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Der Mönch von Salzburg


Der Mönch von Salzburg war ein mittelhochdeutscher Liederdichter am Hof des Salzburger Erzbischofs
Pilgrim II. von Puchheim. (1365-1396)
Hier befand sich ein Zentrum kulturellen Lebens und gehörte zu den Bedeutendsten des Spätmittelalters.

Vom anonym gebliebenen Mönch von Salzburg, sind 57 weltliche und rund 49 geistliche Lieder überliefert.
Unter anderem das älteste Weihnachtslied, ein Abendlied und das "Martinslied".


 

Das taghorn

Das taghorn, auch gut zu blasen, und ist sein pumhart dy
erst note und yr underoctavaslecht hin.

 

Das Taghorn

Das Taghorn, auch gut zu blasen. Die erste Note ist der Ton des Pumharts sowie ihre untere Oktave.

 

Der pumhart ist ein altes Blasinstrument und ein Vorläufer des Fagott.
 

1.
Gar gar leis
in senfter weis
wach, libste fra!
plik durch dy pra
und scha,
wy tunkel gra
so gar fein pla
ist zwischen dem gestirn.
nu wach, mein mynnikliche dirn,
in liber süzz
und grüzz
dein aigenz hercz bey mir,
seind ich enpir
der stymm von dir,
daz mir gar still
dein rainer will
wünsch liben guten tag,
den mir hëut sag
tugentlichen,
mynniklichen
dein güt mit mangem liben plik,
so daz mein hercz in freüden schrik
zu trost der libsten zuversicht,
der mir dein weiblich güt verjicht,
bis das geschicht,
daz mir wünsch guten tag dein mund.

2.
Erwach
in liber sach!
dein ärmlin rek,
dein füzlin strek,
ich wek
dich auz der dek,
dein hercz enplek
und brüstlin wolgestalt,
dy dem armen tun dy nacht gewalt.
dein haup enpör
und hör
das wunderlich geschell,
wy dein gesell
dich weken well.
frau, ich betracht
all tag und nacht
den libsten anevang,
wy mich betwang
liblich scherczen
in dem herczen,
da ich den libsten wechsel traib,
so daz mein hercz pey dir belaib:
des wechsels ich her wider wart
von dir, mein libstez freülin zart,
und han all vart
dich pey mir in meins herczen grund.

3.
Lib zeit,
dy gancz frëud geit,
sey dein gelait
mit sälikait.
berait
mich, frau gemait,
wy dein will sait,
das wil ich täglich mern,
wann ich getet ny ding so gern.
wurd mir das hail
zu tail,
dich täglich sehen an,
auf erd ny man
sölch freüd gewan:
wenn so ich dich,
traut frau, an sich,
so han ich freüd genug;
wann du pist chlug
mit gelympfen,
frölich schympfen
zu tratz, den dein gepërd missvelt.
gib urlaub mir, frau auzerwelt:
gedenk an mich und hab dein ru
und slaf mie freüden wider zu,
ez ist noch fru.
tu dein genad mir all zeit kund.

 

1.
Wach ganz leise
und behutsam auf,
liebste Freundin!
Blinzle durch deine Wimpern
und sieh,
wie sich das dunkle Grau
zwischen den
Sternen hellblau färbt.
Nun wach auf süße,
angenehme Weise auf,
meine Liebste,
und begrüße dein Herz,
das bei mir ist,
seit ich auf deine Stimme
verzichten muß.
Mögest du mir in Gedanken
ohne jede Falschheit ganz still
einen angenehmen guten Tag wünschen,
wie du ihn mir in deiner
Güte heute noch mit vielen
liebevollen Blicken zärtlich wünschen wirst,
so daß mein Herz vor Freude zusammenzuckt
und voller Zuversicht ist, wie sie
mir deine Güte nach Frauenart schenkt,
bis mir endlich
dein Mund selbst einen guten Tag wünscht.

2.
Wach
voller Liebe auf!
Reck deine kleinen Arme,
streck deine kleinen Füße.
Ich wecke dich,
indem ich dir die Decke wegziehe.
Entblöße dein Herz
und deine schönen Brüste,
die mich Armen nachts um den Verstand bringen.
Heb den Kopf
und höre
die seltsame Musik,
mit der dein Freund
dich wecken will.
Liebste, ich denke
Tag und Nacht
an den Anfang
unserer Liebe und daran,
wie das zärtliche Liebesspiel
mein Herz gefangennahm,
als wir voller Liebe unsere Herzen tauschten,
so daß mein Herz bei dir blieb.
Im Gegenzug erhielt ich
deines von dir, liebste Freundin,
und trage dich auf diese Weise
überall tief im Innersten bei mir.

3.
Ich wünsche dir
eine angenehme Zeit,
in der vollkommene Freude
und höchstes Glück
dich stets begleiten mögen.
Laß mich wissen, Liebste,
was du dir wünscht.
Das will ich täglich für dich tun,
denn ich habe nie etwas lieber getan.
Hätte ich das Glück,
dich täglich sehen zu können,
so gäbe es keinen Mann
auf der ganzen Welt,
der jemals größere Freude empfunden hätte.
Dich, liebste Freundin,
anzusehen genügt mir,
um glücklich zu sein.
Denn alles an dir ist
voller Anmut, mögen die
auch übermütig spotten,
denen dein Verhalten mißfällt.
Laß mich gehen, Liebste,
denk an mich und mach dir keine Sorgen.
Schlaf glücklich wieder ein,
es ist noch früh.
Bleib mir immer in Liebe verbunden.

 

Das nachthorn
Das nachthorn, und ist gut zu blasen.

 
Das Nachthorn
Das Nachthorn, es ist gut zu blasen.

 
1.
Zart libste frau in liber acht,
wünsch mir ain liblich, frölich nacht,
wann so mein hercz dein treü betracht,
das freüet all mein kraft und macht
auf stäten syn,
so ich nu pin
dahin,
ellend und ain,
und nymand main
zu trösten mich
wenn dich.
mit senen ich den slaf bekrenk,
daz ich dy nacht gar vil an dich gedenk;
süzz trëum dy machent mich so gail,
daz ich mir wünsch das hail,
daz ich slaffen
solt an straffen
in sölcher liber sach an end.

2.
Dich lät nicht ain meins herczen gir,
dar umb so wünsch ich me wenn zwit,
daz dir sol traumen auch von mir,
wy ich gar frölich sey bey dir
und doch in gut
nach deinem munt
behut,
und daz du, mynnikliche dirn,
in süzzen slaf dy herczen libsten pirn
umbvingest nach dem willen mein,
als ich da selb solt sein:
in den sachen
sold entwachen,
mein hercz, sold frölich sein behend.

3.
Enczuket wird ich oft so hart,
daz ich wën an der selben vart,
ich seh dich, libstez frëulin zart,
vor mir gepildet schon von art
gar weiblich stan,
daz ich denn han
den wan,
ym sey also,
und pin gar fro
in herczen grund:
zu stund,
so mir entwischet dein figur,
das wirdt dem armen herczen vil ze sur,
ez mant mich an dy libsten zeit,
y herter ez ym leit;
wann dein belangen
hat gevangen
mich, bis du tröstest mein ellend.

 
1.
Wünsch mir, allerliebste Freundin,
eine angenehme, unbeschwerte Nacht.
Wenn mein Herz an deine treue Liebe denkt,
erfüllt mich das mit großer Freude
und läßt mich durchhalten
in dieser Zeit, in der ich
unglücklich und einsam
fern von dir bin
und niemand mich zu
trösten vermag außer du.
Die Sehnsucht
läßt mich nicht schlafen,
da ich nachts sehr viel an dich denke.
Süße Träume wecken meine Begierde,
so daß ich mir wünsche,
ich hätte das Glück,
sorglos eine Liebesnacht
ohne Ende verbringen zu können.

2.
Meine Sehnsucht läßt dich nicht los.
Deshalb wünsche ich mir oft,
auch du würdest von mir träumen, davon,
daß ich ganz unbeschwert bei dir wäre,
so, wie du es magst,
ans Herz gedrückt
und immer wieder
von deinen weißen Armen zärtlich umarmt,
und laß du, Liebste, im Schlaf
deine herzallerliebsten Brüste streicheln
würdest, wie ich es mir wünsche und so,
als ob ich selbst da wäre.
Auf diese Weise würde ich gern erwachen,
und mein Herz wäre sofort vergnügt.

3.
Oft bin ich soweit,
daß ich geradewegs glaube,
dich zu sehen, liebste Freundin,
als ob du leibhaftig in deiner ganzen
Schönheit vor mir stehen würdest,
so daß ich meine, es sei wirklich so,
und außer mir vor Freude bin.
Sobald deine Gestalt
sich jedoch verflüchtigt,
bereitet das meinem armen Herzen
bitteren Schmerz.
Je unglücklicher ich bin,
desto mehr muß ich an
die schönste Zeit
mit dir denken.
Denn die Sehnsucht nach dir
hält mich gefangen,
bis du mich aus meiner Einsamkeit erlöst.

 
Das kchühorn
Untarn ist gewonlich reden ze Salzburg und
bedëutt, so man izzet nach mittem tag über
 ain stund oder zwo.

 
Das Kuhhorn
Untarn ist ein in Salzburg gebräuchlicher
Ausdruck und bezeichnet die Essenszeit
mittags zwischen ein und zwei Uhr.

 
a

1.
Untarn slaf
tut den sumer wol,
der an straf
liblich ruen sol
pey der diren
auf dem stro:
in der stiren
macht es fro.

2.
Dy mit lust
dem gesellen gut
drukt sein brust -
hey, wy wol ez tut! -
der ist zoren,
wer sey wekt
mit dem horen
und erschreekt

3.
In dem lauzz,
so der herter schreit:
ho, treib auzz!
hoho, des ist zeit!
sy erwachet
nach der mü:
unbesachet
sint dy kchü.

b

1.
Sy:
Ich muzz hyn, mein traut gesell,
ich hab ze lang geslaffen hy pey dir.
Er:
Traut gespil, ge, wy got well,
ich laz dich schaiden nicht so pald von mir.
Sy:
Ja sint dy kchü noch ungemolchen,
darumb ist mir gach:
gespottet wurd mir von den volchen,
sold ich treiben nach.
ain frische, wolgemute diren
kan und waiz gelympf:
dar umb sorg nyman umb dy yren:
ez ist nür yr schympf.

2.
Er:
Herczen Trost, wy wol ich spür,
daz du mir pist ain ungetrëuez weib!
Sy:
Dinst und lon ich gar verlür,
wizz got! nit, daz ich lenger hy beleib.
gehab dich wol, ich küm her wider,
so ich peldist kan,
und leg mich wider zu dir nyder,
herczen libster man.
ain frische, wolgemute diren
kan und waiz gelympf:
dar umb sorg nyman umb dy yren:
ez ist nür yr schympf.

3.
Das fügt wol ainem armen knecht,
dem gut und mut stet all zeit in dem saus;
gold und vechs ist ym nit recht,
ym fügt vil paz dy dyren in dem haus:
wenn sy des morgens fru wil haiczen,
so wekt sy yn vor;
sein hercz kan sy zu freüden raiczen,
daz ez swebt enpor.
ain frische, wolgemute diren
kan und waiz gelympf:
dar umb sorg nyman umb dy yren:
ez ist nür yr schympf.

 
a

1.
Ein Mittagsschlaf
im Sommer tut gut,
wenn einer
ohne Sorgen zärtlich
bei der Magd
auf dem Stroh
liegen kann.
Das bereitet Vergnügen.

2.
Diese umarmt
ihren Liebsten leidenschaftlich
drückt seine Brust -
hei, wie gut das tut! -
Wer sie mit
dem Horn weckt
und erschreckt,
dem ist ihr Zorn sicher.

3.
Als der
Hirte ruft:
"Hoho, treib aus!
Hoho, es ist Zeit!"
schreckt sie in ihrem
Versteck nach dem Liebesspiel
hoch, denn ihre Kühe
sind noch nicht versorgt.


b

1.
Sie:
Ich muß fort, liebster Freund, ich habe
schon zu lange hier bei dir geschlafen.
Er:
Geh es, wie Gott will, Liebste,
ich laß dich nicht so schnell fort.
Sie:
Die Kühe sind doch noch nicht gemolken,
deshalb habe ich es so eilig.
Die Leute würden über mich spotten,
wenn ich als letzte hinterher käme.
Eine junge, aufgeweckte Magd
weiß genau, was sich schickt.
Deshalb kümmere sich niemand darum,
wie sie sich vergnügt.

2.
Er:
Liebster Schatz, ich spüre genau,
daß du mir untreu bist.
Sie:
Ich würde Arbeit und Lohn sicherlich verlieren,
weiß Gott, es geht nicht, daß ich noch länger
hier bleibe. Leb wohl, ich komme zurück,
so schnell ich kann,
und leg mich wieder zu dir,
herzallerliebster Freund.
Eine junge, aufgeweckte Magd
weiß genau, was sich schickt.
Deshalb kümmere sich niemand darum,
wie sie sich vergnügt.

3.
So geht es einem armen Knecht,
der jederzeit nur auf sein Vergnügen aus ist.
Auf Gold und Hermelin kann er verzichten,
ihm ist die Magd im Haus viel lieber.
Wenn sie früh am Morgen das Feuer anmachen
muß, weckt sie ihn zuvor.
Sie kann ihn so zur Liebe verführen,
daß er sich wie im siebten Himmel fühlt.
Eine junge, aufgeweckte Magd
weiß genau, was sich schickt.
Deshalb kümmere sich niemand darum,
wie sie sich vergnügt.

 
Nun ein abendliches "Einlasslied", das den >Anfang< einer Liebesnacht schildert.
Im Gegensatz zum "Tagelied", das vom morgendlichen Ende berichtet.

 
Ain enpfahen
 
Ein Empfang
 
1.
Sy
Er
Sy

Er

Sy
Er

Sy
Er
Sy
Er
Sy
Er
Sy
Er

2.
Sy
Er
Sy

Er
Sy
Er
Sy
Er
Sy
Er
Sy
Er
Sy
Er

3.
Sy
Er
Sy

Er

Sy
Er
Sy
Er
Sy
Er
Sy
Er
Sy
Er

 


Wol kum mein libstes ain
Genad traut freulin rain
sag an dein gelingen
wa pist du so lang gewesen ellender von mir
mich hat ny so ser belanget als dy zeit nach dir

wy ist es dir gangen anderswa
mich freut nicht wy vil ich freud anscha

hast du sider y gedacht an mich
mein gedank stet all zeit frau an dich
an gever in ganczer stätikhait
sicherlich auf meinen ayt
zwar des pin ich fro
frau dem ist also
liber ding ward ny auf erd wenn stät
ungern ich anders tät


Dein kunft freut mein gemüt
Ich dank frau deiner güt
ich han den gedingen das dein
hercz nicht mag vergessen meun in ganczer treu
was ich dir y hab versprochen das ist täglich neu
darumb pin ich gancz in eren dein
liber weib mag nymer me gesein
mir ward ny auf erd so liber man
sölch gelük ich nicht verdinen kan
hail und söld des wünsch ich dir all stund
dank so hab mein roter mund
freu dich libster hort
liber süsser wort
selikhait kumbt oft so man nicht went
darnach mein hercz sich sent



Nach regen scheint dy sunn
Nach laid kumbt freud und wunn
laid muss lib oft twingen wann chain mensch
erkennen möchte dy lib so laid nicht wer
abr es wirdt dem armen herczen laider gar ze
swer
guter mut und hoff gehört darzu
rat mir was ich widr dy klaffer tu
tust du wol das tut dem klaffer we
des wil ich mich fleissen ymmer me
pis verswigen rüm dich nicht ze vil
geren herczen traut gespil
sprich den frawen wol
als ich pillich sol
nym den umbvang dir zu ganczem trost
dein lib hat mich erlost.

 

1.
Sie
Er
Sie

Er

Sie
Er

Sie
Er
Sie
Er
Sie
Er
Sie
Er

2.
Sie
Er
Sie

Er
Sie
Er
Sie
Er
Sie
Er

Sie
Er
Sie
Er

3.
Sie
Er
Sie

Er

Sie
Er
Sie
Er
Sie
Er

Sie
Er
Sie
Er

 


Willkommen, Lieber,
Ich dank dir, meine Liebe.
Erzähl, wie war es denn;
wo bist du so lang gewesen, fern von mir?
Nie hab ich mich so sehr gesehnt nach dir
wie in dieser Zeit.
Wie ist es dir ergangen anderswo?
Nichts freute mich, obwohl ich sehr viel
Schönes sah.
Hast du seither an mich gedacht?
Meine Gedanken waren stets bei dir.
Ohne zu wanken, immer fest?
Ich schwöre es dir.
Da bin ich froh.
Ja, Liebe, es ist wirklich so.
Etwas Schöneres als Treue gibt es nicht.
Wie könnt ich dir je untreu sein.


Du bist da, wie freu ich mich.
Du bist lieb, hab Dank.
Ich weiß es und ich fühle es:
dein Herz vergißt mich nie.
Was ich dir je versprochen hab, ist täglich neu.
Darum gehör ich dir auch ganz.
Ein lieberes Mädchen gibt es nie mehr.
Noch nie war mir ein Mann so lieb.
Solch großes Glück verdiene ich nicht.
Ich wünsche dir Glück und Segen für alle Zeit.
Hab Dank, mein roter Mund.
Mein Liebster, freue dich.
Wie schön du alles sagst.
Das Glück kommt unverhofft.
Mein Herz sehnt sich danach.


Nach dem Regen scheint die Sonne.
Lust und Freude folgt dem Leid.
Doch Leid muß sein,
denn ohne Leid erkennt kein Mensch die Liebe.
Ach, es macht das Herz so schwer.

Geduld und Hoffnung braucht es nur.
Was soll ich, sag, gegen die Lästerzungen tun?
Tust du das Rechte, dann sind sie beschämt.
Ich werde mich darum bemühen.
Sei verschwiegen, rede nicht so viel.
Ganz gewiß, mein Liebes.
Von den Frauen sprich nur Gutes.
Das gehört sich so.
Dafür will ich dich umarmen.
Deine Liebe macht mich frei.

 


Das nun folgende, mit einem Reim versehene Lied gehört zu den mhd. "Falkenliedern."

 
Ich het czu hannt geloket mir

 
Ich hatte mir zur Hand gelockt
 
1.
Ich het czu hannt geloket mir
ain falcken waidenleichen
das hat verloren all sein gir
und tuet sich von mir streichen
hiet ichs gepaist noch meinem muet
es wär als willd nye worden
das tet ich nicht und lies durch guet
darumb han ichs verloren
es ist mir worden ungeczäm
das tut mir we in herczen
gar übel ich im des gan
es kund wol wennden smerczen

2.
West ich sein strich ich volgt im nach
ob ich es möcht gewynnen
chain vederspil ich nye gesach
das sich tät swingen
es wust sein vart wie weit es gieng
und hat sich doch verflogen
mit ainem trappen der es fieng
der hat mein fälklein betrogen
hiet ichs gepaist noch meinem muet
es wär als willd nye worden
das tet ich nicht und lies durch guet
darumb han ichs verloren

3.
Nw traw ich allen waidgesellen
die habent mirs versprochen
das sy den trappen paissen wellen
pis das ich wird gerochen
fürbas ich mir stellen wil
allain nach edelm vederspil
das sich nicht tuet verfliegen
und kainen fürbas betriegen
hiet ichs gepaist noch meinem muet
es wär als willd nye worden
das tet ich nicht und lies durch guet
darumb han ichs verloren.

 
1.
Ich hatte mir zur Hand gelockt
einen schönen, edlen Falken;
er hat die Lust zur Jagd verloren
und streicht mir jetzt davon.
Hätte ich ihn streng gebeizt,
er wäre nicht weggeflogen.
Das tat ich nicht und war zu gut,
darum habe ich ihn verloren.
Er ist nicht zahm geblieben,
das tut mir weh;
nie kann ich das verzeihen,
er weiß den Schmerz zu heilen.

2.
Wüßt ich den Weg, ich folgte seinem Strich,
möchte ihn zurückgewinnen.
Nie sah ich einen Falken
sich schöner schwingen -
er wußt, wie weit er fliegen sollte -
und hat sich doch verflogen
zu einer Trappgans, die ihn fing;
mein Fälklein hat sie mir verführt.
Hätte ich ihn streng gebeizt,
er wäre nicht weggeflogen.
Das tat ich nicht und war zu gut,
darum habe ich ihn verloren.

3.
Nun hoff ich, daß die Jagdgefährten,
wie sie versprochen haben,
die Trappgans weidwund hetzen,
um mich dafür zu rächen.
Jetzt stell ich nur noch Falken nach,
die treu und edel sind,
die niemals sich verfliegen
und keinen Trug begehen.
Hätte ich ihn streng gebeizt,
er wäre nicht weggeflogen.
Das tat ich nicht und war zu gut,
darum habe ich ihn verloren.

 
nach oben
 
Nun folgen ein paar geistliche Lieder, darunter das älteste Weihnachtslied überhaupt.

Das nachfolgende überlieferte Lied ist eine Übersetzung des Hymnus "Christe, qui es lux
et dies"
, und unter der Übersetzung des "Mönchs" eine der wörtlichsten.
Dieser Hymnus ist im Original anschließend angefügt.

 
Christe, du bist liecht
 
Christus, Du bist das Licht
 
1.
Christe, du bist liecht und der tag,
du dekest ab die vinstern nacht,
des liechtes liecht ie in dir lag,
der sälden liecht hat aus dir pracht.

2.
Wir pitten dich, heiliger herr,
bewar uns heint in dieser nacht,
gib rue in dir, das uns icht ferr
ein ruesam nacht in unser acht.

3.
Uns won chain swäres slaffen zue
noch das der veint uns icht betor,
das fleisch im chain verhengen tue,
davon wir dir sten schuldig vor.

4.
Die augen slaffens sein begreif,
das herz dir wach zu aller stund,
dein zesem ze schermen icht entsleif
die dich lieb haben im herzensgrunt.

5.
Anplikch uns, unsers hailes kemph,
und widertreib der sunder glut,
hilf uns, das er die icht vertempf
die da erlöset hat dein bluet.

6.
Gedachtig pis, o herre mild,
an uns in disem swären leib,
du pist allein der sele schilt,
nu won uns bei, von dir nicht treib.

7.
Got vater immer glori sei
und auch seinem aingeporen sun,
darzue dem geist, des trost uns pei
sei ewigkleichen in allem tun. Amen.

 
1.
Christus, Du bist das Licht und der Tag,
Du beendest die finstere Nacht,
das Licht des Lichtes lag stets in Dir,
das Licht der Glückseligkeit leuchtet aus Dir hervor.

2.
Wir bitten Dich, heiliger Herr,
bewahre uns heute in dieser Nacht,
gib uns Ruhe in Dir, daß uns in unserer Bedrängnis
nicht eine ruhevolle Nacht fernbleibe.

3.
Uns bedränge kein schwerer Schlaf,
und auch der Feind betöre uns nicht:
das Fleisch gebe ihm nicht nach,
so daß wir vor Dir schuldig dastehen.

4.
Die Augen soll die Trägheit des Schlafes bedecken,
das Herz bleibe Dir aber stetig wach;
Deine schützende Rechte entziehe nicht denen,
die Dich aus dem Grund ihres Herzens lieben.

5.
Blicke uns an, Du Kämpfer für unser Heil,
und vertreibe die Glut der Sünder,
hilf uns, daß der Böse diejenigen nicht ersticke,
die Dein Blut erlöst hat.

6.
Denke an uns, o milder Herr,
in unserem beschwerlichen Körper;
Du allein bist der Schild der Seele,
nun bleibe bei uns, treibe uns nicht von Dir.

7.
Gott, dem Vater, sei ewige Glorie,
und auch seinem eingeborenen Sohn,
dazu den Geist, dessen Hilfe bei uns
sei in allen Handlungen auf ewig. Amen.

 
Der im Mittelalter sehr bekannte Hymnus "Christe, qui es lux et dies" wurde zum Abendgebet,
meistens während der vorösterlichen Fastenzeit gesungen.
Das Original.

 
1.
Christe qui lux es et dies,
Noctis tenebras detegis,
Lucisque lumen crederis,
Lumen beatum praedicans.

2.
Precamur Sancte Domine,
Defende nos in hac nocte,
Sit nobis in te requies,
Quietam noctem tribue.


3.
Ne gravis somnus irruat,
Nec hostis nos surripiat,
Nec caro illi consentiens,
Nos tibi reos statuat.

4.
Oculi somnum capiant,
Cor ad te semper vigilet,
Dextera tua protegat
Famulos qui te diligunt.


5.
Defensor noster aspice,
Insidiantes reprime,
Guberna tuos famulos,
Quos sanguine mercatus est.

6.
Memento nostri Domine
In gravi isto corpore,
Qui es defensor animae,
Adesto nobis Domine.


7.
Deo Patri sit gloria,
Ejusque soli Filio,
Cum Spiritu Paraclyto,
Et nunc et in perpetuum. Amen.


Die lateinischen Texte von ©Franz Viktor Spechtler 1972.

 

Nun folgt ein Weihnachtslied. Dieses Lied ist eines der ältesten heute noch lebendigen Lieder in deutscher Sprache;
es kontrafaziert die Melodie des lateinischen Weihnachts-Cantus "Resonet in laudibus."- erstmals belegt 1345.
Anschließend an das Weihnachtslied, füge ich noch das Original in lateinischer Sprache an.

 
Joseph, lieber nefe mein

Und so man daz kindel wiegt über das
"Resonet in laudibus," hebt unnser uraw an ze
singen in ainer person: "Yoseph, lieber neve
mein." So antwurt in der andern person Yoseph:
"Geren liebe mueme mein." Darnach singet der
kor dy andern vers in aines dyenner weis.

 
Joseph, lieber Anverwandter

Und wenn das Kind wiegt zum Resonet in laudibus,
hebt die eine Person als Unsere Frau (Maria) zu
singen an: "Joseph lieber >Neffe< mein", und die
andere Person als Joseph antwortet: "Gerne liebe
>Muhme< mein"; danach singt der Chor die
anderen Strophen, jeweils eine von den folgenden:

 
1.
»Joseph, lieber nefe mein,
hilf mir wiegen mein kindelein,
das got müeß dein loner sein
in himmelreich, der meide kint, Maria.«

2.
'Gerne, liebe mueme mein,
ich hilf dir wiegen dein kindelein,
das got müeß mein loner sein
in himelreich, du raine maid Maria.'

3a.
Nu fräw dich, kristenleiche schar,
der himelische künig klar
nam die menschhait offenbar,
den uns gepar die raine maid Maria.

3b.
Es solten alle menschen zwar
mit ganzen frewden komen dar,
do man fint der sele nar,
den uns gepar die raine maid Maria.

3c.
Uns ist geporn Emanuel
als vor gekünt hat Gabriel,
des ist gezeug Ezechiel,
o frones el, dich hat geporn Maria.

3d.
Ewigs vater ewigs wort,
war got, war mensch, der tugende hort,
in himmel, in erde, hie und dort
der sälden port, den uns gepar Maria.

3e.
O süesser Jesus auserkorn,
du weist wol, das wir warn verlorn,
süen uns deines vater zorn,
dich hat geporn die raine maid Maria.

3f.
O klaines kind, o grosser got,
du leidest in der krippen not,
der sunder hie verhandelt hat
der himmel prot, das uns gepar Maria.

 
1.
»Joseph, lieber Anverwandter,
hilf mir mein Kindlein wiegen;
Gott wird dir dafür im Himmelreich lohnen,
er, der Sohn der Jungfrau Maria.«

2.
'Gerne, liebe Anverwandte,
helfe ich Dir Dein Kindlein wiegen:
Gott wird mir dafür im Himmelreich lohnen,
Du reine Jungfrau Maria.'

3a.
Nun freue dich, Christenschar,
der lichte Himmelskönig
nahm menschliche Gestalt an,
den uns geboren hat die reine Jungfrau Maria.

3b.
Alle Menschen sollten fürwahr
voll Freude dorthin kommen,
wo man Rettung für unsere Seele findet,
(ihn), den uns geboren hat die reine Jungfrau Maria.

3c.
Uns ist Immanuel geboren,
wie uns Gabriel verkündet hat,
dafür ist Ezechiel Zeuge,
o heiliger Gott, Dich hat geboren Maria.

3d.
Des ewigen Vaters ewiges Wort,
wahrer Gott und wahrer Mensch, Hort aller Tugend,
im Himmel, auf Erden, hier und dort,
Pforte des Heils, er, den uns geboren hat Maria.

3e.
O süßer Jesus, Auserkorener,
Du weißt gut, daß wir verloren waren,
versöhne uns mit dem Zorn Deines Vaters,
Dich hat geboren die reine Jungfrau Maria.

3f.
O kleines Kind, o großer Gott,
Du leidest Not in der Krippe:
die Sünder haben hier auf Erden das himmlische Brot
schlecht behandelt, das uns geboren hat Maria.

 
"Resonet in laudibus" das Original.
 
1.
Resonemus laudibus
Cum jocunditatibus
Ecclesiam fidelibus
Appanuit quem genuit Maria

2.
Deus fecit hominem
Ad saum imaginem
Et similitudinem
Appanuit quem genuit Maria


3.
Deus fecit omnia
Celum, Terram, maria,
Cunctaque nascentia
Appanuit quem genuit Maria

4.
Ero nostro concio
In chrodis et organo
Benedictat Domino,
Appanuit quem genuit Maria


5.
Et Deo qui venias
Donat et leticas
Nos eidem Gracias.
Appanuit quem genuit Maria
 

Solche vorwiegend vom Essen und Trinken handelnde "Martinslieder" wurden zum Martinsfest (11. November) gesungen,
das heißt am Ende des bäuerlichen Jahres.

 
Ain radel von drein stymmen
 
Ein Kanon für drei Stimmen
 

Martein lieber herre
nu lass uns fröleich sein
heint czu deinen eren
und durch den willen dein
dy genns solt du uns meren
und auch küelen wein
gesoten und gepraten
sy müessen all herein.

 

Martin, lieber Herr,
nun laß uns fröhlich sein:
Heute zu deinen Ehren
und auf deine Veranlassung
sollst du uns die Gänse vermehren
und auch den kühlen Wein:
Gesotten und gebraten,
so müssen jene alle herein.

 

Quelle:
©Reclam 1993 Deutsche Gedichte des Mittelalters/Ausgewählt, übersetzt und erläutert von ©UlrichMüller/©Gerlinde Weiss

 



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