Das ungleiche Bündnis
Ein Hund, ein Wolf, ein Fuchs, befinden sich im Wald,
Und finden überall kaum ihren Unterhalt,
Dieweil des Löwen Macht, der auch dahin gekommen,
Ihnen schleunig allen Raub zur Nahrung weggenommen.
Auf Freunde, sprach der Fuchs, es geht mit uns nicht gut,
Der Hunger plaget uns, seht was der Löwe tut,
Laßt in Gesellschaft uns mit ihm ein Bündnis machen.
So streitet er für uns, und wenn er Beute macht,
Ist jedem auch sein Teil in Friede zugedacht.
Der Vorschlag ist recht gut, und also muß er allen,
Zum festen Freundschaftsband vortrefflich wohlgefallen.
Sie gehn gesamter Hand zu jagen und zu beuten,
Und fangen einen Hirsch mit ungemeinen Freuden.
Der Löwe legt den Raub, weil er der erste war,
Und ihn gefället hat, den Bundesgenossen dar,
Zerfleischt und zerlegt den Hirsch in vier Stücke.
Die andern wünschten sich schon in dem Herzen Glücke.
Nun, spricht der Löwe, nehm' ich, weil ich König bin,
Das erste und beste Teil, ihr lieben Brüder, hin;
Das andre will, weil ich der Stärkste, mir gebühren;
Das dritte nehm' ich auch, euch weiter anzuführen.
Und welcher unter euch wollt so vermessen sein,
Und dieses vierte Teil, auch wär' es nur zum Schein,
Als den verdienten Lohn, vom Hirsche zu sich reißen,
Ich wollte ihm, was zu tun, gewiß mit Nachdruck weisen.
Der Hunger plagte zwar die schicht're Compagnie,
Doch war beim Überfluß des Löwen nichts für sie,
Es machte dieser sich den ganzen Raub zu eigen.
Sie durften's alle sehn; doch mußten sie schweigen.
* * * *
Es bleibe ein jeder doch vergnügt bei seinem Stand,
Und lasse Mächtigen die Macht und Oberhand;
Der Vorteil ist bei ihnen doch nimmer zu erreichen,
Der Kleine muß allzeit, wie's geht, dem Großen weichen.
Im Bündnis steht nicht leicht der Knecht mit seinem Herrn;
Gleich wie das Sprichwort ist, und gleich gesellt sich gern.
Sonst wird der Stärkere, bei den gemeinen Gaben,
Den Vorzug, den Gewinn, und größten Vorteil haben.
Das Pferd und der Esel
Ein großes edelmütig Pferd,
Das seinem Herren lieb und wert,
In einer fetten Weide ginge,
Acht, weil es abgerichtet war,
Im Reiten keinerlei Gefahr,
Und was ihm in den Weg, nur eitel und geringe.
Zu dem gesellt ein Esel sich,
Und spricht, ich übertreffe dich
An Würde, Stärke und allen Gaben;
Drum werde ich einen Rang vor dir,
Wie sonst überall, auch hier,
Zum reichen Unterhalt, in dieser Wiese haben.
Ja, sagt das Pferd, dein langes Ohr,
Ich seh' es wohl, ragt mehr hervor;
Ich will mit dir mich nicht vergleichen,
Und wie dein angerühmter Stand
Bei mir und überall bekannt,
So deiner Torheit gern, wie deiner Trägheit weichen.
Der Esel bildet sich es ein,
Der Beste an diesem Ort zu sein,
Und sucht dem Pferde vorzugehen.
Er geht, und schaut bald hinter sich,
Erschrickt, und wird ganz ärgerlich.
Warum? es bleibt das Pferd in seiner Weide stehen.
Wie? ruft er, warum folgst du nicht?
Bist du so gar nicht abgericht?
Und willst du mich nicht respektieren?
Ich will, wie mir der Rang gebührt,
Und wie das Ansehn mich gezieret,
Dich hier und überall in wahrer Freundschaft führen.
Es lacht das schöne Pferd, und spricht:
Sei, was du bist, mich irrt es nicht,
Das Vorgehn laß ich wohl geschehen,
Das Folgen aber steht bei mir.
Geh wo du willst, nur für und für,
Ich will auch, ohne Rang, wo mir's gefällt, gehen.
* * * *
Verdienste machen nur den Rang,
Worum allein den Eseln bang.
Und welche ihn zu erbetteln pflegen,
Gehen aufgeblasen gerne vor.
Doch folgt kein Kluger einem Tor,
Zur Unehre oder Schande, auf unerlaubten Wegen.
Der
aus einem Schuster gewordene Medikus
Ein Schuster hatte nichts zu tun,
Dieweil er viele Schuh verdorben.
Was? denkt der Tropf, was mach' ich nun?
Und womit wird mein Brot erworben?
Wie viele treiben in der Welt,
Was sie doch nicht gelernet haben,
Und machen mit Betrügen Geld?
Galenus hat für mich auch Gaben.
Er geht in eine große Stadt,
Und spricht, er wär' ein Arzt von Glücke,
Der gleich zu helfen Weisheit hat,
Wenn er nur den Urin erblicke.
Er preiset seine Goldtinktur,
Und silberne gedrehte Pillen;
Gift und dergleichen lacht er nur,
Und weiß das Fieber gleich zu stillen.
Für Zahnweh, Gicht und Podagra,
Melancholie und offne Schaden,
Sind die bewährten Mittel da.
Wo niemand, weiß der Arzt zu raten.
Das Volk besucht ihn haufenweis,
Das jetzund dies, dann das zu klagen.
Dem Doctor fehlt's auch nicht an Fleiß,
Die, welche gar nicht krank, zu fragen.
Es sucht, ficht einen etwas an,
Wie viel', es fehle ihnen etwas, meinen,
Im Augenblick den teuren Mann.
Doch niemand durfte leer erscheinen.
Der Doctor wurde bald erkannt,
Dem aller Wohlfahrt anbefohlen.
Es krankt einmal der Commandant,
Der läßt den Mediziner holen,
Traut aber seinen Worten nicht,
Und will ihn auf die Probe stellen.
Weil, spricht er, dir kein Rat gebricht,
Auch in den allerschwersten Fällen,
Und dein so schön Antidoton
Dem Gift die Kraft zu nehmen pfleget,
Sind dir, zu dem gewissen Lohn,
Hier hundert Taler hingeleget;
Wenn du das hier vermischte Gift
Wirst trinken, und dich selbst kurieren.
Wenn aber dich die Falschheit trifft,
Wird man dich in's Gefängnis führen.
Der Doctor fället ihm zu Fuß.
Sauf, spricht der Commandant, beim Leben,
Du weist, ein jeder Künstler muß
Der Kunst geschickte Proben geben.
Ist's, spricht der Doctor, so gemeint,
So will ich hier nur frei bekennen,
Daß viele im Wahn betrogen sind,
Die mich mit Ehren Doctor nennen.
Ein Schuster bin ich, aber arm,
Und kann das Handwerk nicht mehr treiben.
Drum dacht' ich hier, daß Gott erbarm!
Nur der geringe Arzt zu bleiben,
Bei denen ich manche Kur getan,
Ohne selbst die Medizin zu wissen.
Ein jeder tut, so viel er kann.
Wer weiß, wie and're leben müssen?
Der Commandat spricht, packe dich;
Und bleibe bei den Schustergaben.
Ein jedes Handwerk nähret sich;
Wo Pfuscher keine Ehre haben.
Dem Volke macht er dies bekannt,
Und ließ es gar bedenklich fragen,
Warum sie dem, den Not verbannt,
Zu trauen kein Bedenken tragen.
Dem auch zu Haus der Fuß mißgönnt,
Die Schuhe im richtig anzumessen,
Den habe man zum Arzt ernannt,
Und selber seines Kopfes vergessen.
* * * *
Seht, was der Wahn der Einfalt tut,
Der kahlen Prahlerei zu glauben;
Wo solche Renntier Geld und Gut,
Ja Leben und Gesundheit rauben.
Der Rabe und der Fuchs
Was Schmeichler tun, ist offenbar,
Sie suchen nur mit Lob und Lügen,
Zum größten Schaden und Gefahr,
Den, der sie hört, zu betrügen.
Ein Rabe hat einen Käse geraubt,
Und sich auf einen Baum begeben,
Um, wie derselbe wirklich glaubt,
Bei dieser Kost vergnügt zu leben.
Das sieht der Fuchs, das list'ge Tier,
Und wird mit Lust eingenommen;
Weiß aber doch die Speise hier
Nicht von dem Raben zu bekommen.
Drum ruft er ihm charmant zu:
Laß dich, mein Rabe, willkommen heißen.
Wie schön und angenehm bist du?
Wie glücklich und vergnügt zu preisen?
Wie herrlich ist der Federn Pracht?
Kein Vogel ist dir zu vergleichen;
Und was dich recht ansehnlich macht,
Muß alles deinem Glänzen weichen.
Wenn deine Stimme so getan,
Wie wir die Federn rühmen können,
So wird dich, Rabe, jedermann
Den König der Vögel nennen.
Der Rabe ist in sich ganz verliebt,
Weil er bis an die Sterne erhoben,
Kennt seinen Rang, den man ihm gibt,
Und hört den Fuchs vergnüget loben.
Will ihm auch den Gefallen tun,
Und seine Stimme hören lassen.
Er schreit, und also kann er nun
Den Käse nicht mit dem Schnabel fassen.
Der fällt sogleich dem Baum herab,
Und wird dem schlauen Fuchs zur Beute.
Der rief, ich habe, was ich hab',
Und habe nun genug für heute.
Der Rabe sieht, doch allzuspät,
Daß er vom Fuchs betrogen worden.
* * * *
Der nicht allein; denn also geht
Es leider! nun an allen Orten.
Man fürcht' den Heuchler wie die Pest,
Und glaube nicht den Schmeicheleien,
Denn wer sich leicht einnehmen läßt,
Wird's bald empfinden und bereuen.
Der nach dem
äußeren Schein übel urteilende Hirsch
Ein Hirsch, der jetzt am klaren Bach
Mit Freuden seinen Durst gestillet,
Beschaut sich selbst, und denkt ihm nach,
Wer so mit Segen alles füllet.
Als er die zwei Gewichter sah
Mit den gespitzten Enden prangen,
Sprach er entzückt, was hab' ich da
Zu meiner größten Zierde empfangen?
Welch Tier, und wenn's ein Ochse wär,
Kann sich so schöner Hörner rühmen?
Er selbst gefiel sich gar zu sehr,
Und glaubt, der die Gewichter zeigt,
Recht zierlich in der Höh zu tragen,
Und was ihm sonst das Herze beugt,
Großmütig in den Wind zu schlagen.
Hier hab' ich Waffen in der Meng;
Trotz denen, die mir widerstehen,
Und komm ich irgend in's Gedräng,
Was kann mir da zu Leid geschehen?
Bald schaut er seine Läufe an,
Und ließ den Mut auf einmal sinken,
Geht, sprach er, ja die Not an Mann,
So wird es um die Läufe stinken.
Wie schmal, wie steif, wie kraftlos sind
Die Viere, meinen Leib zu tragen?
Daß die Gefahr nicht in den Wind
Und völlig aus dem Sinn zu schlagen
Die Beine sind mir allzuschwach,
Ich fürchte mich darauf zu treten.
In Nöten, Angst und Ungemach,
Kann das Geweih mich nur erretten.
Er hört darauf in kurzer Zeit
Den Jäger mit den Hunden kommen,
Und hat in der Geschwindigkeit
Die Flucht in ein Gebüsch genommen.
Da hemmet sich der schnelle Lauf,
Der Hirsch bleibt an den Ästen hangen;
Ihn halten die Gewichter auf,
Daß ihn die Jägerhunde fangen.
Die reißen ihn zu Boden hin;
Und er spricht in den letzten Nöten:
Ach! daß ich so betrogen bin,
Was ich gerühmt, läßt mich töten
Was ich verachtet, rettet mich,
Und trägt den stolzen Leib von dannen.
Allein das Haupt empöret sich,
Und läßt mich nun übermannen.
* * * *
Also betrügt mancher Schein.
Es nutzt öfters, was verachtet;
Hingegen muß das schädlich sein,
Wonach man gar zu sehnlich trachtet.
Was hocherhaben, wird zu schwer;
Was niedrig, bleibt oft verschonet,
Der Übermut schadet allzusehr,
Der allezeit im Irrsal wohnet.
Der Esel und der Löwe
Es sah der Esel mißvergnügt,
Den Löwen gute Beute machen,
Und sprach, Herr Löwe, wenn sich's fügt,
Vertraue er mir nur diese Sachen.
Zum jagen bin ich recht geschickt;
Ich weiß die Tiere herbeizutreiben;
Und er kann, wenn es mir so glückt,
Ganz ruhig in dem Lager bleiben.
Ja, sagt der Löwe, das ist recht;
Du bist so klug, als stark im jagen,
Und kannst, wenn's dazu kommen möcht',
Auch einen guten Puff vertragen.
Hör aber, wie's wohl gehen kann.
Läßt du versteckt die Stimme erschallen,
Fängt, was dich hört, zu fliehen an,
Und muß mir in die Klauen fallen.
Der Anschlag ist vortrefflich gut,
Ein jedes Tier erschrickt und flieht,
Daß, weil der faule Esel ruht,
Der Löwe gute Beute ziehet.
Als dieser vom Erlegen müd,
Spricht er: schweig still, hör auf zu schaden.
Da diesen Raub der Esel sieht,
Gefallen ihm die Heldentaten.
Er fragt, hab' ich's nicht recht gemacht?
Und kann ich nicht vortrefflich jagen?
Ja, spricht der Löwe, der seiner lacht,
Das magst du tapfres Tier wohl sagen.
Hätt' ich dich nicht zuvor gekannt,
Dein Schreien aber hier gehöret,
Ich wäre selber weg gerannt,
Als von der stärksten Wut gestöret.
* * * *
Wer deinen Sinn, Geschicklichkeit,
Macht, Stärke und Fleiß wohl eingesehen,
Wird wahrlich keinen Fingerbreit
Dir furchtsam aus dem Wege gehen.
Wer nichts vermag, und dennoch prangt,
Betrügt die, welche ihn nicht kennen;
Was von Bekannten der erlangt,
Ist Unehr, Schimpf und Spott zu nennen.
Der Wolf
beschuldigt den Fuchs eines Diebstahls
Es klagt der Wolf, daß ihn der Fuchs bestohlen.
Der sagte, nein du klagst mich fälschlich an,
Beweis es mir, dich soll der Henker holen,
Ich bin kein Dieb, und habe nichts getan.
Der Löwe soll der Sache Urteil sprechen.
Es bringen beide hier ihre Notdurft vor.
Der will den Schimpf, und der Schaden rächen.
Der Richter gönnt ihnen ein geneigtes Ohr.
Nachdem er nun sie beiderseits gehört,
Gibt er den Spruch, nach Recht und Billigkeit:
Dem Wolf ist nicht geraubt, was er begehrt.
Doch hat der Fuchs am Rauben seine Freude.
Und also steht die Klage nicht zu glauben.
Beklagter macht hier gleichfalls lauter Wind,
Weil die gewohnt zu stehlen und zu rauben,
Wenn's nicht geschehen, doch sehr verdächtig sind.
* * * *
Ein Lügner scheint kein wahres Wort zu reden.
Wer rühmt den Dieb, wenn er von Ehre spricht?
List und Betrug hilft nicht in den Nöten;
Wer Böse kennt, der traut ihnen nicht.
Der Hase und der
Sperling
Der Sperling hört den Hasen schreien,
Der in des Adlers Klauen war,
Und spricht, daß solches Toren seien,
Die schreien wollen in Gefahr,
Da sie sich selber retten können,
Als die Not zuvor gesehn.
Hast du nicht Füße um davon zu rennen,
Und willst in dem Geplärre stehn?
Ist nicht Geschwindigkeit dir eigen?
Warum liefst du dann nicht davon?
Nun aber ist es Zeit zu schweigen,
Denn du bekommst der Faulheit Lohn.
Der Sperling will noch ferner reden,
Der Habicht aber fällt ihn an;
Und jener schreit in Todesnöten,
Weil er sich nicht mehr helfen kann.
So, spricht der Hase in letzten Zügen,
Hat nun dein Spotten auch ein End.
Kannst du dem Habicht nicht entfliegen?
Empfindest du, was mir gegönnt?
* * * *
Indem der Mensch zu sicher lebt,
Gibt er allein auf andere acht,
Bis ihn die Not, darin er schwebt,
Ganz unbemerkt zuschanden macht.
Man lerne für sich selber sorgen,
Und spotte der Bedrängten nicht.
Kommt's heute nicht, es kommt wohl morgen,
Daß einen gleiche Not anficht.
Der Wolf und der
Kranich
Es hat der Wolf in Gierigkeit
Ein Bein verschluckt, das zum Betrüben
Und großer Pein, ihm eine Zeit
Im weiten Rachen stecken geblieben.
Er sucht bei den Tieren überall,
Die vormals ihm bekannt gewesen,
Sie möchten ihm von dieser Qual
Und äußerster Gefahr erlösen.
Er bittet, fleht und verspricht
Die jemals wo verlangten Gaben;
Doch trauen sie dem Räuber nicht,
Nur dies mit ihm zu tun zu haben.
Den Kranich fleht er endlich an,
Ihn mit dem langen Hals zu lösen.
Er schwört alles, was er kann,
Zu geben, was ihm lieb gewesen.
Der Kranich wird dazu verführt.
Er holt den verhaßten Knochen,
Und als der Patient kuriert,
Verlangt er auch, was er versprochen.
Was? spricht der Wolf, undankbares Tier,
Willst du dich hier noch mausig machen?
Ich lasse dir den Kopf dafür;
Den hatte ich ja schon in dem Rachen.
Ich hätte dir, wenn mir's beliebt,
Denselben gar leicht abgebissen.
Und du willst, was die Gnade gibt,
Und mir gebührt, gar nicht wissen?
Pfui, schäme dich des Geizes nun.
Soll ich zur Wohltat dir noch lohnen?
Ich wollte dir was anderes tun,
Und künftig deiner nicht mehr schonen.
* * * *
Wer den Bösen Gutes tut,
Um Dank von ihnen zu gewinnen,
Versündigt sich bis auf das Blut,
Und ist gewiß nicht wohl bei Sinnen.
Er stärkt seine Bosheit nur,
Und muß den Schaden selbst empfinden.
Ein Bösewicht folgt der Höllen Spur,
Und fürchtet sich vor keiner Sünden.
Der Eidschwur ist ein schlechtes Ding;
Versprechen heißt höflich lügen,
Schandtaten achtet man gering,
Und freut sich andere zu betrügen.
Die Maus und der Frosch
Die Maus, welche auf dem Feld erzogen,
Wird einstens aus der Nachbarschaft
Von einem Frosch, der sich vergafft,
Zu der Vertraulichkeit bewogen.
Der Frosch besucht die fromme Maus.
Die führt ihn durch ihr verborgen Haus;
Und sich mit ihm in Freundschaft zu ergetzen,
Legt sie ihm ihren Vorrat dar,
Schenkt, was ihm nur anständig war,
Und öffnet ihre großen Schätze.
Nimm, spricht sie, was du willst davon,
Ich gönne meinen Freunden schon
Von diesem Vorrat eine Gabe,
Zumal ich den Überfluß
Im finstern Loch verderben lassen muß
Wenn nächstens ich meine Ernte habe.
Ach! seufzt der Frosch, aus bloßem Neid,
Wie groß ist die Glückseligkeit
Der kleinen Maus, welche hier in Fülle lebt.
Ich armer Frosch bin groß und stark,
Und quäle mich im Sumpf und Quark,
Daß mir die Zunge am Gaumen klebt.
Wohl! dachte dieser Frosch im Sinn,
Weil ich nicht so begütert bin,
Will ich des Glücks und der gelobten Sachen,
Für das, was mir die Maus zu gut getan,
Daß sie nicht weiter prahlen kann,
Doch mit Manier, ein schleunig Ende machen.
Komm doch mein Freund, spricht er voll arger List,
Weil du jetzt recht vergnügt bist,
Und lasse dir auch meine Schätze zeigen.
Komm eilends mit in mein Quartier,
Dort mußt du in den Pfuhl mit mir
Zu der erwählten Kammer steigen.
Und weil man dorthin schwimmen muß,
So binde dich an meinen Fuß,
Daß wir zugleich durch dieses Wasser kommen.
Wie sich die Maus bereden läßt,
Bindet sie der Frosch mit einem Faden fest.
Und als er sie mit in den Pfuhl genommen,
Findet zwar der Frosch da seinen Aufenthalt,
Doch stirbt die Maus im Wasser bald,
Und muß verreckt an ihrem Faden hangen.
Ein Weih nimmt die tote Maus,
Am Faden auch den Frosch heraus;
Daß er hier doppelte Beute empfangen.
O weh! o weh! schreit dieser noch,
Was mach ich armes Fröschgen doch,
Daß ich mich selber angebunden,
Und mit dem Gast, dem's nicht geglückt,
Weil ich im Wasser ihn erstickt,
Zur ew'gen Schande, den Untergang gefunden.
* * * *
Man hüte sich nur allezeit
Vor Eifersucht und den verdammten Neid,
Der selber sich und and'ren Schaden bringt.
Das Rühmen macht einen Freund
Oft unversehens zum ärgsten Feind,
Weil's ihm gleich andern nicht gelingt.
Einer jeder stehe auf seiner Hut.
Wer andern aber Schaden tut,
Kann wahrlich auch nicht seiner Strafe entgehen,
Die Rache folgt ihm auf dem Fuße nach,
Ihn freut und trifft ein gleiches Ungemach,
Und was er anderen tut, das muß an ihm geschehen.
Der Adler und die Krähe
Ein Adler hatte eine Schildkröte in den Klauen,
Konnte aber nichts zu seiner Speise schauen.
Er hackt und stieß oft mit dem Schnabel drauf,
Und hört oft ganz verdrießlich auf,
Dieweil das Schild mit stoßen und mit stechen
Auf keine Weise zu zerbrechen.
Wozu habe ich, sprach er, die Beute,
Als zum Verlust der angenehmen Zeit,
Und meinen größten Tord bekommen,
Weil der Genuß des Gutes mir genommen?
Ei! sprach die Krähe, die das mit angesehn,
Auf solche Weise wird's nimmermehr geschehn,
Daß du die Kröte aus ihrem Schilde jagest,
Wenn du mit stoßen auch sie noch so heftig plagst.
Wirf aber diese schöne Gabe
Hoch aus der Luft auf einen Fels herab,
So wird das Schild die Kröte entblößen,
Und nicht mehr sein, was es gewesen.
Der Adler fliegt, so hoch er kann,
Und nimmt mit Dank, was ihm geraten an.
Das Schild zerbricht; doch bis der Adler gekommen,
Hat schon die Krähe das Fleisch hinweggenommen.
Der Adler findet die leeren Schalen da,
Und spricht zur Krähe: wahr ist es ja,
Was du gesagt, und doch bin ich betrogen,
Weil Rat und List die Stärke hier überwogen.
* * * *
Es bricht Gewalt das Eisen zwar,
Und hebt, was unbeweglich war,
Doch will es ihr nicht aller Orten glücken,
Sie muß sich in die Zeit und aller Dinge schicken.
Stärke und Gewalt tut alles nicht allein,
Die Klugheit muß damit verknüpft sein.
Soll in der Welt, nach Wunsch uns was gelingen,
So muß Vernunft und Rat es führen und vollbringen.
Der schwache Löwe
Der Löwe, dessen Stärke und Macht
Die Tiere lange Zeit empfunden,
Wird endlich dahin gebracht,
Daß aller Lebenssaft verschwunden.
Er war nun alt und abgelebt,
Und wußte sich nicht zu ernähren;
Ja, weil er selbst vor Schmerzen bebt,
Des Anfalls kaum sich zu erwehren.
Er lag entkräftet ausgestreckt,
Und meinte in Ruhe allein zu bleiben;
Welche aber seine Feinde erweckt,
Nachdrücklich sich an ihm zu reiben.
Es kommt der Ochs und stößt ihn,
Weil ihm der Löwe ein Kalb zerrissen.
Dies macht alle andern Tiere kühn,
Daß sie sich auch zu rächen wissen.
Dem hat er dies, dem das getan.
Kaum hat das Pferd den Feind geschlagen,
Fällt ihn auch so der Esel an,
Und hat, ich weiß nicht was, zu klagen.
Nun kommt es, spricht der Löwe, zu weit;
Von Tapfern laß ich mich noch schmähen.
Das ist zu schwer, die Bitterkeit
Auch von dem faulen Esel sehen.
Nun lieber tot, als so betracht,
Ehe ließ ich mich die Würmer nagen,
Als den, der überall veracht,
Mit dem verzagten Schenkel schlagen.
* * * *
So geht es, wenn ein Starker fällt,
Daß er sich nicht mehr weiß zu retten.
Dem wird von allen nachgestellt,
Den er nur auf den Fuß getreten.
Wenn einer groß und mächtig heißt,
Hüte er sich, einem nur zu schaden,
So wird ihn auch kein kleiner Geist,
Wenn er gefallen, mit Schimpf beladen.
Der wollüstige Esel
Ein Esel sah, wie wohl ein Hund
Bei seinem Herren angeschrieben;
Weil er an seiner Seite stund,
Oft auf ihn sprang, und in dem Schoß geblieben.
Dafür bekam er Fleisch und Brot,
Auch manchmal gute Leckerbissen.
Warum, dacht jener, leide ich Not?
Ich werde auch so zu kareßieren wissen.
Kaum tritt der Herr zum Haus hinein,
Daß ihn der Esel nur erblickt;
So will er um und bei ihm sein,
Springt an ihm auf; und wird sogleich bestrickt
Mit Prügeln in den Stall gebracht,
Und darf nicht weiter um sich gehen.
Ich hab' es, spricht er, schlecht gemacht;
Was Hunde tun, darf nicht von mir geschehen.
* * * *
Nicht alles steht jedem an;
Ein jeder bleib in seinen Werken,
So kann an dem, was er getan,
Seine Herrschaft auch die treuen Dienste merken.
Die Schwalbe und
andere Vögel
Mit Lein besäte man ein Feld,
Wo den Vögeln nachgestellt,
Daß viele im Garne hängen blieben.
Dies merkt die Schwalbe und gibt den Rat:
Kommt alle mit, und freßt die Saat,
Wird was davon kommt, abgenommen,
So werden Fäden draus gemacht,
In welchen, so bei Tag, als Nacht,
Schon mancher Vogel umgekommen.
Allein die Vögel hören nicht,
Weil an der Nahrung nichts gebricht,
Und lachen des verzagten Orden,
Der durch ein Körnlein auf dem Land,
Das mancher kaum dafür erkannt,
In Furcht und Angst gesetzt worden.
Die Schwalbe ertrug diese Schmach,
Und dachte der Sachen weiter nach,
Wie die Gefahr nicht zu verachten.
Es kommt das dichte Kraut hervor.
Stört, spricht die Schwalbe, es in dem Flor,
Sonst wird es euch mit Haufen schlachten.
Allein der Rat wird nicht gehört,
Nur Spott und Hohn dafür vermehrt,
Als ob sie nichts zu fürchten hätten.
Die Schwalbe spricht, ich hab's gesagt,
Denkt meiner, wenn dies Kraut euch plagt,
Und flieht beizeiten in die Städte.
Der Flachs wird reif in kurzer Zeit,
Gesponnen, und ein Garn bereit,
Das Vogler hier und dort ausstellen,
Und also mit besond'rem Fleiß
Die sich'ren Vögel haufenweis
In diesem Garn bestrickt fallen.
Zu spät, zu spät rief mancher hier,
Als er bestrickt, ach! hätten wir
Der Schwalben doch Gehör gegeben.
Nun straft uns der Eigensinn,
Das arge Kraut reißt uns dahin,
Und Sicherheit kostet uns das Leben.
* * * *
Man nehme, weil er helfen kann,
Den guten Rat der Klugen an.
Die Narren, welchen nicht zu raten,
Sind bei dem Warnen ärgerlich,
Verwickeln in der Torheit sich,
Und finden gar zu spät den Schaden.
Der Wolf und das Pferd
Es kommt der Wolf in großer Gierigkeit,
Und findet ein Pferd auf einer Wiese grasen.
Damit denkt er die Mahlzeit sei bereit,
Und will die Beute sich nicht entwischen lassen.
Ach! klagt das Pferd, ach! welch große Pein
Muß, leider! ich von einem Dorn empfinden.
Mein lieber Wolf, ich will dein Eigen sein,
Wirst du mich nur der schweren Last entbinden.
Wo, spricht der Wolf, ist dieser Schaden dann?
Ich bin ein Arzt, und kann die Kranken stärken.
Am hinteren Fuß, sagt jenes, ist's getan,
Da wirst du leicht, was eingestoßen, merken.
Indem der Wolf mit Fleiß den Schaden sucht,
Wird von dem Pferd ihm vor den Kopf geschlagen.
Dies rettet sich inzwischen mit der Flucht,
Und läßt den Wolf sich mit dem Schwindel plagen.
Als lang hernach er von dem Schmerz befreit,
Doch ohne Kraft vom Boden aufgestanden,
Erfährt er erst, mit Scham und großem Leid,
Daß er verletzt, das Pferd nicht mehr vorhanden.
Drum spricht er selbst voll Ärgernis in sich:
Zum kochen schickt ich mich bei den Pferden,
Und dieses Tier bewegt, zum Schaden mich,
Daß ich muß gar ein Mediziner werden.
* * * *
Was einer weiß, was einer wohl gelernt,
Da soll mit Lob er lebenslang dabei bleiben,
Und nimmermehr, wovon er weit entfernt,
Zu Spott und Hohn, ja zum Verderben, treiben.
Geht einer nur mit Trug und Schaden um,
So wird er sich selbst eine Rute binden,
Und allzu spät, doch zu des Rächers Ruhm,
Betrug und Strafe, zum Untergang, empfinden.
Der Wolf und der Fuchs
Auch wird, was jetzund angemerkt,
Durch folgendes noch mehr bestärkt.
Ein Wolf hat reiche Beute gemacht,
Und sie zur sich'ren Höhle gebracht.
Als dies ein listiger Fuchs gesehen;
Besucht er ihn, lobt seine Tat,
Vorsichtigkeit, Stärke, klugen Rat,
Und alles, was zum Ruhm geschehen.
Er bittet sich die Freundschaft aus,
Verspricht sich einen fetten Schmaus,
Und listig etwas zu bekommen.
Allein der Wolf bedanket sich,
Und spricht, ich habe es nur für mich,
Und nichts für Schmeichler mitgenommen.
Als sich der Fuchs in Stich gesetzt,
Denkt er nur auf die Rache zuletzt,
Und glaubt dem Wolf gewiß zu schaden.
Er eilt zum Schäfer, spricht ihn an:
Was gibst du mir? ich will und kann
Dir deinen ärgsten Feind verraten.
Es liegt der Wolf am sich'ren Ort,
Da kannst du ohne Mühe sofort
Ihn zur verdienten Strafe bekommen.
Der Schäfer gibt ihm Käse und Brot,
Wünscht die verdammten Wölfe tot,
Und wird vom Fuchs gleich mitgenommen.
Verspricht ihm auch, wenn es geglückt,
Das der verhaßte Wolf berückt,
Noch zwanzig Käse nachzugeben.
Der Fuchs glaubt, daß es treu gemeint.
Der Schäfer findet seinen Feind,
Und bringt ihn mit der Axt um das Leben.
Nach der vollbrachten Heldentat,
Verlangt der Fuchs, für seinen Rat,
Was ihm gewiß versprochen worden.
Der Schäfer spricht: du Hühnerdieb,
Kommst recht, und mir ist's herzlich lieb,
Daß ich dich nun kann auch ermorden.
Das Disputieren währt nicht lang,
Er gibt dem Fuchs nur einen Fang;
Da mußte er mit dem Tode ringen,
Und rief noch: ich empfinde schon
Der Rachgier, List, und Falschheit Lohn.
Und so wird's überall Verrätern auch gelingen.
Der Esel und das Pferd
Ein Esel, der im Felde war,
Und schwere Lasten tragen mußte,
Nichts von der größten Gefahr
Der streitenden Parteien wußte,
Beklagte seinen Jammerstand,
Und wünschte sich zu den Pferden,
In gleichem Rang, von reicher Hand,
Gefüttert und gelabt zu werden.
Der Gaul, spricht er, hier neben mir,
Hat lange nicht, was ich gelitten
Doch zieht man mir ihn gar weit für,
Und wenn ich steh, wird er geritten,
Er lebt in allem Überfluß,
Nur was er wünscht, wird ihm gegeben.
Ich armer Esel aber muß
Bei wenig Stroh und Futter leben.
Weil niemand meine Tugend kennt,
Schwitz ich oft unter schweren Lasten.
Die Schläge sind mein Traktament,
Und trage ich nichts, so muß ich fasten.
Dem Gaul flattiert und streichelt man,
Dem werden Decken aufgelegt,
Und wenn er gleich gar nichts getan,
Wird er aufs Beste doch verpflegt.
Wie es aber einst zum Treffen kam,
Der Esel in dem Lager geblieben,
Der Reiter seinen Gaul mitnahm,
Der im Gefecht umher getrieben,
Daß er ganz wund und abgematt
Mit Blut bespritzt ins Lager gekommen.
Und seine vorige Lagerstatt
Beim Esel ohne Kraft genommen,
Spricht dieser: ist es so gemeint,
Daß die, die beste Kost genießen,
Zur größten Not, bewahrend sind,
So laß ich mich mein Schicksal nicht verdrießen:
* * * *
Der äußre Schein trügt gar zu sehr;
Und welche in voller Nahrung stehen,
Trügt oft ihr günstig Glück weit mehr,
Als welche ihr Brot zu betteln gehen.
Glückselig ist der Mittelstand,
Dem wenig, doch in Ruh, gegeben.
Mit Großen ist es so bewandt,
Daß sie beim Überfluß in großen Nöten schweben.
Der Bock und der Wolf
Der Bock war einem Wolf entgangen,
Und hatte sich auf eine Klippe gemacht;
Wohin der Wolf nicht konnte gelangen,
So daß der Bock nun seiner lacht.
Doch wollte er nicht von dannen weichen,
Bis ihn der Hunger weiter trieb;
Daß auch der Bock, das Wasser zu erreichen,
Nicht länger auf dem Felsen blieb.
Als hier der Bock den Durst gestillt,
Erblickt er sein Ebenbild,
Und wird mit Hochmut angefüllt,
Daß sonst nichts in seinen Augen gilt.
Wie lang der Bart? wie leicht die Füße?
Ist nicht der Leib recht schön?
Und wenn er auch sich übermannen ließe,
So können doch dem Feind die Hörner widerstehn.
Ein Narr war ich, daß ich geflohen,
Ich wollte schon dem Wolf gewachsen sein,
Die Hasen sterben von dem Drohen,
Ich bilde mir was anders ein.
Kommt nun der Wolf, und droht mich zu zerreißen,
Lache ich den Tropf mit seinem Eifer aus.
Ich werde ihm meine Hörner weisen,
Was gilts? er eilt geschwind nach Haus.
Es plagte so den Bock die stolze Eigenlieb',
Als schon der Wolf zum Fluß geschlichen kam,
Und diesen Bock, der ganz erstarrt blieb,
Zur guten Mahlzeit mit sich nahm.
Ach! schrie der Bock, wie habe ich mich betrogen?
Warum habe ich mich nicht gewehrt?
Nun werde ich gar zerfleischt rumgezogen,
Und schimpflich von dem Wolf verzehrt.
* * * *
So kommt der Hochmut vor dem fallen,
Und wer sich an sich selbst vergafft,
Wird unbemerkt, am ersten unter allen,
Zu seinem Unglück hingerafft,
Die Worte wollen's gar nicht machen,
Man zeige sich nur in der Tat,
Weil, wenn die Torheit zu belachen,
Die Tugend allezeit sich selbst zum besten hat.
Der Wölfe Krieg
mit den Schafen
Die Schafe führten lange Zeit
Mit den Wölfen schwere Kriege,
Und hatten, weil die Hunde im Streit
Sehr tapfer, auch die schönsten Siege.
Die Wölfe werden endlich müd',
Und wollen bei den zweifelhaften Sachen,
Da jeder Teil den kürzern zieht,
Gern mit den Schafen Frieden machen.
Die Hunde wollen nicht daran,
Weil den Wölfen nicht zu trauen.
Den Schafen aber stand der Friede dennoch an,
Sie wollten auf die Treue der Wölfe Schlösser bauen.
Der Vorteil, sagen sie, wird für uns ungemein,
In Einigkeit der fürchterlichen Tieren,
Auch alles ohne Not und weitern Schrecken sein,
Wenn unter uns nicht weiter Krieg zu führen.
Man treibt das Werk mit allem Fleiß.
Die Hunde, als die den Frieden stören,
Und die man jetzt nicht zu gewinnen weiß,
Will man durchaus nicht weiter hören.
Weil der Wölfe Vorschlag gut,
So werden sie, wie Geiseln, abgegeben.
An deren statt, zur beßren Hut,
Beschlossen, daß dort junge Wölfe leben.
Die werden ebenfalls, als Geiseln hingetan.
Allein so bald der Friede nur geschlossen,
Fängt einer da zu heulen an,
Und alles wird darum auf einmal umgestoßen.
Die Schafe, deren Schutz dahin,
Erschrecken, als die Wölfe kommen.
Ein schneller Tod ist ihr Gewinn,
Weil, was ein jeder will, nun frei hinweg genommen.
* * * *
Man ehre die, ja sei ihnen untertan,
Die schützen und erretten können,
Weil ohne sie man nicht bestehen kann.
Nur Toren lassen sich von Feinden leicht berennen.
Vorsichtigkeit traut ihnen nicht,
Und bleibt in der Tugend Schranken.
So leicht ihr Mund vom Frieden spricht,
So falsch und böse sind die Gedanken.
Wer aber böse in seinem Sinn,
Kann niemand etwas Gutes gönnen,
Daß Gute und Fromme immerhin
Sich nicht genug verwahren können.
Der Löwe und der Fuchs
Ein Löwe, der ganz abgelebt,
Und in den letzten Nöten schwebt,
Weil ihm die Kraft zu rauben schon vergangen,
Verfiel zuletzt auf eine List,
Was sonst ihm unmöglich ist,
In seiner Gruft geschwinder zu erlangen.
Er macht überall bekannt,
Daß er in einem schwachen Stand,
Ja Todesnot, hier Abschied nehmen wollte,
Und daß, wer's mit ihm treulich meint',
Ihn, als den König, Herrn und Freund,
Zu guter letzt, einmal besuchen sollte.
Den Tieren tut es herzlich leid.
Sie kommen, ihre Schuldigkeit,
Doch nach und nach, gebührend abzustatten.
Der Löwe empfängt sie so gelind,
Daß sie dem kranken Gast geschwind
Zum sichern Raub und guter Speise dienen.
So labet er sich ohne Müh.
Einst ist der Fuchs des Morgens früh,
Zum Abschied, doch nur vor der Höhle erschienen.
Komm, spricht der Kranke, komm herein,
Du sollst, mein Freund, mir willkommen sein,
Und hier durchaus nichts zu befürchten haben.
Verweile nicht vor meiner Tür.
Warum kommst du nicht gleich zu mir,
Im Elend mich mit dem Besuch zu laben?
Der Fuchs sieht nur die Gegend an,
Und spricht, weil ich nicht finden kann,
Daß die zu dir, auch wieder aus gegangen.
Zu dir gehen alle Spuren nur,
Zum Rückweg finde ich keine Spuren,
Drum fürchte ich mich ein gleiches zu empfangen.
* * * *
Die Klugheit ist die beste Hut,
Und zwar zu allen Dingen gut,
Doch sonderlich bei Hinterlist vonnöten.
Sie gibt auf alle Zeichen acht,
Und wenn sie diese recht betracht,
Weiß sie sich selbst das beste Wort zu reden.
Die Eintracht
Ein Landmann, der zwar reich, doch viele Kinder nährte,
Ein strenger, aber doch liebreicher Vater war,
Und welcher nach dem Tod ihr Wohlsein begehrte,
Erkrankte, und kam sogar in Todesgefahr.
Drum ließ zu guter letzt, er seine Kinder kommen,
Nahm Abschied, fügt auch viel Heil und Segen bei,
Und sprach, habt Kinder, ihr nun alles recht vernommen?
So brechet, wenn ihr könnt, dies Bündel Ruten entzwei.
Es wurden insgesamt die Ruten schwach befunden,
Weil aber sie zugleich mit einem festen Band,
In eines hart verknüpft, zur Stärke recht verbunden;
War niemand diesen Bund zu brechen in dem Stand.
Der Vater gibt hernach den Kindern einzelne Ruten,
Die jedes alsbald, wie's ihm befohlen, bricht.
In Eintracht, spricht der Mann, ist Wohlstand zu vermuten
Und wenn ihr euch getrennt, besteht die Wohlfahrt nicht.
In Liebe und Eintracht spürt man überall den Segen,
Der alsbald in Haß und Bitterkeit verschwindet.
* * * *
So stark, zur Sicherheit, sich die zu waffnen pflegen,
Die, wider alle Feinde, im Freundschaftsbande sind;
So leicht, und so geschwind, sind sie zu Fall zu bringen,
Die selber sich getrennt; daß überall der Feind,
Bei Widerwärtigkeit, vermögend durchzudringen,
Und sich der Schwache stürzt, bevor er es selber meint.
Der Köhler und der
Bleicher
Ein reicher Köhler hat ein großes Haus gebaut,
Und weil er nicht im Stand es völlig zu bewohnen,
Spricht er den Bleicher an: weil du dich mir vertraut,
So wohne nun bei mir, du sollst es mir nicht lohnen.
Ich bin im großen Haus so, wie du weist, allein,
Und kann es selber nicht mit aller Habe füllen.
Willst du, mein bester Freund, in Liebe bei mir sein,
So wirst du, glaube mir, mein ganz Verlangen stillen.
In meinem Hause hast du Raum genug bei mir;
Du wohnest eng und schlecht in einer Bleicherhütte.
Doch lebe ich hier vergnügt, und mit gefällt es hier,
Versetzt der Bleicher drauf, sonst ließ ich mich erbitten.
Allein, sag, liebster Freund, wie sollt es wohl geschehen,
Daß wir in einem Haus beisammen Freunde blieben?
Bei Kohlen kann ja nicht die reine Bleiche stehn,
Noch, was weiß gemacht, die schwarzen Flecken lieben.
* * * *
Gesellt sich gleich und gleich, wird Liebe um Liebe erweckt;
So wird, was widersteht, ein Kluger nicht vertragen.
Die Tugend selber wird von Lastern angesteckt,
Und kann sich nimmermehr auf ihre Seiten schlagen.
Verführung schleicht sich mit glatten Worten ein,
Und kann mit ihrem Gift dem Allerbesten schaden.
Will einer tugendsam, und recht vergnügt sein,
Der lasse Tugend sich, und keine Laster, raten.
Die sich
selber strafenden Lügen
Ein ungezog'ner Hirtenjunge
Pflegte öfters mit Geschrei die Bauern zu vexieren,
Und weil es ihm gemeiniglich gelang,
In Waffen sie nur scherzhaft anzuführen,
Trieb er dies Spiel, in Spott und Hohn,
Zum öftern nur den Eifer zu vermehren,
Und schrie mit aller Macht, daß Wölfe schon,
In seiner Herde zu wüten kommen wären.
Sie kommen, ihre Schafe nur
Zu retten, und dem Hirten beizuspringen;
Sehen aber keines Wolfes Spur,
Und sind bei dem Betrug zusammen guter Dinge.
Doch endlich kam ein Wolf heran,
Der Hirtenjunge ist nun in tausend Nöten,
Er ruft um Hilfe, er schreit, was er kann,
Der Wolf ist da! der wird mich selber töten.
Die Bauern hören dieses zwar,
Doch lassen sie sich nichts anfichten;
Dieweil der Junge gewohnt war
Zu rufen, wenn auch schon durchaus nichts zu verrichten.
Er ruft erbärmlich in der Not,
Er flieht, dieweil die Schafe sich zerstreuen,
Wird selbst die Beute, und muß halb tot
Den Mutwillen, sein Geschick und Lügenmaul bereuen.
* * * *
So muß es den Betrügern gehn,
Welche offenbare Schande tragen,
Und selber sich zuletzt betrogen sehn,
Weil ihnen niemand glaubt, wenn sie die Wahrheit sagen.
Der Frosch und der Löwe
Es machte in einem Sumpf der Frosch ein groß Geschrei,
Und ein beherzter Löwe ging ungefähr vorbei.
Als der das Quaken hört, entrüstet er sich sehr,
Und glaubte, daß hier eins der größten Tiere wär,
An dem er seine Stärke, als an dem ärgsten Feind,
Auf einer Reise einmal zu probieren meint.
Er steht, er rüstet sich zum tapfern Widerstand,
Noch ist der rufende, sein Gegenpart, bekannt.
Er brüllt im Verdruß mit fürchterlichem Ton,
Und sieht von ungefähr das arme Fröschchen schon.
Pfui, spricht er, daß ich dich nicht alsbald gesehn,
Es würde, elendes Tier, kein Blick nach dir geschehn.
Du bist führwahr nicht wert, daß einer dich betracht,
Ist's deine Stimme allein, die mich zuschanden macht?
Das Fröschchen rührt er mit seinem Schenkel an;
Und es liegt so zerquetscht, daß es nicht schreien kann.
* * * *
So geht es überall den Prahlern insgemein;
Sie wollen zwar geschickt mit ihrem Maule sein,
Doch müssen sie gar bald mit Schimpf zu Grunde gehn,
Und durch ihre Unvernunft sich selbst betrogen sehn.
Der Schwache widersteht dem Starken nimmermehr,
Und findet im Geschrei mehr Schimpf und Schande, als Ehr.
Die Ameise und die
Taube
Eine Ameise, vom Durst getrieben,
Lief eilends zu dem nächsten Bach;
Kam aber, weil sie da bald im Wasser geblieben,
In Todesangst und großes Ungemach.
Ach! schrie sie, will mich niemand retten,
Weil ich mir selbst nicht helfen kann?
Ich weiß das Land nicht zu betreten,
Und folglich ist's um mich getan.
Von ferne sieht es eine Taube,
Der jammert dieses arme Tier.
Sie eilt hinzu, und wirft von einer Laube,
Zur Rettung, ihm ein Reislein für.
So bald das Reis im Bach erschienen,
Springt ganz erfreut die Ameise drauf,
Und läßt es sich zur Hilfe dienen;
Kommt an das Land und in den Lauf.
Sie denkt dieses zu vergelten,
Wenn's ihrer Ohnmacht möglich sei.
Oft steht auch einem starken Helden
Ein Schwacher in Gefahr und großen Nöten bei.
Und was geschieht? ein Mann erscheint,
Verfolgt die Taube, und fängt zu schießen an,
Welche er gewiß zu treffen meint,
Weil sie sich setzt, und nichts verspüren kann.
Die Ameise eilt sie zu retten,
Und sticht den Jäger in den Fuß,
So, daß er straucheln, weiter treten,
Und seine Stelle verlassen muß.
Weil er sich nun zurück gezogen,
Wird ihn die schüchterne Taube gewahr,
Welche alsbald davon geflogen.
Mithin verschwindet die Gefahr.
Von einer Ameise wird die Taube wohl bewahrt,
Und aus der Todesnot gebracht,
Weil diese jener erst willfahret,
Daß sie sich höchst verbunden acht.
* * * *
Man helfe und diene den Kleinen,
Wann, wo, und wie man immer kann;
Weil, die ganz unvermögend scheinen,
Oft einen großen Dienst getan.
Es findet Liebe Gegenliebe,
Und Gute erzeigen immer sich,
Wenn gleich ihr Glücksstern noch so trübe,
Für alles Gute dankbarlich.
Die Dankbarkeit ist denen eigen,
Die sonst gar verachtet sind,
Da man, von Großen jetzt zu schweigen,
Sie selten auf der Erden findt.
Der Großen Vorteil
Der Löwe, Fuchs und Esel hatten,
In einem angenehmen Schatten,
Der Freundschaft festes Band gemacht;
Mit List und mit Gewalt zu jagen,
Und gleich einander anzusagen,
Wenn einer etwas aufgebracht.
Der Löwe erhaschte gute Beute,
Teilt mit dem Esel seine Freude,
Und stellt ihm die Teilung frei.
Der macht vom Raub drei gleiche Stücke,
Und meint, daß er so nah dem Glücke,
Als wie der Fuchs und Löwe sei.
Der Löwe muß der Einfalt lachen,
Dem Streit doch bald ein Ende zu machen,
Erwürgt er den armen Tor.
Ruft auch dem Fuchs hinzuzueilen,
Und spricht, du sollst die Stücke teilen,
Drum lege ich sie dir alle vor.
Der Fuchs spricht, hier ist nichts zu trennen,
Dir ist der ganze Raub zu gönnen,
Den du für dich allein gemacht.
Und sollte ich lebenslang nichts fressen,
Kann ich mir nichts von dem beimessen,
Was du mir selbst nicht zugedacht.
Der Löwe spricht, der dies gehört,
Wer hat das Teilen dich gelehrt?
Mein guter Fuchs, hast recht daran.
Du bist, obgleich noch jung an Jahren,
Geschickt genug und so erfahren,
Daß ich an dir nichts tadeln kann.
Vom Zufall meines Bundsgenossen
Ist mir die Lehre zugeflossen,
Antwortet darauf der Fuchs behend,
Großmächtiger, deine Heldentaten
Ersetzen des erlittenen Schaden,
Der selber sich und dich nicht kennt.
* * * *
Wer klug ist, lerne auf Andere merken.
Gelingen ihnen ihre Werke,
So folge man denselben nach.
Ist Schaden und Verlust zu spüren,
So lasse man sich nicht verführen,
Und fliehe dieses Ungemach.
Die Stärkeren sind nicht zu besiegen,
Drum halte man, sie zu vergnügen,
Sich, so viel wie möglich, fromm und still.
Mit Großen muß man sauber handeln,
Und ihnen nach Gefallen wandeln,
Wenn man die Gunst erhalten will.
Willfährigkeit in allen Dingen
Muß den Schwachen auch gelingen,
Wo selbigen viel Tord getan,
Daß sie zuletzt doch nichts verlieren,
Weil Tugend allzeit triumphieren,
Nicht überwunden werden kann.
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