Fabelverzeichnis

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Buch 4
 

Buch 3
 
Das Pferd und die wilden Schweine
Zween ungleiche Hunde
Der Fuchs und die Traube
Die Freiheit
Die Maus und die Wiesel
Der liederliche Student
Der Pfau und die Juno
Die Nachtigall und die Lerche
Umsonst der Tod
Die Heuschrecke und die Nachteule
Die gestrafte Einfalt
Der Schein betrügt
Von einem wilden Knaben und den Wölfen
Nichts wider das Vermögen
Die Mäuse und das Eichhorn
Gebrauch des Spiegels
Man höre nicht, was Lästerzungen sprechen
Das Wiesel und die Maus
Der Bauer und sein Apfelbaum
Der Wolf und der Hund
Das Eichhorn und der Fuchs
Der Fuchs und die Katze
Der Hirsch und der Hausmann
Der gereiste Hahn
Das Füllen und seine Mutter
Zween Maulesel

 

Das Pferd und die wilden Schweine

Ein mutig Pferd hielt seine Tränken
Frei von verachter Dienstbarkeit,
Frei von der Menschen List und Ränken,
Und lebt' in froher Sicherheit.

Das wilde Schwein kommt an die Quelle,
Macht das beliebte Wasser trüb',
Und wälzte sich an dieser Stelle,
Wo sonst das Pferd nicht durstig blieb'.
Es kommt und findet sich betrogen;
Es sieht, was hier das Schwein getan;
Wünscht, weil es bloß, sich Pfeil und Bogen,
Und daß er sich nur rächen kann.
Im Zorn eilt es zum starken Bauern,
Und klaget den wehrlosen Streit.
Der Feind, sagt der, ist zu belauern,
Nur fehlt es an Geschwindigkeit.
Du kannst auf meinem Rücken sitzen,
War des erzürnten Pferdes Wort,
Erweise dich als einen Schützen,
Und reite mit mir schleunig fort.

Er reitet so mit Spieß als Pfeilen,
Und trifft das Schwein auch wirklich an,
Das, weil die Feind' im Streiten eilen,
Sich nirgends hin verbergen kann.
Es wird geschossen und erstochen,
Und der dem Pferd geschehne Tord,
Nach Will' und Herzenswunsch gerochen.
Sie reiten also wieder fort.
Noch eins, es wird der fette Braten
Ich meine, das erlegte Schwein,
Dem Pferd vom Bauern aufgeladen.
Und das kann nun zufrieden sein.
Es trägt den Bauern samt der Beute,
Selbst über diese Tat vergnügt,
Bis in das Dorf, zu seinen Leuten,
Und danket, daß sein Feind besiegt.

Will nun auch seines Weges gehen;
Der Bauer aber hält es an,
Und spricht, mich freut, was jetzt geschehen;
Bleib' auch, weil ich dich brauchen kann.
Die Beute ist mir zwar lieb gewesen,
Doch nicht so lieb, als deine Treu.
Drum hab' ich dich zum Dienst erlesen.
Nun bist du mein, und nicht mehr frei.
Du sollst dort Zaum und Sattel tragen,
Und allzeit mein Gefährte sein.
Das Pferd erschrickt, fängt an zu klagen;
So wird die Rache meine Pein.

* * * *

Die Rachgier hat das Schwein erleget,
Sich selbst zur Dienstbarkeit gebracht.
Weh dem, der einen Bauern träget,
Weil er ihn gar zum Sklaven macht.
Wer wollte nicht vielmehr vergeben,
Was einer ihm zu Leid getan,
Als selbst dafür in Knechtschaft leben,
Die niemand sonst ertragen kann?
Den Rache, Neid, und Haß beladen,
Der ist nicht eine Stunde frei,
Und wählet, sich nur selbst zu schaden,
Eine unerhörte Sklaverei.

Zween ungleiche Hunde

Zween Hunde, welche Brüder waren,
Von einem Wurf und gleichen Jahren,
Erwählten ihren Aufenthalt,
Denn beide waren wohlgestalt,
An einem derer besten Orten,
Wo sie leicht aufgenommen worden.
Melampus zwar von einem Rat,
Und Mopsus von dem Advokat.

Melampus ließ sich wohl regieren,
Und artig in die Schule führen;
War künstlich, wachsam und getreu,
Willfährig und voll Schmeichelei.
Er folgt dem Herrn in allen Dingen;
Lernt, was verloren, wieder bringen,
Bewahrte fleißig seine Sach',
Und trug, was ihm gegeben, nach.
Kein Fremder durft' ihm etwas sagen.
Er dient' im Spiel, und zu dem Jagen,
Und täte, was man wollte gern,
Doch niemand sonst, als seinen Herrn.
Dem folget er auf allen Straßen;
Den wollt' er nirgendwo verlassen;
Und wer ihn scherzweis nur berührt,
Wurd' unverzüglich abgeführt.
Es durften kein' ins Zimmer treten,
Die sich nicht erst gemeldet hätten.
Das ganze Haus war Tag und Nacht
Von dem getreuen Hund bewacht.
Kaum war die Herrschaft aufgestanden,
Melampus war sogleich vorhanden,
Und grüßte, wie man's wünschen kann,
In seinem Hause jedermann.
Ja wo sein Herr nur ging und stunde,
Fragt er nach seinem treuen Hunde.
Drum ehret ihn so Frau als Kind,
Und folglich alles Hausgesind'.
Es durfte nichts Melampus fehlen;
Der konnte selbst die Speise wählen,
Welch' er im Überfluß bekam,
Und von des Herren Händen nahm.
So mußte sich der Hund vom Besten,
In angenehmer Schmeichlung mästen.
Er wurde so voll Fleisch und schön,
Daß es auch lustig anzusehn.
Der Herr ließ ihn, für alles schmeicheln,
Oft kämmen, waschen, putzen, streicheln.
Es schmückte selbst des Herren Hand
Den fetten Hals mit einem Band,
Das fein mit Silberblech beschlagen
Melampus ihm zu Ehren tragen,
Und wenn er ging, zu seiner Lust,
Vortrefflich paradieren mußt.

Der traf einst, im vorübergehen,
In einem wüsten Stalle stehen,
Ganz mager, schäbicht, eingetan,
Den armen Bruder Mopsus an.
Wie stehts? spricht er. Wie soll es stehen?
Antwortet dieser, wie zu sehen;
Schlecht, leider! schlecht und kümmerlich.
Doch, wer bekümmert sich um mich?
Die Rippen sind an mir zu zählen;
Ich muß mich nur mit Hunger quälen;
Und zur Vermehrung meiner Not,
Gibt man mir Prügel für das Brot.
Kaum weiß ich meine Last zu tragen.
Die Knochen sind ganz blau geschlagen,
Das Fell ist wund und abgeschabt,
Woran der Fliegen Schwarm sich labt.
Was ist ein Hund doch vor dem andern?
Wie gerne wollt' ich wieder wandern,
Weil ich so gar geplaget bin,
Wenn ich nur wüßte, wo nun hin.
Wie fein und schön bist du gezieret?
Du glänzest als mit Fett geschmieret,
Und lebst in allem Überfluß;
Dieweil ich armer schmachten muß.
Das Schicksal weiß von keinem Rechte.
Wir sind von einerlei Geschlechte.
Wie wunderlich spielt Glück und Zeit,
Und zeiget die Parteilichkeit?
Warum bist du vor mir erhaben?
Warum find' ich nicht gleiche Gaben?
Da, wie dein Herr, mein Advokat
Doch ebenwohl zu leben hat.
Zufrieden Bruder, nur zufrieden.

Mir, spricht Melampus, ist beschieden,
Was dir die Lebensart versagt.
Das Glück wird unrecht angeklagt.
Du bist wahrhaftig meinesgleichen;
Wir dienen beide den Reichen,
Doch merke diesen Unterschied
In Tugend und Geschicklichkeit.
Wenn du dich recht bequemen wollen,
Und tun, was rechte Hunde sollen,
Und was ich allezeit getan,
So liebte dich auch jedermann.
Ein jeder soll, in dem Geschicke,
Selbst Meister sein von seinem Glücke;
Weil, wie das Leben, Sinn und Tat,
Er's wirklich zu genießen hat.
Man poche nur nicht auf die Ahnen;
Die müssen uns vielmehr ermahnen,
Es ihnen wirklich gleich zu tun.
Was gelten die Geschlechter nun,
Die längstens schon herab gekommen,
Und nichts als Moder mitgenommen?
Verdienste müssen ungemein
Von uns, und nicht von andern sein.
Wer was gelernt, die Tugend liebet,
Und sich, der Welt zu nützen übet,
Ist lieb und wert an jedem Ort,
Und kommet, wie er's wünschet, fort.
Wer dumm und faul, lebt in dem Lande,
Dem Volk zur Last, sich selbst zur Schande,
Und stirbt er für Ungeduld;
Hat niemand, als er selber Schuld.

Der Fuchs und die Traube

Was einer gar zu mühsam sucht,
Daß er schier vor Verlangen brennet,
Wird, wenn's vergebens, eine Frucht,
Die bitter und verhaßt, genennet.

Den Fuchs plagt einst der Hunger sehr,
Daß er in einen Weinberg gegangen,
Ob etwan was zu naschen wär.
Hier sieht er eine Traube hangen,
Die reif und unvergleichlich voll;
Daß sie dem Fuchsen Lust erwecket,
Der, als ob er ganz rasend toll,
Springt, und sich in die Länge strecket.
So hoch er immer kommen kann,
Sucht er die Traube abzunehmen.
Als alle Müh umsonst getan,
Fängt er sich selber an zu schämen,
Und geht im Zorn betrübt davon.
Der Rabe, welch' es angesehen,
Spricht, aber nur aus lauter Hohn,
Wie? willst du so von hinnen gehen?
Ei, sagt der Fuchs in seiner List,
Ich mag die Traube nicht berühren,
Weil sie nicht reif und bitter ist.
Wie sollt' ich solche mit mir führen?
Der Rabe lacht und spricht, die Müh
Ist wirklich der Traube wegen
Von dir vergebens und zu früh
Hier angewandt, und ohne Segen.

* * * *

Was einer nicht bekommen kann,
Und setzet alle Müh dagegen,
Sieht er zuletzt verächtlich an,
Und spricht, daß er's nicht haben mögen.
Man schämt sich der Lust und Müh,
Wenn man dafür den Korb empfangen,
Und zeiget zum versagten nie,
Mit Scham und Schande, sein Verlangen.

Die Freiheit

Ein edel tugendsam Gemüt
Pflegt Dienstbarkeit und Zwang zu meiden.
Der sein Vergnügen ihm entzieht;
Sollt' es auch Not und Kummer leiden.

Ein Vogel, der im Bauer hing,
Und weil er seinen Herrn ergetzte,
Gar reichlich Speis und Trank empfing,
Das man ihm vor den Käfig setzte,
Schien ganz vergnügt im Lobgesang,
Daß ihn sein Herr recht lieb gewonnen,
Von dessen Hand er, doch mit Zwang,
Sein Futter oft und viel genommen.
Den Mann entzückte jeder Ton;
Drum ließ er Tür und Fenster offen.
Der Vogel aber flog davon,
Den er ihm Garten angetroffen.
Komm, spricht er, Vogel komme doch;
Ich warte deiner mit Verlangen;
Bei mir wirst du das Futter noch,
Das du jetzt suchen mußt, empfangen.
Dein Käfig lauert nur auf dich,
Und wird nichts deiner Lust versagen.
So wirst du auch, versicher' ich,
Nicht über deinen Herren klagen.

Ich klage, spricht der Vogel, nicht,
Und danke dir für alle Güte.
Was aber mir bei dir gebricht,
Ist Freiheit und ein froh Gemüte.
Ich liebe keinen Überfluß,
Denn ich doch nur im Zwang genieße;
Wo, wenn du willst, ich singen muß
Und leben, daß man mich verschließe.
Mit wenigem bin ich vergnügt,
Wenn ich nur meine Freiheit habe.
Im fliegen find ich, wo sie liegt,
Auch allezeit des Schöpfers Gabe.
Den preis ich in dem offnen Feld,
Der, ohne was von dir zu borgen,
In Lieb' und Freiheit mich erhält,
Und Lebenslang mich wird versorgen.

* * * *

Der ist ein recht beglückter Mann,
Der seinen großen Schöpfer ehren,
Und seinem Nächsten dienen kann
Ohn' in der Freiheit sich zu stören.
Sie bleibt ein unbeschreiblich Gut,
Und lässet den vergnügten Seelen,
In einem rechten Heldenmut,
Es nicht an einem Dinge fehlen.
Hat einer Ehr und alles satt,
Und muß gleich einem Sklaven leben;
Für alles wollt' ich, was er hat,
Nicht einen kahlen Groschen geben.
Unschätzbar und ein wahres Glück
Bist, edle Freiheit, du zu nennen.
Nimmt einer dich von mir zurück;
Der muß mein edel Herz nicht kennen.

Die Maus und das Wiesel

Erfahrung und Vorsichtigkeit
Hilft den Menschen allezeit;
Wenn die Verstellung oder List
Der Sicherheit entgegen ist.
Man lerne das von den Mäusen.

Das Wiesel, welch' ihr angesagter Feind,
Und sie für Futter nimmt, wo sie zu finden seind.
Konnt' in dem Alter sie nicht mehr so häufig speisen.
Sie waren zu geschwind.   Der Feind steif, stumpf und lahm,
Daß selten eine Maus ihm in die Klauen kam.
Was fängt in großer Not das schlaue Wiesel an?
Sie wollte doch zu leben haben.
List und Betrug versprechen ihr die Gaben,
Welch' ihre Kraft nicht geben kann.
Sie geht, bestreuet sich, bis an die Kehl,
Dick voll, mit reinem Weizenmehl,
Und legt sich ganz still in einen Haufen,
Als wenn da lauter Mehl und reiche Speise sei.
Die Mäuse machen sich herbei,
Und können so geschwind nicht laufen,
Als sie das Wiesel fängt und frißt.
So kommt die Speis ihr haufenweis entgegen;
Daß sie, bei solchem Unvermögen,
Doch gar zu wohl versorget ist.

Eine alte Maus geht mit den Jungen,
Welche öfters Gift, das ihr gestreut,
Und allerlei Gefahr gescheut,
Auch sonst aus mancher Fall gesprungen.
Die merket Unrat, sieht sich für,
Und spricht, hier liegt ein Schelm begraben.
Geht ja zurück, und folget mir;
So wird der Feind uns nicht zum besten haben.
Gehab dich wohl, Betrüger dort,
So wie da keine Speise lieget
Lieg, wie du willst, lieg immerfort;
Weil mich der Schein doch nimmermehr betrüget.

* * * *

Man forsch' und merk' auf allen Wegen,
Ob auch Gefahr vorhanden sei;
Weil arge List und Heuchelei
Schier aller Orten Falle legen.
Der argen Welt ist nicht zu trauen.
Die Falschheit aber wird verbannt;
Wo Menschen nur, in ihrem Stand,
Auf Redlichkeit und Tugend bauen;
Und in der Unschuld teurem Preis
Ein jeder sich, behutsam und erfahren,
Für den Bösen zu bewahren,
Und recht vergnügt zu leben weiß.

Der liederliche Student

Der Mutter allerliebster Sohn
War ganz mit Hochmut eingenommrn,
Und meint', er wäre wirklich schon
Zum höchsten Grad der Ehren kommen.
Er putzte sich nur immerhin,
Und mußt', ein Herr Student zu heißen,
In Unvernunft und Eigensinn,
Auf eine hohe Schule reisen.
Nichts bracht er mit, als feines Geld;
Die Bücher wußt' er kaum zu lesen;
Und also bliebe dieser Held,
Was er in seinem Haus gewesen.
Studieren war ein schlechtes Ding;
Er wußte schon, was da zu lernen;
Die Lehrer achtet' er gering
Und seine Lust war sich entfernen.
Wer ihn ermahnte, war sein Feind;
Er wußte besser, was er hörte,
Und glaubte, daß, wer's redlich meint',
Ihm Sorgen und Verdruß vermehrte.

An Gottes Wort wurd nicht gedacht.
Man brauche, sprach er, seine Jugend;
Und wie er Gottesdienst veracht,
Verachtet er auch Zucht und Tugend.
Gesellschaft sucht' er überall,
Nur solcher, welche seines gleichen;
Und wollt', im öftern Überfall,
Auch keinem derer schlimmsten weichen.

Der Tag erhielt den Müßiggang;
Die Nacht ein unerhörtes Saufen,
Den heul- und brüllenden Gesang,
Und liederliches Gassenlaufen.
Man schimpft und spottet frommer Leut,
Wirft Fenster ein, und sucht mit wetzen
Ganz wütend alle Sicherheit
In Ärgernis und Furcht zu setzen.

Hans Unvernunft kennt Jedermann,
Der, weil er alle Leut betrogen,
Und sein Vermögen bald vertan,
Zerlumpt und leer davon gezogen.
Wohin? nach seiner Vaterstadt.
Die Mutter ist aus Gram gestorben.
Und weil er nichts mehr übrig hat,
Ja leicht vertan, was schwer erworben,
Wird er veracht. Kredit falliert;
All' Ehr ist weg, wie man vernommen,
Daß dieser Bursch sich aufgeführt,
Der weg gereist, und wieder kommen.
Weil er nun selbst nichts mitgebracht,
Und alles Gut zu Haus verzehret;
Wo jedermann nur seiner lacht,
Zu borgen aber nicht begehret;
Und er doch gleichwohl leben muß.
Was will der arme Tropf erwählen?
Er weiß von nichts, als Überfluß,
Und fängt in Nöten an zu stehlen.
Der Diebstahl geht nicht ohne List.
Weil der sich aber dumm gesoffen,
Wird er gar leicht, so gut er ist,
Beim Diebstahl, leider! angetroffen.
Nun muß er vor dem Richter stehn,
Und als er lange Zeit gefangen,
Geschmachtet, Furcht und Angst gesehen,
Doch endlich an dem Galgen hangen.
Er stieg schon die Leiter hinauf,
Als er sich zu der Jugend wandte,
Mit Tränen seinen Lebenslauf
Verflucht', und seine Schuld bekannte.

Ihr Knaben, sprach er, was ihr tut,
Ach! fürchtet Gott, haltet die Geboten,
Verfluchet allen Übermut,
Und die sich, zum Verderben, rotten.
Arbeitet fein in eurem Stand,
Und sucht, der Sünden zu vergessen,
Durch Fleiß und Segen eurer Hand
Erworben eigen Brot zu essen.
Und die ihr ja studieren wollt,
Seid fromm und fleißig; denn studieren
Heißt schaffen, was ihr schaffen sollt,
Und laßt, bei leib, euch nicht verführen.
Man sei vorerst darauf bedacht,
Vernünftig und ein Mensch zu heißen,
Danach ein Christ, der fromm gemacht,
Dann ist er als ein Student zu preisen.
Ein Müßiggänger und Student
Sind so wie Tag und Nacht, Krieg Frieden,
Wie Feuer und Wassers Element,
Auch Gut und Böses unterschieden.
Studieret, Gott und Vaterland
Aufrichtig und getreu zu dienen.
So, denket, ist in jedem Stand
Auch einem jeden Lob erschienen.
Flieht Müßiggang als Gift und Pest;
Daraus entspringen alle Sünden.
Und wenn man seinen Gott verläßt,
Ist, zur Erlösung, nichts zu finden.
Wer in der Furcht des Herrn sich übt,
Der Tugend folgt, die Laster meidet,
Auch Wissenschaft und Künste liebt,
Wird zur Glückseligkeit geleitet.
Der studiert, wenn er jung und alt,
Mit Ruhm und Ehre sein Vergnügen,
Und kann im reichem Aufenthalt,
Was ihm zuwider, leicht besiegen.
Der Tugend weichet selbst der Neid.
Bei Gott und einem gut Gewissen,
Kann, in der größten Sicherheit,
Ein jeder sein Stück Brot genießen.

Der Pfau und die Juno

Der Pfau ging wehmutsvoll einst seine Göttin an,
Und klagte, daß man ihm den größten Tord getan;
Weil ihm die Stimme fehlt, die, wenn man ihn verlachte,
Die kleine Nachtigall zum rechten Wunder machte.
Die Juno tröstet ihn, daß ihm kein Tord geschehn,
Weil unter Vögeln er am meisten angesehn;
An Größ' und Schönheit sei kaum einer seines gleichen.

Doch muß ich, sprach der Pfau, der Stimme wegen, weichen.

Dies, war der Juno Wort, hat so das Glück gefügt;
Darum habe, was du hast, und sei damit vergnügt.
Hat einer dies und das: es sind des Himmels Gaben,
Und keiner kann noch soll allein nicht alles haben.
Hast du, geliebter Pfau, die schönste Federnpracht,
So hat, wie dir bekannt, der Adler Stärk und Macht.
Recommandieret hier die Nachtigall ihr Singen;
So kann der Rab' und Kräh' ein schönes Vorspiel bringen.

* * * *

Beneide, lieber Mensch, doch deinen Nächsten nicht,
Weil, was er Gutes hat, dir allenfalls gebricht.
Gedenke du vielmehr, was Gott dir Gutes gönnet,
Daß solches dein Gemüt mit allem Dank erkennet.
Man gönne jedermann, was ihm der Himmel schenkt,
Und sei, zu Gottes Preis, der Gaben eingedenkt,
Die man, doch unverdient, von seiner Lieb' empfangen;
So kann man schön genug mit seinem Vorteil prangen.

Die Nachtigall und die Lerche

Man hörte jetzt die Nachtigall
Mit einem recht entzückten Schall,
Auf einem Baum, im Schatten singen;
Und sah, im eng geschloßnen Raum,
Den angenehmsten Vogel kaum;
Doch mußte der Gesang durch Berg und Täler klingen.

Die Lerche sucht ihr im Gesang,
Vielleicht aus Eifersucht, den Rang,
Mit größter Müh, zu disputieren.
Sie quiruliert, und stieg empor,
Daß sie beinah sich ganz verlor,
Und wollte von der Höh noch schöner musizieren.
Der Ton war aber einerlei,
Und kam von weitem dem nicht bei,
Was schön und Philomelen eigen.
Doch war die Lerch' in sich verliebt,
Die, weil sie sich den Vorzug gibt,
Zu Philomelen spricht: nun wirst du besser schweigen.
Du singest niedrig und versteckt,
Du stammelst furchtsam und erschreckt,
Wenn ich, wie meine Stimm', erhoben.
Ein jeder sieht und höret mich;
Wer aber wird im Schatten dich,
Wo niemand dich erblickt, des Singens wegen, loben?

Die Nachtigall blieb still in Ruh,
Und hört der eitlen Lerche zu,
Bis sie zur Antwort angetrieben,
Ei, lächelnd spricht, bild' du dir ein
Der beste Musikant zu sein;
Ich gönn' es denen auch, die dein Geschnatter lieben.
Ich folg' im Singen der Natur,
Und danke meinem Schöpfer nur,
Der das Vermögen mir gegeben;
Werd' allzeit auch, in Einsamkeit
Und der gegönnten Sicherheit,
Ohn' Hochmut, Eigensinn und Ruhmbegierde leben.
Mich hören groß' und kleine gern,
Und lassen in der Näh' und Fern'
Allzeit mich gleiche Ruh genießen.
Willst du in größ'rer Gnade stehn?
Wie oft, wie oft hab ich gesehn,
Die Lerchen, beim Gesang, im höchsten Steigen, schießen?

* * * *

Gelehrte, welche recht gelehrt,
Verdienen, daß man sie verehrt;
Doch werden sie sich nicht erheben.
Es stinket aller falscher Ruhm;
Die Demut ist ihr Eigentum;
So können sie vergnügt, wenn and're fallen, leben.
Der Neid ficht zwar die Tugend an;
Doch, weil er ihr nicht schaden kann,
Muß sich derselben Ruhm vermehren.
Man überhebe sich nur nicht;
Weil, wenn der Hochmut sich gericht,
Doch die gescheite Welt Verdienst und Demut ehren.

Umsonst der Tod

Ein Geizhals, der ein Kardinal,
Und niemand, als sich selbst was gönnte,
Wünscht, daß er einen großen Saal
Mit Malereien zieren könnte.
Er sprach die größten Künstler an,
Zu ihrer Ehr und stetem Denken,
So viel ein jeder malen kann,
In den Palast und seinem Saal zu schenken.
Ein jeder bringt nach seinem Sinn,
Das Meisterstück von denen Gaben,
Zu seinem ew'gen Ruhm, dahin,
Und freut sich, einen Dank zuhaben.

Apelles wurd' auch hingeführt,
Von diesem großen Mann verehret,
Und durch sein Bitten so gerührt,
Daß er die größte Pracht vermehret.
Womit? er bracht' ein köstlich Stück,
Und fordert ein halb hundert Taler.
Der Kardinal gab's ihm zurück,
Als einem unverschämten Maler.
Was kostet dies? erforscht der Mann.
Und sein Bescheid war: nichts als Liebe;
Wie Thomas vieles hergetan,
Daß ich ihm nur gewogen bliebe.
Wie hoch kommt jenes dann zu stehn?
Es ist geschenkt. Und das hingegen?
An solchem Stück die Kunst zu sehn;
Wie alles hier nur Ehren wegen.
Die Künstler haben an der Gnad
Der Kenner sich allein zu freuen;
Und wer die zu genießen hat,
Schenkt gerne seine Malereien.

Apelles sprach: umsonst der Tod.
Ich wollt' um Ehre mich nicht zanken;
Und, fehlte mir das liebe Brot,
Den Großen für die Gnade danken.
Bringt mir die Kunst nichts weiter ein;
Und soll ich bei der Ehre schmachten;
Laß ich es lieber and're sein,
Und lern' allein mein Glück betrachten.
Hat einer von der Arbeit Ehr,
Und weiter nicht davon zu leben;
So wollt' ich, wenn ich alles wär,
Den Augenblick die Kunst aufgeben.
Die Kunst ernährt, die Ehre nicht,
Die wir vom leid'gen Geiz erlangen,
Von welchem wir, wenn es gebricht,
Kaum ein klein Stückchen Brot empfangen.
Ich halte, was ich mitgebracht,
Und was mit Zeit und Müh geboren,
Wenn meine Dürftigkeit veracht,
So wie den eitlen Ruhm verloren.
Doch nehm ich's wieder, weil ich kann;
Vielleicht wird mir es noch gelingen.
Bring ich's zu meinem Vorteil an;
Wird es weit mehr Ehre bringen.

Die Heuschrecke und die Nachteule

Die Nachteul saß in stiller Ruh,
Gleich als in ihrem Haus, verborgen.
Der sprach die Heuschreck' einstens zu,
Und lästert an dem frühen Morgen,
Doch nur von ferne, wie sie kann.
Und zischet, nimmer aufzuhören;
Was hast du faule nun getan?
Womit willst du dein Glück vermehren?
Du kriechest nur die die Nacht herfür,
Und suchest blindlings deine Speise;
Selbst vor der Sonne grauet dir,
Und bleibst bei deiner alten Weise.
Sprich, faul', einmal, was soll das sein?
Und laß dir eine Lehre geben:
Sei munter bei dem Sonnenschein,
Und lerne wie die Vögel leben.

Schweig, sprach die Nachteul, kleines Tier;
Hast du was über mich zu klagen?
Laß mich in Ruh, sonst will ich dir,
Du Schadenfroh, was anders sagen.
Die Heuschreck kehret sich nicht dran,
Und fähret immer fort zu schelten.
Die Nachteul bittet, was sie kann,
Und muß es destomehr entgelten.
Das Lästermaul schimpft weiter fort,
Bis jener die Geduld vergangen,
Daß sie, für Schmach und allen Tord,
Die Plauderin mit List gefangen.
Du singest, sprach sie, gar zu schön,
Daß mir jetzt aller Schlaf verschwunden;
Ich habe guten Wein hier steh'n,
Den ich wie Götter-Most gefunden.
Wie wär' es, wenn wir mit dem Wein
Uns jetzo was zu gute täten?
Komm her, mein lieber Gast zu sein.
Die Heuschreck läßt sich überreden,
Und springet ganz begierig hin.
Die Nachteul kommet ihr entgegen,
Und spricht, nun merke wer ich bin;
Dein Lästern will ich niederlegen.
Der Gast erschrickt, zittert gar,
Und muß der Prahlerei vergessen.
Hier ist die Not, hier ist Gefahr;
Und die gescholten, wird gefressen,
Die nicht auf vieles Bitten schwieg,
Muß nun nach ihrem Unglück schweigen.

* * * *

Die Höflichkeit behält den Sieg,
Und Neidhart muß vor ihr sich beugen.
Das Schimpfen wird jetzt zu gemein,
Daß leider! es kaum zu beschreiben.
Man laß in Frieden and're sein,
So kann man auch im Frieden bleiben.
Wem kommet hier das Tadeln zu,
Als der den Fehler selbst kann heben?
Wer das nicht kann, der bleib' in Ruh,
Und lerne selbst vergnüget leben.
Man binde nicht mit denen an,
Die weit an Kräften überlegen,
Und wenn man sich nicht helfen kann,
Sich ganz gewiß zu rächen pflegen.

Die gestrafte Einfalt

Ein Landmann höret oft mit Freuden
Die Burschen nächst geleg'ner Stadt
Ein Vivat rufen; folgt den Leuten,
Nicht wissend, was es auf sich hat.
Will er galant und lustig scheinen,
Ruft er nur dieses Wörtgen aus;
Daß, welch' es hören, endlich meinen,
Er ginge wohl berauscht nach Haus.
Er wird verklagt, ohn selbst zu wissen,
Was er dem Gegenpart getan.
Weil sie nun beid' erscheinen müssen,
Und Kläger nichts beweisen kann:
Erfreut Beklagter sich dermaßen,
Nach dem erteilten Amtsbescheid,
Daß er im Weggeh'n, ausgelassen,
Noch vor der Türe Vivat schreit.
Wer ruft da? läßt der Richter fragen.
Ich triumphiere, spricht der Mann,
Und kann noch wohl mein Vivat sagen,
Weil ich nichts Klagens wert getan.
Ich tu' auch, was Studenten pflegen.
Drum, sprach der Richter, sollst du mir
Auch einen Taler Straf erlegen:
Das tut man nicht vor meiner Tür.
Das sollt' ich, meiner Treu, nicht denken,
Sagt jener, das dies Freudenwort
Zur Übeltat und Schmach zu lenken.
Ging also ganz betrübet fort,
Und wollte nicht mehr Vivat schreien;
Doch klagt er, was ihm nun geschehn.
Fängt an das Vivat zu bereuen
Und lässet sich kaum wieder seh'n.
Bald muß er selbst die Strafe bringen,
Und spricht, Herr Richter, habt Geduld,
Ich schade niemand mit dem Singen,
Und habe, mein' ich, nichts verschuldt.
Als neulich unser Fürst zugegen,
Rief ich im Hause Seßfat aus,
Und nun soll ich die Strafe erlegen,
Für Füffat einmal vor dem Haus.
Der Richter lacht des dummen Kerlen,
Erließ die Strafe, und sagte frei:
Daß eine derer schönsten Perlen
Den Schweinen vorgeworfen sei.

* * * *

Die Einfalt läßt sich bald verführen,
Und weiß oft selbst nicht, was sie tut,
Doch läßt sie manchmal Bosheit spüren,
Und zeiget einen Übermut.
Was man nicht weiß, noch recht verstanden,
Das nehme man behutsam an,
Weil Spuren überall vorhanden,
Wie sehr man sich betrügen kann.
Höchst strafbar ist es, Seßfat schreien,
Wenn man nicht weiß, was Vivat heißt;
Zu sprechen will man sich nicht scheuen,
Was einem die Vernunft verweist.
Willst du hernach den Geist nicht qälen,
Tu, was du tust, nur mit Bedacht,
An Spötter wird es niemals fehlen,
Wenn man sich selbst zuschanden macht.

Der Schein betrügt

Ein Stutzer, der galant geschmückt,
Sonst dumm und faul, und nicht viel wußte,
Ging einst mit Titus, der geschickt,
Und den ein jeder ehren mußte.
Die gründliche Gelehrsamkeit
Konnt, wie des Titus schöne Schriften,
Ihm aller Orten weit und breit
So Lob, als Ruhm und Ehre stiften.
Er selber war der Demut hold,
Und ging in reinem schlechten Gewande.
Ihm war genug, daß ohne Gold,
Ein jeder seine Tugend kannte.

Haßibilis, der ein Student,
Und diesem Mann rekommandieret,
Fragt, weil er fremd, und niemand kennt,
Was das für Leut, die da spazieret.
Man sagt ihm, daß es Titus sei,
Den ein zwar schlechter Kerl begleitet.
Haßibilis macht sich herbei,
Und Titus wird von ihm gemeidet.
Dem Stutzer macht er Kompliment,
Und rühmt, sein Ruf hab ihn bewogen,
Daß er zu lernen, als Student,
Auf diese Akademie gezogen.
Der Stutzer, der in sich verliebt,
Glaubt, daß es wahr, daß er gemeinet,
Und fragt, daß er Versich'rung gibt,
Als wär er wirklich, was er scheinet.

Der Fremde geht hierauf zurück,
Erzählet, was man ihm verheißen,
Und rühmt das ihm günst'ge Glück,
Das, wie des Mannes Ruhm, zu preisen.
Er wird gefragt, von welchem Mann?
Weil er beim Stutzer nur gestanden,
Der die Verheißung ihm getan,
Und den sie miteinander kannten.
Von Titus, sprach er, ist das Wort.
Vom andern hab' ich nichts zu sagen.
Der arme Stümper eilet fort,
Als könnt' er Fremde nicht vertragen.
Die Kleidung zeigte von Verstand;
Wer wollte nicht so viel ermessen,
Daß er zu Titus rechter Hand
Von Künsten nicht gar viel vergessen.
Der grobe Kerl, im kahlen Kleid,
Weiß nicht einmal gescheit zu leben,
Noch diesem Mann, aus Höflichkeit,
Wie sich's gebührt, den Rang zu geben.
Haßibilis wurd' ausgelacht,
Daß er sich in dem Wahn betrogen,
Zum Titus den, der prahlt, gemacht,
Und diesen jenem vorgezogen.

* * * *

So geht es der gelehrten Zunft.
Nicht, wer was ist, nur, wer was scheinet,
Und wär' es auch Hans Unvernunft,
Ist für den größten Mann gemeinet.
Gemeinet, sag' ich; weil der Welt,
Die selber sich mit Fleiß betrüget,
Der Schein mehr, als die Tat, gefällt,
Woran die Tugend sich vergnüget.
Gelehrte fragen nicht danach,
Wenn sie gelehrt, was and're sagen;
Auch sollten sie Verdruß und Schmach
Von den Ignoranten tragen.
Ein volles Faß gibt keinen Ton,
Wenn ein ganz leeres helle klinget:
So hat der Wahnwitz seinen Lohn,
Wenn Tugend alles wohl gelinget.
Wer stutzet, prahlet, prangt und rollt,
Ist selten, was er vorgestellet,
Dieweil nicht alles feines Gold,
Was glänzend in die Augen fället.

Von einem wilden Knaben und den Wölfen

Ein wilder Knabe war bei Wölfen aufgezogen,
Er heulte, fraß, und ging auch den Wölfen gleich
Die nährten, schützten ihn, und zeigten sich gewogen,
Denn nichts war tadelhaft, als das die Haut zu weich.
Doch half die Witterung, daß endlich mit den Jahren,
Und was Gewohnheit gab, kein großer Unterschied.
Was tut der Umgang nicht? wie seine Freunde waren,
War dieser arme Mensch ohn' alle Menschlichkeit.
Und in die Zucht gebracht, lernt er das Wesen schön,
Wird an dem Fürstenhof mit Freuden angenommen,
Gespeiset, angeführt und muß geschmücket geh'n.
Der Zwang, die strenge Zucht, und was zu seinem Besten,
Ist seine große Last: er seufzt und heulet nur,
Und eilt, so bald er kann, zu seinen vorigen Gästen.
Gewohnheit bleibt doch die andere Natur.
Er wirft die Kleider weg: marschiert auf Händ' und Füßen,
Und kommt geschwind genug in seiner Wildnis an,
Wo Freud und Wonne voll ihn alle Wölfe grüßen,
Und fragen, wo so lang, und was er da getan?
Mops rühmet alle Pracht, und was er Gutes genossen,
Was er geseh'n, gelernt, und legt die Proben dar:
Will selbst ihr Lehrer sein. Sie lachen dieser Possen,
Und sprechen, laß es sein, so wie's vor diesem war.
Dein Vorwitz, Mopsus, hat dich, leider! sehr verdorben.
Zum geh'n und tanzen sind wir Wölfe nicht gemacht.
Und was hast du damit die lange Zeit erworben?
Du bist so schön nicht mehr, und hast nichts mitgebracht.
Doch, sprach er, hab' ich nun endlich kochen lernen.
Gebt einen Braten her, ich mach' in euch zurecht.
Nun kannst du, sagten sie, beizeiten dich entfernen;
Denn du bist, wie wir seh'n, nicht von dem Wolfsgeschlecht.
Mops macht ein Feuer an, zu sieden und zu braten,
Das dieses Wolfsgeschlecht durchaus nicht riechen kann.
Darum zerreißen sie den Menschen ohne Gnaden,
Als wenn er ihnen dies zum größten Tord getan.

Wer bei den Wölfen ist, der muß mit ihnen heulen,
Nichts neues haben wollen, sonst ist's um ihn geschehn.
Will einer klüger sein, ihnen etwas mitzuteilen,
Der kann, dieweil es Zeit, nur seines Weges gehn.
Bei Menschen müßen wir dies, leider! öfters merken.
Wer Kunst und Wissenschaft, und mehr, als was gemein,
Ihnen vor die Augen legt, der schändet seine Werke,
Und kann die Länge nicht in ihrer Freundschaft sein.
Der Tugend folget Neid, der überall regieret.
Verdienste rühmet man, und schaffet gerne fort,
Die sich zum höchsten Lob, besonders aufgeführet,
Und weichen sie nicht selbst, tut man ihnen allen Tord.
Wenn Ignoranten sich bei den Gelehrten finden,
Verdienen diese leicht ein flämisches Gesicht.
Man zählt die Fehler auf, hält Wissenschaft für Sünden,
Und achtet, was sie tun, auch wenn's das beste, nicht.
Hat einer mehr getan, hat einer mehr gefasset,
Und ist für andere mit Gaben ausgerüst:
So wird er desto mehr verfolget und gehasset.
Weil nur das Gleichgewicht das Band der Freundschaft ist.
Ein jeder will im Staat, so wie die größte, prangen,
Auch wenn er nichts gelernt, noch sonst etwas getan.
So wird, wer ungeschickt, mehr Lieb und Gutes empfangen,
Als der sich aller Kunst und Weisheit rühmen kann.

Nichts wider das Vermögen

Der Löw, als König derer Tieren,
Legt eine Schul der Weisweit an:
Daß jeder hier so promovieren,
Als sich in Künsten üben kann.
Die Lehrer sollten gute Gaben,
Auch Ehre, die dem Stand gebührt,
Und alles zu genießen haben,
Was einen treuen Lehrer ziert.
Der kompetenten große Menge
Macht selbst die Wahl dem König schwer;
Und keiner wußt' in dem Gedränge,
Was ihm und andern dienlich wär.

Der Esel wollte Redner werden,
Das Füchsgen ein Theologus,
Der Aff mit gräßlichen Gebärden
Ein Moralist und Medicus.
Der Wolf nimmt die gemeine Rechten,
Das Schaf die Staats-Lehr über sich,
Und wider alles das zu fechten.
Was unverschämt und liederlich.
Mathesin will der Dachs dozieren;
Den Haushalt übernimmt der Hund.
Was sonsten zu philosophieren,
Macht samt der Katz das Häsgen kund.
Was tut man nicht, sein Brot zu haben?
Man übernimmt, was man nicht weiß.

Sind, spricht der Löwe, das die Gaben,
Die Kunst erfordert, samt den Fleiß?
So mag es bei dem alten bleiben.
Geht, Toren, nur so weit ihr geht;
Weil die Natur, ein Werk zu treiben,
Daß ihr nicht kennet, widersteht.
Zu wundern ist es, daß auch Männer
Oft lehren, was sie nicht gelernt,
Und glauben, daß der Weisheit Kenner
Sich weit genug von ihnen entfernt.
Genug, daß sie dazu bestellet;
Sie haben ihren Unterhalt;
Und, wenn es also nicht gefället,
Erschein' in anderer Gestalt.
Sie mögen nutzen oder schaden;
Ihr Ämtchen scheinet doch bequem.
Obgleich nicht, was ihnen aufgeladen,
Ist der Profit doch angenehm.

* * * *

Nicht die was sind, nur die was scheinen,
Bekommen Ehre, Ruhm und Geld.
Die gelten nicht, die's ehrlich meinen.
So lebet man jetzt in der Welt.
Nur wer gelehrt, kann and're lehren;
Wer nichts gelernt, bleibt davon;
Sonst hat er, seine Schmach zu mehren,
Verachtung, Hohn und Spott zum Lohn.

Die Mäuse und das Eichhorn

Zwo Mäuse finden eine Nuß,
Und können sie sogleich nicht teilen.
Der Geiz und Neid sucht Überfluß;
Daß sie damit zum Richter eilen.
Eine jede spricht, die Nuß ist mein,
Ich hab' am ersten sie gefunden.
Das Eichhorn mußte Richter sein,
Vor welchem mit der Beut' die beiden Mäuse stunden.
Das Eichhorn spricht, ich gönn' euch diese Beut',
Und will euch alsbald entscheiden.
Ein Teil ist dir, und dir ein Teil bereit,
So hat der eine nicht den andern zu beneiden.
Beißt alsbald die Nuß entzwei,
Genießt den Kern, und gebt die leeren Schalen
Der streitenden Partei;
Die ganz beschämt nicht mit dem Vorteil prahlen.

* * * *

So geht es, leider! auf der Welt.
Welch' um das Recht sich nicht vertragen,
Wie jeder Teil sich's vorgestellt,
Betrügen selber sich, und müssen Schaden klagen.
Der Richter nimmt den Kern dabei;
Wo nicht, so tun's die Advokaten.
Die Schale bleibt zuletzt der Streitenden Gewinn,
Welch' überdies mit viel Verdruß beladen.
Gerichte machen niemand reich;
Die selber sich am wenigsten vergessen.
Und also bleibt ein magerer Vergleich
Viel besser als die fettesten Prozessen.

Gebrauch des Spiegels

Ein Vater hat zwei liebe Kinder.
Den Sohn führt er zur Weisheit an.
Die Tochter hält er zwar gelinder,
Doch streng genug zur Tugend-Bahn.

Sie spielen einst in ihrer Mutter Zimmer,
Auf deren Tisch ein großer Spiegel stund.
Sie scherzen und beseh'n sich immer,
Wie schön ihr Wesen, Wang' und Mund.
Die Schwester sah' und hörte sagen:
Ich bin doch schöner, als wie du.
Das wollte sie dem Vater klagen,
Und eilte weinend gleich hinzu.
Ach Vater! sprach sie, dürfen Knaben
Wie dies mein Bruder jetzt getan,
Sich zu beschauen, Spiegel haben?
Was geht der Mutter Werk ihn an?
Er hat sich schön, mich nicht, gepriesen;
Er bildet sich wohl gar was ein.
Und dieses sollte mich verdrießen,
Wenn ich nicht könnte schöner sein.

Der Vater herzt und liebt sie beide,
Und spricht, nehmt ungescheut den Spiegel oft zur Hand.
Beschaut euch immerfort, und lernet doch mit Freude,
Was euch gebührt, nach eurem Stand.
Mein Sohn, will Schönheit dich ergetzen,
Beflecke sie mit Lastern nicht.
Lern', meine Tochter, auch mit Tugenden ersetzen,
Was, wie der Spiegel zeigt, an Schönheit dir gebricht.
Gott laß euch Beide gutes erfahren;
Dem danket stets, daß er euch so gebildt;
So könnt ihr beide euch wohl bewahren,
Weil Tugend mehr als Schönheit gilt.

Man höre nicht, was Lästerzungen sprechen

Man glaube ja Gottloser Falschheit nicht!
Sie suchet nur mit den verdammten Lügen,
Wo sie nicht gar Einfält'ger Hälse bricht,
Dieselbe doch um alles zu betrügen.

Ein reicher angeseh'ner Mann
War seiner Frau, des Hauses Krone,
Mit zarter Liebe zugetan,
Die nur geteilt mit ihrem einzigen Sohne.
Sein Knecht, ein rechter Bösewicht,
Stört mit ganz unverschämten Lügen,
Zwar der Matrone Tugend nicht,
Doch seines Herrn zunehmendes Vergnügen.
Der Sohn hat dies und das getan;
Der wird sein Gut gar bald verprassen.
Doch weil der Vater nichts, was boshaft, finden kann,
So kann er auch den Sohn nicht hassen.
Des Knechtes Lügen sind verflucht;
Drum wagt er's nun auch auf der andern Seiten,
Erweckt des Herren Eifersucht.
Der Frauen Lieb' und Tugend zu bestreiten.
Herr, spricht er einst, es ist doch immer schad,
Daß eure Frau sich einen bösen Namen,
Des Mannes Treu Verdruß gemachet hat,
Und das verübt, was nicht für keusche Damen.
Wenn ihr verreist, läßt sie wohl and're zu;
Wie selber ich sie schändlich angetroffen.
Deswegen hab' ich weiter keine Ruh,
Ich schließe zu, sie machet wieder offen.

Der Mann erschrickt, betrübt sich inniglich,
Und simuliert, in eine Stadt zu reisen.
Bleibt aber da, verstecket sich,
Und will was er gehört, bald mit der Tat beweisen.
Die Frau weiß nichts von den Verdacht;
Die nichts verbrochen, was zu strafen,
Und läßt den eig'nen Sohn die Nacht,
Zur Sicherheit, in ihrem Bette schlafen.
Der Herr klopft, ihm wird aufgetan.
Er eilt zur Frau, eh noch ein Licht zu finden,
Trifft einen Mannes Kopf in seinem Schlaf-Bett an,
Und straft mit seinem Dolch die eingebildete Sünden.
Es kommt, doch allzuspät, ein Licht;
Da sieht er seinen Sohn schon mit dem Tode ringen.
Die Frau im ersten Schlaf hört dieses Lärmen nicht.
Und er nimmt seinen Dolch, sich selber umzubringen,
Verwünschet seine Tat, beklaget seinen Jung',
Erkennet seiner Frauen Liebe,
Und stirbt in Verzweiflung,
Dieweil die Tugend noch im Schlafe sicher bliebe.

* * * *

So tu man alles mit Bedacht,
Und glaube nicht der falschen Lästerzungen;
Weil der sich selbst zuschanden macht,
Den die Leichtfertigkeit mit ihrem Gift bezwungen.

Das Wiesel und die Maus

Das Wiesel hatte nichts zu leben,
Und sprach die Maus um ihren Vorrat an,
Weil sie derselben nie Leid oder Tord getan,
Möcht' ihr die Maus auf Zinsen Hafer geben.
Die dacht' auf den Profit, und gab den klaren Kern,
Auf gutes Übermaß, bis auf das Frühjahr gern.
Der Sommer kommt herbei; die Maus hofft mit Verlangen,
Wo nicht das Kapital, doch Zinsen zu empfangen.
Das Wiesel stellte sich nicht ein,
Die nur der Maus was vorgelogen;
Doch glaubt sie nicht, daß sie betrogen,
Und muß in Hoffnung wohl zufrieden sein,
Es kommt das andere Jahr,
Daß weder Kapital noch Zinsen kamen,
Und weil die Maus verlegen war,
Erkühnt sie sich die Schulden zu benamen.
Was Henker! sagt die Schuldnerin,
Was unterstehst du dich? weist du nicht wer ich bin?
Und mahnest mich? geh' ohn ein Wort zu sprechen,
Geh, packe dich, elendes Tier,
Und halte mir nicht meine Schulden für;
Sonst will ich auf der Stell dir Hals und Beine brechen.
Ich habe dich schon längst bezahlt,
Was du mir jetzund vorgeprahlt,
Und werde dir kein Körnchen weiter geben.
So muß die schwache Maus sich nun betrogen sehn,
Und alsbald mit Zittern und mit Beben
Nach ihrer Höhle gehn.

* * * *

Ein gleiches Traktament (Behandlung) hat einer zu besorgen,
Der kein Bedenken trägt, von seinem guten Geld,
Auf alle Schmeichelei, den Mächtigen zu borgen;
Weil deren Übermut doch keinen Glauben hält.
Und willst du selber nicht erworbne Gunst vergraben,
So nehme dich gar wohl in acht,
Den Gönner nicht zum Schuldner zu haben,
Weil Zins und fremdes Geld den Freund zum Feinde macht.
Die Falschheit kann ein Mensch kaum merken und ergründen,
Die jetzund in der Welt regiert,
Wo keine Treu, kein Recht zu finden,
Und niemand tut, was ihm gebührt.
Elendig und betrübt muß mancher darum büßen,
Daß er den Mächtigen und Großen Gutes getan.
Ja, was ficht uns mit größren Schmerzen an,
Als wenn mit gutem Geld wir Feinde kaufen müssen?

Der Bauer und sein Apfelbaum

Es stand ein Apfelbaum in eines Bauern Garten,
Davon er alle Jahr die schönste Frucht erwarten,
Und von dem Überfluß auch Geld bekommen konnt.
Doch weil er etwas nah an einer Hecke stand,
Daß etwas von der Frucht dem Nachbar zugefallen.
Erzürnt der Bauer sich, und spricht voll Gift und Gallen,
Du stehst auf meinem Land, bist auch ohnstreitig mein,
Und gönnest deine Frucht mir doch nicht ganz allein.
Warum fällt dann und wann ein Apfel auf die Planken?
Was hast du diesem Mann für einen Dienst zu danken,
Daß er von deiner Frucht mit mir genießen soll?
Ich kenne deine Ränk' und deine Falschheit wohl.
Doch will ich beiderseits den Übermut vertreiben;
Und sollst du keine Woch' in meinem Garten bleiben.
Er haut den schönen Baum (und das war allzu dumm)
Aus Neid und Bitterkeit, in wenig Stunden um.
Mithin bekommt er die Äpfel allzusammen,
Und läßt das teure Holz zum Feuerherd verdammen.
Drum hab' ich, spricht er, dir den größten Tord getan,
Damit der Nachbar nichts von dir genießen kann.

Der Apfelbaum ist weg, verbrannt, und schon vergessen
Als man das Jahr darauf will wieder Äpfel essen,
Da findet man noch Baum, noch einen Apfel mehr.
Wo sonst alle Füll', ist jetzund alles leer.
Der Bauer kratzt den Kopf, und muß der Bosheit Sünden,
Zu seinem größten Tord, nur allzu spät empfinden.
Er gönnt dem Nachbar nichts, und schleudert den Gewinn,
So hat er eben viel, aus Bosheit selber hin.

* * * *

Läßt einer auf der Welt sich von dem Neid gewinnen,
So glaubt er sicherlich, daß er nicht mehr bei Sinnen.
Denn, daß ein anderer nichts zu genießen hab,
Frißt er mit Gift und Gall sich selbst das Leben ab.
Und geb' ein Auge darum, daß andre keines hätten.
Das Schönste trachtet man im Eifer zu zertreten,
Empfindet aber selbst, mit größtem Verdruß,
Daß der verdammte Neid sich selber strafen muß.

Der Wolf und der Hund

Der Wolf begegnet einem Hund,
Der fett und stark, frisch und gesund,
Mithin die Straße munter lief.
Da jener mager, abgematt,
Kaum Fleisch auf den Knochen hatt',
Und schier vor starkem Hunger schlief.
Was, spricht der Wolf, bist du vor mir
Ein glücklich wohl gehalten Tier,
Daß deine Haut dem Spiegel gleich zu achten.
Du nimmst gewiß gut Futter in;
Und ich, der doch stärker bin,
Muß, leider! gar vor Hunger schmachten.

Ja, sagt der Hund, ich hab es gut.
Wer meinem Herren Dienste tut,
Dem läßt er trefflich Futter geben.
Geh mit, und tu', was ich gewohnt
So wird dir ebenso gelohnt,
Daß du kannst fett und dicke leben.
Was ist's? fragt in der Wolf darauf,
Erzähle deinen Lebenslauf;
So will ich sehen, ob deine Werke
Von mir zu tun, und ich geschickt,
Daß mir es, wie den Hunden, glückt.
Ich habe gleichwohl größre Stärke.

Man schmeichelt, spricht der Hund, nur seiner Herrschaft hier.
Und wenn es finster, daß die Tür
Geschlossen wird, muß man von allen Sachen,
Damit kein fremder Mann einschleicht,
Viel weniger ein Dieb da seinen Zweck erreicht,
So Tür, als Haus bewachen.
Dafür kann ich am Tage ruhn.
Ich habe weiter nichts zu tun,
Als meinen groben Balg zu füllen.
Dann kommt ein allerliebstes Kind,
Dann jemand von dem Hausgesind,
Dann Herr und Frau, den Hunger mir zu stillen.
Kannst du, mein Freund, und willst du nun
Dergleichen in dem Hause tun,
Und treu zu sein dich alsobald entschließen;
So hat es weiter keine Not,
Und du kannst, glaube mir, dein Brot
In Überfluß mit Freud und Lust genießen.

Von Herzen gern, das soll geschehn;
Ich will mein Freund, gleich mit dir gehn,
Ich will wie du, getreulich wachen.
Muß ich im Regen oder Schnee,
So Nacht, als Tag, bis ich was seh',
Im Walde mir die größte Sorgen machen,
Und werd' oft mit Gefahr erschreckt.
Dort hab' ich satt, und bin bedeckt,
Und darf mir niemand sonst was sagen.
Komm, eile mit mir an den Ort,
Geschwind, geschwind, mein Bruder fort,
Man muß auf Erden alles wagen.

Sie gehn, und unterreden sich,
Wie fein, vertraut und brüderlich
Sie miteinander leben wollen;
Und wie, wenn einem etwas fehlt,
Damit ihn ja kein Mangel quält,
Sie beiderseits sich halten sollen.
Halt, spricht der Wolf, was hast du da?
Als er den Hals geschabet sah.
Das hat, spricht jener, nichts zu sagen
Dieweil es mir nicht schaden kann.
Das Halsband hat es nur getan,
Das insgemein die Hunde tragen.
Mein Herr weiß, das ich beißig bin;
Drum muß im Hof ich immerhin
Des Tages an der Kette liegen.
Des Abends werd' ich los gemacht,
Wenn's nötig, überall die Nacht
Das Diebsgesindel zu bekriegen.

Da dank ich für, gehab dich wohl,
Daß ich mich schließen lassen soll.
Ich will viel lieber Hunger leiden.
Die Freiheit ist mir so nicht feil.
Versuche, wie du kannst, dein Heil,
Ich will vergnügt von dir scheiden.

* * * *

Ist einer in der Armut frei,
Der suche keine Sklaverei,
Könnt' er auch viel damit gewinnen.
Wer sich und seine Freiheit liebt,
Und diese für die Nahrung gibt,
Ist recht gestraft, und gar nicht wohl bei Sinnen.

Das Eichhorn und der Fuchs

Das Eichhorn sieht von einem Baum
Die Füchse in dem Wald spazieren,
Und meint, sie ließen ihm den Raum,
Es müsse noch die Reihe zieren.
Springt auch dahin, spazieret mit,
Und will mit seinem Schweife prangen;
Geht, wie sie gehn, zwar Schritt vor Schritt,
Nicht wissend, wo sie hin verlangen.

Ein kluges Füchsgen folget nach,
Und ruft, wohin? ihr lieben Brüder.
Worauf das eitel Eichhorn sprach:
Wir Füchse gehen nur hin und wieder,
Und wissen selber nicht wohin.
Willst du jetzt unsre Freude stören,
Wirst du, weil ich der Größte bin,
Von mir bald etwas anders hören.

Von dir? war dieses Füchsgen Wort,
Wie kommst du zu meinem Orden?
Ich will, fliehst du nicht eilends fort,
Dich gleich auf dieser Stell ermorden.
Von Füchsen ist ein Eichhorn weit
In Eigenschaften unterschieden;
Doch läßt deine Unbescheidenheit
Der Füchsen Ehre nicht mit frieden.
Damit erhascht der Fuchs das Tier,
Und bricht ihm alsobald die Kehle;
Sei was du bist, du schmeckest mir,
Weil ich nicht in der Speise wähle.

* * * *

Ein jeder bleib' in seinem Stand,
Sich selber nicht zu überheben;
So kann er allzeit, ohne Schand
Und Eifersucht, ruhig leben.
Der Schein betrüget manchen zwar;
Doch muß die Wahrheit immer siegen.
Wird der Betrug nun offenbar,
So muß Betrug sich selbst betrügen.
Die mit den Großen in den Rang,
Aus Übermut und Ehrgeiz treten;
Die machen es bestimmt nicht lang
Und endlich kann sie niemand retten.
Weil, was zu grün, die Ziege frißt,
Und Schweine gerne Träber fressen;
So bleibe lieber wer du bist,
Und lerne, bist du klug, all' Eitelkeit vergessen.

Der Fuchs und die Katze

Die Katze sucht den Fuchs in Nöten,
Als ihren Freund, und des Gevatters=mann.
Der aber will mit ihr kaum reden,
Und schaut sie ganz verächtlich an.
Ich, spricht er, muß mich deiner schämen,
Weil du von Künsten nichts gefaßt,
Und was mit Dank stets anzunehmen,
Verächtlich ausgeschlagen hast.
Du lässest dich von Hunden zerren;
Drum bietet dir ein jeder Trutz.
Du dienst als Sklavin, einem Herrn,
Und findest sonst nirgends Schutz.
Was du gelernt, für alles raufen,
Ist ein so gar verächtlich Ding.
Zu Klettern und davon zu laufen,
Ist für den Stand viel zu gering.
Ich weiß in alles mich zu schicken.
Was überwindt nicht meine List?
Mir muß mein Unternehmen glücken,
Weil, was mich rührt, betrogen ist.
Ich lebe schier von den Gewinsten,
Und leb' in allem Überfluß;
Ich habe tausendfache Künste,
Nichts, das mir nicht gelingen muß.
Ich diene keinem, doch muß allen
Die seltene Geschicklichkeit
Und mein verschmitzter Rat gefallen.
Daher in größter Sicherheit
Ich bei den größten Herrn erscheine,
Die gern der Füchse Schwänze sehn;
Zwar selbst nicht wissen, wie ichs meine,
Doch mir gebückt entgegen gehn.

Die Katze lacht von ganzem Herzen,
Und spricht, Gevatter, ist es wahr?
Vielleicht gedenket ihr zu scherzen?
Die Füchse laufen oft Gefahr.
Ich kann, das will sich nicht geziemen,
Nicht tun, was tapfere Helden tun,
Noch tausendfache Künste rühmen;
Doch bring ich hier ein fettes Huhn
Und bitt' um alter Freundschaft wegen,
So wie du mein Gevatter bist,
Nicht einen Groll auf mich zu legen,
Da mein Verstand geringer ist.
Was die Natur mir mitgeteilet,
Gebrauch ich oft zu meinem Heil;
Denn wer bei Feinden lang verweilet,
Wird ihrer Wut gar leicht zuteil.
Ich wag es nicht mit denen Künsten;
Die Fern' ist besser für die Ruh.
Wär' ich ein Fuchs, für die Gewinsten
Kauft' ich mir ein paar Katzenschuh'.

Als diese noch beisammen stunden,
Erschallt ein Juchzen in dem Wald;
Es kommen ungeheure Hunde,
Und stören ihren Aufenthalt.
Die Katz' entwischt gleich auf die Bäume,
Und war im Finstern kaum zu sehn;
Da beide Hund', im Grimm und schäumen,
Dem armen Fuchs zu Leibe gehn.
Sie beißen, bellen, zerren, fassen;
Der arme Fuchs muß diesesmal
In Angst und Schmerzen Haare lassen.
Wo bleibt der Künste große Zahl?
Gevatter, mocht die Katze denken,
Du Naseweiser, hilf dir nun;
Vertreib die Hunde mit den Ränken,
Und mach' ihn, wie sie dir, zu tun.
Hier sitz ich sicher, ob verachtet,
Wohin mich meine Kunst gebracht;
Wenn mein Gevatter Fuchs geschlachtet,
Den tausendfache Kunst nun gar zu schanden macht.

* * * *

Man sei mit einer Kunst zufrieden,
Welch' Ehre, Schutz und Nahrung bringt;
Und brauch' in seinem Stand nur, was das Glück beschieden,
Weil, was erzwungen wird, gar selten wohl gelingt.

Der Hirsch und der Hausmann

Ein Hirsch, der durch der Hunde Bellen
Aus seinem Lager aufgebracht,
Flieht zu des Meierhofs ihm nächstgelegne Ställen,
Woselbst er in dem Stroh sich zu verbergen tracht.
Der Ochsen einer fragt den Armen:
Wie suchst du dein Unglück hier?
Ach! sprach der Hirsch, wollt ihr euch nur erbarmen,
So schweiget still, und gönnet mir Quartier.
Hier kann ich doch vor Hunden sicher liegen,
Und Jäger suchen mich hier nicht.
So bald es Nacht, will ich mich in den Wald verfügen.
Komm nur nicht, spricht der Ochs, dem Herren vors Gesicht.
Denn wird er dich hier stecken sehen,
So glaube mir, verfolgtes Tier,
Ist's unvermerkt um dich geschehen;
Sonst ließen wir dich gerne hier.

Der Hirsch bleibt in dem Stroh verborgen.
Es kommt der Hirt, und bringet Heu,
Ohn' etwas anders zu besorgen.
Auch alle Knecht gehn vorbei.
Der Hofmann selbst kann da nichts merken.
Es bleibt der Hirsch in stiller Ruh,
Und rühmt der Ochsen Liebeswerken.
Erfahr' erst, spricht der Ochs, was unser Hausherr tu'.
Ach! könntest du vor dem dich so vergraben,
So hättest du besonders Glück.
Der hundert Augen scheint zu haben,
Geht wahrlich nicht so still zurück.

Der Hausherr kommt, zu visitieren,
So bald er abgespeiset hat.
Die Spinne, spricht er, muß hier alle Wände zieren.
Wie? haben auch die Ochsen satt?
Wie liegt das Stroh verwirret überm Haufen?
Auch der Gewichter wird er alsobald gewahr.
Hier liegt ein Hirsch, der soll mir nicht entlaufen.
Ihr Knechte, tötet ihn. Ja wär' es nur ein Paar.
Auch der ist gut, ihr könnt ihn in die Küche tragen.
Der Hirsch kommt mir jetzt eben recht.
Wie oft hab' ich nach Wildbret lassen fragen?
Und eben stund es doch um meinen Braten schlecht.

Selbst ist der Mann. Was andere bestellen,
Auch scheinen in dem Dienst dieselben noch so treu,
Wird halb getan. Ob sie nicht wieder bellen,
Ist links und rechts ihn dennoch einerlei.
Des Herren und der Frauen Augen
Regieren alles in dem Haus.
Und wo dieselbe nichts mehr taugen,
Ist's wahrlich mit dem Vorteil aus.
Ein miedling sieht auf seinen Nutzen,
Und fragt nicht, was dem Herrn gebricht.
Kann er ihn leicht um etwas putzen,
Er lässet es gewißlich nicht.
Wer einen Hirschen will in der Küche haben,
Der visitiere seinen Stall.
Denn dieser bringet überall
Dem, der wohl Achtung gibt, die allerschönsten Gaben.

Der gereiste Hahn

Ein Haushahn sprach, voll Übermut
Was tust du nur auf einem Miste,
Als wenn man überall kein Gut
Für deinen Stand zu finden wüßte?
Du bist ansehnlich und geschickt,
Du kannst der Nächte Stunden zählen,
Und wenn des Tages Licht erblickt,
Darfs an der Wachsamkeit nicht fehlen.
So bald sich meine Stimme regt,
Beschämet sie sogar Posaunen.
Wenn das Geflügel sich bewegt,
Muß alles neben mir erstaunen.
Ich trag' auf meinem Haupt die Kron',
Und einen roten Bart daneben.
Was aber ist dafür mein Lohn?
Ich muß auf einem Miste leben.
Mein Futter ist ein schlechtes Korn;
Das muß ich selbst mit scharren finden.
Man schließt mich zwischen Haus und Dorn;
So läßt die Großmut sich nicht binden.
Mir ekelt diese lose Speis.
Mir steht der ganze Weltkreis offen,
Und überall hat Mut und Fleiß
Den besten Unterhalt zu hoffen.
Gehab dich wohl, mein enges Haus,
Ich will die große Welt durchreisen.
Hier geh' ich mißvergnüget aus.
Und dort wird man mich gewiß willkommen heißen.

Der Hahn bricht aus, durchläuft das Feld;
Und als er sich schon müd gegangen,
Zum Futter aber nichts erhält,
Entkräftet ihn auch sein Verlangen.
Es findet ihn ein armer Mann;
Der spricht, wem ist der Hahn entlaufen?
Versucht ob er ihn greifen kann,
In Hoffnung ihn gleich zu verkaufen.
Der Hahn entwischet seiner Hand,
Und eilt mit aller Macht von dannen,
Bis er ein Meierhöfgen fand,
Woraus die Hund' ihn bald verbannen.
Er kommt ermüdet und ganz matt
Zum Lustrevier der schönsten Wiesen,
Woselbst er Gras und Blumen hat,
Kann aber nichts davon genießen.
Er dacht' an seinen Miste noch,
Und wünscht ein Korn hervor zu scharren.
Wie will, spricht er, mich hungert doch,
Das Glück mich in der Fremde narren?
Es stoßt ein Habicht auf ihn ein,
Kann aber ihn so bald nicht fassen.
Der Hahn weiß, wieder frei zu sein,
Sich selbst für Freude kaum zu lassen.
Er eilet in den nahen Wald,
Und meint da seinem Bauch zu dienen;
Wo leider! aber ihm gar bald
Ein ausgelaßner Fuchs erschienen.
Der fasset seine Flügel an,
Und spricht, willkomm an dieser Stätte.
Du bist mir wohl ein feiner Hahn;
Wenn ich nur oft dergleichen hätte.
Ach! fleht der Hahn, ich bitte dich,
Laß mich, als einen Fremden, reisen.
Seine Antwort war: du kennest mich;
Den Augenblick will ich dir's weisen.
Ist's so gemein, sagt jener drauf:
So bin ich Armer aufgerieben.
Ist dies der Welt gelobter Lauf?
Ach! wär' ich doch zu Haus geblieben.
Da war ich sicher und ernährt,
Und hatte weiter nicht zu klagen,
Nun ist dies alles mir gewährt,
Daß ich nur muß von Unglück sagen.
Ich, sprach der Fuchs, will deines Leids
Ein schnell und glücklich Ende machen,
Und hat des Hahnen Kopf bereits
In seinem hahnbegier'gen Rachen.

Die Lehr' ist: Wenn man sicher sitzt,
Und Ursach hat vergnügt zu leben,
Daß man nichts ungereimt vorschützt,
Sich seines Sitzes zu begeben.
Veränderung hat oft Gefahr;
Und wer die Welt nicht völlig kennet,
Empfindet, gleich wie's allzuwahr,
Daß mancher ins Verderben rennet.
Wer reisen will, nehm sich in acht:
Gefahr ist überall vorhanden.
Wer aber sich zum Glücksspiel macht:
Der macht sich selber auch zu schanden.
Ein wenig Brot ist im Genuß,
Viel besser, wenn's zur Not bewahret,
Als ein gewünschter Überfluß,
Womit Gefahr und Schimpf gepaaret.
Wer sitzet, und wohl sitzen kann;
Der lasse ja den Sitz nicht schwinden,
Sonst ist es um sein Glück getan,
Und er muß späte Reu empfinden.

Das Füllen und seine Mutter

Ein Füllen sah die Mutter stutzen,
Wie sie zum reiten ausgeführt.
Wann, sprach es, wird man mich so putzen?
Ich bin ja gar mit nichts geziert.
Ach! wenn ich eine Mutter hieße,
Daß man mich auch so schön erblickt,
So prächtig allezeit schmücken ließe,
Und prangend einem Reiter schickt.
Wie schön ist's einen Sattel tragen?
Wie schön, wenn man in Riemen geht,
Die Hufen nicht allein beschlagen,
Der Kopf sich auch in Bändchen dreht?
Der Zaum muß Zahn und Maul regieren.
Ach! mich verlanget sehr,
Daß man mich also möchte zieren,
Und ich bald eine Mutter wär.

Die Mutter sprach, sei nur zufrieden;
Das Unglück trifft dich allzu früh.
Wem Last und Ungemach beschieden,
O! der entgeht demselben nie.
Dies wünscht ich auch in deinen Jahren,
Als meine Mutter so geschmückt.
Ich mein', ich hab es nun erfahren,
Und weiß, wie dieser Schmuck mich drückt.
Zaum, Sattel, Zeug, und alle Gaben,
Auch was den Hals zu zieren scheint,
Muß ich, als eine Sklavin haben,
Und drücket mehr, als man es meint.
Im Sattel muß der Reiter sitzen,
Der in den Bügel fest gesteift;
Ich ganz ermüdet drunter schwitzen,
Und merken, was er spricht und pfeift.
Dann muß ich stehn, dann galoppieren,
Dann einen Trab und Schritt verstehn.
Dies alles muß der Zaum regieren,
Und ich nach Wink und Willen gehn,
Dabei die Sporen scharf empfinden.
Sonst peitschet man mich müd und matt.
Die Last und Müh kann nicht ergründen,
Wer sie nicht selbst empfunden hat.
Wer's aber weiß, trägt kein Verlangen,
Zu solcher schweren Sklaverei,
Was herrlich glänzet zu empfangen,
Und wünscht, daß er ein Füllen sei,
Das ungebunden, unbeschlagen,
In angenehmer Freiheit prangt,
Das, keine schwere Last zu tragen,
Sein Futter ohne Schweiß erlangt.

* * * *

Man rühm' und wünsche keine Zierde;
Es trüget oft der äuß're Schein.
Die Tugendlieb und Ehrbegierde
Muß überall das Beste sein.
Was man nicht weiß, versteht, noch kennt;
Daran vergaffe man sich nicht,
Weil mancher ins Verderben rennt,
Und Dornen, statt der Rosen bricht.
Der Krieg ist Unerfahrnen süße;
Wie viele kommen darin um?
Wenn sich der Mensch nur raten ließe,
Bewahrt' er gern sein Eigentum.

Zween Maulesel

Zwei Maultiere trugen schwere Lasten,
Allein mit diesem Unterschied,
Das eine trug Ware im Kasten,
Und Geld mit aller Herrlichkeit.
Dem andern waren Futtersäcke,
Als was Geringes, aufgelegt.
Das eine pranget mit seiner Decke,
Und allem Reichtum, den es trägt.
Den stolzen Kopf weiß es zu führen,
Und nach der Schellen Klang zu gehn,
Ihm glaubend woll' es nicht gebühren,
Sich nach dem andern umzusehn.
Das ließ den Kopf in Demut hangen,
Und folgte dem Gefährten nach.

Doch kommen, als ihr Herr gefangen,
Sie beid' in große Ungemach.
Die Räuber greifen nach den Kasten,
Verwunden selbst das arme Tier,
Ohn jenes Futter anzutasten.
Das weidet unterdessen hier,
Bis aller Reichtum abgeladen.
Da lassen sie das Maultier gehn,
Das neben dem erlittnen Schaden
Bloß und erbärmlich anzusehn.
Es wendet sich zu dem Gefährten,
Und fraget was man ihm getan.
Wird es dir nun besser werden,
Da man mir nichts mehr nehmen kann?
Drauf muß es dies zur Antwort hören:
Die Räuber lassen mich in Ruh,
Weil ihre Güter zu vermehren
Ich jetzt nicht so geschickt als du.
Stolziere nun mit deinen Schellen,
Das Futter bleibt mir allein,
Damit will ich, bis zu den Ställen,
Vergnügt und zufrieden sein.

* * * *

Gefahr ist den Reichen eigen,
Den Armen tastet niemand an.
Wohl dem, der so verachtet schweigen,
Und sich in alles schicken kann.
Den Reichen gönne man die Güter
Mit ihrer Pracht und Übermut.
Es gibt das Glück, und nimmt wieder,
Wenn, wer vergnüget, sicher ruht.