Fabelverzeichnis

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Buch 3
 

Buch 2
 
Das unnütze Glück
Der schädliche Reichtum
Der Rangstreit
Die Schweine und der Esel
Der Geizhals und sein Gevatter
Der Mensch und die Fliege
Wissenschaft geht vor Reichtum
Der Prahler Courage
Die betrogene Hoffnung
Die Kunst ernährt
Der Wolf und die Ziege
Die Frösche und die Wasserschlange
Treue Liebe wird belohnet
Der Fuchs und der Wolf
Die Fliege und die Ameise
Der Fuchs und der Drache
Ein Mann und eine Otter
Die Schiffsleute und der Steuermann
Ehre ohne Verdienste
Die Eigenliebe
Der Jugend Eigensinn
Der Fuchs und der Bock
Die Feile und die Katze
Der Jäger und das Windspiel
Sokrates kleines Haus
Die von den Wieseln überwundenen Mäuse
Das Rentier und der Bär

Das unnütze Glück

Ein Mann, der immerfort in Sorgen,
In Armut und Verdruß gelebt,
Und dem sein' Arbeit alle Morgen,
So wie sein Kreuz, vor Augen schwebt;
Wird endlich alt, und muß erkranken.
Es ist bereits um ihn getan:
Nichts, als der Tod, ist in Gedanken,
Daß er sich kaum mehr helfen kann.

Er lieget in den letzten Zügen,
Als er zum Erb' im Testament,
Das sonst jedermanns Vergnügen,
Von einem großen Gut ernannt.
Was sollen mich, spricht er, die Schätzen,
Nach überstandnem sauren Schweiß,
Noch an dem Lebens End' ergetzen,
Da ich sie nicht zu brauchen weiß?

* * * *

So pfleget oft das Glück zu lachen,
Und zeiget sich nur allzuspat,
Den Zustand leidlicher zu machen,
Wenn man es nicht mehr nötig hat.
Weil an dem Ende derer Tagen
Die Menschen all einander gleich:
Wer wollt' alsdann nach sonst was fragen,
Als dem gewissen Himmelreich?
Wir hoffen dermaleins zu siegen,
Wenn alles auf der Welt vollbracht:
Wer das erlangt, kann sich vergnügen,
Da er der Menschen Güter lacht.

Der schädliche Reichtum

Der Reichtum zwar ist keine Sünde,
Doch gibt er die Gelegenheit.
Wenn der nicht in dem Wege stünde,
Wär manches Herze noch erfreut.
Der Mammon pfleget mit dem Quälen
In einem festen Band zu stehn;
Und also müssen arme Seelen
Im Überfluß zugrunde gehn.

Ein Priester dienet auf dem Lande
Beim Altar seinem Gott getreu,
War recht vergnüget in dem Stande,
Gottselig ohne Heuchelei,
Und war mit dem, was Gott beschieden,
Wenns nur zur höchsten Notdurft war,
Allzeit von Herzen wohl zufrieden;
Genug er lebte vom Altar.
Was Gottes Kinder da bescheren,
Kommt seiner Dürftigkeit zu gut.
So kann er Frau und Kinder nähren,
Und zeiget einen frischen Mut.
Er hatte weiter nicht zu sorgen;
Es sorgt' ein jeder Tag für sich.
Und Gott erzeigt sich alle Morgen
An seinen Kindern väterlich.

Der Priester wußte nichts von Plagen,
Von Ängsten oder einer Not,
Noch sonst von einem Kreuz zu sagen;
Er hatte Segen und sein Brot.
Was wollt' er also mehr verlangen?
Er hatte täglich zur Gebühr
Von seinem Kirchendienst empfangen,
Und dankte seinem Gott dafür.

Und was geschieht? O welche Fülle!
Er wird, so wie's ihm recht ergetzt,
In seines Nachbars letzten Willen,
Zum reichen Erben eingesetzt.
An Barschaft, nebst den andern Gaben,
Welch' er so bald auch zu sich nahm,
Sollt' er zwölf tausend Taler haben;
Das ihm vortrefflich wohl bekam.
Nun konnt' er Wein und Speise wählen,
Und in der Tat recht vornehm tun,
Beständig seine Taler zählen.
Auch fremde Gäste kommen nun,
Dem Herrn Pastoren aufzuwarten,
Welch' erst den Priester auf dem Land,
Im schlechten Haus, im schlechten Garten,
Und seiner Armut, nicht gekannt.

Das Geld will jedermann verehren,
Es ist der Abgott dieser Welt:
Von Tugend will jetzt niemand hören,
Die Ursach' ist, sie hat kein Geld.
Pfui, sie muß wohl gar betteln gehen:
Pfui, wen macht sich mit der gemein?
Es wird ihr aller Tod geschehen,
Bis sie wird reich und vornehm sein.

So muß es unserm Priester glücken;
Der hat nun Geld und Ehren satt;
Weiß aber sich nicht drein zu schicken,
Dieweil er überflüßig hat.
Der Gottesdienst wird kaum verwaltet;
Sein vornehm fröhlich Herz ist hin.
Die Sorgfalt und sein Fleiß erkaltet,
Das Geld liegt ihm nur in dem Sinn.
Der Schlaf ist weg. Die feinen Sachen
Muß der nun reich gewordne Mann
So Tag, als Nacht, mit Fleiß bewachen,
Daß er nicht weiter ruhen kann.

Ach! denkt er, daß man auf dem Lande,
Nicht in den festen Städten ist.
Vielleicht kommt eine Diebesbande;
Die Schelmen sind doch voller List.
Ich muß mit Waffen und mit Hunden,
Vielleicht bricht diese Nacht wer ein,
Mit starker Mannschaft alle Stunden,
Alles in dem Krieg, versehen sein.
Den Schatz wollt ich nicht von mir geben,
Denn der liegt unter meinem Haupt;
Bis dieses mir so liebe Leben
Mir einer derer Schelmen raubt.
Es geht doch vieles auf das Schmausen.
Wie, wenn ein gutes Teil verzehrt?
Wir dürfen weiter so nicht hausen,
Wenn die Familie sich vermehrt.
Soll dies hier ohne Zinsen liegen?
Dort ist ein totes Kapital.
Soll der und der mich auch betrügen?
Gefahr und Schaden überall!
Was soll ich viel vom Gelde sagen?

Der Priester ist ganz umgekehrt.
Der muß sich mit Gedanken schlagen,
Daß ihm so Schlaf, als Ruh verwehrt.
Er muß so Tag, als Nacht sich kränken.
An Gott wird wenig mehr gedacht;
Des andern nicht zu gedenken.
Und dieses hat das Geld gemacht.

* * * *

Die Reichtum auf der Welt empfangen,
Die danken Gott, und sehen zu,
Daß sie das Herze nicht dran hangen;
Sonst kostet's alle Freud und Ruh.
So nimmt, das Heil beiseit zu setzen,
Der leid'ge Geiz die Seelen ein.
Viel lieber wollt' ich ohne Schätze
Gottselig und vergnüget sein.

Der Rangstreit

Zween Hunde, die von einer Größe,
Gleich kühn und laut, doch gar nicht böse,
Begegnen sich auf einem Pfad;
Und keiner will dem andern weichen,
Dieweil ein jeder seines Gleichen,
Und keinen Höh'ren, vor sich hat.
Der eine schnaubt, der andre quellet;
Der eine knurrt, der andre bellet,
Doch keiner weichet, wie er kann.
Nachdem sie sich die Zähn gewiesen,
Weiß keiner etwas zu beschließen,
Und fangen einen Rangstreit an.

Der eine spricht, weich aus dem Pfade:
Mein Herr ist einer aus dem Rate,
Den in der Stadt ein jeder kennt.
Nein, sprach der andre, du must weichen:
Mein Herr ist einer von den Reichen,
Den man den großen Hantzen nennt.

Nachdem sie lange disputieret,
Wem auf dem Pfad der Rang gebühret;
Bestimmten sie die Zeit und Stell,
An welcher dieser Streit zu schlichten,
Nicht durch das Recht, wer wollte richten?
Sie überlassen's dem Duell.
Ein jeder ist voll Angst und Schrecken,
Und meint sich hintern Herrn zu stecken;
Die kehren sich doch nirgends an.
Ein jeder suchet Sekundanten,
Die unter Freunden und Bekannten
Von Beiden keiner finden kann.

Ob sie gleich auf die Ehre pochen,
Gereut sie doch, was sie versprochen;
Das duellieren bringt Gefahr.
Ein jeder muß, daß sie sich schlagen,
Selbst seine Haut zu Markte tragen,
Das Beiden ungelegen war.
Doch weil bereits das Wort gegeben,
So wagen sie nun auch ihr Leben,
Ob's gleich mit großer Furcht geschieht.
Sie wünschen nur, daß fromme Leute
Sie wieder voneinander scheiden.

Allein auch das geschiehet nicht.
Als sie einander überfielen,
Rief einer, laßt die Hunde spielen;
Es hat ihr Beißen keine Not.
Not? ja, sprach einer derer Helden,
Doch muß es unser Fell entgelten,
Beißt gleich kein Hund den andern tot.
Halt, Bruder, wir wollen uns vertragen,
Und weiter nichts vom Range sagen;
Die Narrheit haben wir getan.
Welch' Eitelkeit, daß wir uns beißen,
Um vornehm in der Stadt zu heißen,
Der keiner von uns werden kann.

* * * *

Oft ist kein Herz bei vielem bellen:
Und die sich meisterlich verstellen,
Bezeigen endlich in der Tat,
So bald es auf das höchste kommen,
Daß sie die Torheit eingenommen,
Regieret und gestürzet hat.
Der Hochmut dienet nur zum Plagen;
Und Ehrgeiz, soll ichs sicher sagen,
Ist wahrlich Narren nur gemein.
Um einen Rang ohn' Ehre streiten,
Muß jetzund, wie zu allen Zeiten,
Zum Hunderecht verdammet sein.

Die Schweine und der Esel

Ein Esel sah die Schweine mästen,
Und hätte mit den saubern Gästen
Gar gerne Compagnie gemacht.
Allein er wurde von den Trögen
Mit einer guten Tracht der Schlägen
Gar bald in seinen Stall gebracht.
Da klagt er über sein Geschicke,
Und das so gar parteilich Glücke,
Das allzeit ihm zuwider sei;
Er müßte schwere Lasten tragen,
Und würde noch dazu geschlagen,
Bei wenig Futter, Stroh und Heu.

Die Schweine, die ganz ruhig liegen,
Und kaum einmal den Rücken biegen,
Bekämen allen Überfluß,
Brot, Suppen, Roggen oder Gersten,
Wobei, auch sollten sie gleich bersten,
Durchaus sie niemand stören muß.
Ach! schrie der Esel nach den Pforten,
Warum bin ich kein Schwein geworden?
Und warum mästet man mich nicht?
So könnt' ich faule Tage haben,
Und mich mit schöner Gerste laben,
Die mir bei saurem Schweiß gebricht.

So fährt er fort sich zu beschweren;
Muß aber bald erstaunend hören,
Daß die so wohl gemäste Schwein',
Einander selbst zu Mordgefährten,
Von ihrem Herrn geschlachtet werden;
Deswegen sie erbärmlich schrein:
Daß man uns so vollauf gegeben,
Ach leider! Kostet uns das Leben.
Daß der bisher uns Gut's getan,
Und häufig Futter zugemessen,
Weil wir uns dick und fett gefressen,
Nun unser Fleisch genießen kann.

Der Esel spricht, ist's so beschaffen?
Wie kann man sich so leicht vergaffen?
Dergleichen Futter mag ich nicht,
Das, wenn es reichlich zugeflossen,
Und eine kurze Zeit genossen,
Gemästeten die Hälse bricht.
Ich wünsche jetzund keinen Wechsel,
Und bleibe gern bei Stroh und Hechsel.
Den Schweinen gönn' ich immerhin
Die mit dem Tod verknüpfte Masten.
Will selber meinerseits lieber fasten,
Wenn ich dabei nur sicher bin.
Wie gerne will ich mager bleiben,
Den Hunger mit dem Stroh vertreiben,
Und leiden, was ich leiden kann.
So wird man mir das Leben gönnen,
Mich wenigstens nicht schlachten können,
Wie den Schweinen hier getan.

* * * *

Ach! daß die Menschen dieses wüsten,
Und ließen sich nicht das gelüsten,
Was, wenn es ihnen auch gelingt,
Daß sie sich gut dabei befinden,
Eh sie dasselbe recht ergründen,
Den allergrößten Schaden bringt.
Man hüte sich vor diesen Gaben,
Welch' Unglück zum Gefolge haben,
Und trachte mehr nach Sicherheit.
Ein Kluger ist bereit und fertig,
Auf das nicht so, was gegenwärtig,
Zu sehn, als auf die künft'ge Zeit.

Der Geizhals und sein Gevatter

Betrug ist zwar auf keine Weis' erlaubt,
Hat einer aber uns betrogen,
Und heimlich unser Gut geraubt,
So wird durch List ihm solches recht entzogen;
Und einem jeden ist, zum Seinigen zu kommen,
Wie das geschehen kann, in Rechten unbenommen.

Ein Geizhals hat viel Geld,
Das er an sich und seinem Maul ersparet,
Und das sein Abgott auf der Welt,
Den er bisher in großer Angst bewahret.
Er hält sein Haus zu klein dazu,
Und fürchtet, daß es Diebe holen,
Die manchen Ort der Nachbarschaft bestohlen.
Deswegen hat er keine Ruh.
Die Nächte bringt er schlaflos hin,
Und sorgt, es möcht' ihm in dem Alter fehlen.
Des Tages muß er die Taler zählen;
Die liegen ihm stets in dem Sinn.
Glaubt endlich, sie recht wohl verwahrt zu haben,
Wenn er sie tief genug am sichern Ort vergraben.
Der Anschlag, wie sein Eigentum,
Geht lange Zeit ihm in den Kopf herum,
Bis er ihn seinem Freund entdecket,
Der sein Vetter Dieterich.
Der spricht, dieweil das Geld ihm eine Lust erwecket,
Gevatter, ja das täte ich.
Ich will das Geld euch helfen tragen,
Und keinem Menschen etwas sagen.
Sie tragen in der Tat auch einen Sack voll Geld
Der schönsten Gulden und Dukaten,
Auf dieses reichen Mannes Feld;
Und niemand sollt's erraten.

Nach wenig Tagen kommt der Mann,
Der seinen Schatz dahin getan,
Und will sein' Augenweide haben;
Findt aber, welcher Schmerz! daß er schon ausgegraben.
Er schweiget still, und geht nach Haus,
Und bittet Dieterich zum Schmaus,
Als hab' er seines Geldes wegen
Noch viel mit ihm zu überlegen.
Gevatter, spricht er, nun ists gut,
Das dort mein Geld vergraben lieget.
Drum hab' ich einen guten Mut,
Und weiß gewiß, daß mich kein Schelm betrüget.
Ich habe noch zweitausend Taler hier,
Wenn's euch gefällt, so wollen wir
Auch morgen Nachmittag den sonst verlaßnen Segen
Zum andern Schatz in meinen Acker legen.

Dem hüpft das Herz, er meint, er hätte schon
Auch dieses Geld davon.
Er eilt nach Haus, in Meinung mehr zu haben,
Und bringet wieder, was vergraben;
Auf daß der Mann, bei seiner Meuterei,
Nur sicher sei.
Allein der ist so bald dahin gegangen,
Hat das gestohlne Gut da wiederum empfangen,
Und jauchzend aus dem Feld nach seinem Haus gebracht.
Zuschanden ist der Dieb durch den Betrug gemacht.
Der mag das Geld, das er gestohlen,
Nun, wenn er kann, bald wieder holen;
Er findt gewiß die Stätte leer;
Und sein Gevatter traut ihm nun und nimmermehr.

* * * *

Die Narren zwar vergraben ihre Güter,
Bekommen sie auch selten wieder;
Ja Narren sind, die so der Geiz besessen,
Daß sie von ihrem Gut sich Guts zu tun vergessen;
Doch ist ihr Anschlag nicht zu schelten,
Wenn sie Betrug betrügerisch vergelten.
Wer List mit List bezwingen kann,
Ist in der Tat ein kluger Mann.

Der Mensch und die Fliege

Ein Kahlkopf sitzt vor seiner Tür,
Um an der Sonnen sich zu laben,
Wie's oft geschieht; kann aber hier
Von Fliegen keinen Frieden haben.
Sie schnurren ihm vor seinem Angesicht,
Und eine mehret so die Plagen,
Daß sie den kahlen Kopf nun gar empfindlich sticht;
Worauf er mit der Hand erzürnt nach ihr geschlagen.
Sie wird verfehlt, und spricht zum Mann,
Du wolltest mich vermutlich töten,
Da ich dir doch nicht wehgetan;
Und welche Straf' ist nun vonnöten,
Da du dich selbst so heftig schlägst?

Ich wollte, sagt der Mann, ich hätte dich getroffen,
Weil du dein Gift noch bei dir trägst;
Der Mensch hat von sich selbst nur alles Guts zu hoffen.
Versöhnung ist sogleich bereit,
Ob ich mich selber schon geschlagen.
Sieh dich nur für;
Dich trifft die Bitterkeit
Du hast nach mir
Und meiner Strafe nicht zu fragen.

* * * *

Was einer an sich selbst getan,
Darf wahrlich nicht ein anderer probieren.
Es wird die Schmach den gar empfindlich rühren,
Der selber sich durch nichts empfindlich machen kann.

Wissenschaft geht vor Reichtum

Es ist doch wahr, was jener Weise schreibet,
Daß Dürftigkeit der Tugend Schwester sei,
Und die Erfahrung spricht, daß es dabei,
So lang gelehrte sind, auch unverändert bleibet.
Denn die des Reichtums Fülle haben,
Die fragen nicht nach den Gemütes Gaben.

Als Heidelberg im größten Flor
Und Überfluß die Musen nährte,
Tat ein gelehrter sich hervor,
Den jedermann zu sehn begehrte.
Er stund' im großen Rang, und wer ihn nur gekannt,
Bot ehrerbietig ihm die Hand.
Ein jeder hatt' ihn gern,
Und ehrt' ihn, nach Verdienst, als einen großen Herrn.

Ein Reicher nur, der aufgeblasen,
Wollt' ihm die rechte Hand nicht lassen,
Und meinte, daß, wer arm, ob er gleich hochgelehrt,
Nicht der geringsten Achtung wert.
Ich, war sein Wort, leb' im geehrten Stand,
Was will doch der Pedant?
Ich nur, und meinesgleichen,
Ich meine nur die Reichen,
Vermögen alles in der Stadt,
Wo dieser kaum ein armes Hüttgen hat.

Er kann, wie wir, den Staat nicht führen;
Er kann ja nicht einmal traktieren,
Wenn wir, zu schmausen, insgemein
Vergnüget beieinder sein.
Wir fahren oft, dem armen Tropf zum Possen,
In Chaisen und Karossen.
Ihm folget kein Lakei;
Wir haben derer zwei
Auch manchmal drei,
Die, daß wir alles neue wissen,
Auf denen Straßen laufen müssen.

Er trägt nur ein verschabtes Kleid;
Wir wechseln allezeit
Mit Trapd'argent und mit Trapd'or.
An solche Kleidung darf der kahle Narr nicht denken,
Wir müssen dann zuvor
Ihm, aus Barmherzigkeit, ein abgelegtes schenken.
Wir sind bei Großen nur gelitten,
Die öfters uns zum Spiel und zur Gesellschaft bitten.
Gehn wir zum Schmaus,
Bleibt er zu Haus.

Und wenn wir uns beim Wein vergnügen,
Muß er, in großer Dürftigkeit,
So, wie wir wissen, allezeit
Nur über seinen Büchern liegen.
Wenn wir in Compagnie,
Gleich wie die größten Herren, prangen,
Muß er so spat als früh,
Im finstern Loch, verhaßte Grillen fangen.
Und diese Grillenfangerei
Muß, denket doch, Verdienste heißen.
Vielmehr ist unsre Meierei
Und die Konsumtion zu preisen,
Davon die ganze Stadt genießt;
Wenn jener sich verschließt,
Und einen Taler kaum weiß für ein Buch zu zahlen.

So pflegte dieser reiche Mann,
Der dem gelehrten Tord getan,
Aus Neid und Übermut, von seinem Stand zu prahlen.
Das hörte der Gelehrte zwar,
Dieweil er aber klüger war,
Ließ er sich nichts von allem Lästern merken.
Er lachte nur der Eitelkeit,
Und sucht' in allen seinen Werken,
Was Gott und die, so Lebens wert, erfreut.
Ich bin vergnügt, sagt er in seinem Sinn,
Wenn ich geschickt in meinem Amte bin,
Und will es anderen von Herzen gerne gönnen,
Daß sie mit ihrem Geld sich lustig machen können.

Und was geschicht?
Man glaubt es nicht,
Wie bald die Sachen sich verändern;
Und sieht es doch in allen Ländern.
Die gute Pfalz, die schöne Stadt
Wird von Franzosen ganz verwüst.
Der reiche Mann hat alles eingebüßt.
Die Feinde rauben, was er hat.
Er selber muß mit Weib und Kindern fliehen.
Auch der Gelehrte muß leer seiner Straße ziehen.
Sie kommen beid' in Frankfurt an,
Und haben kaum ein Hemd auf ihrem Leibe.

Den einen bittet jedermann,
Daß in der Not er bei ihm bleibe.
Man schenket ihm ein neues Kleid,
Und Geld genug, daß er zu leben habe.
Der Reiche geht zerlumpt in seiner Dürftigkeit,
Und bittet vor der Tür nur eine kleine Gabe.
Den sieht der hier berühmte Gast,
Und reichet ihm von seiner Fülle.
Der Reiche dankt dem guten Wille;
Und seufzt: Ach! daß du gar nichts gelernet hast.
Der, den ich allezeit veracht,
Kann durch die Wissenschaft, auch in dem Elend leben,
Und den die Kunst emporgebracht,
Almosen in der Not, auch denen reichen, geben.

* * * *

Ein jeder preiset seine Gabe;
Doch die Erfahrung langer Zeit,
Beteuert, daß Gelehrsamkeit
Den Vorzug vor dem Reichtum habe.
Man trotze ja nicht auf die Güter;
Das Glück ist allzu schlüpferich.
Es setzet einen in den Stich,
Und nimmt, was es gegeben, wieder.
Der Reichtum kann gar leicht verschwinden;
Die Kunst ernährt, und geht durchs Land.
Und also kann, in jedem Stand,
Wer was gelernt, Nahrung finden.

Der Prahler Courage

Die Schwätzer wollen den Teufel bannen,
Wenn ihnen keiner widersteht;
Und laufen spornstreichs von dannen,
Sobald die Not an Manne geht.

Zween Pilger sind auf einer Straßen
In Hoffnung und Vertraulichkeit,
Einander nimmer zu verlassen.
Kommt's, spricht der eine, zu dem Streit,
Daß Straßenräuber auf uns stießen,
Wollt' ich, mein Bruder, lieber sehn,
Daß alle Kräfte mich verließen,
Als das ich sollte von dir gehn.
Du sollst mich einen andern heißen,
Werd ich sie nicht, auf Löwen Art,
In hundert tausend Stücken reißen.
Versichert, meine Gegenwart
Soll dir für eine Mauer dienen,
Die ganz unüberwindlich ist.
Ich bin zu deinem Schutz erschienen,
Weil du vielleicht zu furchtsam bist.

Während sie noch von der Sache reden,
Eräußert sich schon die Gefahr.
Es schießet einer, sie zu töten,
Der in der Näh verborgen war.
Menalcas fleucht, der groß gesprochen.
Der Mörder fällt den andern an,
Der diese Freveltat gerochen,
Und ihn erlegt. Als das getan,
Der Mörder mit dem Tod gerungen,
Und weiter nichts mehr fürchterlich,
Kommt der versteckt' hervorgesprungen,
Und schreit, der Henker hole dich,
Du Schelm sollst meinen Arm empfinden.

Ja, mit dem Maul, sprach jener drauf,
Kannst du die Feinde überwinden;
Drum höre nur zu prahlen auf.
Wenn du bei mir, verzagter, blieben,
Und nur gerufen, so wie jetzt:
Wir hätten den vielleicht vertrieben,
Dem ich allein mich widersetzt.
Und hätt' ihn nicht mein Schwert besieget,
So läg' ich selbst in meinem Blut,
Wie nun der Straßenräuber lieget,
Dem deine Drohung nichts mehr tut.

* * * *

Die mit dem Maul die Helden fällen,
Erwarten nimmer ihre Hand:
Denn Hunde beißen nicht, die bellen,
Und Prahler halten keinen Stand.

Die betrogene Hoffnung

Es kracht ein Berg; er macht ein solch Getön,
Daß Menschen überall zu Haufen,
Das Abenteuer mit anzusehn,
In größter Furcht zusammen laufen.
Es acht und kracht der Berg noch immerfort,
Und alles Volk will sich bereden,
Es sei der große Berg mit einem großen Ort,
Wie London und Paris, in denen Kindesnöten.
Die Nachbarschaft erstaunet sehr,
Und wartet desto mehr,
Was aus dem Berge möchte werden.
Und sieh', es kommt, aus abgeworfner Erden,
Ein überall verachtes Tier,
Ich mein' eine arme Maus, herfür.
Ein jeder schämet sich, und will sich nicht dran kehren.

* * * *

So wunderlich dies Mährlein anzuhören,
So wird dergleichen doch von vielen nachgemacht,
Die der gelehrten Welt, ich weiß nicht was, verheißen.
Ein jeder muß, worauf ein Prahlhans lang gedacht,
Die herrlichste Geburt auch im Verlangen preisen.
Kommt's aber an das Licht: wie heißt das schöne Kind?
Es ist zwar keine Maus, doch ist es lauter Wind.

Die Kunst ernährt

Ein Held erweist der Weisheit Gunst;
Weil ohne sie die Taten leicht vergessen.
Den Ruhm erhebt die gelehrte Kunst,
Durch welch' allein wir, was geschehn, ermessen.

Als Scipio, der tapfere Held,
Sich Meister von Karthago machte,
Und jedermann sein Lösegeld,
Zum Dienst des Überwinders brachte;
Stund' einer, der zerlumpt, zerlappt,
Im Mantel, als in einer Decke.
Wer steht, spricht unser Held, verkappt,
Gleich als ein Narr, dort in der Ecke?
Warum ist dieser Kerl bei mir,
Der Bettelkerl, im Saal erschienen?
Man weiß' ihm alsobald die Tür;
Er möchte sich sonst mehr erkühnen.

Bald hört er, ein Philosophus,
Desgleichen wenig in den Landen,
Bei welchem gar kein Überfluß,
Hab ihn zu sehn sich unterstanden.
Ei, spricht er, ist es dieser Mann,
So müssen wir ihn billig ehren,
Und ob ihn was vergnügen kann,
In Lieb' und allen Gnaden hören.
Er ruft ihn, in der schlechten Tracht,
Er hört ihn aufmerksam reden;
Und wie's derselbe vorgebracht,
Hilft er ihm gleich aus allen Nöten.

* * * *

Die Weisheit schwinget sich empor,
Wenn Ungemach sie gleich zu Boden schläget;
Man zieht sie unverhofft hervor,
Daß sie vergnügt die Siegespsalmen träget.
Kommt einer bis zum Bettelstand;
So wird sein Lob doch überall erschallen.
Es geht die Kunst durchs ganze Land,
Und muß zur Not auch Feinden wohlgefallen.

Der Wolf und die Ziege

Die sich mit Trug und arger List
Bei jedermann verdächtig machen;
Derselben muß, wer sicher ist,
Zu desto größrer Schande lachen.

Der Wolf erscheint beim Ziegenstall,
Und meint den leeren Bauch zu füllen;
Dieweil er sonsten überall
Nicht fand, was nach seinem Willen.
Er dachte, weil du hungrig bist,
Und du mit nichts dich weist zu laben;
So wird vielleicht noch eine List
Die lang gewünschte Wirkung haben.

Holla! nun, liebe Barbara,
So ruft der Wolf nächst an der Pforten,
Dein lieber Bruder Wolf ist da,
Weil wir nun gute Freunde worden.
Nachdem man lang genug gekriegt,
Und Feindschaft überall regiert,
Da jetzund der, bald der gesiegt,
Daß jeder Teil doch viel verlieret;
Erscheint der Friedensbote allhier,
Auch dir vergnüget anzusagen,
Daß künftig auf der Welt kein Tier
Ein anderes befugt zu plagen.
Der Friedensschluß soll allgemein,
Und Freundschaft unter allen Ständen
Gleich wieder hergestellet sein,
Die sonst sich leicht schaden könnten.
Der Löw' hat das Gesetz gemacht,
Daß, wer den Frieden brechen wollte,
Und wär' er noch so groß geacht,
Am lichten Galgen hangen sollte.
Und dies ist allen kund getan;
Du wirst es selbst vielleicht schon wissen.
Drum nehme mich zum Bruder an,
Daß wir einander liebreich küssen.

Willkomm, versetzt die Ziege drauf;
Wie lieb ist mir dies anzuhören!
Jetzt löst mein Herr all' Hunde auf,
Die Freund und Freundschaft zu vermehren.
Die werden dich mit einem Kuß,
Mein lieber Bruder, gleich empfangen.
Weil ich denselben weichen muß,
Werd' ich hernach dazu gelangen.
So bald der Wolf die Hunde hört,
Die doch an Ketten fest gesessen,
Streicht er davon, entrüstet, gestört,
Und muß des Friedens bald vergessen.

* * * *

Betrügerei geht selten an;
Und der den andern frech belogen,
Wird, daß er's deutlich merken kann,
Zwar billig und mit Recht, betrogen.
Mit gleicher Münz wird er bezahlt;
Die Falschheit wird gar leicht verraten.
Und so wie Neidhard abgemalt,
Sich selbst am allermeisten schaden.

Die Frösche und die Wasserschlange

Seht, wir der Mensch die guten Tagen
So wenig, als das Kreuz vertragen,
Noch sich in etwas schicken kann.
Ist einem gleich sein Teil beschieden,
Ist er damit doch nicht zufrieden,
Und sieht sein Schicksal sauer an.

Die Frösche lebten nach Gefallen,
Und schienen recht beglückt bei allen,
In einer weiten sichren See;
Sie konnten alle, guter Dingen,
Ans Land, und in die Pfützen springen,
Und quaxten ohne Leid und Weh.
Doch wollten sie, mit allen Gaben,
Auch einen eignen König haben,
Der sie mit Recht regieren könnt'.

Und Jupiter erhört ihr Bitten.
Doch wird zu keiner Wahl geschritten;
Weil er ihnen einen Balken sendt.
Der hat mit unverhofftem Knallen,
Doch nur in dem herunterfallen,
Die Frösche dergestalt erschreckt,
Daß sie, nicht ganz verzehrt zu werden,
Den Augenblick sich, von der Erden,
In ihrem tiefen Schlamm versteckt.

Sie sehen den Balken stille liegen,
Zu welchem sie sich bald verfügen,
Zu sehn, ob er's vertragen kann.
Sie springen ab, und kommen wieder,
Spazieren an ihm auf und nieder.
Der Balken kehrt sich nirgends an.
Wie sie bei allen ihren Werken
Des Balken gute Meinung merken,
Der ihnen niemals widersteht;
Tut keiner mehr, was er tun sollen,
Zusammen tun sie, was sie wollen,
Und äffen ihre Majestät.

Sie senden endlich ihre Boten,
Dem König, dessen sie nur spotten,
Fortan nicht untertan zu sein;
Sie bitten nun um einen neuen.
Und Jupiter, sie zu erfreuen,
Erhöret sie, und willigt drein.
Die größte derer Wasserschlangen
Soll nun zu dieser Ehr gelangen,
Die dienet und gehorchet fein;
Die wird, mit ihren scharfen Bissen,
Die Frevler schon zu strafen wissen,
Und ihrer gar bald mächtig sein.
Sie kommt ganz sacht herbeigeschlichen.
Kein Fröschlein ist damals entwichen.
Sie freuen sich in ihrem Sinn,
Und sprechen, nun ist unser Hoffen
Und Wünschen endlich eingetroffen;
Hier ist die beste Königin.

Allein sie fängt bald an zu schinden,
Und frisst alles, was zu finden.
Als nun gar wenig übrig sind,
Die sich in größter Furcht verkrochen;
Klagt einer, was wir uns versprochen,
Ist was uns nun zum Tod verbindet.
Wir konnten in der Freiheit leben.
Der König, welcher uns gegeben,
Stund keinem, weil er gütig, an.
Nun müssen wir, an statt der Freuden,
Den scharfen Biss der Schlage leiden,
Dem einer kaum entgehen kann.

* * * *

So geht es. Weil die guten Tagen
Im Wohlstand selten zu ertragen,
Und niemand mit sich selbst vergnügt;
Sieht mancher, welchem nicht zu raten,
Das Elend, Jammer, Not und Schaden,
Sich selbst nach seinem Wunsche fügt.
Zu spät muß mancher seiner Sünden
Und großer Torheit Reu empfinden,
Wenn er sich selbst zuschanden macht,
Ein Kluger weiß sich vorzusehen,
Und seufzet nicht, wenn das geschehen,
Das hätt' ich nimmermehr gedacht.

Treue Liebe wird belohnet

Daß der Menschen Lieb' und Trei,
Auch in der grimmen Barbarei,
Mehr als die schnöde Wollust gelte;
Das lerne man, wenn anders nicht,
Aus dem bekannten Lehr-Gedicht,
Und was ich jetzt von einem Schäfer melde.

Ein edel-treu verliebtes Paar,
Das in Apulien, nächst am Gestade,
Eine angesehne Herde hatte,
Und in der Einsamkeit bei sich vergnüget war,
Wird unversehens getrennet.
Ein Raub-Schiff landet an
Der Schäfer bringet, wie er kann,
In größester Geschwindigkeit,
Seine Herde nur in Sicherheit.
Indessen wird sein Schatz vom Räubervolk berennet,
Und mit der Beut, die solch Gesindel macht,
Wehklagend in das Schiff gebracht.
Der Schäfer hört dies Lamentieren,
Kommt schnell zurück, und sieht mit größtem Schmerz,
Daß sie sein halbes Herz,
Zur Sklaverei, von dannen führen.
Er ruft, er schreit, ob's möglich sei,
Sein alles, ja sich selbst, zur schweren Sklaverei,
Für ihre Freiheit hinzugeben;
Weil er nicht ohne sie könnt' oder wollte leben.
Sie spotteten seiner an dem Ort
Nur immerfort,
Und lassen ihre Segel streichen.

Der Schäfer überwindt sein größtes Ungemach,
Springt in das Meer, und schwimmet ihnen nach,
Kann wirklich auch das Schiff erreichen.
Er waget alles was er kann.
Die Räuber nehmen ihn aus Unmut endlich an.
Er hört nicht auf um seine Frau zu klagen,
Bis sie den Sklaven, auf das Blut,
Gestoßen und geschlagen.
Hier lerne man, was Liebe tut.

Die Reise wird in Schmach und Tränen überstanden,
Dieweil sie bald in Tunis landen.
Der Schäfer und die Schäferin
Sind nun beisammen, doch getrennet,
Vergnügt, und mißvergnügt im Sinn,
Daß man sie beide Sklaven nennet.
Dem Day wird endlich vorgebracht,
Wie sich der Schäfer selbst zum treuen Reis-Gefährt
Und ihrem Sklav gemacht;
Zwar mit Verlust der allerschönsten Herden;
Im schweren Dienst, und unerhörter Pein,
Nur allezeit bei seiner Frau zu sein.
Der Day kann dies unmöglich glauben.
Man, spricht er, kann wohl Sklaven rauben;
Daß einer aber selbst, nur weil er liebt,
Sich in den Stand begibt,
Weiß niemand leicht sich zu besinnen.
Ist's aber so, wer wollte nicht die Treu
Und Lieb' auch in der Sklaverei,
Wie sie's verdienet, lieb gewinnen.

Er schicket eilends hin,
Und hört den Schäfer selber reden;
Bald fragt er auch die Schäferin;
Und rettet beide aus ihren Nöten.
Er macht sie frei, beschenket sie,
Und lobet, was bei Türken nie,
Vielleicht auch nicht an andern Orten,
Gesehen noch gehöret worden.
Bleibt Kinder, spricht er ihnen zu,
Bleibt ungestört in der vergnügten Ruh;
Durchaus nichts soll die Liebe stören,
Die, wenn sie tugendhaft, so wie die Treu, zu ehren.
Bleibt, wenn ihr wollet, stets bei mir,
Und seid vergnügt in eurem Stande.
Sie dankten diesem Herrn dafür,
Und eilten wohk beschenkt nach ihrem Vaterlande.

* * * *

Die Tugend wird zwar oft gedrückt,
Und kaum in ihrem Glanz erblickt,
Doch kann sie niemals untenliegen.
Zumal muß im Lieben Treu,
Beständigkeit ohne Heuchelei,
Und Ehrfurcht alle Not besiegen.

Der Fuchs und der Wolf

Man fragt nur, was der Nächste macht,
Und meint, daß er allein nichts taugt;
Desselben Splitter wird veracht,
Der Balken nicht im eignen Auge.

Es hört der Fuchs vom Gastgebot,
Wozu gemästete Hühner kommen;
Welch' er dem reichen Wirt, zum Spott,
Im Angesicht hinweg genommen.
Als ihm der Wolf entgegen kam,
Der unbemerkt auf einer Wiesen
Ein armes magres Lämmgen nahm,
Aus Not desselben zu genießen.
Spricht dieser Fuchs, darf dies geschehn?
Wie lange willst du, Bösewicht, rauben,
Den Schafen nach dem Leben stehn,
Und grimmig wider alles schnauben?
Pfui, schäme dich der Gierigkeit;
Laß einem jeden seine Güter,
Laß jedes Tier in Sicherheit,
Und gib, was du gestohlen, wieder.
Weil mit Gewalt und falscher List
Dergleichen nur sich anzumaßen,
Dem Himmel so zuwider ist,
Daß er's nicht ungestraft kann lassen.

Ja, spricht der Wolf, du redest schön;
Ich sollte dir bald alles glauben.
Hatt' ich dich selber nicht gesehn
Dem Wirt die besten Hühner rauben.
In arger List, Betrug und Schand',
Auch deine allergröbsten Sünden,
Wird niemand leicht im ganzen Land,
Mein Lehrer, deines gleichen finden.
Ist's wahr, was du jetzt vorgebracht,
So mußt du das im Wandel zeigen.
Wer selber sich zuschanden macht,
Der bessre sich, und lerne schweigen.

* * * *

So geht es, leider! überall.
Man sucht die Fehler leicht zusammen,
Und klaget über den Verfall,
Muß aber sich doch selbst verdammen.

Die Fliege und die Ameise

Man rühme sich der Sünden nicht.
Denn wer sich dessen unterstanden,
Macht, ob ihm keiner widerspricht,
Sich selber offenbar zuschanden.

Die Fliege schilt ein' Ameis' aus,
Daß sie nicht das, was sie genieße,
Und sich in ihrem engen Haus,
Bei schlechter saurer Kost, verschließe.

Mein Aufenthalt ist überall,
Wo Lust und aller Reichtum wohnet.
Keine Herrschaft, kein vergnügter Ball,
Kein Altar wird von mir verschonet.
Ich darf mich auf der Königin
Erwählten Schmuck und Nase setzen.
Ich kann mich laben, wo ich bin,
Und stets auf neue Weis' ergetzen.
Ich bin sogleich bei jeder Kost;
Genieß' am ersten Leckerbissen.
Mich tränket der Götter Most,
Wovon kaum andre Tiere wissen.
Ich finde meinen Tisch bereit;
Ich darf nichts kaufen oder borgen;
Ich leb' in aller Üppigkeit;
Und darf für keine Nahrung sorgen.
All' Arbeit ist mir unbekannt,
In dem vergnügten vollen Leben.
Deswegen muß ein jeder Stand
Mir überall den Vorzug geben.

Die Ameis' aber lacht' und sprach:
Elendes Tier, was willst du sagen?
Es ist dein größtes Ungemach,
Wie deine Wollust, zu beklagen.
Du rühmst, was dir schädlich ist;
Du raubest, was dir nicht gebühret;
Und wirst, weil du verhasset bist,
Mit Gift und Schlägen abgeführet.
Deine Unverschämtheit bringet dir
Gar leicht den Untergang zuwegen.
Und deine Faulheit, glaube mir,
Kann sich allein den Sommer regen.
Du sorgest für den Winter nicht;
Drum kannst du diesen nicht erleben,
Und mußt, weil dir die Lust gebricht,
Erstarret an den Mauern kleben.

* * * *

Pfui schändlich-grober Prahlerei!
Wer wollte nicht die Fliegen hassen,
Welch' öffentlich, und ohne Scheu,
Von andrer Leuten Güter prassen.
Nur Tugend und Bescheidenheit,
Der Weisheit angenehmste Proben,
Fleiß, Demut, Ehrfurcht, Sparsamkeit,
Und kluge Sorgfalt ist zu loben.

Der Fuchs und der Drache

Ein Fuchs will sich, ein sicher Haus zu haben,
Aus seiner Höhle graben,
Und kommt auf ein verborgen Loch.
Da sieht er einen großen Drachen
Begierig einen Schatz bewachen.
Er stutzet zwar, begreift sich doch,
Und bittet, daß der Drach' ihm nicht verargen möge,
Weil er ganz unversehens, auf unbekanntem Wege,
Zu seiner Wohnung kommen sei;
Der Zuversicht, er werd' im nimmer schaden,
Noch seinen Aufenthalt verraten.

Erlaube mir, sagt unser Füchsgen frei,
Zu fragen, was du so verborgen
In diesem finstern Loch zu tun und zu besorgen?
Ich habe, spricht der Drach' in einem düstern Ton,
Hier weiter nichts zu machen,
Als einen teuren Schatz sorgfältig zu bewachen.
Genießest du dann nichts davon?
Nein, das darf ich nicht wagen.
Auch die nicht, welch' in Not dir ihren Kummer klagen?
Durchaus nicht, weil es heilig Gut.
So wirst du weder dir, noch and'ren etwas gönnen?
Fürwahr mir selber nichts, wenn's noch so nötig tut.
Du wirst zuweilen doch hier ruhig schlafen können?
Das wollen ja die Götter nicht.
So sag ich, sprach der Fuchs, dir in das Angesicht,
Die so, wie du, sich bei den Schätzen quälen,
Sind zu dem ärmsten Volk zu zählen.
Ihr Elend ist so groß, ihr Kummer so getan,
Daß niemand ihn aussprechen kann.

* * * *

Ja Narren sind es, die das Essen
Und Schlafen bei dem Geld vergessen.
Was nutzet einem dann sein Gut,
Davon er nimmermehr sich was zu gute tut?
Ein Geizhals schmachtet nur, bei allen Glückesgaben,
Und suchet, weil er sie bewahret, mehr zu haben.
Wer so gesinnt, und sein Verderben sucht,
Ist wahrlich eine Drachenzucht.

Ein Mann und eine Otter

Man suche mehr die Bosheit zu ersticken,
Als wider sich und and're zu erquicken.

Ein armer und liebreicher Mann
Geht auf dem Feld in Wintertagen
Und trifft daselbst eine Otter an,
Die ganz erstarrt kaum ihre Not kann klagen.
Mein lieber Mann, ich bin schier tot,
Und, wie du siehst, erstarret und erfroren;
Ach! rette du mich aus der Not,
Sonst bin ich schon verloren.
Ich will dafür erkenntlich sein,
Und auf der Welt eh alles missen,
Als dir nicht in der Tat allein
Mein Leben lebenslang forthin zu danken wissen.
Der gute Mann erbarmet sich,
Und nimmt die Otter auf, im Busen zu erqicken.
Kaum wird sie warm, so fängt sie an zu nicken,
Und gibt dem Mann den Geiffervollen Stich.,
Um ihn mit ihrem Gift zu töten.
Der sagt in den letzten Nöten:
Nun hab' ich meinen Lohn bekommen;
So muß es allen denen gehn,
Die Bös' in ihren Schutz genommen,
Und ihnen nicht beizeiten widerstehn.
Ich armer Mann empfind' es nun.

* * * *

Die Feind' in ihrem Busen tragen,
Und Bösewichtern gutes tun,
Die müssen, doch zu spät, ihr' Einfalt selbst beklagen.
Ja, der ist wohl sein eig'ner Feind,
Der's allzu gut mit den Bösen meint.

Die Schiffsleute und der Steuermann

Nur das geschieht,
Was Gott versieht,
Dem müssen wir nicht widerstreben,
Und allezeit in Gott gelassen leben.
Denn Übermut ist Lachens wert,
Und alles Elend wird durch Ungeduld vermehrt.

Das Volk, das sich zu Schiff begeben,
Muß zwischen Luft und Wasser schweben,
Und einen starken Sturm ausstehn.
Sie waren all' in Todsgefahr,
Und Furcht, es möcht ihr Schiff nun gar
Zerreißen und zu Grunde gehn.
Hier hörte man ein kläglich Schreien,
Daß alle schon verloren seien,
Und nicht ein Mensch sich retten könnt';
Es wollte jetzt das grimmig Element
Die Menschen mit dem Schiff verschlingen.
Da sah man erst ein Händeringen,
Als sinken sie und stürben schon,
Indem sie mit bestürztem Lallen,
In größter Desperation,
Untröstbar auf den Boden fallen.

Der Himmel klärt sich wieder auf.
Als mit den Stürmen derer Winden
Die Wellen auf der See verschwinden,
Bekommt das Schiff den recht erwünschten Lauf.
Das Volk sieht sich dem Tod entrissen,
Und jauchzet überlaut, vor ungemeiner Freud',
Weil sie, für jenen Sturm, die größte Annehmlichkeit
Mit Worten nicht recht auszusprechen wissen.

Ach! sprach der Steuermann,
Ihr lieben Leute, seid in eurem Glück gelassen,
Weil, in der Heftigkeit, was über alle Maßen,
Sich gar zu leicht verändern kann.
Ihr möchtet jetzt vor Freude wohl zerspringen,
Und eben wolltet ihr schon mit dem Tode ringen.
Lernt hier vielmehr des Glückes Unbestand.
Wenn's wohlgeht, überhebt beileibe nicht die Freude,
Und seid nicht zu verzagt im Leide;
Denn Glück und Unglück wird wie Wetter umgewandt.
Abwechslung herrschet auf der Erden;
Vor Abend kann es anders werden,
Und was geschieht, hat Gott getan.

* * * *

Wohl dem, der sich in alles findet,
Und so mit der Geduld das Elend überwindet,
Als gute Tage ertragen kann.

Ehre ohne Verdienste

Ihr Herrn Doktores zürnet nicht,
Wenn euch so großer Tord geschieht
Daß der Unwissenheit Gefährten,
Die Eseln, auch Doktores werden.

Die Böcke ziert ein langer Bart.
Als einer nun von gleicher Art
Dem angeseh'nen Weiberorden,
Den Ziegen, mitgeteilet worden;
Beschwerten sich die Böcke sehr,
Daß ihnen dies nachteilig wär,
Und einer Schanden gleich zu achten,
Wenn Ziegen sich zu Böcken machten.
Als dies dem Jupiter geklagt,
Wurd ihnen bald zum Trost gesagt:
Sie sollten sich zufrieden geben,
Und nur wie tapfre Böcke leben.
Es komm' auf das, was man getan,
Und auf den langen Bart nicht an.

* * * *

Womit die Männer sich vergnügen,
Und den auch stumme Fische trügen.
Wer Wissenschaft und Tugend hat,
Vergnüget sich nur mit der Tat,
Und wird auch denen, die nichts können,
Den Rang und Namen gerne gönnen.

Die Eigenliebe

Kein Wunder, wie leicht zu ermessen,
Daß Menschen, die sich selbst vergessen,
Nicht wissen, was ihm selbst gebricht.
All' ihre Taten sind zu preisen;
Was außer ihnen bös zu heißen,
Das einer nur den andern richt,
Selbst aber seine groben Sünden
Nicht kann auf seinem Rücken finden.

Ein Buckelrück meint, daß er schön,
Und hält es sich für eine Ehre,
Daß er so wohl gewachsen wäre,
Weil er den Rücken nie besehn.
Als der zu seinesgleichen kommen,
Und dessen Buckel wahrgenommen,
Spricht er, wie daß der arme Mann
Sich noch darf bei den Menschen wagen,
Der an dem Rücken nur zu tragen,
Und sich kaum recht verbeugen kann.
Wie mag der Tropf im Bette liegen?
Er wackelt als in einer Wiegen;
Man sollte sich an ihm versehn.
Nichts geht doch über Leibes Gaben.
Der Mensch muß sich versündigt haben,
Und nun mit einem Buckel gehn.
Er untersteht sich ihn zu fragen:
Wie kannst du diese Last ertragen?
Wie kommt das? und was schadet dir?

Der Mensch empfindet diese Schmerzen,
Und spricht: Elender, willst du scherzen;
So stelle dich dir selber für.
Du hast dich nicht an mich zu kehren,
Noch meinen Kummer zu vermehren;
Das Kreuz hab ich mit dir gemein;
Wenn du dich selber wolltest nennen,
Und ohne Heuchelei bekennen,
Was in der Tat wir beide sein.

* * * *

Der Menschen lasterhafte Triebe,
Der Hochmut und die Eigenliebe
Verderben, was sonst wohlgestalt,
Ein jeder muß sich selbst gefallen,
Die Fehler haben sonst in allen
Den ärgerlichen Aufenthalt.
Nur andre werden durchgezogen,
Geschimpft, verachtet und belogen,
Wobei der Mensch sich selbst vergißt.
So pflegt es, leider! zu geschehen,
Daß arme Sünder das nicht sehen,
Was tadelhaft an ihnen ist.

Der Jugend Eigensinn

Ein loser Knabe, der von Mutwill eingenommen,
Dem nicht zu raten war, ein rechter Eigensinn,
Weiß, daß auf einem Fluß bald der, bald der geschwommen;
Und das gefällt ihm, er schwimmt auch dahin.
Aus Unvorsichtigkeit kommt er dem Strom zu nah,
Der in dem schnellen Lauf ihn schon mit sich gerissen,
Daß, welche dies gesehn, ihm nicht zu helfen wissen.
Sie schreien desto mehr: sieh da, der Knabe da;
Er kommt gewißlich um: Ach! will ihn niemand retten?
O weh! o weh! wenn wir nur eine Stange hätten;
Er sinkt, er lebet kaum, dort muß er untergehn.
Ach! daß wir ohne Hilf' ihn hier ersaufen sehn.

Ein Schiffer höret dies, er merket die Gefahr,
Und sieht das arme Kind in Todesnöten schweben.
Er springet in den Fluß, und waget selbst sein Leben;
Erhaschet endlich auch den Knaben bei dem Haar,
Und reißet aus dem Strom ihn auf das trockne Lande.
Der Knab' ist selber sich zu helfen nicht im Stande;
Der ihn gerettet hat, erweist ihm Vaters Treu.
Wie sich der Knab' erholt, und die Gefahr vorbei,
Bewirft dieser Bösewicht den guten Mann mit Steinen,
Und spricht, du alter Schelm, mit unmutvollem Weinen,
Was hab ich dir getan, daß du, zum Schmerz und Prast,
Bei den Haaren mich heraus gezogen hast?
Wer dieses sieht und hört, erstaunet, daß der Knabe
Nicht größ're Lieb' und Dank dem treuen Retter habe.

* * * *

So geht es insgemein: es will der Unverstand
Im großen Ungemach viel lieber untergehen,
Als mit der Straf' und Zucht, von der Lehrer Hand
Zurück gezogen sein, und sich errettet sehen.

Der Fuchs und der Bock

Der Honig in dem Mund, und Gall im Herzen hat,
Den falschen Freund, und dessen bösen Rat,
Auch was wir sonst Verführung nennen,
Muß mancher allzuspät mit Schimpf und Schand' erkennen.

Ein Fuchs war einstens auf der Flucht,
Als er sich zu verbergen sucht',
Und nicht gar wohl in acht genommen,
In einen tiefen Brunnen kommen.
Hier weiß er nicht, wo aus, noch ein,
Und muß als ein Gefangner sein.
Er sitzt zu tief und kann, zu weichen,
Mit springen nicht den Rand erreichen.

In größester Verlegenheit,
Kommt noch ein Bock zu rechter Zeit,
Und sieht, als im vorüber gehen,
Den armen Fuchs im Brunnen stehen.
Ei, spricht der Bock, ist dieses Wasser gut?
Freund, sagt der Fuchs, wie mir zumut
Bei dieser angenehmen Quelle,
Das siehst du ja; von dieser Stelle,
Wo jetzt das beste Wasser qillt,
Geh' ich nicht, bis das der Durst gestillt.
Dergleichen ist nicht mehr zu haben;
Drum will ich mich rechtschaffen laben.
Probier es nur und steig herein;
Ich weiß, du wirst vergnüget sein,
Und, was im Brunnen zu genießen,
Mir immerfort zu danken wissen.
Komm, macht er ihm den Appetit,
Komm, lieber Bruder, trinke mit,
Eh jemand von der Güte höret,
Und unser Beider Freude störet.
Wohl, sprach der Bock und stieg dahin,
Dieweil ich eben durstig bin,
Laß mich das schöne Wasser schmecken.
Der Fuchs stieg an ihm auf, und ließ den Lecker stecken.
Nun trinke, rief er ihm herab,
Was ich genug gekostet hab.
Ich will indessen weiter gehen,
Und, wenns geschehen kann, dich künftig wieder sehen.

* * * *

Man traue dem Betrüger nicht,
Wenn der von Lieb' und Freundschaft spricht,
Spielt er gewiß den schlechten Possen,
Und hat den Untergang schon über uns beschlossen.
Dieweil, wer bös, nicht seine Ruppen läßt,
So fliehe man ihn, wie die Pest;
Sonst muß man seiner Tück', als die nicht zu ergründen,
Mit Schaden und Gefahr, bald in der Tat empfinden.

Die Feile und die Katze

Von Katzen spricht man insgemein,
Daß sie gar falsch und  trüglich sein;
Ja daß die Eigenschaft der Katzen,
Gefährlich bei dem Lecken kratzen.

Doch ohne List und Heuchelei
Schlich eine Katze zur Schreinerei,
Und meinet, weil das Werkzeug offen,
Sie habe was zum naschen angetroffen.
Findt aber sich in Stich gesetzt,
Und untersteht sich gar zuletzt
An einer scharfen Feil zu lecken und zu nagen.
Die Zunge fängt zu bluten an.
Sie meint, es sei um diese Feil getan,
Hingegen habe sie den Sieg davon getragen.
Drum lecket sie und beißet desto mehr,
Verwundet ihre Zunge sehr,
Und muß von ihrem Feind, der scharfen Feile hören:
Du Törin willst dich selbst verzehren?
Mir schadet deine Zunge nicht.
Und was frag' ich nach deinem Beißen?
Da selbst das ungezwungen Eisen
Durch meinen Stahl und Schärfe bricht.

* * * *

So geht es den Lästerzungn
Bei reiner Unschuld immerfort;
Sie tun sich selbst den größten Tord,
Und werden durch die Macht der Tugenden bezwungen.
Und trifft ein Lästermaul hier seines gleichen an,
So ist es offenbar um all sein Glück getan;
Denn wer zu beißen meint, wird selber so gebissen,
Daß beide Teile oft zu schanden werden müssen.

Der Jäger und das Windspiel

Ein Jäger war von Freuden eingenommen,
Als er ein Windspiel überkommen,
Das unvergleichlich in dem Fang;
Dem, wenn es auf ein Wild gesprungen,
Nie sein erhitzter Sprung mißlungen,
Und seinen Herrn gereute gar kein Gang.
Er liebt' und rühmet diesen Hund,
Daß er nicht seines gleichen hätte;
Er wagt deswegen eine Wette,
Macht diese Freud an allen Orten kund;
Und die mit diesem Windspiel jagen,
Erfreuen sich von ihm zu sagen,
Was seine Fertigkeit getan.

Der Jäger hatte solche Proben,
Daß er es nicht genugsam loben
Und überall erheben kann.
Doch läßt er diesen Hund so dürr und dünne schmachten,
Daß alle Hund' ihn neben sich verachten.
Als sich der Hund zu stark ermüdet hat,
Wurd nicht sein Lob, doch sein gar wenig Essen,
Und seine magre Kost vergessen.
Es war der Hund vor Hunger satt,
Und mußt', ob's schad' ihn zu verlieren,
Bei seinem großen Lob krepieren.

* * * *

Dem Windhund sind Gelehrte gleich,
Welch' einen großen Ruhm erjagen.
Man lobet sie, doch nur bei leerem Magen,
Und machet Ignoranten reich.
Was soll man die Verdienste loben?
Da Musen selbst auf dürren Hügeln wohnen,
Sie haben Ehre genug, dabei auch ihre Not;
Man gönnet ihnen Lob, doch kaum ein Stückchen Brot.
Man hat es lieb und wert, ihm aber nichts zu geben,
Soll dieses arme Volk nur von dem Winde leben.

Sokrates kleines Haus

Der weise Sokrates baut sich ein kleines Haus,
Das ihm bequem genug zum Aufenthalt geschienen,
Auch einen frommen Gast nach Würden zu bedienen.
Die schnöde Tadelsucht war gleich darüber aus.
Was, spricht sie, will dieser Mann mit diesem Häuschen machen?
Es wird die ganze Stadt hier seiner Torheit lachen.
Ist dieses auch ein Nest für einen großen Mann?
Er kann sich in dem Loch kaum regen und bewegen.
Wohin will er den Gast, der ihn besuchet, legen?
Auch haben seine Freund' ihm dieses kund getan;
Die können, weil sie selbst ihr Mißvergnügen zeigen,
Was sie davon gehört, dem Manne nicht verschweigen.
Ich hab', antwortet er, mein Häuschen schon bereut.
Und wollte Gott, ich könnt' es, recht nach meinen Willen,
Denn daran fehlt es nicht, mit wahren Freunden füllen;
Die, leider! nun so rar, daß ihnen dies zu weit.
An Freunden fehlt es nicht, welch' einen oft besuchen.

* * * *

Sich meisterlich verstellen, und hinterm Rücken fluchen;
Verschwinden aber bald all' in der Zeit der Not.
Ein Kluger soll allein sich wahre Freunde wählen,
Die lassen aber sich an den Fingern zählen,
Es geht, so wie man spricht, ein Dutzend auf ein Lot.
Wohl dem, wer eingeschränkt, und frei von aller List
In seinem Hause wohnt, darin er sich vergnüget,
Ohn' Überfluß und Pracht, sich nach Vermögen schmieget,
Und vor dem Überfall der Falschheit sicher ist.
So wird er seine Ruh mit leichter Müh' erlangen,
Und einen wahren Freund mit wahrer Lieb' empfangen.

Die von den Wieseln überwundenen Mäuse

Nach langem zweifelhaften Kriegen,
Und einer tapfren Gegenwehr,
Kann endlich der Wiesel Heer
Der Mäuse groß' Armee besiegen.

Das Mäusevolk hat eine Pracht
Mit seinen Generals gemacht,
Und ihnen Hauben aufgesetzet.
An welcher großen Eitelkeit
Ein jede Maus, nicht ohne Neid,
Sich, in der Niedrigkeit ergetztet.
Sie sagen oder denken all:
Warum bist du nicht General?
Du könntest auch die Hauben tragen,
Die Zierd' ist aber nicht für dich.
Deswegen viele jämmerlich
Ihr widerwärtig Glück beklagen.

Als nach der Schlacht nun auf der Flucht
Ein jeder sich zu retten sucht,
Erreichen diese Höhl' und Hecken.
Die Oberst' irren überall,
Und bleiben, zur gewissen Qual,
Mit ihren großen Hauben stecken.
Die Sieger folgen ihnen nach
Und finden, welches Ungemach!
Die Mäus' in ihrem Zierrat hangen,
Die hier und da sich zwar versteckt,
Weil aber sie die Mütz' entdeckt,
Sind diese Elenden bald gefangen.
Als eine Maus, die leicht entflieht,
Die Obersten zerfleischet sieht,
Spricht sie: nun lern ich hier zumalen,
Der Klein' entwischt des Siegers Wut,
Der Große muß mit seinem Blut,
Nur wegen seiner Pracht bezahlen.

* * * *

Das hindert einen, was geziert.
Und wenn man lang herum geführt,
Erkennet man erst seine Sünden.
Der Staat und Rang ist nur Betrug.
Mit andrer Schaden werd' ich klug,
Und lerne Freud in Demut finden.
Von Kleinen werden übersehn,
Welch' in dem größten Range stehn.
Und die vergnügt in Armut leben,
Erfahren, obgleich mit Verdruß,
Daß viele, bei dem Überfluß,
In unerhörten Nöten schweben.
Was wünschen oft die Menschen nicht,
Ob's ihnen gleich die Hälse bricht?
Man strebe nicht nach hohen Dingen,
Die, wenn sie mit der schönsten Pracht,
Die Menschen recht vergnügt gemacht,
Dieselb' oft um das Leben bringen.
Die Niedrig' und vom Mittelstand
Sind sicherer im ganzen Land,
Als die mit ihrem Ansehn prangen.
Es bleibet dieser Herrlichkeit,
In Friedens- und in Kriegeszeit,
Am ersten in der Falle hangen.

Das Rentier und der Bär

Welch' allzeit hinterm Ofen sitzen,
Erfahren nichts von aller Welt,
Und strafen, selber sich zu schützen,
Was ihnen anders vorgestellt.

Ein Rentier aus dem kalten Norden.
Das recht zu Reisen aufgelegt,
Besuchet weit entlegne Orte,
Wohin es seine Läufe trägt.
Es hatte nicht so viel vonnöten,
Als sonst manch verliebtes Blut
In Frankreich, Dänemark und Schweden,
Zum bloßen Zeitvertreib, vertut;
Als einer der deutschen Affen
In dem bezaubernden Paris,
Sich nach Plaisir nur umzugaffen,
Vor wenig Wochen sitzen ließ;
Als mancher um Galanterien,
Die mehr als Wissenschaft beliebt,
Und überall genug beschrien,
Betrügerische Juden gibt.

Die Reise ging nach Wunsch von statten;
Der Tisch war unverhofft gedeckt;
Von denen die geborget hatten,
Der Kavalier nicht aufgeweckt.
Kein Postillon war ihm zuwider,
Er legte sich, wenn's ihm gefiel,
Ganz ohne Sorgen schlafen nieder,
Und setzte selbst sich Maß und Ziel.
Er durfte keinen Paßport zeigen,
Kein Räuber griff ihn mördrisch an,
Er forscht' und sah', ohn einig neigen,
Was niemand sonst leicht sehen kann.
Er ließ seinen Mut nicht sinken,
Und folgte der Klugen Rat,
Sich selber nichts, wie die, zu dünken,
Welch' Eigenlieb' ersticket hat.

Das Rentier reiset gar behende,
Durch Moskau, der Türken Land,
Und ferner Ägyptens Ende,
Bis er zuletzt die Linie fand.
An Madagaskar blieb er stehen,
Erstaunend hier den Mittelkreis,
Sonn, Mond und alles anzusehen,
Wovon man nichts im Norden weiß.
Er merkt den Staat, und ließ sich sagen,
Was in dem ganzen Land geschieht.
Die Hitze konnt' es nicht vertragen;
Drum war auch hier sein Bleiben nicht.
Der Fremdling war zwar wohl gelitten,
Doch fand' er nirgends hier sein Glück,
Und eilete mit vollen Schritten
Den ihm bekannten Weg zurück.

Kommt endlich, nach vollbrachter Reise,
Ermüdet in sein Vaterland;
Woselbst er nach alter Weise,
Was er verlassen, wieder fand.
Er grüßt den Bären; ist willkommen;
Verehret seine Majestät,
Wird, als ein Gast, hier aufgenommen,
Gefragt woher, wohin, wie's geht.
Das Rentier freut sich zu beschreiben,
Was in der ganzen Zeit geschehn,
Und was, die hinterm Ofen bleiben,
Noch nie gehöret, noch gesehn.
Mein Herr, sprach es zum grimmen Bären,
Ist's mir erlaubt, so sag' ich frei,
Daß unser Wünschen und Begehren
Weit anders als der andern sei.
Daß weit erhabne Königreiche
Welch' ein gar weites Meer umschließt,
Und selbst die Tiere sich nicht gleichen,
Weil Erd' und himmel anders ist.

Kein Tier wird mich doch überwinden,
Sagt der ergrimmte Bär dazu.
Ja viele, viele sind zu finden,
Die größer, stärker auch als du.
Ho, ho, fängt dieser an zu brummen.
Gewiß, Herr Bär, das glaub' er mir.
Für Löwen sollt' er bald verstummen,
Erzittern vor dem Tigertier.
Wie ganz erstaunlich sind die Drachen?
Wie schädlich der Schlangen Stich?
Wem der Krokodilen Rachen
In aller Welt nicht fürchterlich?
Ich habe nun ein Land durchgangen,
Das immer grün mit Blumen prangt,
Wo jederzeit die Früchte hangen,
Und jeder, was er wünscht, erlangt.
Nichts ist von Eis und Schnee zu finden;
Der Winter unserm Sommer gleich,
Die Kostbarkeit nicht zu ergründen;
Von Gold und Silber alles reich.
Die Menschen können nackend wandeln.
Die Schiffe segeln immerfort.
Da können alle Völker handeln,
Und glücklich sein an jedem Ort.

Schweig von der Erd'; hier ist es besser,
Brummt jener, hier ist Eis und Schnee.
Wie wär' es uns bei dem Gewässer?
Sag, wie's dort um den Himmel steh.
Jahr aus, Jahr ein, sind Nächt' und Tagen,
So wie man zählt, zwölf Stunden lang.
Hier hält die Sonn, wenn's sechs geschlagen,
Gleich ihren Auf- und Untergang.
Sie pfleget ganz empor zu steigen;
Nach Norden sich ein halbes Jahr,
Nach Süden auch so lang zu neigen;
Und strahlet unbeschreiblich klar.
So können sie zween Sommer zählen,
Zween Winter, welche doch nicht kalt.

Der Mond . . . Schweig still, laß dir befehlen,
Rief der ergrimmte Bär so bald,
Schweig, Lügner, du sollst gleich empfinden,
Was der Vermessenheit gebührt.
Pfui! schäme dich der groben Sünden.
Der Teufel hat dich ja verführt;
Daß Sonn und Mond, nicht nur die Erden,
Auch wider allen Augenschein,
Von dir verstellt, geschändet werden.
Das kann nicht ungerochen sein.
Bediente, strafet das Verbrechen
An dem, der mich belogen hat,
Und fresset, diese Schmach zu rächen,
Euch an dem armen Rentier satt.
Die Bären fallen ihm auf den Rücken.
Es offerieret der Beweis.
Doch reißen sie es gleich in Stücken,
Und geben ihm den Lohn der Reis.

* * * *

Was einer weiß, sieht und empfindet,
Ob's ihm auch nur geträumet hat;
Dazu verpflichtet und verbindet
Derselb' all seinen Rat und Tat.
Nichts anders mag er sehn und hören;
Genug daß er weit klüger ist;
Und wer ihn in dem Wahn will stören,
Ihm an den klugen Herzen frißt.
Unwissenheit tyrannisieret,
Und leidet keinen Unterricht.
Wer's besser weiß, und sie nur rühret,
Entgehet ihren Klauen nicht.