust, sie rebellieren nicht,
Ich habe hier so viel, als Thetis, zu bedeuten.
Ihr Herren Menschen mögt zufrieden sein,
Daß ihr mit andern Tieren könntet streiten.
Schränkt ihr sie überall als Untertanen ein,
So müßt ihr euch vor uns als euren Meistern hüten,
Ihr herrschet über sie, wir herrschen über euch.
Prinz Walfisch fuhr so fort, zugleich
Herum spazierende, den Menschen Trotz zu bitten.
Am nächsten Ufer sucht ein armer Celadon
Bei seiner Liebsten Gunst und Herz davon zu tragen;
Doch ward ihm, leider! stets ein bloßer Korb zum Lohn.
Die Schöne gab auf die verliebten Fragen
Nur immerfort ein kaltes Nein.
Ach! rief er, wollt ihr denn stets unempfindlich sein?
Sagt doch, was ist zu tun, euch euer Herz zu rühren?
Wär's auch Unmöglichkeit, so will ichs doch probieren.
Wohl! ich will euer sein, fuhr hier die Schöne fort,
Ich halt euch selbst bei eurem Wort,
Wenn ihr den Walfisch da, des großen Trotzes wegen,
Lebendig oder tot mir könnt zu Füßen legen.
Der Buhlerdacht ihm nach eher sichs unterstand,
Und da er bald ein Mittel fand,
Sprach er: Ich bin bereit auch dieses einzugehen,
Mich kommt doch eure Gunst noch wohlfeil an zu stehen.
Drauf faßt er gleich den Kolben, sein Gewehr,
Nebst noch zwei Hölzern, die zu Zapfen sollten dienen,
Sprang in die See, und schwamm mit Lust daher,
Weil ihm ein Hoffnungsstrahl geschienen,
Er fuhr zum Walfisch hin, und stieg der Majestät
Ohn einigen Respekt, gleich auf den Rücken,
Der wollte durch sein Brüllen sich zwar zur Wehre schicken,
Wodurch sonst in der See die größte Furcht entsteht,
Fing an, das Wasser auch sehr hoch zu spritzen,
Doch der Amerikaner blieb
Durch seinen starken Liebestrieb
Auf ihm ganz unerschrocken sitzen,
Schlug ihm die Zapfen in die Nasenlöcher ein.
Der Walfisch fuhr in den Abgrund nein,
Doch konnt er tot nicht lange unten bleiben,
Man sah ihn alsbald oben treiben.
Der Überwinder schwamm mit vollem Sieg ans Land,
Die See bot ihm sogar hierzu die Hand,
Und warf das Meer an den Rand.
Der erste Walfisch mußt auf solche Weise sterben,
Sein Prahlen half ihm zum Verderben.
Auch von dem Stärksten ist die Schwachheit nicht entfernt
Noch mehr: Die Neigungen die uns bestricken,
Sind nötig fast in allen Stücken,
Man mäßige sie nur, ohne sie zu unterdrücken,
Sie haben alles uns gelernt.
X.
Die Bienen
Wie gut ist's doch recht gnädig sein!
Es ist der schönste Strahl selbst von dem Allmachtsschein.
Ihr Götter dieser Welt werft lieber Gnadenblicke,
Und wenn das Donnern hilft, so laßt den Keil zurücke.
Das aber wär zu viel getan,
Wenn eure Gültigkeit ein heilsam gutes Schrecken
Der Bosheit zum Behuf wollt abtun und verdecken.
Es steht Fürsten selten an
Sich zwischen das Gesetz und Schuldigen zu stecken.
Unzeitige Gnade ziehet gern
Dem Volke Unglück zu, und Unehre für den Herrn,
Seid ernsthaft, doch aus Lieb und Leid:
Wer recht und richtig straft, hat nicht so viel zu strafen
Ist allzu gnädig sein, und gleichsam wollen schlafen,
Verursacht künftig Grausamkeit.
* * * *
Muscan ein Bienenfürst, den man von seinen Taten
Muscan den Großen nennt, ließ einst in seinen Staaten
Ein wohlgesetzt Edikt ergehn:
Es sollte, wers auch sei, sich Niemand unterstehn,
Forthin auf solche Blumen sich zu setzen,
Die stinkend sind, und den Geruch verletzen,
Der Honig würde sonst verderbet sein.
Der Schildwacht schärfte man die Aufsicht ernstlich ein,
Zum Tore Niemand rein zu lassen,
Der von Geruch verdächtig sei.
Es hieß: Ein jeder mags mit Ernst zu Herzen fassen,
Dem Übertreter steht kein appellieren frei.
Gegeben hier, in unserer Honig- Residenz,
Das und das Jahr und Tag im Lenz,
Von unserer fürstlichen Regierung an.
Zwei Siegel hingen noch von gelbem Wache dran.
Das Volk fing an durch dies Befehlen
Die besten Blumen sich zur Nahrung zu erwählen,
Es flog auf Klee und auf Jasmin,
Wo Rosen und frische Nelken blühn.
Man sah sie meistenteils auf solchen Blüten kriechen,
Wodurch die Gärten so vortrefflich riechen,
Da balsamierten sie sich ein,
Und zogen so zurück in ihre Wohnstadt nein.
Doch einst kam eine tolle Biene,
Des Fürstens Favorit, und deshalb stolz und kühne,
Die hatte von verbotener Frucht gekost,
Und wollte gleichsam auf der Post
In den Bienenstock wieder nein, da roch man sie sogleich
Halt an! es riecht nicht wohl um euch,
Laßt ihr es riechen immerhin,
Und wisset, sprach die Übertreterin,
Daß ich in dem Verbot nicht mit enthalten bin.
Die Schildwacht ließ sie drauf passieren;
Jedoch Prinz Muscan ging vorbei,
Roch den Geruch, und rief sein Volk herbei,
Stieg auf den wächsernen Thron, und ließ examinieren,
Und als es offenbar, wer der Verbrecher sei,
Ward gleich durch dem Liebling und der Wacht
Der tödliche Prozeß gemacht.
Das Volk bat, diesmal nur noch Gnade zu erzeigen;
Doch Muscan sagte: Nein! man muß das Recht nicht beugen;
So hoch ein Fürst auch ist, bleibt er doch allezeit
Ein Sklave der Gerechtigkeit,
Der selbst befolgen muß, das, was er anbefiehlt.
Daß ich itzt muß so scharf verfahren,
Ist lauter Gütigkeit, die auf den Endzweck zielt,
Euch vor noch größerm Unglück zu bewahren.
Denkt, wie viel Sünder ich dereinst zu strafen hätte,
Die ich itzt zum voraus durch meine Schärfe rette.
XI.
Die Maus die
offne Tafel hält
Auf einem Söller voll Getreide,
Wo mancher reiche Kornschatz lag,
Herrscht eine Maus so Nacht als Tag,
Und hielt erwünschte Schnabelweide.
Sie hat ein Loch gemacht, wodurch sie ganz gemach
Konnt in ihr Tafelzimmer fahren,
Da speiste sie nicht nur, sie ließ auch niemals nach,
Bis alle Mäuse von der Nachbarschaft da waren,
Da sie frei offne Tafel hielt.
Die Gäste nannten sie der Tugend Ebenbild,
Die Generosität ward ringsherum gepreiset;
Allzeit wird der gerühmt, bei dem man speiset.
Die gute Maus fand Freunde überall,
Denn sie hielt die für gut, die Tafelfreunde waren,
Ein jeder schwur es ihr hundert Mal.
Wer sollte Untreu hier befahren?
Indes kam einst der rechte Herr heran,
Sah mit Verwunderung die Mäusewirtschaft an,
Und bracht das Banquetieren ab.
Der Söller wurde leer, das Korn ward weggetan,
Da ging die Maus am Bettelstabe.
Gut sprach sie, ich bin itzt mit Freunden wohl versehn,
Und lief, sie voll Vertraun um Hilfe zu begrüßen;
Allein sie ward kaum angesehn,
Man ließ fast überall vor ihr die Türen schließen.
Nur eine Maus, die sie vorhin niemals geacht,
Nahm sie wohl auf, und ließ die Not sich schmerzen.
Mich irrte nicht, sprach sie, dein Schmausen, deine Pracht,
Doch geht dein Elend mir zu Herzen.
Komm, nimm vorlieb; wer ist an einem schlechten Ort
Bei wenigem durch Mäßigkeit verdorben?
Ein Unbesonnener traut auf des Freundes Wort
Den nur die Völlerei geworben:
Denn dieser kommt mit ihr, und flieht auch mit ihr fort.
XII.
Das Kind ohne
Geschlecht
Ein Kind kam auf die Welt, das weder Weib noch Mann,
Auch nicht halb Mann, halb Frau, genennt werden kann;
Sonst war es schön und liebreich von Gebärden,
Man schloß daher, es würd aus ihm was Großes werden.
Weil nun so ein erstaunend Wunder da;
Befragte man deshalb gleich die Oracula,
Der Zufall war es wert darum zu fragen.
Apollo ließ auch bald zur Antwort sagen:
Das Kind wird wachsen eine Zeit,
Ohne des Geschlechtes Unterscheid,
Bis daß es zwanzig Jahr wird zählen,
Da wird es von sich selbst erwählen,
Mann oder Weib, auch Nichts, nur was es will, zu sein,
Und das traf alles richtig ein.
Das Kind nahm zu, wuchs groß an Klugheit und Verstand,
So daß es jedermann zur Freundschaft sich verband.
Es liebt es Mann und Weib, sie trauten ihm allzeit,
Und offenbarten ihm die größte Heimlichkeit,
Verliebten mußt es öfters raten,
Den dient es unparteiisch für einen Advokaten.
Es schlichtete gar oft der Freunde Zank und Streit,
Und bracht es zur Versöhnlichkeit,
Verglich auch Kosten, Sporteln, Gabe,
Und wollte für sich selbst Nichts zur Belohnung haben.
Bei dieser Übung nun fiel lauter Klage für,
Es sah in den verliebten Herzen
Nur Eigensinn und Zank, Qual, Ungeduld und Schmerzen,
Das meiste Gut nur in Begier,
Wahrhaftigen Verdruß in einer Schattenlust,
Die Zeit, die, wie uns wohl bewußt,
Nur immer läuft, bracht auch den Tag heran,
An dem der Consulent nun wählen sollte,
Was für Geschlecht er werden wollte,
Er ging sehr prächtig angetan
Zum Tempel hin mit vielem Volk umgeben,
Der Götter Ausspruch nach zu leben.
Dem Mannsvolk lag ein Vieles dran,
Daß es ihn bat, er möcht ein Weibsbild werden;
Er hätte schon dazu die Reizung der Gebärden,
Und käme nur auf etwas Wenigs an,
Daß ihn der Himmel nicht vorhin zur Frau ernannt.
Das Weibsvolk gegenteils bat ihn mit Mund und Hand
Ein Mann zu sein; warum? ihm zu gefallen.
Der meiste Kummer unter allen
War aber Eifersucht, wie leichtlich könnte nicht
Der Männer Herz zu sehr auf seine Schönheit fallen.
(Ein jeder fühlt das, was ihn sticht.)
Herr Ohnenamen trat nun so zum Altar hin,
Das Volk um ihn merkt auf, wie er sich würd erklären,
Ihr Götter! rief er, hört, bewilligt mein Begehren,
Und laßt mich bleiben so, wie ich geboren bin,
Die Freundschaft ist mir genug: Gebt ihr mir ein
Geschlechte,
So überlaßt mich doch der eitlen Liebe nicht,
Die mich zu heftig quälen möchte.
Die Bitte war sehr klug, doch unvermutet geschehen.
Die zwei Geschlechter sind mit Fleiß so eingericht;
Doch wie es scheint, hat zweifelsfrei
Die gütige Natur dabei
Auf ihren Nutzen mehr, als unsere Ruh gesehen.
XIII.
Das Nativität des Leuen
Den Großen dieser Welt gelüst
Sehr nach Nativitaten stellen,
Sie stehn in Meinung, daß von ihren Schicksals Fällen
Das Firmament beschrieben ist,
Und daß, was neues auch das Augenrohr entdeckt,
Sich auf ihr Wohl und Weh erstrecke.
Sonne, Mond, Planeten, jeder Stern
Zeig ihr Verhängnis an. Wir kleinen Leute sollen
Drum unbekümmert sein. Wir lassens endlich gern,
Wenn hohe Sinnen großer Herrn
Deshalb alleine zittern wollen.
* * * *
Prinz Leu in Afrika verfiel einmal darauf,
Sein Schicksal im Voraus zu wissen,
An seinem Hof hielt sich damals Niemand auf
Der auf die Sternkunst sich befließen;
Doch endlich fand man einen Affen,
Der, weil sein Hauspatron sich drauf verstand,
Dem Leu versprach, von dessen Hand
Ihm, was er wollte, bald zu schaffen.
Er lief nach Haus und stahl allhier
Gleich seinem Herrn ein Blatt Papier,
Drauf ein Nativitat gestellt war.
Das war schon genug, er brachts dem Leuen dar,
Der nahm, und las das Glück so wohl als die Beschwerden.
Was meint ihr wohl, sollt aus dem Leuen endlich werden?
Ein Sklave und ein Komödiant.
Erraten hätte dies gewiß Niemand.
Wie? sprach Prinz Leu zu dem Propheten:
Verräter sollst du nicht erröten,
Mir solch ein künftig Glück so frech zu prophezein?
Du bist ein Ignorant. Herr, dieses will ich sein,
Versetzte Bertrand drauf und zitterte dazu,
Hör, sprach der Leu, was meinst denn du,
Wie dir's noch gehen wird? und wo wirst du verwesen?
Sag an, wie lang du noch zu leben hast?
Er öffnete die Klauen, der Affe war gefaßt,
Rief: Herr, ich habe einst im Planetenbuch gelesen:
Es sterben Ihr Durchlauchtigkeit
Gewiß mit mir zu gleicher Zeit.
Der Einfall besserte seine Unbesonnenheit;
Der abergläubische Leu zog seine Klauen ein,
Und zähmte seines Zornes Triebe,
Das meiste tat hierbei die Eigenliebe,
Doch unter großem Tugendschein,
Er strich geheime Furcht als lauter Gnade raus.
Mit unsern Taten sieht's oft tugendhaftig aus,
Die doch im Grunde Nichts als Schand und Schwäche sein.
Wie aber traf dann nun die Prophezeiung ein?
Hört weiter: Unser Leu ward kurz danach gefangen,
Da Band und Ketten ihn bald zahm zu werden zwangen.
Sein Herr gebraucht ihn hier und dort,
Sein Brot durch Schauspiel zu verdienen,
Der Affe mußte auch mit fort,
Der Sternkunst ungeacht, nur wegen seiner Minen,
Auf jedem Jahrmarkt meldeten sie sich an,
Da spielten sie ohn Unterlaß,
Der eine war Herr Ernst, der andre war Herr Spaß,
Der Cato, jener Courtisan.
Das Volk lief zu im ganzen Lande,
Zu sehn die neu entstandne Bande.
Der Leu agierte ungemein,
Er schien kein Leue mehr, wohl aber fromm zu sein,
War freundlich, höflich, folgte gern,
Tat alles auf den Wink, und wußte seinem Herrn
Mit seinem Leuenschwanz zu schmeicheln,
Und mit den Tatzen fein zu streicheln,
Ließ mit sich, was man wollte, machen,
Sein Herr steckt ihm sogar den Kopf in den Rachen.
Das Volk fing deshalb oft vor Schrecken an zu schrein,
Der Affe sprang um ihn herum auf allen Seiten,
Und pflegte gar auf ihm possierlich genug zu reiten,
Dies Schauspiel mengte Furcht in Lust und Lachen ein.
Der Affe ward gelobt. Um es noch mehr zu werden,
Wagt er, nach seiner Art, ein sehr verwegnes Spiel,
Er traute, wie sein Herr, dem wilden Tier zu viel
Auf seine freundliche Gebärden,
Und steckt ihm auch den Kopf in den Rachen nein.
Die unbescheidne Tat verdroß den ungemein,
So daß er wilde ward, und ohne eindenk zu sein,
Was ihm ehemals geweissagt war,
Erwürgt er unsern Bertrand gar.
Doch eben da er dies dem Affen so versetzte,
Geschah es, daß er sich am Halsband selbst verletzte,
Daß er dran starb zu gleicher Zeit.
Und also mußte man am Leu erfüllet sehen,
Was ein Nativitat geprophezeit,
An einem Menschen zu geschehen.
Sogar der Einfall selbst, der in der Todesgefahr
Dem Affen ungefähr in den Sinn gekommen war,
Durch den er auch Pardon erhielt,
Ward alles auf ein Haar erfüllt,
Nun glaube man sich steif und satt
An einer blinden Kunst, die keinen Grund nicht hat,
Herr Ungefähr ist ihr zwar sehr gewogen,
Und hat sie dann und wann bewährt:
Doch wenn er noch so viel von ihr erklärt,
Sternkündigung hat stets gelogen.
XIV.
Das
Gegenwärtige und Zukünftige
Vor diesem legten zwei ganz neue Handelsleute,
Sowohl Herr Künftig, als Herr Heute,
Hier auf der Welt zwei Kramgewölbe an.
(Bei welcher Epoche wir wahrlich sollten bleiben,
Und unsere Jahreszahl davon schreiben).
Der eine wohnte beim andern nahe dran.
Herr Heute war sehr eng und knapp logiert,
Herr Künftig aber frei an einem weiten Orte.
Der erste war schlecht weg, einfältig, ohn viel Worte;
Der andre klug und raffiniert.
Sie schrieen alle Menschen an:
Kommt, schauet unsre Ware, ihr Herrn und Biederleute!
Herr Heute rief, so viel man kann:
Halt! steht! seht mich recht an, ich heiße Itzt und Heute.
Hier hab ich was ihr sucht, wahrhaftig Glück und Beute.
Mein Nachbar ruft zwar auch, bedenkt euch, was ihr tut,
Die Worte sind bei ihm gar gut;
Doch wenn er noch so viel verspricht,
So macht er Wind, und hält es nicht.
Herr Künftig, aus dem großen weiten Zimmer,
Das voll Geschicklichkeit, voll Pracht und Schimmer,
Rief: Meine Herren! seht, hier ist der Mann,
Der euch das Glück im voraus zeigen kann,
Wie es euch ergehen wird, das könnt ihr bei mir hören,
Sagt, nennt, verlangt es nur, ich will's euch alsbald
lehren,
Für Unglück hab ich Trost, ich setz in euren Sinn
An dessenstatt was Gutes hin.
Bei mir allein ist Hoffnung zu verkaufen,
Ja, ich verschenke sie mit Haufen.
Nehmt hin, ihr Herrn, hier habt ihr Schätze und Ehr,
Und Lustbarkeit, was wollt ihr mehr?
Habt ihr davon noch nie was eingenommen,
Geduldet euch, glaubt mir nur, es wird recht herrlich
kommen,
Damit euch aber kann ein Probestück überwinden
Von meiner mächtigen Geschicklichkeit;
So merkt: ob Heute gleich noch so gewaltig schreit,
Wird er doch Augenblicks verschwinden,
Itzt ist er da; itzt ist er schon vorbei;
Und seht! o Wunder! er verschwand vor allen.
Die Menschen ließen sich nur die Betrügerei
Allein von Künftig wohlgefallen.
XV.
Der Schäfer und
der Widerschall
Man sollte denken, ja fast schwören,
Daß wir bedachtsame sinnreiche Leute wären;
Doch predigen wir viel, und überlegens nicht,
Weil unsere Sinne selbst gar selten das gebären,
Was unser Mund gleich Weises spricht.
Was andre judizieren, ja pflegen nachzusagen,
Das sagen, schreiben wir viel hundertfach
Demselben immer wieder nach,
Und helfen Reden weiter tragen.
Lehrt nur ein einziger was, bald nehmen tausend Schwätzer
Die Meinung für ein Grundgesetze an,
Und dieser Strom der Wortversetzer
Schwillt oft so hoch, daß er uns mit sich führen kann.
Wir sind so albern, blöde, schwach,
Wir folgen blindlings stets dem größten Haufen nach,
Hier liegts, warum die Leute uns öfters so verachten,
Drum, wer das rechte goldne Ziel,
Autorität und Wahrheit finden will,
Der muß nicht den, der es sagt, nur was er sagt, betrachten.
* * * *
Dem Schäfer Atù ward von andern aufgetragen:
Wem ein gewisser Preis gehörte? auszusagen;
Der ging drauf in ein Tal, um welches rings herum
Sehr viel und große Felsen lagen.
Hier überlegt er sich das Urteil rum und nun,
Ach Himmel! lehre mich, rief er, und laß michs treffen,
Wer singt am lieblichsten? Sylvander oder Steffen?
Der Steffen, schrie das Echo gleich von Ost und Westen,
Wie? fragte Atù drauf, der Steffen singt am besten?
Am besten, besten, fuhr es fortzuschrein,
Gut! dieser Ausspruch soll, sprach er, auch gültig sein,
Er ging ins Dorf zurück, hier sprach er, ist der Mann,
Der euch nun recht entscheiden kann.
Hört, Steffen kriegt den Preis; mein Urteil kann nicht
wanken,
Im nächsten Tal ist ja fast alles der Gedanken.
Wir richten ebenso, leichtgläubig, unbedacht,
Wie vieler Widerschall wird Menschen gleich geacht?
XVI.
Die Fische und das
Feuerwerk
Auf einem Wasserstrom, zur schönsten Abendzeit,
Ließ man ein Feuerwerk anzünden.
Die Nacht regierte zwar in ihrer Dunkelheit;
Doch mußte sie gar bald verschwinden,
Und wurde durch die Kunst, Blitz und Raketenschlag
So lichte, wie der helle Tag.
Die Wasser-Republik, die Fische in ihren Gründen,
Erschraken darüber ungemein,
Sie fuhren hin und her, und konnten nirgends finden,
Vor Feuer, Donner, Schlag in Sicherheit zu sein.
Sie hofften zwar, es würde allein beim Schrecken bleiben,
Das Wasser würde widerstehn;
Wer wollte denn so seltsam glauben,
Daß Fische sollten durch das Feuer untergehn.
Doch kam es bald, daß dies für möglich funden;
Die Wasserschwärmer groß und klein
Bestürmten sie bis in den Grund hinein,
Und drohten allerseits die letzten Todesstunden.
Ach! schrieen sie, nun kommt der jüngste Tag!
Ein jedes denk an sein Gewissen.
Wir habens wohl verdient mit unsern Ärgernissen,
Bekannte ein alter Hecht, das ist des Himmels Schlag.
Wie hat man nicht bisher bei uns gebahrt?
Als Mörder haben wir einander stets gefressen,
Ich, meine Kinder selbst; ihr, Pärscken, Schmerlen, Kressen;
Und diese wieder andre Art.
Die Großen fressen stets die Kleinen.
Ich beichte meine Schuld, und muß vor Reue weinen,
Der Götter Feuerzorn ist nunmehr offenbart.
Hilf Jupiter! und laß uns Gnade erscheinen!
Schau, wir versprechen insgemein,
Nicht mehr so fräßig noch so mörderisch zu sein.
Bei solchem Bußtag fing der Sturm an zu verschwinden,
Die Furcht zugleich, der Appetit erwacht,
Und jedes war nur drauf bedacht
Bald wieder neuen Fraß zu finden.
Sie hielten ihr Versprechen schlecht,
Der fromme Hecht verschlang bald einen andern Hecht.
XVII.
Der Lakai und Student
Bei einem reichen Herrn war Martin ein Lakai,
Des Herren Sohn, ein jung Studente,
War so vertraut mit ihm, daß dieser Zwei
Verbundne Freundschaft Nichts zertrennte.
Sie diskutierten oft und viel
Von Herrschaft, Eltern und dergleichen,
Das war gemeiniglich der Rede Ziel.
Barbaren sind viel eher, als Herren zu erweichen,
Sprach Martin; wir sind übel dran,
Es geht kein liebreich Wort für uns aus ihrem Munde,
Sie halten uns nur bloß für Hunde;
Viel Arbeit, Schelten, Drohen auch Prügel dann und wann
Bekommen wir für Lohn oft viel geschwinder.
Es ist ein böses Volk! O Martin, glaube mir,
Die Väter sind es gar Nichts minder,
Sprach der Studente drauf, sie keifen für und für,
Und predigen uns viel von alten Sittenlehren,
Tun selbst gar selten nach Gebühr;
Wir aber sollen nicht das mindeste versehren,
Sie sind uns allezeit contrair.
Hat man zum Kriege Lust, so sollen wir studieren,
Und unsern Willen stets nach ihrem Sinne führen,
Wie es ihnen träumet ungefähr.
Nein, wahrlich es ist Niemand schlimmer
Als Väter, sprach der Sohn, sie sind ein hartes Joch.
Doch Martin blieb bei seiner Meinung immer,
Die Herren wären ärger noch.
So lang sie nun beisammen waren,
War ihr Gespräch darauf gestellt;
Doch endlich kamen sie vonsammen mit den Jahren,
Ein jeglicher für sich. Martin erwarb viel Geld,
Und bracht es dahin in der Welt,
Daß er ein Mann von viel Vermögen,
Von Gütern, Häusern ja Palästen ward.
Bei feiner Tafel war allzeit viel Volk zugegen,
Lackeien, Läufer, Jungs, Gesinde mancher Art,
Der Schüler seinerseits erbt alles von dem Vater,
Vermehrte auch sein Gut, und kriegte Weib und Kind,
Die wuchsen mit der Zeit geschwind,
Der reiche Martin ward nun oft bei ihm Gevatter.
Die Freundschaft wurd aufs neu als wie vorhin gefaßt.
Itzt diskutierten sie bei ihren Schmausen
Von Kindern und Gesind. O! was für schwere Last
Sprach unser Herr von Martinshausen,
(Dessen Name nun zwei Finger länger worden war)
Ach was für Plage hat man ist mit dem Gesindel
Faul, untreu, ja es ist an ihnen kein gutes Haar,
Man sei scharf oder auch gelinde,
Sie fressen unser Brot, und spotten unser gar.
Ach! sprach der Vater, ach! die Kinder
Sind noch weit mehr verderbt, das ist ein schweres Kreuz
Der Sohn heißt Tunichtgut, die Tochter heißt's nicht minder,
Wild, ungehorsam beiderseits.
Die liebt die Courtesie, der will ins Elend rennen,
Und stürben wir für sie, so ist da kein Erkennen,
Sie wünschen vielmehr unsern Tod,
Als hätt es danach keine Not.
Die Leute hatten schlechte Klagensgründe,
Der Mensch ist Schuld daran, und nicht der Stand,
Denn weder Herrschaft noch Gefilde,
Noch Eltern oder Kind wird allzeit schlimm erkannt,
Der Mensch, die Passion, der Eigennutz und Sinn
Treibt die Vernunft bald da bald dort hin,
Und ohne die, sind wir wie Koriander,
Ein Mensch so schlimm, als wie der ander.
XVIII.
Der Jäger und die
Elephanten
Die Elephanten sind die Weisen bei den Tieren,
Tiefsinnig, sehr geschickt recht zu philosophieren,
Wer daran zweifeln will, dem stellen wir allhier
Ein Zeugnis ihrer tiefen Einsicht für.
Ein Handelsmann in Elfenbein
Trug meistenteils sich selbst die teuren Knochen ein,
Und ging zur Abendzeit, wenn Tag und Nacht sich trennten,
Dahin, wohin die Elephanten
Gemeiniglich zur Tränke gehn,
Daselbst blieb er versteckt auf einem Baume stehn,
Und schoß mit Pfeilen so, daß mancher mußte sterben,
Am Morgen früh entwich der Elephanten Schar,
Da denn der Mann gleich über den Toten war,
Um dessen Zähne bald zu erben.
Durch dieses Mittel konnt er sich sein Brot erwerben,
Und trieb es fort auf solche Art,
So öfters, als es Abend ward.
Einst, als er von Begier dazu sehr eingenommen,
Sah er viel Elephanten kommen,
Da hatte nun der gute Mann
Anfänglich Freude zwar, doch bald großen Schrecken dran.
Die Ungeheuer wurden sein gewahr,
Da sie sogleich in vollem Traben
Den Schützen auf dem Baum umgaben,
Der nun in äußerster Gefahr
Das, was er hier zu finden suchte,
Wohl mehr als hundert Mal verfluchte.
Der oberste Elephant riß drauf auf einen Streich
Den Jäger und den Baum zugleich
Mit seinem Rüssel um, und trug, als im Gepränge,
Den Mann auf seinem Rücken fort
An einen etwas erhabnen Ort,
Daselbst lag Elfenbein in Menge.
Schau, sprach er, unsern Kirchhof hier,
Da hol dir Zähne für und für,
Zerbrich nur deine Mord-Maschine,
Und fülle, wie du willst, nun deine Magazine.
Bisher hast du gesucht uns Herz und Hals zu brechen;
Anstatt daß man dich wiederum entleibt,
Will man dir nur die Ursach schwächen,
Die dich uns so zu schaden treibt.
Ein Weiser soll sich auch so rächen.
XIX.
Die Rübe
Ein Bauerngärtner fand auf seinem Rübenstücke
Einst eine Rübe, die ganz unnatürlich groß,
Und gegen andere an Größe und Dicke
Ein rechter Riese war. Dies unverhoffte Glücke
Bewog den Mann, daß er sogleich beschloß,
Dieses rare Gartenwunderzeichen
Dem Landesfürsten zum Präsent zu überreichen.
Herr König, mit Verlaub der Freiheit, sprach der Mann,
Die Rübe traf ich heute in meinem Garten an;
Da mir's nun Euch zu sehn mit diesem kann gelingen,
Das ich schon längst gewünscht: komm ich in vollem Springen,
Sie Eurer Majestät zu bringen.
Ich weiß es wohl, für Euch, Herr König,
Ist dies Geschenk etwas zu wenig;
Doch weiß ich auch, daß Ihro Majestät
Den guten Willen nicht verschmäht.
Die Rübe kommt Euch zu, der seltenen Größe wegen,
Drum dacht ich bald sie Euch zu Füßen hinzulegen.
Für große Herren, große Rüben!
Hiermit lebt fein gesund, es geh Euch nach Belieben.
Dem König gefiel es, daß Einfalt hier so frei
Aufrichtig redete, und wegen dessen Treu
Nahm er auch das Präsent in allen Gnaden an,
Und gab dem guten Bauersmann,
Aus ganz besondrer Huld und Liebe,
Fünfhundert Taler für die Rübe.
Der lief zurück ins Dorf, sein Glück hier auszuschrein,
Wie? sprach sein Edelmann, ist's möglich auf der Welt
Für eine Rübe gleich fünfhundert Taler Geld?
Das muß gewiß ein braver Fürste sein!
Auf solche Weise will ich bald mein Glücke finden.
Gleich stieg er auf sein Pferd, auf einen Spanier,
Das war schön, wohlgebaut, es flog gleich den Winden,
Und als ein Pfeil durchs Feld daher,
Damit kam unser Edelmann
Schnell im Palast des Königs an,
Und ließ demselbigen sein Staatspferd gleich zu schenken,
Dies kostbare Präsent, wandt ihm der König ein,
Macht mir in Wahrheit viel Bedenken;
Doch daß man sehen soll, ich könne erkenntlich sein;
Bringt meine Rübe her! die trug man bald herfür,
Der König schenkte sie dem Kavalier,
Und sprach: Nehmt hin, die Rübe, wie das Pferd,
Sind beide rar, und drum einander wert.
Die Zahlung war gerecht, gemessen, gleich und eben.
Die Welt ist voll und ganz beschwert
Von Leuten, die so eigennützig geben.
XX.
Die Mütze
Es dient zu unsrer Ruh' und Wohlergehn,
Daß man das Innerste der Herzen nicht kann wissen,
Laßt uns nur solches recht gebrauchen und genießen.
Was würden unter uns für Händel nicht entstehn,
Wenn man stets, wie man denkt, auch sollte reden müssen?
* * * *
Ein Hexenweib verwandelt sich in eine Maus,
Ihr Schicksal brachts somit, sie mußt in manchen Tagen
Gewisse graue Kleidung tragen,
Das schlug beinah gefährlich für sie aus,
Denn eine Katze paßt ihr auf, sie zu verschlingen,
Das wurde ein Mann gewahr, der lief mit vollem Springen,
Aus Mitleid, oder auch den Katzenmut zu zwingen,
Jagt er derselbigen die Beute wieder ab,
Die ihn dafür dem bösen Feinde
In Rachegedanken übergab.
Hingegen macht er sich dadurch die Maus zum Freunde,
Die ihm kurz drauf erschien, nicht mehr als eine Maus,
Nein, einer Göttin gleich, und ließ sich so heraus:
Du hast mich jüngst errettet, als mich die Feinde stellten,
Die Wohltat wollt ich dir gern wieder bald vergelten.
Man heißt mich Doucett, und die hat allezeit
Ein Herze voller Dankbarkeit.
Verlange was du willst, ich will dies gleich gewähren,
Dieweil ich alles kann, darfst du dich nur erklären.
Wohlan! sprach unser Mann, mir wird ein Dienst geschehn,
Wenn ihr mir könnt das Kunststück zeigen,
Den Leuten in das Herz zu sehn,
Und daß sie mir niemals ihr Innerstes verschweigen.
Es sei so, sprach die Dame drauf:
Hier setze diese Zaubermütze auf,
Sie hilft dir jedes Herz nach Willen aufzuschließen,
Die Leute werden dir, ohne daß sie es selber wissen,
Stets, was sie denken, sagen müssen.
Du wirst vollkommen sehn, wie sie von innen sein.
Damit gehab dich wohl, es treffe dir gut ein!
Sogleich wollt unser Mann der Mütze Kraft probieren,
Und mit den Leuten discourieren.
Nun, sprach er bei sich selbst, werd ich ihr Herze sehen,
Und Niemand soll mir Nasen drehen.
Er fing bei seinem Weibe an,
Die Mütze wirkte gleich, sie sprach: ach lieber Mann
Indem sie ihn als Schatz in beide Arme nahm,
Ich bin dir recht von Herzen gram,
(Welch lächerlicher Streit war zwischen Tun und Sagen)
Seit ich Alandern gut, kann ich dich nicht vertragen.
Wie gerne säh ich dich erkalten!
Wenn doch der Tod nicht sogar langsam wär
Dich abzuholen! das Warten wird mir schwer,
Ich kann mich länger nicht mehr halten,
Mein Liebster treibt mich immerdar.
Und was dabei das curienste war,
So sprach sie alles mit den freundlichsten Gebärden.
Kaum war dem Manne nun sein Weibchen offenbar;
So solltens auch die Kinder werden.
Er redete sie an, da denn so gleich ihr Mund
Ihm wieder willig zu gestund,
Sie wollten gern sein Gut je ehe je besser erben,
Er hätte längst schon mögen sterben.
Der Mann ging mit der Mütze also von Haus zu Haus,
Und zog die Heimlichkeit aus allen Herzen raus,
Die Freunde konnten ihm ihre eigennützgen Seelen,
Undank und Falschheit nicht verhehlen,
Doch äußerlich mit lauterm Höflichsein.
Sprach er bei einem Nachbar ein,
So hieß ihn der, der ihm liebreich die Hand geboten,
Gleich einen groben Kerl und Knoten.
Bracht er vernünftige Worte her,
Weswegen man ihn loben sollte;
Sagt ihm der Heuchler selbst, der ihm flattieren wollte,
Daß er nicht recht bei Sinnen wär.
Da es nun überall so hieße,
Und er sonst gar Nichts hört, als lauter Ärgernisse,
Die ihm die Mütze angericht;
Wurd er erzürnt, daß er sie übers Haus wegschmisse,
Er such sie, wer da will, ich mag sie nicht.
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