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Die Biographie des Äsop
 



Bild: Francis Barlow (1626? -1702)
 

Äsop (altgr. Ασωπος — Aísōpos, lat. Aesopus, eingedeutscht Aesop, Aisop, seltener Aisopus) war ein berühmter griechischer
Dichter von Fabeln und Gleichnissen und lebte um 600 v. Chr. Er gilt als der Begründer der Fabeldichtung, und so wurde sein Name
zum Gattungsnamen für die Fabeldichtung überhaupt.

Der Überlieferung nach soll er aus Phrygien stammen, nach Aristoteles aber war er Thraker. Lokalisiert wird er durch Herodot in Ionien,
in Samos im 6. Jahrhundert, zeitgleich mit Sappho.
Er soll als Sklave mehreren Herren gedient haben, bis ihn der Samier Iadmon freiließ. Angeblich kam er dann an den Hof des Königs
Kroisos, dessen Vertrauen er durch seinen klugen Witz in solchem Maß gewann, dass er ihn auf mehrere Gesandtschaften schickte;
auf einer solchen nach Delphi wurde Äsop von den dortigen Priestern wegen Gotteslästerung ermordet, wie Aristophanes berichtet.

Hier der Bericht:

Äsop in Delphi – sein Tod

Sein Tod ist von Legenden umwoben — er soll in Delphi unschuldig hingerichtet worden sein.

Als Äsop einmal durch Griechenland zog und überall durch seine Fabeln seine Weisheit zeigte, erwarb er sich den Ruf, ein sehr weiser
Mann zu sein. Zuletzt kam er nach Delphi, der angesehenen Stadt und dem Sitz der obersten Priesterschaft. Dort folgten ihm viele
Menschen, weil sie ihm zuhören wollten; von den Priestern aber wurde er nicht ehrenvoll empfangen. Da sagte Äsop:
"Ihr Männer von Delphi, ihr seid wie das Holz, das von dem Meer an den Strand geschwemmt wird. Solange es fern ist,
scheint es groß zu sein, wenn es aber nahe herangekommen ist, dann sieht man, dass es in Wirklichkeit klein ist. So ging es auch mir mit euch.
Solange ich noch weit von eurer Stadt entfernt war, dachte ich, dass ihr die Vornehmsten von allen wäret, jetzt aber, in eurer Nähe,
erkenne ich, dass ihr nicht viel taugt."
Als die Priester solche Reden hörten, sagten sie zueinander: "Dieser Mann hat in anderen Städten eine große Anhängerschaft.
Es könnte sein, dass unter solcher üblen Nachrede unser Ansehen leidet oder dass wir es sogar ganz verlieren.
Wir müssen also auf unserer Hut sein!
Da beratschlagten sie, auf welche Weise sie ihn unter dem Vorwande, er sei ein böser Kirchenräuber, töten könnten; denn sie wagten
es wegen des Volkes nicht, ihn (ohne einsichtigen Grund) öffentlich töten zu lassen.
So ließen sie aufpassen, bis der Knecht Äsops die Sachen seines Herrn für die Abreise zusammenpackte.
Da nahmen sie eine goldene Schale aus dem Tempel des Apoll und versteckten sie heimlich im Reisegepäck Äsops.

Äsop wusste von all den hinterhältigen Machenschaften nichts, die gegen ihn im Gange waren, und als er nach Phokis zog, eilten die
Priester ihm nach und nahmen ihn mit großem Geschrei gefangen. Und als Äsop sie fragte, warum sie ihn gefangen nähmen,
schrien sie: "Du unanständiger Mensch, du Verbrecher! Warum hast du den Tempel des Apoll beraubt?"
Als Äsop vor allen leugnete und sich über diese Beschuldigung entrüstete, öffneten die Priester sein Bündel und fanden die goldene
Schale. Die zeigten sie jedem einzelnen und führten Äsop wie einen Kirchenräuber ungestüm und unter großem Tumult ins Gefängnis.
Äsop wusste auch da noch nichts von all den hinterhältigen Anschlägen, die man gegen ihn ins Werk gesetzt hatte, und bat, man möge
ihn freilassen. Sie aber bewachten ihn daraufhin nur noch schärfer, [...] verurteilten ihn öffentlich, weil er sich des Kirchenraubs
schuldig gemacht habe, und führten ihn aus dem Gefängnis, um ihn von einem Felsen hinabzustoßen.

Als Äsop das merkte, sprach er zu ihnen:

Zu der Zeit, als die unvernünftigen Tiere noch in Frieden miteinander lebten, gewann eine Maus einen Frosch lieb und lud ihn zum
Nachtmahl ein. Sie gingen miteinander in die Speisekammer eines reichen Mannes, in der sie Brot, Honig, Feigen und mancherlei leckere
Sachen fanden. Da sprach die Maus zum Frosch: "Nun iss von diesen Speisen, welche dir am besten schmecken!" Als sie sich nach
Herzenslust satt gefressen hatten, sprach der Frosch zu der Maus: "Nun sollst du auch meine Speisen versuchen.
Komm mir mir! Weil du aber nicht schwimmen kannst, will ich deinen Fuß an meinen binden, damit dir kein Leid geschieht." Als er aber
die Füße zusammengebunden hatte, sprang der Frosch ins Wasser und zog die Maus mit sich hinab. Als die Maus merkte, dass sie
sterben musste, begann sie zu schreien und klagte: "Ich werde ohne Schuld das Opfer gemeiner Hinterlist. Aber von denen, die am
Leben bleiben, wird einer kommen, der meinen Tod rächt." Während sie das sagte, kam ein Habicht heran, ergriff die Maus und den
Frosch und fraß sie beide.

So werde ich ohne Schuld von euch getötet, und ihr werdet um der Gerechtigkeit willen dafür bestraft, wenn Babylon und Griechenland
über das Verbrechen reden werden, das ihr an mir begeht. Obwohl die Priester das hörten, ließen sie ihn nicht los, sondern führten ihn
an die Stelle, wo er sterben sollte, und stießen ihn den Felsen hinab.

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Wie wurde aus Äsop ein Fabeldichter?

Eine kleine Mär gefunden bei dem Fabeldichter Johann Friedrich August Kazar 1732-1798

Äsop war einst ein Hirte. Er weidete seine Herden bei einem Tempel Merkurs, und, als ein Liebhaber der Weisheit, bat er den Gott um
dieses Geschenk.
Sehr viele andere kamen auch in den Tempel des Merkurs, um darum zu bitten. Der eine brachte Gold mit sich, der andere Silber,
wiederum einer einen Heroldsstab von Elfenbein, oder sie behängten sonst eine Kostbarkeit an dem Altar auf.
Äsop hatte nichts dergleichen zu schenken, und auch das, was er hatte, schenkte er sparsam. Nur so viel Milch, als er von einem
Schaf erhielt, und soviel Honigwaben, als er in die Hand fassen konnte. Jene glaubten ihm angenehme Geschenke zu bringen, wenn
sie ihn mit Myrten bedeckten. Aber er brachte nur wenige Rosen und Veilchen. Ich sollte, sprach er Kränze flechten, und meine
Herde darüber vergessen?
Als der Tag, an welchem Weisheit ausgeteilt werden sollte, herbeigekommen war, sagte Merkur, als ein kluger Gott, der seine Gaben
nach den Geschenken ziemlich einzurichten wusste, zu dem, der am meisten gebracht hatte: "Du sollst die Weltweisheit zum Geschenk
haben!" Zum Andern: "Du sollst ein Redner sein!" Zu dem Dritten: "Du ein Sternenkundiger!" Zu dem Vierten: "Und du ein Musikverständiger!"  dieser ein epischer, jener ein Jambendichter.
Alle Schätze der Weisheit hatte er ausgeteilt, als er bemerkte, dass Äsop vergessen war. Er besann sich, dass ihm, als einem Kinde,
bei seiner Erziehung auf dem Gipfel des Olymps, die Horen eine Fabel erzählten, wie einst eine Kuh sich mit einem Menschen von sich
selbst, und von der Erde unterredet habe, und dass er von der Zeit an die Herden des Apollo liebte. Daher gab er dem Äsop die Kunst,
Fabeln zu dichten, die in seinem Vorrat von Weisheit, noch allein übrig war.

"Hier hast du," sprach er, "was ich selbst zuerst gelernt habe."

Daher weiß Äsop seinen Fabeln so vielfache Gestalten zu geben, und dies ist der Ursprung der Fabel!