Die erst fabel von dem löwen und
dem hirten
Die mächtigen söllent dankbar syn gegen den armen, wa sie
etwas guotes von inen habent
enpfangen. Und ob es wol lang uß staut unvergolten, so sol
es doch nit in vergeßen geseczet
werden, als dise fabel ußwyset.
Zuo den zyten, als ain leo in dem wald umstraiffet, syne
spys ze suochen, tratt er gar
hart in ainen stumpf, der belib im in dem fuoß, der ward im
gar ser geschwellen und
schweren, so fast, daz er nit dar uff tretten kund, und
gieng über das feld zuo ainem
hirten, hinkend uf den dryen füßen, und ward im schmaichen
mit dem schwancz und sich
gegen dem hirten güteglich erzögen. Nit dester minder
erschrak der hirt gar ser und
ward betrübet in synem gemüt, do er in also komen sach, und
warff im für, lemer und
schauff in ze stillen, daz er sicher vor im wäre. Aber der
leo achtet kains eßens,
er begeret nit wann hilff, und legt synen kranken fuoß in
die schouß des hirten. Als aber
der hirt die wunden an dem fuoß des löwen sach und die
großen geschwulst, merket er
des löwen begeren, und nam ain scharpfe sülen oder al und
öffnet im den fuoß gar
sittlichen. Als aber die geschwulst uff getan ward, do
schlich der dorn mit dem aiter uß
dem schaden. Der leo enpfand von stund an beßerung und ze
widergelt der guothait
leket er dem hirten syne hend, und seczet sich an syne syten
und enpfieng wider ains
tails syne krefft und gieng gesund von dem hirten.
In kurczen zyten darnach ward der leo gefangen, ze bruchen
in ainem fröden spil, dar inn
die fraidigen man mit den fraissamen wilden tieren fechtent.
Und von geschicht ward der
hirt uff die selben zyt ouch gefangen umb syn mistuon, da
mit er daz leben hett
verwürket, und ward verurtailet zuo söllichem tod, daz man
in den fraissamen tieren
sölte für werffen in zefreßen. Der hirt ward gefüret und
gelaßen under die tier. Als bald
kam der leo ungestümglich wider den hirten, und sobald er in
ersach gieng er sitlich,
uncz daz er zuo im kam. Und so bald er in recht besach
kennet er in und huob uff syne
ougen und das angesicht und löwet über lut gegen dem volck
und sprang hin und her
gegen dem volk und erzögt sich frölich und saß zuo dem
hirten und gebarat, als ob er im
bedüten wölte haim ze gaun und wölt nit von im gaun, sonder
belib er by im, als ob er
syn hüten wölte. Und als der hirt merket, daz der leo nun by
im syn wolt, arkwonet er,
wie das der leo wäre, den er vor zyten in dem wald hette
erkennet, dem er syn
geschwulst hette geöffnet und ouch gehailet. Man hette den
löwen von dem hirten gaun
laßen, aber er wolt by im belyben, in ze schirmen. Do das
volck das ersach, wurden sie
dar ab wundern und fragten den hirten, wie das keme, daz in
der leo so lieb hette. Do er
dem volk die ursach öffnet, legten sie große gebett an den
obern gewalt umb genad dem
hirten ze erwerben. Also ward der hirt erbetten und baid
ledig gelaßen, der leo in den
wald und der hirt in syn hus.
Uß dem söllen alle menschen lernen, daz sye dankbar syent
umb enpfanges guot.
Die II. fabel von dem löwen und dem pferd
Kainer berüme sich der künst, die er nit kan, oder er würt
geschent. Wie dise fabel ußwyset.
Ain starker leo sach ain pferd grasen uff ainem wismad, der
gedacht, wie er sich klüglich
zuo im genächen möchte, daz er es fienge und fräße. Er
schlich still hin zuo in früntlicher
gestalt, und erzaiget sich ain arczet und guoten gesellen.
Aber daz pferd mercket synen
böslist und ließ in doch in guotem gelouben und gedacht, wie
er dem list ain weg fünde,
damit er des löwen mainung möchte widerstaun. Und er dacht
sölichen list wider den
löwen. Er krümet ainen schenkel, als ob im fast wee an dem
hindern fuoß wäre,
und sprach: O bruoder leo, ich han in ainen doren gedretten!
So du dann ain arczet bist,
fröw ich mich dyner zuokunfft, und bit dich, du wöllest mir
helffen. Der leo gieng gütiglich
hinden zuo dem pferd und glyßnet früntschafft und verbarg
syn böslist. Und als er hinden
zuo dem schaden senhen wolt, schluog das pferd den löwen an
syn stirnen, daz er für
tod hin fiele, und floch von dannen so bald es mocht. Der
leo lag lang unmügend, als ob
er tod wäre. Und als er wider zuo im selb kam, sach er daz
pferde nit me und enpfand,
das im syn kopff und das gancz angesicht was zerschlagen,
und sprach: O wie rechten
lon hab ich um min unwißenhait enpfangen. Ich kam
senftmütiglich geschlichen und
erzöget mich gütiglich gegen dem pferd und wolt mich ainen
triegenden arczet erzögen
und hab erczny nie gelernet; mir beschicht recht. Wann wär
ich komen als ain fynd,
so wäre mir gelungen und der schmach und schade nit
beschenhen.
Darumb belybe ain ieder mensch, das er ist, und vermyde
liegen.
Die III. fabel von dem hengst und dem esel
Von verkerung der zyt und des glükrads hör dise fabel und
lerne, daz die säligen und
gewaltigen den armen nit söllen schmach erzögen noch unrecht
tuon, sonder sollent sie
bedenken, wie daz gelück sinbel ist und sich bald verkeret.
Als die fabel bewyset.
Ain schöner hengst mit güldim sattel und zom, ouch
köstlicher roßdekin über wol gezieret
begegnet ainem müden wolgeladenen esel an ainer engen
strauß. Der müde fast gelader
esel kund dem hengst vor müdy und schwäre bürdy nit bald uß
dem weg entwychen.
Darumb sprach der hengst zuo im: O wie fast enthalt ich mich
selber, daz ich dich nicht
in dynen buch schlache, das du mir, dynen herren, nicht
entwychest und still stest,
uncz ich für dich kome. Der esel erschrak gancz sere von
synem tröwen und großen
übermuot, und ersüfczet und rüffet die gött an, und gieng
fürsich. Nicht in langer zyt
darnach ward der hengst geritten zehart von überigem fast
louffen und hett fürbas böse
pfleg und ward fast mager und dürr. Do ließ in der herr in
das dorff geben, mist uff die
äcker ze füren. Also legt man im an daz ziechgeschirr und
legt im große arbait uff, so vil,
das er fast ellende ward. Uff ain zyt graset der esel uff
ainer waid, und sicht den hengst
ellenden und unsäligen dort her ziehen. Er kennet in und
sprach im also zuo: O du
ellender, waurzuo ist dir dyn köstliche kleidung nücz
gewesen? wan sind dyne köstliche
sattel und zom, wau ist die guot gestalt dynes lybes, wau
ist din hochfertige truczlikait
gegen mir müden esel? Du muost nun belyben in unserem puren
orden, dir ist dyn
übermuot gar vergangen und würdst nun von den armen
verspottet.
Dise fabel warnet die mechtigen, daz sie die armen nit
verschmächen zu den zyten,
so sie in gelüklichem staut und wesen synt, daz sie nicht
verspottet werden, wa daz
gelükrad umbschlüge.
Die IV. fabel von den tieren und den vögeln
Von den wankelmütigen und zwifachen zungen seczet Esopus ain
söliche fabel,
daruß man merket: Welcher sich zwayen herren wil
verpflichten, der würt von baiden
tailen undank erlangen und allzyt in arkwon leben und sich
selb in schulde bringen.
Die fierfüßten tier hetten gar ain großen stryt mit den
vogeln, so groß, daz kain tail dem
andern wychen wolt. Sie stritten krefftiglich und lang und
ruowten ie ain zyt, und giengen
dann wider an den stryt. Als aber die fledermus den großen
huffen der tier merket und
der sigg sich gegen inen erzöget, besorget sie mangerlay
großes ungefelles und wich von
den vogeln und kam zuo den tieren, als zuo dienen, die den
sigg hetten erfochten.
Gechlingen kam der mächtig stark adler mit strytharer hand
in kraft des strytwarn
gottes, Mars gehaißen, und erschüttet syn gefider, mischet
sich under die vogel und facht
so ritterlich, das die tier in flucht wurden gewendet und
die vogel sighafft.
Darnach wurden sie gancz wider gericht und guoter fride
zwischen inen gemachet.
Doch ward die fledermus hoch und schwär von den vogeln
angezogen, daz sy von inen
gewichen was zuo den tieren, und ward mit gemainer urtail
aller vogel erkennet, daz sie
alle zyt die helly fliehen sölte, und daz ir alle iere
federn ußgerouffet wurden, und naket
by der nacht flüge, ze erzögen, daz aller ander, die iere
fründ verlaßent und by den
fremden hilf suochent, also söllent gestrauffet werden.
Die V. fabel von der nachtgallen und dem habich
Welche andern fyntschafft tragen und inen heßlichen nauch
stellen, die bedürfen, daz sie
sich selber ouch besorgen, daz iere bosbait nit fürkomen
werde. Als hie beschenhen ist.
Ain habeh saß in ainer nachtgallen nest, und beschowet daz
wetter und fand allda junge
nachtgallen. Ze band kam die alt und bat den habeh, daz er
iere iunge wölt sichern.
Antwürt der habeh: Ich will tuon was du wilt, wann du mir
fast wol singest. Wie wol nun
der nachtgallen hercz vor sorg und angst umb iere kind sehr
betrübet was uncz in den
tod, doch zwang sie die lieby ierer kind zesingen. Do sprach
der habch: Du hast nit wol
gesungen, und nam aines von den jungen, und fieng an ze
eßen. In dem kam ain fogler
zwerchs wegs gegangen und loket mit dem pfyfflin und raiczet
mit der wiken und steket
die klebrütlin, deren ains nam der habeh und verwikelt sich
darinn, daz er da mit zuo der
erden fiele; und wie wol er die andern hett geschediget, so
was er doch nicht so behuot,
er wurde selber ouch gefangen.
Wann welcher hüt und maint, er habe wol gehüt, so würt der
büter offt gefangen.
Die VI. fabel von dem fuchs und dem wolff
Das gelükrad hilfft den guoten und den bösen, und den es
iecz hilflich ist, die durchächtet
es dann und würt in häßig, und beschicht offt, das die
nydigen und bösfätigen in ierer
aigen boshait werden gekestiget, und das rößlin schlecht
synen aignen herren. Wider die
hat Esopus ain sölliche fabel gestellet.
Ain wolff samlet ainen roub in synen buw und truog vil spys
dar yn, daz er ettlich monet
in wollust leben möchte. Do das der fuchs erkennet, ward er
ettwas nydig, darumb das er
nit ouch hette, und bedacht listiglich die ze bekomen und
gieng für syn wonung nach der
spys gedenkend und sprach zuo dem wolff: O bruoder, so ich
dich so lang nit gesenhen
han, und wir so lang nit mit ainander gewandelt haben über
daz feld, so bin ich billich in
sorgen und trurig umb dich gewesen. Der wolff erkennet den
list und nyd des fuchses
umb die spys, und sprach do mit söllichen worten zuo im: Du
komst nit zuo mir, darumb
das du engstlich oder flyßig von mynen wegen syest, wann ich
waiß, daz du untruw
pfligest; darum gee dyn strauß, du findest hie nit, das du
woltest. Von disen worten
erzürnet sich der fuchs und gieng zuo dem hirten und gedacht
ain list, die spys von dem
wolff ze bringen, und sprach zuo im: Sagst du mir dank, so
zaig ich dir den fynd dyner
herd, und wil dir in antwürtten zuo dynen handen, das du
fürbas nicht bedarfft in sorgen
staun. Der hirt antwürt: Das wil ich umb dich verdienen, und
gib dir, was du begerest.
Do zöget er dem hirtten den wolff in synem hol verborgen;
den erstach der hirt mit syner
lanczen. Also besaß der fuchs des wolffes spys allain und
füllet sich damit.
Aber schädlichen leben ist unwirdig, wann bald dar nach ward
der fuchs ouch gezöget
und kam ain iäger mit synen hunden an in, die zerrißent in
gar. Do sprach er: O wie übel
hab ich gethan an dem wolff, den ich also verratten han. Es
ist die gottes urtail, daz mir
beschehe nach dem, als ich verwürket han.
Darumb söllent sich die menschen hüten, daz sie nieman
leczen, wöllent sy nicht geleczet
werden.
Die VII. fabel von dem hirs und dem jäger
Gar offt beschicht, daz gelobet würt das ze schelten ist,
und gescholten das ze loben wäre.
Als dise fabel uß wyset.
Ains mals kam ain stolczer hirs über ainen silbern claren
lutern brunnen, daruß ze
trinken. Und als er sich nieder tett, ersach er syne schöne,
große horen und lobet die
über fast, aber syne klaine bain mißfiellent im größlich,
und schalt dieselben. Und die wyl
er die ding also ob dem brunnen betrachtet, so hört er des
jägers stimm, und syne hund
luts louffen und ylens jagen. Der hirs ward fliehen und
truogen in syne bain krefftiglich
über die haiden von den hunden uncz an ainen wald, der was
so eng von gehülz, daz er
mit dem braiten gebürn dardurch nit komen mocht. Also ward
er von den hunden
erloffen und gefangen. Do er aber den tod vor im sach,
sprach er: Ich hab gescholten,
das mich vor mynen fynden hat beschirmet, und gelobet, das
mich in den tod
gegeben hat.
Darum söllen wir bedenken, was uns guot sy, daz wir das
loben und das üppig schelten.
Die VIII. fabel von der frowen und ierem toten man
Küsch ist dise frow, die von nieman gebetten und ernstlich
angestrenget würt.
Darvon der maister dicz büchlis ain sölliche fabel seczet.
Ain man und syn wyb hettent ainander über lieb, und füget
sich, daz der man starb,
darumb syn wyb so laidig ward, daz sie von dem grab ieres
lieben mannes nümer me
komen wolt, sonder mit truren, laid und klagen iere übrigen
tag des lebens by im und
synem grab vertryben. In kurcz darnach beschach, daz ain
dieb durch das recht zuo dem
tod ward verurtailet, an das krücz ze henken. Den gehenkten
ze behütten ward ain ritter
geseczet von dem künig, daz er von synen fründen nit ab dem
krücz gestolen und hin
getragen würde. Und die wyl der ritter also hütet, ward in
über ser dürsten und bedacht
sich, wa hin er sölte, und er höret die frowen klagen by dem
grab ieres lieben mannes,
und sach das füwer. Dar durch er bewegt ward, da hin ze gaun
den durst leschen.
Er kam da hin und bat die frowen umb ain wenig waßers; sie
gab im, er trank,
und tröstet er die trurigen frowen mit senfften
schmaichenden worten und schied wider
hinweg an syn huot. Aber er belib nit lang, sonder kam er
wider zuo der frowen, von der
sein hercz entzünt was, und sprach ir zuo umb ieren gunst ze
erwerben, und gieng dann
wider an syn huot. Daz beschach so offt, das im der dieb von
dem krücz ward gestolen.
Er ward über laidig und billich, wann im by dem houpt von
dem künig befolhen was,
den dieb ze bewaren, und klaget es der frowen bittend umb
ieren trüwen raut. Die frow
sprach: Gehab dich wol, ich hab ainen weg funden, durch den
du von truren wurdst
erlediget. Wir wellen mynen man an syn stat henken. Da mit
öffnet sie das grab und nam
den man dar uß und band im den strik umb synen hals und gab
in dem ritter an daz
crücz für den verlornen dieb ze henken. Do sprach der
ritter: O frow, unser fund ist nit
guot, wann der dieb was glaczot. Wann man dann den harigen
sähe, so würd unser list
gemerket. Do sprach die frow: Dem kan ich wol tuon, und ze
hand rouffet sie im uß syn
har mit den henden und mit dem mund, und machet in kal, als
der dieb was. Do nam in
der ritter und henket in das krücz. Umb die underdienst
gegenainander verbunden sie
sich selber zuo früntschafft des gemahel bettes, und ward
die nüw früntschaft für die alte
erwelet, die nun gancz verloschen was. Und fiel die küsch
frow umb klaine bewegnüß des
bitters in zwifach übel.
Dar uß merk klaine trüw und stätikait der frowen, wa sie
hart an gestrenget werdent,
und machent den lebenden angst und sorg, und pyn den toten.
Die IX. fabel von ainer bulerin und ainem jüngling
Von den unküschen buolerin seczet Esopus ain söliche fabel,
wann die verschampten frowen
kestigent die mann durch iere list und geschydikait.
Ain böslistige buolerin, nach dem als sie mangem hette
gewillfaget, fand ainen jüngling,
den sie offter kestiget und raiczet, wann die andern, zuo
ierer lieby umb die gab.
Er erzöget sich ouch lychtfertigen gegen ir und willfagend
um den gebruch.
Ainsmals sprach sie zuo im schmaichend: Allerliebster, daz
du myn trüw gegen dir
erkennen mügest, so wiß, daz vil man umb mich werbent, und
erbietent sich großer gab,
aber du liebest mir für menglich in mynem herczen, und ich
bin dyn allain, darumb das
du myn syest. Der jüngling was yngedenk, wie offt sie in vor
het gelaichet, und antwürt
ir doch senftmütiglich und sprach: Myn hercz lieb, myn
morgen sehyn, du bist mir ouch
lieb, nit darum, daz ich gedenke, du haltest dyne trüw an
mir, sonder umb das du mir
früntlich bist und lustig, und hegere dyn ze syn, das du myn
syest.
Also bezalten sy ainander baidenthalb mit worten und
gestiffter lieby, doch werdent die
ainfältigen offt mit sölichen worten hin an gefüret.
Die X. fabel von dem vatter und ungeraten sun
Die jungen sol man zämen, die alten mügen hart gezämet
werden.
Ain husvatter hett ainen verwilten und verlaßen sun, der
alle zyt in der hurr lag und
nümer ze hus kam. Darumb der herr in zorn bewegt ward, so
vil daz er syne knecht
darumb schlachen ließe. Und saget inen ain fabel, dar durch
sie merken mochten,
was syn will wäre des suns halb und der knecht.
Ains mals was ain puwr, der band zesamen under ain ioch
ainen ochsen und ain kalb.
Das kalb gumpet, stieß und schluog so vil und lang, daz es
das ioch von im warf. Do aber
das kalb den ochsen so hart stieße, sprach der puwr zno dem
ochsen: Ich hab üch baid
nit darum ze samen getan, daz ir arbaiten söllen, sonder
will ich den jungen mit dir
zämen, wann so bald er mit synen füßen oder hornen iemand
leczet, so sol er mit stainen
und steken geschlagen und geworffen werden, daz er krank
würt.
Da mit leret er die knecht, wie sie den sun ziehen solten,
darumb er inen von im bevolhen wäre.
Die XI. fabel von ainem bösen und bösern
Von zweyen bösen seczet der maister ain sölliche fabel, dar
uß man merket, daz ain
böser den andern nit leczet, noch ain ungerechter den andern
nit gedenkt ze truken,
und ain fuchs den andern nit byßet, und hertes an bertem nit
klebet.
Ain hungrige nater kam in ain schmitten iere spys suochend,
und fand ain fylen,
und fieng sie an ze nagen. Do des die fyl enpfand, sprach
sie zuo der nater: O du törin,
was tuost du nit anders, wann daz du dyne zend verderben
wilt. Waist du nit, daz ich die
bin, die alles ysen abnagt, und du wilt mich nagen? und was
ruch ist und uneben,
das glette ich, was ekot ist, das beschnid ich. Darumb krecz
dich nicht mit kainer kaczen.
Die XII. fabel von den wolffen, schauffen nnd hunden
Es ist schädlich, daz iemand synen pfleger und beschirmer
über gebe. Von demselben seczet
der maister ain fabel.
Die schauff und die wolff fürten ainen schweren krieg under
ainander, und wolt kain tail
dem andern wychen, doch warent der schauff gar vil und
hetten ze hilf die hund und die
wider, und bezaiget sich der krieg in söllicher gestalt, daz
der sigg by den schauffen syn
würde. Dar umb sandten die wolff iere botschafft zu den
schauffen, frids und ainikait
begerende. Der frid war getroffen und by hohen aiden von
baiden parthyen geschworen,
doch mit dem geding, daz die liebsten fründ solten gysel
geseczet werden. Also seczten
die ainfältigen schauff den wolffen iere hund ze gysel, von
denen sie solten beschirmet
werden, und die wolff sacztent den schauffen iere iungen
welffen, und ward der frid also
getroffen und mit aiden bestätiget. Bald darnach, do der
frid kurcz hett geweret,
wurden die iungen wölflin gynen und hülen. Do daz die alten
wolff erhorten, mainten sie,
die schauff tetten in etwas laides, und wurden gesamnot
komen mit gewalt,
und schuldigten die schauff, si hetten den frid gebrochen an
ieren kinden, und zerrißen und
fraßen die schauff on widerstand, wann sy hettent iere hilf
und beschirmer von inen gegeben.
Dar umb behalt dyn fründ.
Die XIII. fabel von dem man und der akst
Welcher synem fynd hilff und raut bewiset, der schaft nit
mer, wann daz er nach synem
aignen tod stellet. Als dise fabel bedütet.
Ain man hett im ain akst laßen machen, und truog die in den
walt und begeret von den
bömen, daz sie im ainen starken stil dar yn gebent. Sie
wurden ze raut gemainglich,
daz im der ölboum ain stil geben sölte, wann er der zehest
wäre. Er nam den stil und
beraitet die akst und fieng an ab zehouwen alle esst und dar
nach die boum, wie groß sie
waren, uncz uff den bodem. Do sprach die aich zuo der
aschen: Uns beschicht recht,
und ist billich, daz wir die unfäld lyden, darumb daz wir
unserm fynd hilf und raut uff
unsern tod blintlich getan haben, den stil in syn akst ze
geben.
Dar umb sol sich ain ieglich man fürbetrachten, wa in syn
fynd umb hilff bittet.
Die XIV. fabel von dem wolff und dem hund
Dise fabel bezöuget, wie süß und lustig sie in fryhait und
aigen willen leben menglichen
unverbunden. Als by dem wolff und dem hund ist ze merken.
Die kamen in ainen wald zesamen, und sprach der wolff zuo
dem hund: Myn bruoder,
wie kumpts, daz du so faist und so glatt bist über dynen
walg? Antwürt im der hund:
Das kompt dar vоn, das ich hüter des huses bin, wider die
dieb und mörder, deren getaur
kainer ainen tritt dem hus genachen. Und so bald ich ainen
dieb melde, so gibt man mir
brottes genuog, der herr gibt mir die bain von dem flaisch,
des gelychen die andern.
So hat mich alles gesind lieb und werffen mir für alles, das
inen über belybt, und was
ainem iedem wider stat, daz würt mir gebotten. Also würt mir
myn buch gefüllet und der
walg geschliffen. Ich lig under dem obedach, mir gebricht
nit waßers, und lebe allzyt in
ruowen arbait. Der wolf sprach: O bruoder, wie guot ist dyn
leben, wie gern wölt ich daz
mir sölichs leben widerfaren möchte, daz ich mit müssig gaun
wol gesettet würde guoter
spys und underm obedach frölich lebte. Do sprach der hund:
Wilt du dann, daz dir wol
beschehe, so kom mit mir, du bedarfft uf niemand kain sorg
haben. Sie giengen mit
ainander, und an dem hin gaun ersach der wolff, wie der hund
umb den hals mit dem
hunds band geseret was. Und sprach zuo im: War von bist du
also umb dynen hals
beschaben und gefrettet? Der hund antwürt: Daz ist dar umb,
daz ich fraidig bin.
Darumb würd ich des tages an ain ketten gelegt, und in der
nacht bin ich ledig und louff
in dem hus umb, wa ich will, und lig ouch an der stat, die
mir gefüllig ist. Dar wider
sprach der wolff: Mir ist nit not ze erlangen, daz du mir so
hoch gelobet hast. Ich will in
fryem leben beliben gegen alle dem, das mir begegnet, ich
will über daz feld wandern,
nach mynem willen, mich sol kain ketten binden, mich sol
nichcz irren. Mir söllen die
straßen des feldes offen syn und die wild weg der berg. Ich
will nit in sorgen stan, ich bin
doch der, dem die herd am ersten ze versuochen würt; so kan
ich die hund listiglichen
laichen. Darumb belyb du in dynem leben, des du gewonet
hast, wann ich will in mynem
belyben.
Die XV. fabel von henden, füßen und dem buch
Welcher syn fründ törlich über gyt, der betrügt sich selber,
wann niemand ist on fründ für
ichte ze schäczen, in maß wie die gelid des menschen, von
denen man sagt, wie die hend
und füß dem buch geheßig wurden und woltent im kain spys me
reichen, umb daz er
selber nit wolt arbaiten und doch allzyt vol syn und müßig
siczen. In dem nyd wolten sie
ouch nit arbaiten, und gaben dem buch ettlich wenig tag kain
spys. Als aber der buch
fasten muost, fiengent hend und füß mit den andern geliden
ouch an ze blöden. Als sie
daz merkten, wolten sie dem buch die spys wider haben
geraichet, do wolt sie der buch
nit enpfahen, wann die weg warent verschmorret und kundten
sich vor ödy nit uff
getuon. Also mochten die gelid kain krafft von dem buch
enpfachen, wann sie hetten in
on spys gelaßen, und vergiengen mit ainander, wann sie
hettent iere gemaine
früntschafft von ainander gezogen.
Darumb leret diese fabel, trüw ze behalten under den
fründen, ouch in ainer jeden
gamainsamy der eehalten und der herschafft und in anderm
stäten, so belybt es in wesen.
Die XVI. fabel von dem affen und dem fuchs
Von den rychen und den armen würt ain söliche fabel
geseczet.
Ain aff bat ainen fuchs, daz er im ain wenig gäbe von synem
schwancz, daz er syn
schantliche blößy des hindern tailes da mit möchte bedeken.
Und sprach zuo im: Dir ist
doch so ain schwärer langer schwancz zuo nichte nücz, du
must in doch uff der erde nach
dir ziehen, und das übrig das dich beschwärt, wäre mir
nüczlich und gnuog, myne scham
ze bedeken. Antwürt im der fuchs: Du sagst von schwäri und
größy mynes schwanczes.
Er ist lycht und klain, und ee ich wölte, daz du zierlicher
wurdest von mynem schwancz,
so wölt ich lieber, daz er so vil lenger und größer wurde,
das ich in über das feld durch
felsen, dorn und das kaut ziehen müste.
Du rycher und gytiger mensch solt dise fabel merken, daz du
miltiglichen mit den armen
tailest, weß dir ze vil ist, und nit als der fuchs nydig und
karg syest.
Die XVII. fabel von dem kramer und dem esel
Vil werden nach dem tode gekestiget, darumb sol im nieman
selb den tod wünschen,
darumb daz er maine nach dem tod sicher syn, als dise fabel
bewyset.
Ain kouffmann fuor über land mit ainem esel, den er ser het
über laden. Den schluog er
hart mit gaiseln und steken, wann er ylet uff ainen
jarmarkt, do er hoffet groß ze
gewinnen.Umb die große arbeit wonschet der esel des todes.
In kurcz darnach starb der
esel von großen schlegen und arbait, und als der esel
vermainet nun fürbas ruo söllen
haben, do ward im syn hut ab gczogen und ze siben und böken
gemachet, und vil mer
geschlagen wann vor.
Darum soll ain jeder mensch syn bürdy gedultiglichen tragen,
das im itt ain schwärer
werde uff gelegt.
Die XVIII. fabel von dem hirs und den ochsen
Die fliehenden stand nit in ir selbs gewalt, sonder sint sie
in sorgen und müsendt von dem
gelük behalten werden. Als dise fabel bewyset.
Ain hirs ward über fast genötiget von den hunden und dem
jäger, so vil, daz er in ain
dorff fliehen muoß in ain rinder stal zuo den ochsen. Denen
sagt er, warumb er zuo inen
wäre geflohen. Do sprach ain ochs zuo im: O du armer, warumb
bist du her zuo dynem
tod geflohen? du wärest sicherer in dem wald beliben oder
über land hin geloffen,
wann das du her zuo uns flöhest. Der hirs sprach hin wider
bittende: Beschirmend und
behaltend mich nun iecz ain wyl; so bald es spat würt, will
ich wol sicher hin weg komen.
Mit disen worten barg er sich under das höw. Als aber die
vichknecht den ochsen woltent
strow, höw, loub und ander fuoter geben, do sach ieren
kainer den hirsch. Ouch kainer
der andern knecht sach in; do ward der hirs erfröwet und
danket den ochsen, daz sie in
also hetten behalten. In dem komt der her und beschawet
alles wesen des hofes.
Do sprach der ochs zuo dem hirs: Wann dich der nit sieht,
der hundert ougen hat,
so wellen wir dich wol behalten; wann er dich aber senhen
würt, so nimpt er dir bald daz
leben. Zehand gieng der herr zuo den krippen und beschowet
sie, wann er hett die
vordern tag gesenhen den unflyß der knecht, darum das vich
mager was. Als er aber die
krippen ler sach, und daz fuoter ferr stuond, ward er zornig
über die vichknecht und nam
das fuoter selber, dem vich für ze legen, und ersach die
horen des hirschen übersieh
reken und sprach: Was ist das? und berüfft die vichknecht.
Fraget von wannen der hirs
käme. Sie sprachen, das nit wißen. Wie ist er aber her
komen? sprach der herr.
Sie antwürten, inen wäre das by ieren aiden unwißend. Der
herr der fröwet sich ab dem
hirs und wondert in, daz niemand hernach kam in ze suochen.
Er nam den hirs,
erwürket in und lebet in fröden ettlich zyt mit synen
fründen und dienern.
Dise fabel bezaiget, daz ain ieglicher mensch im ellend und
an der fremdy unsicher lebt,
und das gelück muoß sie behalten; und mer, daz ain ieder
herr selb zuo synem ding sol luogen,
will er, daz syn vich faißt werde.
nach
oben
|