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Der Edelstein LXI.-LXXX.
 

Der Edelstein XLI.-LX.
 
Von einer fliegen und einer ambeissen
Von einer ambeis und einem hoestuiffen
Von einer muse und von iren kinden
Von tieren und dem gefuigel

Von einer wisel die wart gevangen
Von einem froes und einem ochsen
Von einem loewen und einem hirten
Von dem ritten und von der flo
Von dem habek und der kra
Von einem loewen und von einem rosse
Von einem rosse und von einem esel
Von einem man und sinem sune und einem esel
Von einem beschinten esel
Von einer nachtegal und einem sperwer
Von einem wolfe und einem fuchse
Von einem hirz und einem jeger
Von einer frouwen und einem diebe
Von drien witwen roemerin
Von einem hunde und einem wolfe
Von dem magen, den henden und fuessen

 

XLI.
Von einer fliegen und einer ambeissen
Von scheltworten

Ein krieg hůp sich in einer zit
Von worten, und ein herter strit.
Ein flieg ein ambeissen ersach,
Vil schalklich si do zůzir sprach:
"Gang hin, du arme creatur!
Din leben wirt dir. gar ze sur.
Du vichtes frů und spate,
Wie dich got berate
Der swachen spise so du lebst,
Dur die du zallen ziten strebst,
Als in dem siln der esel tut.
Verdrossen ist alweg din můt;
Du růwest weder nacht noch tag.
Da von sich nicht gelichen mag
Din swaches leben und das min.
Ich bin stolz, edel unde vin.
Uf der erden můst du gan;
So fluig ich uf. Wen sicht mich stan
Mit wollust uf des kuinges tisch.
Es si das fleisch oder der visch,
Das is ich ab dem teller sin.
Dar zů so trink ich klaren win
Us silber und us golde rot;
So wirt dir wasser kum mit not.
So wirt dir wasser kum mit not.
Alle wunne ist mir bereit.
Uf ir houbt mich dui kuingin treit;
So bist du in dem huffen din,
Und norest recht alsam ein swin.
Mit pfellor ist min stůl bereit;
Din hus mit dornen ist bekleit.
An wunne, an weide bin ich rich,
Din leben ist minem ungelich."

Do dise wort du flieg gesprach,
Dui ambeis grimeklich uf sach,
Und sprach: "Swig, da verschamtes tier!
Wie getarst du dich gelichen mir?
Unscbuldig ist das leben min,
Boes und vergiftet ist das din.
Mir ist in minem huffen bas,
Den dir in des kuinges palas.
Din fliegen ist unrůwen vol;
In miner armůt ist mir wol.
Wie vil du hast, das ist dir ze klein;
Wie klein ich hab, das ist gemein
Mir und den gespilen min.
Was du solt han, das ist nicht din,
Du můst es rouben oder stielen;
Min spis wil ich vor nieman helen.
Des minen menlich mir wol gan;
Dich hassent frouwen unde man.
Nicht wan ze schaden bist du gůt,
Du trübest manges menschen můt,
Du swechest alles, das din munt
Anrůrt; da von kunt dik dui stunt,
Das man dich mit dem wadel slat,
So man mich ungeslagen lat;
Wan ich tůn niemane kein leit
Du bist vol aller bosheit."
***
Dis bischaft sol sin den geseit,
Die herte wort mit hertekeit
Der worten wellent gelten.
Es hebt sich dik ein schelte
Von kleinen worten. Wer das tut
Der hat nicht senftes menschen můt;
Wer nicht wil wissen wer er si,
Der schelt siner nachgeburen dri,
So wirt es im vil schier erkant;
Den gelouben gebents im in dui hant.
Ein senftes antwurt stillet zorn;
Von zorn gros fruintschaft wirt verlorn.
Zorn ist aller suinden tuir;
Wer die besluist, so gant har fuir
Dui tugende mit ir senftikeit.
Ein hertes wort das ander treit.
Ein selde fůgt der ander wol;
Ein unselde dui ändern riten sol.

XLII.
Von einer ambeis und einem hoestuiffen
Von erbeit und von můssekeit

Wen spricht ein wort, und dunkt ouch mich:
W e r  s i c h  w a r n e t  d e r  w e r e t  s i c h;
Wen er ze sinen tagen kunt,
Hat er den gůt, das ist im gesunt.

Daran gedacht ein ambeis wol;
Si schikte,* das ir hus wart vol.
Als balde do der sumer kan,
Vil vast si erebeiten began.
Ir gebein nie růwe enpfieng,
Wan das si frue und spate gieng
Werben umb ir libes nar.
Si sprach: "Da kunt ein winter har,
So man nicht vil wol werken mag.
Vil licht kunt etswen ouch der tag;
Der uit gehielt, der funde es wol.
Der wise sich fuir sechen sol
An spise. Das git im hochen můt,
Und ist ouch für den hunger gůt."
Dui ambeis erbeit unde lief,
Dui langen zit si wening slief
Des sumers; wan si wiste wol,
Wer nicht erbeitet, so er sol
Werben um dui spise sin,
Das der můs liden grossen pin.
Dui ambeis ir hus wol versach.
Si zoch sich in an ihr gemach*
Mit ir gespilen uf die zit,
So rifen vallent unde snit.
Do kam ein hoestuiffel gerant,
Der uf dem velde nicht me vant
Siner spise. Er was in not,
Er muest von hunger ligen tot.
Er kam gestossen an dui tuir;
Dui ambeisse trat bald har fir.
Si sprach: "Her, was ist uiwer not?"
Er sprach: "Ich bin nach hungers tot.
Dar zů der rife und ouch der sne,
Die tůnt mir beide harte we.
Teil mit mir dui spise din,
Oder ich můs verdorben sin."
Dui ambeis antwurt, unde sprach
Mit grossen zuichten, do si sach
Den hosetuiffel in grossem kumer,
Der ir gespottet hat den sumer,
Und ir gros unrůwe hat gemacht,
Do si ser um ir spise vacht:
"Jungher, ir suilt da usse sin;
Uich wirdet nicht der spise min.
Ir sprungent vast und flůgent hoch,
Do ich mit erbeiten in zoch
Dui spis, die ichnu nissen sol.
W e r  w o l  t ů t  d e r  v i n t  o u c h  w o l.
Ir můst an spise hinnan gan;
Des ich mich wol verwegen han."
Sus kam der hoestuiffel in not;
Ich wenne er můst geligen tot.

*
si schikte: sie sorgte dafür.
*
an ir gemach: gemächlicher Ruhe.

Wer dur den sumer slafen wil,
Und den kunt uf des winters zil,
Durst und hunger můs er han;
Vil kum er es gebessern kan.
Wer muessig gat in siner jugent,
Noch stelt uf ere noch uf tugent,
Wel wunder uib dem missegat,
Wen er vor alter nicht vervat.*
Die wil das isen hitz ist vol,
Vil bald man es den smiden sol.
Die wil der schoene summer wert,
Sol man gewinnen des man gert.
Die wil der junge krefte hat
So werb um gůt: das ist min rat.

*
nicht vervat: unfähig wird.

XLIII.
Von einer muse und von iren kinden
Von den bieggerren

Es ist von gůti der natur,
Das meistig alle creatur
Mit flisse minnent irui kint,
Die von ir lip geboren sint;
Eine minr, dui ander me;
Ir kinden schaden tůt in we.

Ein mus mit grossem flisse zoch
Ir kint, alsam ein můter noch
Ir kinden tůt. Do das zit kan,
Das si sold um ir spise gan,
Si sprach: "Nu hoerent, mine kint!
Wel fruinde oder vigent sint,
Das mugent ir nicht wissen wol.
Das lant ist alles freissen vol;
Da volgent ir dem rate min,
Und lassent uiwer loufen sin,
Und belibent in dem hus."
Sus schiet von in dui alte mus,
Dui jungen loufen viengen an.
Si mochten sich mit nuit enthan;
Si liefen in, si liefen us.
Do kam ein hane in das hus
Geflogen mit den hennen sin.
Vil stolz was sines kambes schin;
Sin sporn im sufer stůnden an.
Dui muise wunderon began,
Wer der herre moechte wesen.
Si wanden vor im nicht genesen.
Nu fluchens hin, nu fluchens har.
Der han nam ir vil kleinen war.
Do das gestoes also zergieng,
Der hane zů der tuir us gieng
In den hof nach siner nang
Dui hennen zogten mit im dar.
Als bald do er kam fuir dui tuir,
Dui muise liefen bald her fuir.
Si wolden:gar an vorchte wesen,
Das si wan vor dein han genesen;
Des twang si ir tumber můt.
Do lag ein katze bi der glůt
Vil senfteklichen, unde slief.
Dui schar der muisen um si lief.
Si sachen al du katzen an;
Do was vil geislichen getan
Jr geberd und ouch ir schin.
Si gedachten, das mag gar wol sin
Ein senftes tier, klůg unde zart.
Do liefens uf der selben vart
Du jungen muise in und us.

Mit dem so kam dui alte mus
Geluffen us dem walde.
Dui jungen fluchen balde
Wider an du selben stat,
Do si dui alt gelassen hat.
Dui alt sprach: "Hant ir min gebot
Behalten?" — "Ja wir, samer got
(Sprachen dui jungen alle)!
Har kam mit grossem schalle
Ein kronter her mit sinen sporn;
Wir vorchten sere sinen zorn,
Und fluchen bald in unser hus." -
"Neina (sprach dui alte maus),
Er tůt uich nicht. Er lat uich gan;
Ir muigent vor im wol gestan".
Dui jungen sprachen aber do
(Des wart dui alte nicht vil fro):
"Wir sachen bi den fuire
Ein tierli was gehuire
Es hat gar geislichen schin.
Sin houbet uf dui fůsse sin
Hat es geneiget unde slief.
Wen unser keine zůzim lief,
Dar umb es nie geruete sich."
Dui alte sprach: "We mir, das ich
Ie wart geborn! Arme gediet,
Erkennent ir dui katzen niet?
Der groste vigent, den wir han,
Das ist dui katze. Lassent stan,
Und fliechent, als liep uich si das leben!
Ir senftes bilde kan wol geben:
Uich der gallen bitterkeit.
Fliechent ir nicht, es wirt uich leit."
***
Dis bischaft hoeret wol die an
(Es sin frouwen oder man),
Die lebent uf der erde
Also, das ir geberde
Und ir werk sint ungelich.
Wer mag vor den gehuiten sich?
Boese werk, geberde gůt
Triegent manges menschen můt.
Es gat dik der in schafes wat
Der eines wolfes herze hat,
Den an den warten nieman,
Wan an den werken erkennen kan.
Es treit mang mensch eis engels schin,
Und hat doch tuivelichen sin.
Der ist als ein besniter mist,
Der innan ful und smekent ist;
Und ist ein grap gemalet wol,
Das inwendig ist wuirmen vol.
Ein ufrecht leben, das ist gůt.
Wer sich vor suinden hat behůt,
Und wort und werk geliche sint,
Der mag wol werden gotes kint.

XLIV.
Von tieren und dem gefuigel
Von unstetikeit

Eis mals, als ich neh sagen wil,
Erhůp sich unfridens vil;
Dui tier sprachen, in wer gegeben
Dui erde, uf der si soldin leben,
Und werben um ir spise.
Recht in der selben wise
Dui erde sprachen dui vogel an;
Si soeldin luft und erde han,
Die beidi het in got gegeben.
Dar um wolden si beid ir leben
Wagen, dui vogel und dui tier.
Ein hertes urlig wart vil schier
Erhaben, wer da hette recht.
Dar kamen riter unde knecht;
Der streit ward stark, gros unde hert.
Do hettin sich vil gern erwert
Dui vogel; doch ein wank geschach*
An inen. Do das erst ersach
Ein fledermus, si lies ir schar
Und flog hin zu den tieren dar.
Si sast sich wider ir gediet,
Als ir, ir zages herz geriet.
Si floch, do man ir dorfle wol;
Des wart si billich lasters vol.*
Der adlar do gestossen kan;
Vil vast schrei er du vogel an.
Er gap in herze unde můt,
Als noch vil dik der keke tut.
Dui vogel sigten, das beschach;
Den tieren von leide ir herze brach,
Das si den aker muesten lan.
Dui fledermus geflogen kan
Wider ze der vogel schar.
Dui vogel fůren balde dar,
Und machten blos dui fledermus,
Und stiessen si vil schalklich us.
Dar zů wart ir bůs gegeben,
Das si des nachtes sold ir leben
Spisen, und ouch fliegen sol.

*
ein wank geschach an inen: sie kehrten den Feinden den Rücken.
*
wodurch sie von Rechts wegen alle Ehre verlor.

***
Der zweien herren dienet wol,
Das si es beide muessent han
Vergůt, der můs vil frů ufslan.
Wer den sineri von vorchten lat,
Wel wunder, uib dem missegat.
Wel mensche als unstete ist,
Das er durch sinen argen list
Sin fruinde lasset an der not,
Der sol von schamen werden rot.
Wer den vigenden geslat,
Und dui inren burger lat,*
Der sol billich verderben.
Und ane eren sterben:
Als dise mus hie hat getan;
Des můs si iemer blos gestan
Ane er, an rat, an wirdekeit.
Ir ist nicht vil, den das si leit.

*
Und diejenigen, die mit ihm in der Burg sind, verlässt.

XLV.
Von einer wisel die wart gevangen
Von dienste ane willen

In einem hus ein wisel gieng
Eis mals, die vil der muisen vieng.
Si kam ze jungest uf dui vart,
Das ouch si gevangen wart.
Als balde do si das ersach,
Zů dem wirte si do sprach:
"Wirt, du solt mich lassen gan,
Und solt mich billich leben lan;
Wan ich hab verdienet wol,
Das man mich nicht toeden sol.
Nim war, wie reine si din hus!
Hie louft kein ratte noch kein mus.
Wirt, du solt mir ze lone geben,
Das du mich gerne lassest leben.
Gedenk an alle min erbeit!
Ze dienste wil ich dir sin bereit."
Der wirt der sprach: "Es ist wol war,
Du hast min hus gereinet gar
Von muisen und von ratten gros,
Der mich ouch selber dik verdros.
Das tet du um dui spise din,
Und nicht dur den willen min.
Du woldest m i r nicht nuitze wesen.
Dur das d u moechtist wol genesen,
Viengt du dui muise, die vigent din
Beide waren unde min.
Dur dinen frasheit tet du das;
Dur das du moechtist desle bas
Allein essen dui spise min,
Du woldest ane gemeinder sin.
War umbe soeldist du genesen,
Sit du min vigent bist gewesen?
Du hast verhoent* min fleis, min brot;
Dar umbe must du ligen tot."
Das konde dui wisel nicht versagen,
Da von must si den zorn vertragen.
Ane willen si gedienet hat;
Si wart ertoedet uf der stat.

*
verhoent: verderbet

***
Der gůte werk ane willen tůt,
Wie mag das iemer werden gůt?
Gůt wille zieret werk und wort,
Gůt wille verdienet des lones hort.
Dui wisel hat nicht willen gůt,
Wie si gediende; wan ir můt
Was, wie si wol mocht genesen,
Und ouch ir spise sicher wesen.
Ir boeser wille verhonde das,
Das doch dem wirte nuitze was.
Gůt wille klein werk machet gros,
Gůt wille stat nicht lones blos.
Wa gůter wille ist ane spot*
Und gůte werk, die lobet got.

*
ane spot: mit aufrichtigem Herzen.

XLVI.
Von einem froes und einem ochsen
Von uibermůte

Ein froes mit sinem sune kan
Eis mals gesprungen uf den plan,
Da er ein grossen ochsen sach;
Des kam der froes in ungemach.
Er sprach: "Got her, was sol ich dir
Darumbe danken, das du mir
Hast ein als swachen lip gegeben?*
Dar zů, versmacht ist gar min leben
Vor mangem tier, die grosse sint,
Als ouch dis gegenwuirtig rint."
Der froes het gern gelichet sich
Dem ochsen; vaste blat er sich.
Do sprach sin sun: "Trut vatter min,
Es hilft nicht. La din biegen sin!
Du macht nicht wol dem wider streben,
Das din natur dir hat gegeben."
Dar umb wold er nicht abe lan,
Sin hochvart wold er fuir sich han.
Zem andern male blat er sich
Vil vast, und sprach: "Moecht ich gelich"
Dem grossen ochsen werden,
So beschach mir uf der erden
Nie so liep, uf minen eit."
Der sun sprach: "Vatter, mir ist leit,
Das du dich marterst ane not.
Ich vorcht, du werdest ligen tot.
Du macht wol komen um den lip.
Volg mir! Las ab dis herzen kip!
Trut vatter, volg dem rate min,
Und las din uippig biegen sin!"
Der alte sprach: "Es ist ein spot!
Ich tůn es nicht, so helf mir got!
Ich můs gros werden als das rint;
Des hant ere alle mine kint."
Er blate sich, unz er zerbrach.
Het er gehebt sin gůt gemach,
Licht wer im nicht also geschechen.

*
ein als swachen lip: einen so unansehnlichen Leib.

***
Wen hat es dike me gesechen,
Wer mer eren wolde,
Den er begeren solde,
Das dem vil ze wening wart.
Wer mit vergifter hochvart
Gebleget ist, das ist nicht gůt.
Uf nit, uf has so stat sin můt.
Der ob im ist, das ist im leit;
Dem undern er dur mit vertreit;
Der geliche můs han sinen has.
Im ist vil leit, mag ieman bas
Den er. Da von so were wol,
Das al sin lip wer ougen vol,
Der nidig ist; dur das er seche,*
Wa kein gůt iemane gescheche,
Da von er würde blastes vol,
Das er zerklachte (das wer wol!)
Und das gescheche in kurzer frist,
Als disem froes geschechen ist.

*
Wo irgend etwas gutes jemand widerfährt.

XLVII.
Von einem loewen und einem hirten
Von angedenkunge dienstes

Der hunger einen loewen twang,
Das er lief uf der tieren vang;
Um sine spise das geschach.
Des kam er in gros ungemach.
In sinen fůs stach in ein dorn;
Sin bein geswal, und wart ersworn
Sin fůs. Er leit gros erebeit
Von dem dorn, als man uns seit
In dem fůsse beleib der dorn,
Und tet im we. Das was im zorn.
Er kond im selber usser not
Gehelfen nicht. Der fůs was tot;
Dui andern muesten stille stan.
Er lief nicht; er mocht kume gan.
Des loewen smerze der was gros,
Des dornes in vil ser verdros.
Er wist nicht was er solde tůn,
Noch minre den ein toubes hůn.*
Wer nicht ist siech, noch siech nie wart,
Der sůche enkeinen artzat.
Doch der loewe kam in den můt,
Da er gedachte, was im gůt
Ze sinem siechtag moechte wesen,
Das er moecht an dem fůs genesen.
Wer siech ist, der gelernet wol.
Kleine, wunden nieman sol
Versmachen (secht, das ist min rat);

Wand in vil dike missegat.
Den loewen lerte sin natur
Und ouch sin wunde, die was sur,
Das er eis artzattes begert;
Des wart er vil schier gewert.
Er kam da er ein hirten vant,
Von dem der loew wart bald erkant.
Der hirt wand komen um sin leben;
Dui schaf wold er im gerne geben,
Dur das er in nicht leite tot.
Und do er was in dirre not,
Der loew gebarte senfteklich;
Des wart der hirte froeden rich.
Er zoegt dem hirten sinen fůs
Dar umbe, das im wurde bůs
Und heil an sinem fůs getan.
Der hirt geriet sich bald entstan,
Das der loewe ware wunt,
Und siech; das wart dem hirten kunt.
Den dorn er in dem fůsen sach,
Da von der loew hat ungemach.
Den zoch er us mit siner hant;
Der loew genesen was sehant
Do dui sache hin geleit,*
Sines smerzen, do wart er gemeit.
Sinen artzat er schouwen began,
Sin bild er in sin herze nam;
Und saste das in sinen můt,
Wie er vergelten mocht das gůt,
Das im der hirte hat getan.
Noch stat wol, das ein biderb man
Dur keine sache vergessen sol,
Wer im tůt uibel oder wol.
Der loewe froelich dannan gie,
Den hirt er bi den schafen lie.

*
ein toubes hůn: ein unfähiges Huhn.
*
Da die Ursache seines Schmerzes behoben war,
wurde er froh
.

Dar nach nicht lange wart gespart,
Wan das der loew gevangen wart.
In viengen roemer, als man seit.
Mit grossem schalle wart er geleit
In einen palas, der was gros.
Vil sicherlich man in beslos
Zů andern tieren freissam.
Mit der spis, die in gezam,
Alle tag spist man dui tier.
Was man in gap, das was vil schier.
Von den tieren veressen gar.
Dar nach uiber manig jar
Der selbe hirt gevangen wart,
Der den loewen hat ernart
An sinem fůsse. Der selbe man
Hat grosses schaden vil getan;
Dar umb verteilet wart sin leben.
Ze spis wart er den tieren geben,
Die solden in veressen.
Der loew hat nicht vergessen
Des gůtes, so im was beschechen.
Den man geriet er vast ansechen.
Er sach, das er der selbe was,
Der im des half, das er genas.
In todes vorchte stunt der man.
Der loewe senftekliche kan
Zůzim gegangen. Uf der stunt
Kuist er den hirt an sinen munt;
Er neig im mit dem houbte sin,
Und tet im ganzer truiwe schin,
Mit dem sweife er von im treib
Die andern tier, das er beleib
Lebent. Dis sachen roemer an,
Beide frouwen unde man.
Si wundert, was es moechte wesen,
Das der hirt ie mocht genesen.
Der hirt der seit in uf der stunt,
Wie der loewe was worden wunt,
Und wie er im den dorn us zoch.
Dar an gedacht der loewe noch.
Des loewen truiw half usser not
Dem hirten; wan er were tot
Mit rechter urteil da gewesen.
Dui roemer liessens beide genesen,
Da si das grosse wunder gesan,
Und liessens beide dannan gan.
Vil froelich do der hirte wart;
Der loew zogt ouch uf sine vart.
***
Alte truiwe die sint gut,
Si troestent manges menschen můt.
Das sol nicht verre ab herzen sin
Das verre ist ab der ougen schin.
An dienst man lang gedenken sol.
Dienst tůt getruiwen herzen wol.
Der alte fruint ist dike gůt;
Der alte vigent schaden tůt.
Wer dienstes gar vergessen wil,
Es wirt gůt rat, uib dem nicht vil
Gedienet wirt. Es ist nicht halbs.
Verlorn, das man im tůt, wan als.
Undankberi wirt niemer gut,
Si treit uf ir den laster-hůt.
Wande der loewe dankber was,
Des genos der hirte, das er genas;
Und wer er dankber nicht gewesen,
So wer sin artzat nicht genesen.

XLVIII.
Von dem ritten und von der flo
Von uibrigem gemache

Ein ritte begegent einer flo
Eis mals, do war si nicht gar fro.
Si hat ein uibel nacht gehebt,
Und hat vil herteklich gelebt;
Als was dem ritten ouch beschechen.
Beide gerieten si verjechen
Ein andren, nach dem grůs, ir not.
Dui flo sprach: "Ich bin hungers tot.
Miner spise wand ich sicher sin.
Ich sprich es uf dui truiwe min,
Her ritte, das ich dise nacht,
Nicht anders tet wan das ich vacht;
Das mich gar kleinen doch vergieng.
Ich sag dir, wie es mir ergieng.

Ze einem kloster dar kam ich
Gesprungen, da ich wande mich
Wol spisen, da mir misselang.
Uf ein hoches bette ich sprang,
Das was gebettet zarteklich
Der eptischin. Die was gar rich;
Das schein an ir geberde wol,
Aller klugkeit was si vol.
Do si des abends nider gieng,
Und sich an ir gemach enpfieng,
Vii gern ich het min spis genomen.
Si wart gewar, das ich was komen
Us der guter an den lip.
Si schrei: — Irrnendrut, belip
Nicht lange! Kum her wider in!
Mich bist neiswas. Was mag das sin?
Hast du nicht ersechen wol
Dui linlachen? Truiwe, ich sol
Dir zuirnen; das geloube mir.
Zuind bald das liecht! Las lingen dir!
Ich floch vil balde (sprach dui flo);
Das ich entran, des was ich fro.
Und do das licht erloschen wart,
Do kam ich uf der selben vart
Wider uf das bet als e.
Aber schrei dui frouwe: O we!
Wie stat es um das bette min?
Entzuind das liecht! Was mag dis sin?
Da floch ich bald. Es tet mir not;
Wer ich begriffen, ich wer tot.
Das triben si dui langen nacht;
Mir wart da nicht, was ich gevacht.
Des bin ich hungrig unde las;
Got welle, das mir bescheche bas."
Der ritte sprach: "Nu la das sin!
M i n nacht ist als boes als dui din
Gewesen, Mir ist nicht vil bas
Gesin den dir; geloub mir das.
In ein hus ich gester kan.
Ein wip ich marteron began;
Ich erschotte ir gelider
Krefteklich; do sas si nider
Bald, und sot ein starken bri,
Und as. Do stůnt ein zuiber bi
Mit wasser, des trank si genůg.
Ein buiten si har fuir do trůg.
Vol tůchen, die si solde
Weschen, und enwolde
Mir kein růwe lassen.
Si hat mich gar verwassen.*
Si růwe nie dui langen nacht;
Mit unrůwe si se re vacht.*
Si statet mir gros ungemach.
Des morgens, do der tag uf brach;
Den zuiber uf ir houbt si nan,
Und zogte zů dem bach hin dan,
Und spuelt ir tůch. Das tet mir we;
Ich mocht da nicht beliben me;
Ich bin gemartert jamerlich.
Wir suillen wechselen, das rat ich,
Unser herbrig beide,
Und morn, bi unserm eide,
Suillen wir har wider komen
Und suillen schaden unde fromen
Ein andren beide hie verjechen."
Dui flo sprach: "Das sol beschechen!"

*
verwassen: verflucht
*
Voller Unruhe lief sie immer umher.

Der ritte bald uf sin gewin
Zogte zů dem kloster hin.
Und erschuit der eptischin ir lider.
Ir jungfrouwe half ir balde nider;
Si wart gedeket harte wol.
Ir kemnate was rates vol.
Si sprach: "Min rugge und ouch min bein
Die ridwend vast. Ein ziegel- stein
Solt du mir machen balde heis;
Und wuirde mir ein sanfter sweis,
Ich moecht vil lichte wol genesen.
Ouch hab ich selbe das gelesen,
Das man dui fuesse riben sol
Mit essich und mit salze wol.
Roswasser sol man balde haben,
Da mit sol man min houbet laben;
Das zuicht us boese hitze.
Acht eben, wenne ich switze,
So nim den belz und deke mich.
La nieman in, des bit ich dich,
Das der sweis nicht erwinde.
Sag ouch dem gesinde,
Das si alweg sin bereit
Ze tůnde bald als man in seit.
Du solt ouch gewarnet sin,
Das man mit flisse huete min
An tranke und an spise.
Ein můs von einem rise
Mit mandel-milche wol bereit
Das mache; das si dir geseit.
Zuker-violet solt du dich
Warnen; das erkůlet mich,
Und mag des bas ze stůle gan.
Ein granat-epfel solt du han,
Der mir erfrische minen munt.
Ich danken dirs, wirt ich gesunt."
Des ritten wart enpflegen wol;
DuI flo was den noch hungers vol.
An du herbrig kam si hin,
Da e der ritte was gesin,
Da ir do vil gůt gemach
Von der wescherin geschach.
Si hat ir tůch getruiknet wol.
Ir hus was armůte vol;
Wirtschaft was da tuire.
Si saste sich zů dem fuire,
Und as das si do moechte han.
Dar nach si slafen began;
Uf ir strou-sak leit si sich do.
Des wart gemeit dui hungrig flo.
Du frouw lag stille unde slief;
Dui flo uf unde nider lief.
Dui spis ir nieman werte;
Si hat des si begerte
Dui langen nacht. Des morgens frů
Kamen si ze samen dů
Beide, der ritte und ouch dui flo.
Ir herbrig waren si vil fro.
Der ritte sprach: "Mir ist gar wol!
Dui eptischin mir betten sol
Atzechen wuchen oder me."
Do sprach dui flo: "Mir ist ouch nicht we
Uf dem strou-sake beschechen.
Wen sol mich disen sumer sechen
Uf dem strou-sake wesen fro."
Von einander schieden si do.
***
Wer dem siechtag losen wil,
Dem mag sin werden wol ze vil.
Wen spricht,das uiberig gemach
Gesunde luite machet swach.
Nach sinen statten wirt der man
Siech dike, als ich vernomen han.
Mit ernst dui wescherin vertreip
Den ritten, der doch lang beleip
Bi der klugen eptischin;
Des mus er iemer selig sin.

XLIX.
Von dem habek und der kra
Von dem der sinen vigent spiset

Ein habek hat genistet hoch
Uf einem boume, da er zoch
Alle jar sin jungen frucht.
Nu hatte bi der selben zucht
Nicht verre ein kra ir nest gemacht.
Da hůp sich gros gevatterschaft.
Dui kra hat not und erebeit
Um swache spis. Das was ir leit.
Kever unde wuirme,
Und ander mang geluirme
Was ir spis. Do sach si wol,
Das ir gevattern nest was vol
Gůter spise manigvalt.
Was das velt hat und der walt,
Es werin tier oder vogellin,
Das bracht der habk den kinden sin.
Do das dui trege kra ersach,
Ze ir gemacheln si do sprach:
"Hoer mich, truter bůle min!
Das wir sin trege, das ist wol schin.
Kein vogel kunnen wir gevan;
Des muessen dike wislos stan
Unser nest und unser kint.
Eis dinges hab ich mich besint,
Das unser nest wirt spise vol.
Ist das es dir gevellet wol,
Ich wil dem habk sin eiger steln,
Und brueten us (das solt du heln);
So werdent edel unser kint
Und frech als ouch dui hebke sint,
Und wirt unser geslechte gros,
Und werden niemer spise los,
Und wirt erhoechert unser můt."
Do sprach der man: "Es dünkt mich gůt."

Si stal dem habk sin eiger do;
Des wart dui kra dar nach unfro.
Der habek wart sin inne,
Und gedacht in sinem sinne:
"Als bald dui kra du eiger din
Gebruetet us, so wirt wol schin,
Das si ir selber hat bereit
Kumer, not und erebeit."
Dui kra sas uf den eigern do,
Ir gemuete stůnt vil ho.
Der habek floug hin unde har,
Der kra nam er vil eben war.
Er sprach: "Got grues dich, vetterlin;
Was ist das gewerbe din?" —
"Ich brůt min eiger (sprach du kra),
Als min geslecht tut anders wa." —
"Nu sitze stille, und bruete wol.
Wen es har fuir kunt als es sol
Das du bruetest, so wirt wol schin
Din brueten, trut gevetlerlin.
Nie wart so klein gespunnen,
Es kern etswenne ze sunnen."
Do dui kra us gebruetet hat,
Den jungen hebken uf der stat
Muesten si als vil spise geben,
Das gros unrůwe hat ir leben,
Beide das wib und ouch der man.
Dui kreien můsten erbeit han,
Wie si dui hebk gespistin wol;
Des wart ir herze sorgen vol.
Do ir gevider wart bereit,
Do hůp sich not und erebeit.
Dui kra rnocht in nicht spise geben,
Des mueste si verliern ir leben.
Dui jungen hebke griffens an;
Vil lut dui kra schrigen began,
Si schrei, das ir der walt entsprach.
Do das der alte habk ersach,
Er sprach: "Was ist dir, vetterlin?" —
"Ich hab verlorn das leben min;
Das hant mir mine kint getan,
Die ich mit not erzogen han."
Der habek sprach: "Es ist mir leit,
Ich hab dirs dike vor geseit.
Dir selber hast du dise not
Gebruetet und den grimmen tot.
Vermitten besser wer gesin.
Sus starb dui arme brueterin.
***
Es ist noch billich unde recht,
Wer erhochen wil sin geslecht
Uiber das, das es sol wesen,
Das der kume mag genesen.
Wer sinen vigent spisen wil,
Missegat dem, das ist nicht wunders vil,
Wer geret des er nicht sol han,
Der dunket mich ein touber man.*
Es vichtet manger umb das gůt,
Das im vil grossen schaden tůt.
Es bruetet manger sinen tot.
Der ochse sprach ouch: "Dise not
Hab ich mir selber nu getan,"
Do er muost vor dem wagen gan,
Und selber us fůren den mist.
Der ochsen nach vil manger ist.
Wer im selben schaden tůt
Von hochvart, das wirt niemer gůt.

*
ein touber man: ein albener Mensch.

L.
Von einem loewen und von einem rosse
Von valschem růme

Ein loewe eis mals gegangen kan
Von hungers not uf einen plan,
Und suchte sine spise;
Ouch ist er nicht unwise,
Der umb sin spis wol werben kan.
Der loewe sach ein pferit gan
Uf der wise; des wart er fro.
In sinem můte gedacht er do,
Wie er es moecht betriegen,
Und begonde valschlich liegen.
Do er das ros alleine sach,
Vil senfteklich er zůzim sprach:
"Got grůs dich, trut geselle min!
Din gůter artzat wil ich sin.
Ich mag dich erneren wol;
Hocher kuinste bin ich vol.
Was dir beschicht, das klage mir;
Ich mag es wol gebessern dir."
Das ros das sach den loEwen an,
Sin schalkeit es merken began.
Ze gelte was es im bereit,
Und sprach: "Ich lide gros erbeit.
In minen fůs stach mich ein dorn,
Da von ist mir das bein ersworn.
Eis arlzates hab ich begert,
Des hat mich got an dir gewert;
Du bist har komen mir ze trost.
Ich danken dirs, wirt ich erlost
Von minem siechtag, der ist gros."
Der rede den loewen nicht verdros.
Er sprach: "Buit har mir dinen fůs!
Ich tun dir alles gebrestep bůs."
Das pfert do sprach: "Loew, nu gang har,
Und nim des dornes eben war!
Und wirt ich an dem fůs gesunt,
Ich wil dir geben tuseng pfunt."
Der loew ein valscher artzat was;
Das ros mit schalkeit galt im das.
Und do der loew zem rosse kan,
Und er es wold ertoedet han,
Das pferit schalkhaft was genůg,
Mit dem fůs es den loewen slůg
An sin stirnen, das im geswant,
Und floch von im. Do was geschant
Der valscher artzat. Das was wol;
Wan er was aller schalkeit vol.
Und do der loewe wider kan
Zim selber, das er mochte gan,
Und er das pferit nicht ensach,
Vil ruiwekliche er do sprach:
"Ich můs es in der warheit jechen,
Al recht ist mir nu beschechen.
Schalkeit was min herze vol;
Der ist mir nu gelonet wol."
***
Wer das seit, das nicht enist,
Und luigt, das ist ein swacher list.
Ein schalk den andern schelken sol.
Wel mensche trugenheit ist vol,
Den sol man triegen: das ist recht;
Sin wort sint krumb, sin werk nicht slecht.
Wer das wil sin, das er nicht ist,
Sinr listekeit im licht gebrist.
Es ruemt sich manger grosser kunst,
Der doch vil kleinen hat vernunst.
Der loewe wold ein artzat wesen,
Doch wold das ros an in genesen.

LI.
Von einem rosse und von einem esel
Von versmachunge der weite

Ein ros das was gezieret wol,
Aller Schoenheit was es vol.
Sin zoun und ouch der sattel sin
Gaben von golde liechten schin;
Sin deki was von zendal rot.
Das es hoch trůg, das tet im not.
Den weg es dur ein gassen nam
Eis mals, da im engegen kam
Ein swacher esel, was nicht klůg.
Ein grossen sak er uf im trůg.
Dem rosse der esel nicht entweich;
Des wart im manger herter streich;
Er mueste sin engelten.
Das ros geriet in schelten
Und sprach zůzim: "Du swaches tier,
Soldest du nicht entwichen mir?
Genuissist nicht der eren min,
Es můst din grimmer tot nu sin.
Du versmachte creatur!
Du saktregel! Du rechter slur!
Wie getorstes du das an gevachen,
Das du mir solt engegen gachen?"
Der esel sweig und hat sin gemach.
Dar nach es kuirzeklich geschach,
Das das ros enbůget wart.
Do wart nicht langer do gespart,
Es wart enbloest gnot unde gar
Aller gezierde. Nement war,
Wie b a l d sin schoeni was verkert,
Dar zů sin ungemach gemert!
Es wart gespannen in ein wagen,
Es meste ziechen unde tragen.
Ungemach und erebeit
Machten im sin leben leit.
Es wart mager unde flach;
Sin rippe man im scharren sach.
Sine fůs und sine bein
Stiessen sich an mangen stein;
Ouch wart es gellig unde las;
Der ruigge im vast zerbrochen was.
Haber -strou wart im gegeben
Ze spis; urdruissig was sin leben.
Als bald der esel do ersach
Das ros so krank und alse swach,
Vil bald er spotten began.
Mit glatten Worten vieng er an;
Er sprach: "Got grůs uich, herre min!
Wa ist nu uiwers sattels schin?
War hant ir uiwern zoun getan?
An deki sicht man uich nu gan;
Uiwer gezierde die ist klein.
Uich scharrent dur dui hut dui bein.
Ir hant kein silber noch kein golt;
Dar zů ist uich nu nieman holt
Geswecht ist uiwer hocher můt.
Wa ist nu er? Wa ist nu gůt?
Ze vil eren ist halb laster.
Heissent uich ein pflaster
Uf uiwern ruigge binden;
Dui hut begint uich schrinden.
Der lip ist und dui fůsse swach;
Wolveil ist uich ungemach,
Ir sullent lang in armůt leben.
Soelken lon kan hochvart geben.
Uibermůt wirt niemer gůt;
Uibermůt grossen schaden tůt.
***
Bi dirre bischaft merk ich dui welt,
Die nach gezierde git boes gelt.
Der weit gewalt, des libes kraft
Zergat, und alle meisterschaft.
Weltlich ere nicht gestat;
Weltlich froede ein ende hat.
Da von nieman versmachen sol
Den armen. Es geschieht vil wol,
Das dem richen missegat,
So der arme wol gestat.
Dem ist beschechen hie gelich:
Der riche wart arm, der arme rich.

LII.
Von einem man und sinem sune und einem esel
Von unschuldigem spotte

Eis tages ze margte für ein manj
Sinen sun er zuzim nan
Und sinen esel och, dur das
Das er mocht riten deste bas.
Uf den esel sas der man
Und reit; sin sun der muste gan
Mit im, er hat ze rilen nicht.
Nu fugt es sich so von geschieht,
Das inen hite bekamen,
Die gros wunder namen.
Si sprachen: "Sechent, wa der man
Ritet, und lat den knaben gan!
Lies er den knaben riten,
Und gieng bi siner siten,
Dar an tet er verre bas."
Und do der alte erhörte das,
Ab dem es'el sas er do.
Der sun sas. uf; des wart er fro,
Das er och rilen solde,
Der alte gerne wolde
Nebent bi dem esel gan.

Do bekamen in zwen ander man.
Der eine zu dem ändern sprach,
Do er den knaben riten sach.
"Warla, trut geselle min!
Der alt mag wol ein tore sin,
Das er riten lat den knaben.
Der solde lofen unde traben,
Und sokl der alte riten."
Vil kuni mocht er gebiten,
Das er uf den esel kan
Zu sincm sune, und reit Irin dari
Den esel riltens beide;

Das kam in schier e leide.
Do in du lüt bekamen;
"Niimer dumen amen
(Sprachen sie)! Nement alle war,
Wie der alte tore var,
Gesattelt uf dem eselin,
Er und och der knabe sin.
Si went den esel haben tot.
Zwar! das tut in keine not.
Der alle sold wol rüwe han
Rilende, und sold der junge gan."
Do dise red alsus geschach,
Der vatter zu dem sune sprach:
"Wol! ab wir sullen beide gan;
Der esel sol och ruwe han."
Sus giengens uf der strafse hinj
Der esel gieng och ler mit in:

Do bekamen in frouwen unde man.
Si sprachen alle: "Sechent an,
Wi gar lorecht si beide sint,
Der alle man und och sin kint,
Das i r inu't nicht ze rilen slat
Den esel, der doch lere gat."
Do sprach der vater: "Sun, wol har!
Vir sullen nemen beide war,
Üb wir den esel imigen tragen.
Las sechen, was du Jute sagen."
Si würfen bald den esel nider,
Ze samen bunden si sin lider,
Si hiengen an ein slangen gros;
Des rilens in vil ser verdros.
"O hui! Wol uf!" der vatter sprach.
Der sun vil jamerliche saeh,
Das er den esel musle tragen.
Dui liit gerieten alle sagen;
"Warta, warla! Sechent an,
Ein esel tragent zwene man;
Der sold si beide billich tragen.
Wcn mag es wol ze mere sagen.
Wen sieht wol, das si narren sint;
An witzen sint si beide blint."
Und do der alte das ersach,
Das nieman wol von inen sprach,
Vil ser er süfzen began.
Siien sun den sach er an,
Und sprach: "Hor was ich dir sage
Es si das mich der esel trage,
Oder dich, so sin wir torn;
Treit er uns beide, so ist er verlern;
Gat er ler, so sin wir narren;
Tragen wir in an einem sparren,
So ist nieman tober danne wir.
Da von so wil ich raten dir,
Das du tuest recht und wol;
Wer recht tut, der wirt selden vol."
***
An strafung mag kum ieman wesen.
Wer mag an hinderrede genesen?
Wer an den eren wil gestan,
Der sol dur kein red abe lan;
Er sol tun was im fuget wol.
Du welt ist schalkeit alse vol,
Wie vil ein mensche gutes tut,
Es dünkt du weit niclit halbes gut.
Geseclient ist vil liilen blinl,
Der herzen alse giftig sint,
Was si hurent oder sechcnt,
Das si dar zu das bosle jechent.
Der sich vor den gehüten kan
(Eu sin deti fröwen oder man),
Der mag wol gioslich loben got,
Kuiit er hin an der weite spot.

LIII.
Von einem beschinten esel
Von schuldigem spotte

Von einer frouwen seit man das,
Das si in hertem luimden was.
Ir ungewuirte das was gros.*
Wiplicher ere was si blos;
Ir werk boes waren unde swach.
Von ir seit alles das si sach;
Es werin frouwen oder man,
Ungwuirt must si von allen han.
Uf einer hochen burg si sas
Bi einer stat, da ein margt was.
Wer ir gesindes ze margte kam,
Vil boeser meren er vernam,
Die man von siner frouwen seit.
Ir unglimpf was in allen leit.
Du frouwe ouch nicht abe lie,
Wenne ir knecht von margte gie,
Si sprach: "Was seit man in der stat?
Was sint dui mer, die man da hat?
Sag an, sag an, was mag es sin?
Gedenkt ieman ze gute min?"
Ir knecht der sprach: "Was sol ich sagen?
Ich hoer vil luiten ab uich klagen.
Alles, das uf und nider gat,
Nicht wan von uich ze reden hat.
Alle tag und alle zit.
Ir aller zunge selten gelit;
Was munt hat und ouch reden kan,
Die scheltent uich, wip unde man."
Dü frouwe sprach: "Das ist mir leit.
Es lidet menig mensch erbeit
An sache und ane schulde gar;
Des wirt ich selber wol gewar."

*
Allenthalben sprach man schlecht von ihr.

Dar nach heimliche fůr si zů;
An dem tag des mergtes frů
Hies si ein esel schinden
(Das sold nieman bevinden),
Das er doch lebent beleip.
An den margt man in do treip,
Ein gassen uf, dui andren nider;
Nu fůrt man har, nu fůrt man wider.
Sin hut er selb ze margte trug
Uf in gebunden, die was klůg,
Als noch der esel huite sint.
Es werin wip, man oder kint,
Einer ze dem andern sprach,
Wer den beschinten esel sach:
"Mich wundert, was das meine."
Dui frouwe wist es alleine,
War umbe er beschunden wart.
Ir geschach ein gůte vart,
Ir wart vergessen genzeklich;
Es wer jung, alt, arm oder rich,
Von ir gebresten nieman seit.
Das was nicht ir gesinde leit.
Do ir knecht uf ze hove kan,
Si sprach: "Gedacht min hui ieman
An dem margte? Das wer mir leit." —
"Nein es, frouwe, uf minen eit!
Uiwer wart huit nicht gedacht.
Ein beschulter esel wart dar bracht,
Den schouwet alles das da was;
Uiwer menlich da vergas.
Si namen alle des esels war;
Nu fůrt man hin, mi fůrt man har.
Der esel uich ze trost ist komen;
Wir han huit nicht von uich vernomen."
Dui frouwe sprach: "Gesach mich got,*
Gesach mich got Gott Lob! WoU mir!
Das gelegen ist der liten spot!
Ze trost ist mir der esel komen,
Vil red hat er mir abgenomen."

*
Gesach mich got: Gott Lob! Wohl mir!

***
Rede nieman verbieten kan,
Es sin frouwen oder man.
Wer in der gemeinde munt
Mit arger hinderrede kunt,
Der sol das nicht abe lan,
Er suille ein beschinten esel han.
Er bedarf eis witen ermels wol,
Der menlichem verschieben sol
Den munt. Da von so rat ich das.
Das man sich huete deste bas,
Und ieklich mensche als ufrecht lebe,
Das er der rede kein ursach gebe;
Und tůt er das, so sorge nicht
Was ieman arger von im gicht.

LIV.
Von einer nachtegal und einem sperwer
Von eim boesen ende

Ein nachtegal genistet hat
Eis mals an ein heimliche stat,
Da si gar sicher wolde wesen,
Das wol ir kint moechtin genesen;

Nu fůgt sich, das ein sperwer kan
Geflogen zů dem nest hin dan
Uf ein ris, da dui nachtegal
Stůnt, und sang ir suessen schal.
Do si den sperwer erst ersach,
Mit grossen vorchten si do sprach:
"Gnade, truter herre min!
Muig es an uiwern hulden sin,
So lassent mine kint genesen."
Der sperwer sprach: "Es mag nicht wesen.
Doch — macht du singen alse wol,*
Das ich dich billich eren sol
Umb dine kint, nu dar, sing an!"
Dui nachtegal suifzen began.
Ir herze stůnt in bitterkeit;
Doch, als si wer an alles leit,
Muest si gebaren. Das tet not;
Si vorchte ser ir kinden tot.
Mit dem munde si do sang;
Ir herz in grossem jamer rang.
Des mocht si nicht geniessen wol.
Schalkeit was der sperwer vol,
Er tot dui kint an ir gesicht;
Das mochte si erwenden nicht.
Er zart in uf ir herzen;
Des leit si grossen smerzen.
Ir kinden tot der tet ir we;
Si schrei vil lut ach und owe,
Und klagt den unschuldigen tot
Ir kinden, und ir selbers not.

*
Kannst du indes so schön singen, daß ...

Dar nach nicht lange wart gespart,
Der sperwer ouch gevangen wart
In einem netze. Do das ersach
Dui nachtegal, vil schier si sprach:
"Ein boes ende sol er haben,
Der in den suinden ist erlaben,
Und nicht erbarmen wolde sich
Uiber min kint noch uiber mich.
Wel wunder, uib der lidet not!
Er sol von schulden ligen tot."
***
Ein boes leben wer das hat,
Dar an ein bös end gerne stat.
Er hat gehik, wer alweg tut
Boslich, wirt sin ende gut.
Ein wolf sieht man vil selten tragen
Eis schafes sweif. Och hör ich sagen,
Wer alweg in den sünden strebt,
Und dar zu an erbermde lebt
Das der sol ah erbermde not
Liden, und dar zu den tot;
Als disem sperwer ist beschechen:
Das ist wol, des mus ich jechen.

LV.
Von einem wolfe und einem fuchse
Von verratunge

Ein wolf eis mals, als man uns seit.
Hat sich mit spise hinder leit.
In einer flů hat er ein hol
Mit gůter spis gefuillet wol;
Da wold er lange růwe han.
Zůzim ein fuchs gegangen kan
Mit fuichselichem sinne,
Wan er was worden inne
Der spise. Er het gern betrogen
Den wolf, und us dem hol erlogen,
Er wold des wolfes spise han.
Da er hin zů dem wolfe kan,
Er sprach: "Got grues dich, brůder min!
Wie macht du so gar lange sin
An mich? Das ist mir swere gar.
Ich sage dir ouch das fuir war,
Das ich din nicht vergessen kan."
Do sach der wolf den lugner an,
Und sprach: "Her fuchs, ich weis das wol,
Du bist mir holt; und ist doch vol
Din arges herze trugenheit.
Das ich uit han, das ist dir leit.
Din suessen wort sint ungelich
Den werken. Balde von mir strich;
Dir wirt nicht der spise min."
Do sprach der fuchs: "So las ich sin."
Dannan schiet er mit bitterkeit.
Vil ser im wag dui smacheit,
Die im der wolf hatte gelan.
Einen hirten sach er stan
Uf einer wise. Zu dem er sprach:
"Ich wil dir schiken gůt gemach*
Von dem wolfe. Volge mir!
Sin hus das wil ich zeigen dir.
An dinem vigende solt du dich
Nu rechen balde; das rat ich.
Wilt du in han, er wirt dir wol.
Er lit doert uis in einem hol,
Da er dur nuit dir mag engan."
Sin schaf lies do der hirte stan.
Ein spies nam er in sine hant;
Mit dem fuchse kam er zehant
Da er den wolf hatte gelan.
Er geriet in stechen, unde slan.
Und do der wolf ertoedet was,
Der fuchs des wolfes hus besas,
Dar zů sin spis im ouch beleip;
Das tet verratung, die er treip.
Doch wart es nicht vil lang gespart,
Wan das ouch er verraten wart.
Im wart gespannen fuir das hol
Ein netze, das was striken vol.
Do wart der fuchs gevangen,
Sin schalkeit was zegangen.

*
Ich will dir dazu helfen, daß du in Zukunft vor dem Wolfe
vollkommen ruhig sein kannst
.

***
Wer unrechtekeit ist vol,
Der wirt vil kum geweschen wol.
Wer nicht kan wan triegen
Und ane schame liegen,
Es ist wol, wirt der betrogen,
Und wirt ouch billich angelogen.
Liegen, triegen sint zwei ding,
Die beide gar an ere sint.
Ein lugner vert wol dur das lant;
Wil er har wider, er wirt geschant.
Kein unfůge lange wert.
Wel mensch des andern schaden gert,
Der wirt geschadget: das ist war.
Kein unfůg weret drissig jar.
In dem strik gevangen wart
Der fuchs, den er gestriket hat
Dem wolfe. Das tet sin arger list,
Dank hab der an geverde ist!

LVI.
Von einem hirz und einem jeger
Von schedlicher minne

Ein hirz eis mals duirsten began,
Zů einem brunnen er do kan,
Der was schoen, luter unde klar.
In dem wasser nam er war
Sin selbers, wie gestellet was
Sin stolzer lip. Und do er das
Gesach, sin gehuirne geviel im wol,
Sin houbet was gezierde vol.
In grossen uibermůt er kam;
Was er von keinem tier vernam
Gůtes, das was im nicht gelich.
Sin herze das was froeiden rich.
Dar nach sach er an sine bein;
Die waren mager unde klein.
Die ge vielen im ze masse wol;
Des was der hirz betruibde vol.
Sin fuesse waren im unwert
Und ouch sin bein. — 'Wer noch das swert
Versmacht, da mit er wol sin leben
Behueten mag, und das wil geben
Sinern vigende in dui hant;
Wel wunder, uib der wirt geschant.
Do sus der hirz sin fuesse hat
Versmachet, uf der selben stat
Mit sinen hunden kam ein jeger.
Den hirz treip er von sinem leger.
Der hirz der floch. Der jeger nach
Rande bald, wan im was gach
Uf in. Den hunden was ouch not;
Den hirz wolden si haben tot.
Do floch der hirz vil balde,
Und kerte hin zem walde.
Ze stalten kamen im sin bein;
Sinr hornen helfe die was klein.
Und do er wart alsus verjagt,
Und in den walt kam unverzagt,
Des im sin fůs und sine bein
Gehulfen hatten, die er klein
Geschetzet hat: schier er gehieng
An sinen hornen, da in vieng
Der jeger mit den hunden do.
Des wart der hirz vil gar unfro.
Sin fůs im hulfen usser not;
Sin gehuirne gap in den tot.
***
Wer minnet das im schaden tůt,
Und hasset das im were gůt,
Der tůt nicht recht; doch ist ir vil
Der luiten. Wer ouch spisen wil
Sinen vigent, das wirt im leit.
Mang mensch sin vigent bi im treit;
Wen er gewinnet oberhant,
Er setzt sich wider in zehant,
Und tůt im angest unde not;
Vil licht bringt er in in den tot.
Dem hirz gevielen wol sin horn,
Von den sin leben wart verlorn.
Das selb geschicht ouch manchem me,
Der minnet das, das im tůt we,
Und hasset das im were gůt.
Gros uippekeit gůt seiten tůt.

LVII.
Von einer frouwen und einem diebe
Von frouwen untruiwe

Wen liset von zwein menschen, das
Ir herz mit minne verstriket was.

Das was ein man und ouch sin wip,
Die hat er liep als sinen lip.
Die starken minne schiet der tot;
Der man der starp. Da kam in not
Dui frouwe von ir minne gros.
Alles trostes wart si blos,
Da si verlor ir lieben man;
Si wold von nieman trost enpfan.
Si schrei und wend an underlas;
Ob im si stetekliche sas.
Do er wart in das grap geleit,
Do hůp sich jamer unde leit.
Si wold nicht von dem grabe komen,
Aller trost was ir benomen.
Si schrei vil lut ach und owe;
Weder regen noch der sne
Mocht si gescheiden von dem grabe.
Si lebt in grosser ungehabe
Beide dui nacht und ouch den tag,
Das si do anders nicht enpflag;
Ir růwe die was kleine.
Bi dem grabe sas si alleine,
Und wende bi dem fuire;
Kurzwil was da tuire.*

*
Alle Zerstreuung war verbannt.

Nu fůgt sich uf der selben vart,
Das einer da erhangen wart,
Hin von dem grab uiber ein velt;
Des hůt ein man, dem gap man gelt,
Das er nicht dannan solde komen;
Wuird von dem galgen ab genomen
Der diep, das wer dem richter zorn,
Und můst sin houbet han verlorn.
Do der das fuir sach, und das wip
Klagen hort ir mannes lip,
Vil ser in duirsten began.
Zů dem grab gieng er hin dan,
Und sach dui frouwen, die was stolz.*
An das fuir bracht er ir holz,
Das si vor froste wurd behůt,
Und sprach: "Frouwe, hant gůten můt!
Sit tot ist-uiwer lieber man,
Ir solt uich zů den lebenden han.
Ein andre můter einen treit
Als gůten, der uich uiwer leit
Minret und uiwer ungemach".
So er dui frouwen me ansach,
So er ie me in minne bran.
Der man gar von im selber kan.
Er sprach: "Liebe frouwe min,
Můcht es an uiwern hulden sin,
Ich woeld ergetzen uich fuir war
Alles leides. Nement war!
Was lip und sei erzuigen mag
Dast uiwer huit uf disen tag."

*
stolz: von schöner Gestalt.

Dui frouwe wuiste tougen
Dui trechen von den ougen.
Den man sach si vil lieplich an,
Und sprach: "Moecht ich an dir du han
Mit warheit das du hast geseit,
Ich woeld ab lan mis herzen leit,
Und woelde tůn den willen din."
Er sprach: "Min frouwe, das sol sin!"
Gar lieplich er si umbeving,
Vil liebes er mit ir begieng.
Das ich nicht nu wil sagen hie.
Dar nach do dise red ergie,
Und von der frouwen gieng der man,
Und wider zů dem galgen kan.
Do hat er nicht gehuetet wol;
Sorgen wart sin herze vol.
Ab dem galgen was der diep
Genomen; das was im nicht liep
Er vorchte ser des richters zorn;
Sin leben muest er han verlorn;
Er solde bas gehuetet han.
Zů dem grabe er wider kan,
Da er e du frouwe lie.
Vil lieplich si in do enpfie.
Er seit ir boese mere,
Wie im beschechen were;
Das ab dem galgen was genomen
Der diep; des můst er sicher komen
Um sinen lip; tot muest er wesen;
Er moecht dur keine sach genesen.
Dui frouwe sprach: "Nu volge mir,
Und hoer was ich nu sage dir.
Ein gůten rat wil ich dir geben.
Das du wol macht behan din leben.
Wir suillen minen man engraben,
Und muessen einen helsing haben,
Und ziechen an des galgen mat,
Und henken an des diebes stat.
Das rat ich, uf dui truiwe min.
Wol har! ich bin din helferin."
Der man tet was duI frouwe riet.
Von dem toten si sich schiet.
***
Das was ein jamerlicher rat.
Wol im, der nicht ze tůnde hat
Mit boesen wiben, der herze stat
Uf schalkeit und uf missetat.
Ein schalkhaft wip nie wol geriet,
Von wiben uibels vil beschiet,
Und ist geschechen manigvalt,
Des alles menschlich kuinne engalt.
Her Adam wart ertoeret,
Troje wart zerstoeret,
Her Sampson wart erblendet,
Her Salomon geschendet,
Der tot man wart erhenket.
Wer har an nicht gedenket,
Der ist ein sinneloser man;
Dis hat als wibes rat getan.

LVIII.
Von drien witwen roemerin
Von frouwen truiwe

Es waren drie frouwen gůt;

Uf zucht, uf ere stůnt ir můt.
Si waren jung und wol getan,
Wiplich geberd sach man si han.
Si waren hoch an wirdekeit,
Ouch trůgen si der erein kleit.
Si waren edel unde rich;
An zucht in nieman was gelich.
Von rome waren si geborn.
Si hatten alle drie verlorn
Von todes kraft ir lieben man;
Witwen leben muesten si han.
Ir wort, werk,und ir sitten
Waren gůt. Si vermitten
Mit ganzem fliese alles das,
Das swach und wandelbere was.
Si wolden kuisch beliben.*
Do geriet man si an triben,
Das si ze der e soeldin komen,
Und liden schaden unde fromen
In der e; das were gůt.
Do wart betruebt ir aller můt,
Do dise red alsus geschach.

*
kuisch beliben: unverheiratet bleiben.

Dui erste antwurt unde sprach:
"Ich weis wol, das min nieman gert,
Wan um min gůt. Der des gewert
Wuirde, der liesse m i c h wol gan,
Wen er besesse das ich han;
Das het er lieber denne mich.
Das merk ich wol; da von wil ich
An alle man beliben.
Min gůt wil ich vertriben;*
Nach minem willen wil ich leben;
Ich wil verzichen* unde geben
Recht als es mich dunket gůt,
Und wil han minen frigen můt.
Da von verspriche ich alle man,*
Und wil ein friges leben han."

*
vertriben: verzehren.
*
verzichen: verweigern, abschlagen.
*
verspriche ich alle man: tue ich Verzicht auf das Heiraten.

Dar nach nicht lange wart gespart,
Dui ander an gesprochen wart,
Das si soeld nemen einen man.
Si moecht dur nuit also gestan;
Si wer jung, edel unde rich,
Dar zů wer si der weit gelich.*
Si sprach: "Dur nuit so mag es sin.
So muest ich doch dui truiwe min
Brechen an minem lieben man,
Den ich ungern verloren han,
Den mir der tot genomen hat.
Doch er in ganzer mine stat
Mis herzen, lebent iemer me;
Da von ich mag nicht me zer e
Komen. Sit noch lebt min man,
Wie moecht ich den das an gevan,
Das ich noch einen neme
Zůzim? — Wer das verneme,
Ich muest von schamen werden rot.
Dur was kem ich den in die not?
Ich wil mit minem lieben man
An dem juingsten tag erstan."

*
Gar nicht für die Abgeschiedenheit von der Welt gemacht.

Dui dritte sprach: "Es tůt mir not,
Das ich mis liebes mannes tot
Klage und weine die wil ich lebe.
Ein andern man mir nieman gebe.
Min man was so rechte gůt,
Das er mir weder herz noch můt
Betruebte nie bi minen tagen;
Da von sol ich in billich klagen.
Wuird mir nach im ein boeser man,
Leit und ser můst ich iemer han;
An man ist mir verre bas.
Nem ich ein s e n f t e n man; dur was
Sould ich in vorchten iemer sin,
Wen er kem ab den ougen min,
Das der tot beroubte mich
An ime? — Secht, da von wil ich
Beliben gar an alle man,
Und wil ein kuisches leben han."
***
Wel frouw verluir ir lieben man,
Mag si wol ane man bestan,
Belib also: das ist min rat.
Vil manger witwon missegat.
Wen si kunt zů der andern e,
Geschicht ir den ach unde we,
Wer mag ir des? — S i hats getain.
Wer si beliben ane man
Dur truiwe und dur stetekeit,
So het si froede ane leit.
Da von si nieman klagen sol,
Uib si untrostes wirdet vol;
Das da riset nebent abe,
Das ist nicht wol. — Ir schaden habe
Ir selber, wel frouw alse tůt,
Da von gepinet wirt ir můt.

LIX.
Von einem hunde und einem wolfe
Von friheit und von eigenschaft

Es giengen zwen gesellen gůt,
Die hatten ungelichen můt,
Uf der strasse dur einen walt;
Ir koese das was manigvalt:
Es was ein wolf und ouch ein hunt.
Si kamen uf der selben stunt
Uf eine wise; das geschach
Vil schier der wolf zem hunde sprach:
"Sag an, trut geselle min,
Was meinet diner huite schin?
Du bist so stolz und bist so glat;
Du macht wol gůter spise sat
An sorge werden alle tage."
Der hunt sprach: "Hoer was ich dir sage!
Min lieber meister spiset mich
Von sinem tische, dur das ich
Behuet sin hof und ouch sin hus.
Wer uits uit tragen wil dar us,
Das kuind ich; dar um bin ich liep.
Ich las den rouber noch den diep
Nuits nuit us dem huse tragen;
Hie mit ich mine spis bejagen."
Do sprach der wolf: "Das ist vil gůt
So hast du dik růwigen můt,
So ich můs in den sorgen streben,
Wie ich gespis min armes leben.
Und wer es an dem willen din,
Din geselle wold ich gerne sin,
Das ich min spise mochte han
An sorge." — Der hunt sprach: "Nu wol dan,
Her wolf, in mines meisters hus
Mit mir! da tribt uich nieman us."
Der wolf der wart der rede fro;
Mit einander giengen si do.
Der wolf des hundes kelen sach;
Zůzim er do vil balde sprach:
"Sag an, trut geselle min,
Was meinet, das dui kele din
Ist beschaben und beschorn?
Dur was hast du das har verlorn?"
Der hunt sprach: "Das wil ich dir sagen.
Des tags můs ich ein kelben tragen,
Und můs an einem seile stan.
Gebunden; nienent mag ich gan,
Ich můs stetlich gevangen sin;
Das lide ich dur dui spise min."
Do dise red alsus geschach,
Der wolf do ze dem hunde sprach:
"Neina, trut geselle min,
Dur nuit wil ich gevangen sin.
Als leit ist mir noch nicht min leben,
Das ich dur spis uf welle geben
Min friheit: das geloebe mir.
Din gůten spis die hab du dir,
Und hab ouch mangen langen tag!
So wil ich essen, das ich mag
Haben, mit frigen můte.
Das kunt mir bas ze gůte.
Ich wil den frigen willen min
Nicht geben um du spise din."
Sus lief der wolf ze walde,
Der hunt ilt heim vil balde.
***
Richer ist ein armer man,
Der fri gemuete wol mag han,
Den der ist rich und dienen můs;
Dem wirt vil selten sorgen bůs.
Der eigen ist, wa ist des můt?
Er hat doch weder lip noch gůt.
Es ist nicht sin, das selb er hat,
Der ane frigen willen stat.
Friheit zieret alles leben,
Und kan wol gůt gemuete geben.
Friheit hoechet wip und man,
Den armen si rich machen kan.
Friheit ist der eren hort,
Si uiber kroenet werk und wort.
Mich dunkt, er hab ein armes leben,
Der frigen willen uf můs geben.
Friheit gat für alles gůt
Der welte. — Wer sin frigen můt
Uf git um silber und um golt,
Dem wirt ze teil des ruiwen solt.

LX.
Von dem magen, den henden und fuessen
Von nide und von hasse

Eis mals hůp sich ein grosse klage
Under fruinden, als ich uich sage.
Du fuesse klagten kumber gros;
Dui hende erbeitens vordros;
Si klagten alle uf den buch,
Und sprachen, er wer ein rechter sluch,
Und wer ein muessigere;
Doch wuird er selten lere,
Er woeld sin alweg spise vol,
Und muessig sin, das tet im wol;
Was dui fues moechtin erloufen,
Und dui hende gekoufen,
Es wer den krumb oder slecht,
Das kem im alles sament recht.
Si sprachen zim: "Es mag nicht sin!
Du můst ouch mit uns liden pin,
Und můst ouch erbeite han
Als wir, wilt du mit uns gestan."
Was sol ich uich nu sagen me?
Dem buch was angest unde we.
Si wolden im nicht spise geben,
Das er behalten moecht das leben,
Noch hende noch dui fuesse
Das was im gar unsuesse.
Wie vil er doch mit flisse bat,
Das er von spise wuirde sat,
Des eret in noch fues noch hant.
Do wart der mage siech zehant,
Er verlor sin hitz und sin natur.
Das wart den henden gar ze sur.
Und ouch den fuessen (Das was wol!)
Der lip wart siechtages vol,
Von krankeit beslos sich der munt,
Dui hende brachen hin zestunt,
Dui fuesse mochten nicht me gan.
Enkeine spis mocht er enpfan;
Sus wurden hende und fuesse tot
Mit schulde von des magen not.
Und hettin si im spis gegeben,
Si hetten wol behebt ir leben.
***
Ein fruint bedarf sis fruindes wol;
Sin fruint nieman hassen sol.
Nit tůt niemanne herzeleit,
Den dem selben, der in treit.
Wer nicht dem andern wil vertragen,
Dur sinen nit, wem wil der klagen,
Uib er dar umbe kunt in not,
Und lit mit sinem fruinde tot,
Als hie den henden ist beschechen:
Das ist vil wol! des můs ich jechen.