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Der Welt Lohn

ist eine 274 Verse umfassende Verserzählung, die Konrad von Würzburg vor 1260 verfasste.
In seinem Text lässt Konrad einen edlen Ritter, der allezeit nach dem Ruhm der Welt und der Anerkennung der Menschen strebte,
mit der personifizierten Welt, einer schönen Frau zusammentreffen.
Frau Welt offenbart dem Ritter Wirnt von Grafenberg ihre Kehrseite, worauf er erkennen muss, dass sein Streben nach der Anerkennung
der Welt falsch war.
Er verlässt seine Frau und seine Kinder, um sein weiteres Leben als miles Christi - Soldat Christi –zu verbringen.

Quelle des mhd. Textes:
nach der Ausgabe von
©Edward Schröder 1924
Quelle des nhd. Textes:
©Reclam 2004/Konrad von Würzburg/Der Welt Lohn/Das Herzmaere/Übersetzt von Heinz Rölleke


 




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Ir werlte minnære,
vernement disiu mære,
wie einem ritter gelanc
der nâch der werlte lône ranc

beidiu spâte unde fruo.
er dâhte in manige wîs dar zuo
wâ mite er daz begienge
daz er den lôn enphienge
werltlicher êren.
er kunde wol gemêren
sîn lob an allen orten
mit werken und mit worten.
sîn leben was sô vollebrâht
daz sîn zem besten wart gedâht
in allen tiutschen landen.
er hæte sich vor schanden
alliu sîniu jâr behuot;
er was hübisch unde fruot
schœne und aller tugende vol.
swâ mite ein man zer werlte sol
bejagen hôher wirde prîs,
daz kunde wol der herre wîs
bedenken und betrahten.
man sach den vil geslahten
ûzerweltiu cleider tragen.
birsen, beizen unde jagen
kunde er wol und treip sîn vil,
schâchzabel unde seitenspil
daz was sîn kurzewîle.
wær über hundert mîle
gezeiget im ein ritterschaft,
dâ wær der herre tugenthaft
mit guotem willen hin geriten
und hæte gerne dâ gestriten
nâch lobe ûf hoher minne solt.
er was den frouwen alsô holt
die wol bescheiden wâren,
daz er in sînen jâren
mit lange wernder stæte

in sô gedienet hæte,
daz alliu sældenhaften wîp
sînen wünneclichen lîp
lobten unde prîsten.
als uns diu buoch bewîsten

und ich von im geschriben vant,
sô was der herre genant
her Wirent dâ von Grâvenberc.
er hæte werltlîchiu werc
gewirket alliu sîniu jâr.


sîn herze stille und offenbâr
nâch der minne tobte.
Sus saz der hôchgelobte
in einer kemenâten,
mit fröuden wol berâten,

und hæte ein buoch in sîner hant,
dar an er âventiure vant
von der minne geschriben.
dar obe hæte er dô vertriben
den tag unz ûf die vesperzit;

sîn fröude was vil harte wît
von süezer rede die er las.

dô er alsus gesezzen was,
dô quam geslichen dort her
ein wîp nâch sînes herzen ger

ze wunsche wol geprüevet gar
und alsô minneclich gevar
daz man nie schœner wîp gesach.

ir schœne volleclichen brach
für alle frouwen die nu sint.

sô rehte minneclichez kint
von wîbes brüsten nie geslouf.
ich spriche daz ûf mînen touf,
daz si noch verre schœner was
dan Vênus oder Pallas

und alle die gotinne
die wîlen phlâgen minne.

ir antlütz unde ir varwe
diu wâren beidiu garwe
durliuhtec als ein spiegellîn.
ir schœne gap sô liehten schîn
und alsô wünneclichen glast
daz der selbe palast
von ir lîbe erliuhtet wart.

der wunsch enhæte niht gespart
an ir die sînen meisterschaft,
er hæte sîne grœsten kraft
mit ganzem flîze an si geleit.
swaz man von schœnen wîben seit,
der übergulde was ir lîp.
ez wart nie minneclicher wîp
beschouwet ûf der erde.

ouch was nâch vollem werde
ir lîp gecleidet schône.
diu cleider und diu crône
diu diu selbe frouwe cluoc
ûf und an ir lîbe truoc,
diu wâren alsô rîche
daz si sicherlîche
nie man vergelten kunde,

ob man si veile funde.

Von Grâvenberc her Wirent
erschrac von ir wol zwirent,
dô si quam geslichen.
sîn varwe wart erblichen
vil harte von ir künfte dâ.

in nam des michel wunder sâ
waz frouwen alsô quæme.

ûf spranc der vil genæme
erschrocken unde missevar

und enphie die minneclichen gar
vil schône als er wol kunde.
er sprach ûz süezem munde:
»sint, frouwe, gote willekomen!

swaz ich von frouwen hân vernomen,
der übergulde sint ir gar.«
diu frouwe sprach mit zühten dar:
»vil lieber friunt, got lône dir!
erschric sô sêre niht von mir:
ich binz diu selbe frouwe doch

der dû mit willen dienest noch
und aldâher gedienet hâst.

swie dû vor mir erschrocken stâst,
sô bin ich doch daz selbe wîp
durch die du sêle unde lîp
vil dicke hâst gewâget.
dîn herze niht betrâget,
ez trage durch mich hôhen muot.
dû bist hübisch unde fruot
gewesen alliu dîniu jâr,

dîn werder lîp süez unde clâr
hât nâch mir gerungen,
gesprochen und gesungen
von mir swaz er guotes kan;
du wære et ie mîn dienestman
den âbent und den morgen,
du kundest wol besorgen
hôhez lob und werden prîs;

du blüejest als ein meienrîs
in manicvalter tugende,
du hâst von kindes jugende
getragen ie der êren kranz,
dîn sin ist lûter unde ganz
an triuwen ie gein mir gewesen.

vil werder ritter ûzerlesen,
dar umbe bin ich komen her,
daz dû nach dînes herzen ger
mînen lîp von hôher kür
beschouwest wider unde für,
wie schœne ich sî, wie vollekomen.

den hôhen lôn, den rîchen fromen,
den dû von mir enphâhen maht
umb dînen dienest vil geslaht,
den solt du schouwen unde spehen.
ich wil dich gerne lâzen sehen

waz lônes dir geziehen sol.
du hâst gedienet mir sô wol.«


Den edeln herren tugentrîch
dûhte harte wunderlîch
dirre frouwen tegedinc
wan si der selbe jungelinc
mit sînen ougen nie gesach,
und doch diu selbe frouwe sprach,
er wære ir dienestman gesîn.

er sprach: »genâde, frouwe mîn,
habe ich iu gedienet iht,
entriuwen des enweiz ich niht.
mich dunket âne lougen
daz ich mit mînen ougen
iuch vil selten habe gesehen.

sît aber ir geruochent jehen
mîn ze knehte, sælic wîp,
sô sol mîn herze und mîn lîp
iu ze dienste sîn bereit
mit willeclicher arebeit
unz ûf mînes tôdes zil.
ir hânt sô hôher sælden vil
und alsô manicvalte tugent,

daz iuwer fröudeberndiu jugent
mir vil wol gelônen mac.
wol mich daz ich disen tac
gelebet hân! des fröuwe ich mich,
sît daz ir, frouwe minneclich,
mînen dienst enphâhen welt.

frouwe an tugenden ûzgezelt,
geruochent künden mir ein teil
durch daz wünnebernde heil
daz an iu, schœniu frouwe, lît:
von wannen ir geheizen sît
oder wie ir sît genant,
iuwer name und iuwer lant
werde mir hie kunt getân,
durch daz ich wizze sunder wân
ob ich in allen mînen tagen
ie von iu gehôrte sagen.«
Des antwurt im diu frouwe dô,
si sprach gezogenlîche alsô:
»vil lieber friunt, daz sol geschehen.
ich wil dir gerne hie verjehen
mînes hôchgelobten namen.
dun darft dich niemer des geschamen
daz dû mir undertænic bist.
mir dienet swaz ûf erden ist
hordes unde guotes,
ich bin sô hôhes muotes
daz keiser unde küneges kint
under mîner crône sint,
grâven, frîen, herzogen
habent mir ir knie gebogen
und leistent alle mîn gebot.
ich fürhte niemen âne got,
der ist gewaltic über mich.
diu Werlt bin geheizen ich,
der dû nu lange hâst gegert.
lônes solt du sîn gewert
von mir als ich dir zeige nû.
hie kum ich dir, daz schouwe dû.«

Sus kêrtes im den rucke dar:
der was in allen enden gar
bestecket und behangen
mit unken und mit slangen,
mit kroten und mit nâtern;
ir lîp was voller blâtern
nd ungefüeger eizen,
fliegen unde âmeizen
ein wunder drinne sâzen,
ir fleisch die maden âzen
unz ûf daz gebeine.
si was sô gar unreine
daz von ir blœden lîbe wac
ein alsô egeslicher smac
den niemen kunde erlîden.
ir rîchez cleit von sîden
vil übel wart gehandelt:
ez wart aldâ verwandelt
in ein vil swachez tüechelîn;
ir liehter wünneclicher schîn
wart vil jæmerlich gevar
bleich alsam ein asche gar.
Hie mit schiet si von dannen.
daz si von mir verbannen
und aller cristenheite sî!
der ritter edel unde frî,
dô er diz wunder ane sach,
zehant sîn herze im des verjach,
er wære gar verwâzen,
swer sich wolte lâzen
an ir dienste vinden.
von wîbe und von kinden
schiet er sich aldâ zehant;
er nam das criuze an sîn gewant
und huop sich über daz wilde mer
und half dem edeln gotes her
strîten an die heidenschaft.
dâ wart der ritter tugenthaft
an stæter buoze funden.
er schuof daz zallen stunden,
dô im der lîb erstorben was,
daz im diu sêle dort genas.

Nu merkent alle die nu sint
dirre wilden werlte kint
diz endehafte mære:
daz ist alsô gewære
daz man ez gerne hœren sol.
der werlte lôn ist jâmers vol,
daz hânt ir alle wol vernomen.
ich bin sîn an ein ende komen:
swer an ir dienste funden wirt,
daz in diu fröude gar verbirt
die got mit ganzer stætekeit
den ûzerwelten hât bereit.

Von Wirzeburc ich Cuonrât
gibe iu allen disen rât,
daz ir die werlt lâzet varn,
welt ir die sêle bewarn.

 




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Ihr Liebhaber dieser Welt,
hört folgende Geschichte an,

wie es einem Ritter erging,
der von morgens bis abends
nach irdischem Lohn strebte.

Er dachte immer wieder darüber nach,
wie er es erreichen könnte,
daß er mit weltlichem Ansehen
belohnt würde.

Er war durchaus in der Lage, seinen Ruhm
überall zu vermehren;
in Taten und Reden
war sein Leben so vollkommen,
daß man von ihm in ganz Deutschland
nur das beste dachte.
Vor jeglichem Makel
hatte er sich sein Leben lang bewahrt.
Er war höfisch gebildet und verständig,
von schöner Erscheinung und in allem tugendhaft.

Alles, womit ein Mann auf Erden
hohes Ansehen erwerben soll,
das konnte der gebildete Herr sich gut
vorstellen und ausdenken.

Man sah den Edlen
auserwählte Kleidung tragen;
mit Hunden und Falken verstand er gut
zu jagen und tat es häufig;
Schach- und Saitenspiel
waren sein Zeitvertreib.

Hätte man ihm im Umkreis von hundert Meilen
ein Turnier genannt,
so wäre der edle Herr
bereitwillig dorthin geritten
und hätte da begierig um Ruhm
und den Preis hoher Minne gekämpft.

Er war vornehm und
verständigen Damen so gewogen
und hatte ihnen sein Leben lang
mit unermüdlicher Beständigkeit

so sehr den Hof gemacht,
daß alle begünstigten Frauen

sein gutes Aussehen
lobten und rühmten.
Wie wir aus Büchern erfuhren
und ich es von ihm selbst aufgeschrieben fand,
war sein Name:
Herr Wirnt von Grafenberg.

Während seines ganzen bisherigen Lebens hatte er
sich nur mit weltlichen Dingen befaßt.

Er verlangte insgeheim und auch vor aller Augen
leidenschaftlich nach der Minne.
Einst saß der vielgepriesene Herr
in seinem Gemach
und war mit Unterhaltung gut versorgt.

Er hielt ein Buch in der Hand,
in dem Liebesgeschichten
erzählt wurden.
Darüber hatte er den ganzen
Tag bis zum Abend verbracht:
Er hatte große Freude an den köstlichen
Erzählungen, die er las.

Als er so dasaß,
da kam eine Frau zu ihm,
ganz nach seinem Verlangen geschaffen.

Sie war in Vollkommenheit geschmückt
und sah so lieblich aus:
niemals hat es eine schönere Frau gegeben.
Ihre Schönheit übertraf bei weitem

die aller Frauen, die heute leben.
Nie ist ein so liebenswertes Geschöpf
von einer Frau großgezogen worden.
Ich verbürge mich dafür, so wahr ich getauft bin,
daß sie noch weit schöner war
als Venus oder Pallas Athene
und alle die Göttinnen überhaupt,
die sich vormals der Liebe geweiht hatten.
Ihr Antlitz und ihre Gestalt
waren durchaus vollkommen
und glänzten so hell wie ein zierlicher Spiegel.

Ihre Schönheit strahlte einen so hellen Schein
und herrlichen
Glanz aus,
daß der Saal
durch sie erleuchtet wurde.
Die Vollkommenheit selbst hatte bei ihr

ihre ganze Kunst aufgeboten;
ihre besten Kräfte hatte sie
mit größter Sorgfalt an diese Frau gewandt.
Was man schönen Frauen sonst nachrühmen mag-

ihre Schönheit übertraf alles.
Eine liebenswertere Frau
hat man auf dieser Welt nie gesehen.

Dazu war sie – ihrer Schönheit entsprechend -
vornehm gekleidet.
Kleider und Krone,

die diese schöne Frau
trug,
waren so kostbar,
daß sie bestimmt niemand
hätte bezahlen können,

gesetzt, sie wären verkäuflich gewesen.

Herr Wirt von Grafenberg
erschrak sehr heftig vor ihr,
als sie auf ihn zuschwebte.
Er wurde totenbleich,

als sie ihm erschien.
Doch zugleich quälte ihn die Frage,
wer die Frau wohl wäre, die ihn besuchte.
Der edle Mann sprang
verwirrt und bleich auf

und empfing die liebenswerte Dame
so zuvorkommend, wie er nur vermochte.
Freundlich sagte er:
»Seid hoch willkommen, Herrin!
Ihr übertrefft alles weit,

was ich je über vornehme Frauen erfahren habe.«
Darauf erwiderte die Dame mit höfischem Anstand:
»Liebster Freund, Gott lohne dir deine Worte!
Doch erschrick nicht so heftig vor mir:
Ich bin doch eben die Dame,

der du noch jetzt bereitwillig dienst
und der du immer schon gedient hast.

Auch wenn du jetzt erschrocken vor mir stehst,
so bin ich doch dieselbe Dame,
für die du immer wieder

Leib und Leben aufs Spiel gesetzt hast.
Wenn du dich je betrüben solltest,
so sei stets um meinetwillen hochgestimmt.
Du bist dein ganzes Leben lang
höfisch gebildet und verständig gewesen;
als ein vornehmer und gut aussehender Mann

hast du dich um mich bemüht;

in Sprüchen und Liedern
hast du alle meine Vorzüge gefeiert;
seit jeher warst du mein Verehrer

so früh wie spät.
Du hast es verstanden,
dir reiches Lob und Anerkennung zu verdienen;
wie ein Maienzweig
erblühen deine zahllose Vorzüge.

Von frühester Jugend an hast du
den Ehrenkranz getragen;
du bist mir immer aufrichtig und völlig
treu ergeben gewesen.

Edler, auserwählter Ritter:
ich bin hierher gekommen,
damit du nach Herzensbegier
meine erlesene Gestalt
von allen Seiten betrachten kannst,
Meine Schönheit und Vollkommenheit.

Den überaus reichen Lohn und Nutzen,
den du von mir
für deinen edlen Dienst empfangen kannst,
den sollst du jetzt mit eignen Augen erblicken.
Es drängt mich, dich sehen zu lassen,

welcher Lohn dir zukommen wird.
Denn du hast mir überaus gute Dienste geleistet.«


Der vornehme und tugendhafte Herr
wunderte sich sehr
über die Worte dieser Dame;
denn obwohl der jugendliche Mann
sie noch nie gesehen hatte,
behauptete die Dame dennoch,
er sei ihr Diener gewesen.
Er sagte: »Ich bitte um Verzeihung, Herrin:
Wenn ich Euch je gedient haben sollte,
so weiß ich jedenfalls nichts mehr davon.
Ich glaube ganz bestimmt,
daß ich Euch noch nie
in meinem Leben gesehen habe.
Da es Euch aber beliebt, beglückende Herrin,
mich in Euren Dienst zu nehmen,
so will ich Euch mit Leib und Seele
bereitwillig dienen.
Gern will ich diese Mühe
bis an mein Lebensende auf mich nehmen.
Ihr vermögt so hohes Glück zu schenken
und seid dazu in jeder Hinsicht so vollkommen,
daß Eure Freudebringende Jugend
es mir gewiß lohnen wird.
Ich preise mich glücklich, daß ich diesen Tag
erleben darf; ich freue mich überaus,
daß Ihr, liebenswerte Herrin,
meinen Dienst annehmen wollt.
An auserwählten Vorzügen reiche Gebieterin,
habt die Gnade, mir etwas davon kundzutun
- um des herrlichen Glückes willen,
das in Euch, hohe Frau, beschlossen liegt-:
Welcher Ort gibt Euch den Namen
oder wie nennt man Euch?
Euren Namen und Euer Heimatland
nennt mir bitte jetzt,
damit ich ganz sicher weiß,
ob ich je in meinem Leben
von Euch gehört habe.«
Darauf gab ihm die Herrin
mit wohlgesetzten Worten Bescheid:
»Liebster Freund, das soll geschehen.
Mit Freuden will ich dir nun
meinen vielgerühmten Namen nennen.
Nie brauchst du dich zu schämen,
daß du mir zu Diensten bist.
Mir dient ja alles, was es auf Erden
an Schätzen und Gütern gibt;
ich bin so erhaben,
daß selbst Kaiser und Prinzen
unter meiner Herrschaft stehen;
Grafen, Freiherren und Herzöge
haben ihr Knie vor mir gebeugt
und befolgen alle mein Gebot.
Ich fürchte niemanden außer Gott,
der allein Macht über mich hat.
Die W e l t werde ich genannt,
die du nun so lange schon begehrt hast.
Du sollst von mir belohnt werden,
wie ich dir jetzt sogleich erweisen werde.
Sieh, wie ich mich dir nun zeige.«


Damit kehrte sie ihm den Rücken zu;
der war über und über
behängt und bedeckt
mit Gewürm und Schlangen,
mit Kröten und Nattern;
voller Blattern war ihr Körper
und mit häßlichen Geschwüren übersät.
Fliegen und Ameisen
saßen in Unmengen darin;
die Maden zerfraßen ihr Fleisch
bis auf die Knochen.
Sie war dermaßen voll Unrat,
daß von ihrem gebrechlichen Körper
ein derart abscheulicher Gestank ausging,
daß niemand ihn ertragen konnte.
Ihr kostbares Seidenkleid
wurde übel zugerichtet:
Es wurde
in einen armseligen Tuchfetzen verwandelt;
ihr Antlitz, sonst von hellem Glanz,
wurde so sehr entstellt,
daß es aschfahl wurde.
Hiermit schritt sie davon.
Verflucht sei sie von mir und
allen Christen!
Als der vornehme und adlige Ritter
diese wundersame Verwandlung sah,
gestand er sich auf der Stelle ein,
daß ein jeder ganz und gar verflucht sein müsse,
der sich dazu hergeben wollte,
dieser Frau zu dienen.
Von seiner Frau und seinen Kindern
nahm er sofort Abschied.
Er heftetete das Kreuz sich ans Gewand,
fuhr über das gefahrvolle Meer
und half dem edlen Heer der Christen
im Kampf gegen die Heiden.
Dort tat der rechtschaffene Ritter
unablässig Buße.
Und so arbeitete er stets darauf hin,
daß ihm, als er starb,
seine Seele im Jenseits gerettet wurde.

Nun mögen alle Kinder
dieses unheimlichen Jammertals
meine wahrhaftige Lehre beherzigen;
sie ist so wahr,
daß man sie begierig aufnehmen sollte:
Der Lohn dieser Welt ist endloser Jammer,
daß solltet ihr jetzt alle eingesehen haben.
Ich jedenfalls habe dies klar erkannt:
Keiner, der im Dienst der Welt steht,
erlangt je die Seligkeit,
die Gott zuverlässig und treu
seinen Auserwählten bereitet hat.

Ich, Konrad von Würzburg
gebe euch allen diesen Rat:
Wendet euch von der W e l t ab,
wenn ihr eure Seele retten wollt.

 

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