Fabelverzeichnis

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Fabeln 4
 
Das Weib und die Henne
Der Krebs und der Fuchs
Der Esel und der Hund
Der Ochs und das Kalb
Der Löwe verliebt sich in eines Bauers Tochter
Die Mücke, der Löwe und die Spinne
Die Tauben und die Sperber
Der Affe und der Fuchs
Der Esel und sein Herr
Der Stier und der Bock
Der Rabe und der Wasserkrug
Der Jäger und der Löwe
Der Rabe und die Schlange
Die Bauern und die Rebenbüschel
Der Vogel, dessen Junge und der Bauer
Das Krokodil und der Fuchs
Der Bär, der Löwe und der Wolf

 
Der Esel ändert seinen Herren
Das Wildschwein und der Hirsch
Der Esel und das Pferd
Der Mohr
Die Fliegen
Die Fledermaus und zwei Wiesel
Der Bock und der Wolf
Der Feldtrompeter und die Feinde

 

Das Weib und die Henne

Ein Weibchen hatte eine Henne,
Tagtäglich legte sie ein Ei:
Die Mutter glaubt, sie lege zwei,
Wenn sie mehr Speise ihr vergönne,
Und nährt sie also reichlicher.
Bald ward die Henne fett und schwer,
Und legte dann nicht eines mehr.

* * *

Träg, schlapp wird der sonst tät'ge Mann,
Fängt er einmal zu schwelgen an.

Der Krebs und der Fuchs

Es wich einmal ein Krebs vom Meere,
Daß er sich am Gestade nähre.
Ein hungriger Fuchs sah ihn,
Und stürzt auf die Beute hin.
"Mit Recht, fing jener an zu klagen,
Muß ich die Todesstrafe tragen,
Weil ich, da mich das Meer gebar,
Am Land zu wohnen lüstern war."

* * *

Das Glück schloß uns in Grenzen ein —
Der Abweg kann gefährlich sein.

Der Esel und der Hund

Der Esel seufzt, vom Neide voll:
"Wie? von dem ganzen Hause soll,
Weil er mit vieler Artigkeit
Sich dreht, die Pfote hebt, und beut,
Der Hund allein die Gunst genießen —
Nur diesen soll man herzen, küssen?
Dergleichen liebenswürd'ge Gaben
Glaub' ich auch von Natur zu haben;
Doch ist Verachtung nur mein Lohn —
Und Schläge trag' ich oft davon!
Der art'ge Hund bringt es so weit
Ich Esel nicht, wenn es mich freut?
Er scherzt — dies soll er nicht allein:
Es kann und wird bei mir auch sein.
Er kann durch seinen Scherz entzücken:
Warum soll es denn mir nicht glücken?" —
Er sprachs, und wünscht von Herzensgrund
Sich zu empfehlen, wie der Hund.

Als nun der Herr nach Hause kam,
Und Meister Langohr ihn wahrnahm,
Sprang er behende zu ihm hin,
Und hüpft, und tanzt entzückt um ihn;
Verdehnt das Maul, so sehr er kann,
Und stimmt sein gräulich Iha an.
Zuletzt wagt es der Grobian
Sogar mit seinen kot'gen Füßen
Den Herrn zu streicheln, zu umschließen:

Er aber hebt den Stock empor,
Zerdrischt ihm tüchtig Maul und Ohr,
Und jagt für seine Zärtlichkeit
Zuletzt den dummen Schmeichler weit.

* * *

Man überspanne das Genie
Ja wider die Naturkraft nie:
Ein solch Bemüh'n wird insgemein
Zum Schaden mehr als Nutzen sein.

Der Ochs und das Kalb

Den Ochsen, der am Pfluge ging,
Sah einst ein Kalb, ein fettes Ding,
Verächtlich an, und dünkt sich mehr,
Weil es beständig müßig wär.
Bald kam der Opfertag heran;
Da schlachtete der Bauersmann
Das Kalb, und ließ den Ochsen stehen.
Als dieses nun der Ochs gesehen,
Sprach er zum Kalb: "was hast jetzt du,
Mein Kind! von deiner steten Ruh?"

Der Löwe verliebt sich in eines Bauers Tochter

Einst verliebte sich der Löwe
In ein Bauers Töchterchen:
Daß er es zur Braut ihm gebe.
Wollte er von ihm erflehn.
Dieser sprach, es sei nicht Art,
Daß ein Mensch und Tier sich paart.
Doch des Tieres wilde Mienen,
Welche ihm zu drohen schienen,
Zähneknirschen schreckte ihn —
Er verändert seinen Sinn.

"Meine Tochter sei zur Braut"
Sprach der Bauer: "dir verheißen,
Darf ich (weils dem Mädchen graut)
Zahn und Klauen dir abreißen." —

Liebe blendete den Löwen,
So, daß er es zugegeben.
Um das Mädchen drang er dann
Heftig in den Bauersmann.
Aber ohne Gegenwehr
Fürchtet dieser ihn nicht mehr;
Macht mit derben Knittelstreichen
Ihn von seinem Hause weichen.

* * *

Amor! Amor! loses Kind!
Machest du die Weisheit blind;
So wirst du in deine Schlingen
Auch bald selbst den Starkmut bringen.

Die Mücke, der Löwe und die Spinne

"Meinst du! Löw! ich fürchte dich?
Du bist nicht so stark, als ich.
Glaubest du, es soll mir grauen,
Weil durch deinen Zahn und Klauen
Unbarmherzig Schaf und Rind
Oft zerrissen worden sind?
König! tritt hervor zum Streit,
Wenn's beliebt, ich bin bereit!
Sprach die Mücke feuervoll,
Und die Kriegstrompete scholl.
An des Feindes Nase hing
Unversehens das kleine Ding;
In das Häutchen zart und fein
Drang sein Stachel schmerzhaft ein.
Jener fängt mit seinen Klauen
Wütend an, um sich zu hauen:
Er verletzt die eignen Glieder,
Und fällt tot zur Erde nieder.
Unter Jubelliedern fliegt,
Stolz, weil sie den Feind besiegt,
Von dem Kampfplatz unsre Mücke.
Aber ach! ein zart Gestricke
Einer Spinne hält sie auf.

Rühmlich war ihr Lebenslauf;
Aber jammervoll ihr Ende,
Daß sie ihren Untergang,
Die den König selbst bezwang,
Itzt bei einem Spinnchen fände.

Die Tauben und die Sperber

Den Räuber Habicht zu besiegen,
Beschloß das Taubenvolk zu kriegen.
Der Sperber ward durch das Konvent
Sohin zum Könige ernennt;
Doch dieser leider! zeigte sich
Höchst feindlich, und nicht königlich:
Er raubte in dem armen Heer',
Und würgte noch weit wütender.
Das Ende war ein bittres Klagen,
Und alle Tauben konnten sagen,
Daß Habichtswut so schlimm nicht sei,
Als königliche Tyrannen.

Der Affe und der Fuchs

"Gib mir ein Stück von deiner Rute,
Daß ich den Hintern decken kann."
(So sprach den Fuchs ein Affe an)
"Es zierte mich, mir käm's zu gute;
Hingegen dich muß es beschweren."—
Er sagt, er habe nicht zu viel;
Und daß er lieber Straßen kehren,
Als Affenhintern decken will.

* * *

Nicht leicht wird, Dürftigen zu nützen,
Der reiche Mann zu viel besitzen.

Der Esel und sein Herr

Als einst das zottige Gewand
Der Esel in dem Hain
Von dem erschlagnen Löwen fand,
Hüllt er darin sich ein.

Und so vermummt kehrt er zurück,
Schreckt mit dem fremden Kleide
Das Schaf und Rind, beim ersten Blick
Betäubt, von seiner Weide.

Er nimmt den Herrn von ferne wahr
Rennt gleichfalls auf ihn zu:
Er aber packt sein Ohrenpaar,
Und spricht: "du Tollkopf du!

Sich blenden laß ein anderer —
Daß du ein Esel bist,
Verstehe ich nur gar zu sehr,
Was immer du anziehst."

Der Stier und der Bock

Den Löwen floh der Stier einmal,
Und sprang in einen Ziegenstall —
Zur Rettung schien er ihm gelegen.
Der Bock setzt ihm sein Horn entgegen;
Er aber spricht: "mich itzt verachten
Magst du; doch geht mein Feind von hier,
Dann will ich dir begreiflich machen,
Was Geißbock heißt, und was ein Stier".
Und wirklich ging der Löw vorbei:
Der Stier merkt, daß er sicher sei;
Die Furcht schwand mit dem Feinde hin —
Er stößt den Bock, und tötet ihn.

* * *

Soll es die Zeit auch nicht vergönnen,
Daß Mächtige uns schaden können;
So ratet doch die kurze Mähre,
Daß man sie jederzeit verehre.

Der Rabe und der Wasserkrug

Ein Rabe, vom Durste tödlich schwach,
Fand einen Wasserkrug.
Er wollt ihn stürzen — aber ach!
Er war nicht stark genug.
Wie kam das Stürzen ihm in Sinn?
Der Krug war viel zu hoch,
Nebst dem zu wenig Wasser drin —
Und trinken wollt' er doch.
Er las dann endlich Stein auf Stein
Sich aus dem Sand hervor,
Und warf sie in den Krug hinein —
Das Wasser stieg empor.
Auf diese Weise wurde dann
Das Tier im Durst erquickt:

* * *

Und so wird auch der arme Mann
Oft durch die Not geschickt.

Der Jäger und der Löwe

Ein Jäger hörte von dem Löwen
Sehr hitzig sein Geschlecht erheben:
Es überträf' an Tapferkeit,
Und Stärke alle Menschen weit.
Der Jäger hieß den Streitenden
Mit sich zu einem Denkmal geh'n,
Worauf, besiegt durch Menschenhand,
Den Untergang ein Löwe fand.
Der Löwe sah das Stück, und sprach:
"Die Probe scheint mir zu schwach,
Ihr Menschen schnitzet nach Belieben;
Doch wenn die Kunst wir Löwen trieben,
Und manche große Tat in Bildern
Verlangten herrlich abzuschildern;
Wie viele Menschen träfe man
Erwürgt von tapfern Löwen an?

Der Rabe und die Schlange

Ruhig an der Sonne schlief
Eine Schlange — sie ergriff,
Als er sie erblickt, ein Rabe,
Daß er sich im Hunger labe:
Jene straft durch einen Biß
Den, der sie dem Schlaf entriß.

In den Adern fühlt der Rabe,
Daß er Gift empfangen habe,
Seufzet: "ach! ich blindes Tier,
Finde Tod, statt Nahrung, hier."

* * *

Geiz und Unbesonnenheit
Schadet fast zu aller Zeit.

Die Bauern und die Rebenbüschel

Ganz müßig saßen am Gestade
Des Meeres zween Bauern — einer rief:
"Bei Gott! ich seh' ein großes Schiff." —
"Ein Schiff," versetzt der Kamerade,
"Wo denkst du hin? das ist ein Kahn."
Drauf kam ein Rebenbüschel an.

* * *

Wer fern ein großes Aufseh'n macht,
Wird in der Nähe oft verlacht.

Der Vogel, dessen Junge und der Bauer

Jungen Vögeln, die in Saaten
Ihr bestimmtes Wohnort hatten,
Gab die Mutter diese Lehre:
"Horchet, bis ich wiederkehre,
Ja nur fleißig, ob man nicht
Bald von einer Ernte spricht."
Als die Mutter wiederkehrte,
Sprach die Brut bestürzt, sie horte,
Daß der Bauer schon auf morgen
Seinen Freunden anbefohlen,
Daß sie schneiden helfen sollen:
Jene hieß sie nichts besorgen.
Doch es wuchs am andern Tage
Bei den Jungen Angst und Klage,
Daß zum schneiden seiner Frucht
Er die Nachbarschaft ersucht.
Als sie aber endlich hörte,
Daß der Bauer mit dem Sohn
Bei des Tages Anbruch schon
Seinen Weizen schneiden werde;
Sprach sie: "laßt den Ort uns meiden!
Weil an fremde Hand die beiden
Nun nicht mehr gebunden sind,
Schneiden sie noch so geschwind."

* * *

Bist du selbst der Mann zum Werke,
Warte nicht auf fremde Stärke.

Das Krokodil und der Fuchs

Es rühmte sich das Krokodil
Beim Fuchs des Adels sehr;
Zählt' echten Stammes Ahnen viel
Ihm zu Genüge her.
Hierauf versetzt der Fuchs, und spricht:
"Woher ich kam, das kränkt mich nicht;
Es liegt mir mehr daran,
Wohin ich gehen kann."

Der Bär, der Löwe und der Wolf

Im Hunger griff, und drosselte
Der Bär einmal ein junges Reh.
Schon wirklich speisen wollte er,
Da kam mit gleichfalls trock'nem Rachen,
Und voller Wut ein Löw' daher,
Um diese Beute sein zu machen.
Es widerstund der starke Bär
Sehr vielen Löwen schon vorher;
Drum fand des Feindes Wut nicht statt,
Weil ihm zu weh der Hunger tut.
Hieraus entstund ein wilder Krieg,
Und unentschieden blieb der Sieg;
Zu schwach an Mut fand keiner sich,
Sie kämpften beide ritterlich,
Bis endlich, durch das Ritterspiel
Ermattet, Bär und Löwe fiel.
Geschwächt lag also Löw' und Bär. —
Sogleich schlich Isegrim daher,
Und nahm das Reh als seine Beute,
Das Anlaß gab zu diesem Streite.
Ach! fingen beide kläglich an,
Da sie ihn straflos rauben sah'n,
"Wir stritten tapfer, und den Lohn
Des Kampfes trägt der Dieb davon!"

Der Esel ändert seinen Herren

Der Esel fleht mit trübem Blicke
Von Zeus ein besseres Geschicke;
Weil er in Gärtners Diensten stände,
Viel Arbeit — schlechte Nahrung fände.
Herr Zeus gerühret durch sein Flehen,
Hieß ihn in Töpfers Dienste gehen.
Als aber mit Geschirr und Erde
Der Meister Töpfer ihn beschwerte,
Erscholl sein zweites Klaggeschrei,
Daß dieser Stand noch schlimmer sei:
Sohin erbat von Jupitern
Der Tor sich einen dritten Herrn.
Auch itzt ward ihm, was er begehrt.
Doch nur Bedingnisweis gewährt,
Daß er das Schicksal dulden müsse,
In das er ihn jetzt treten hieße,
Und ferner nicht mehr hoffen könne,
Daß er ihm noch ein anders gönne.
Der Dummkopf willigt noch mal ein,
Und muß des Gerbers Sklave sein.

"Ich Armer! war nun seine Klage,
Ich hatte vorhin beßre Tage;
Itzt macht mich saure Arbeit sterben —
Und dann kommt erst die Haut zum Gerben."

* * *

Ertrage willig dein Geschicke,
Wiewohl es bitter ist,
Damit dich nicht ein Schlimmers drücke,
Wenn du zu mürrisch bist.

Das Wildschwein und der Hirsch

Es schärfte einst ein wildes Schwein
Den Fangzahn sich an einem Stein.
Ein Hirsch sah dies, und sprach zum Schwein:
"Zu was soll diese Arbeit sein?
Sie ist vergebens, wie's mir scheint;
Denn Friede herrscht — es droht kein Feind."
"Glaub mir, daß es nicht Leichtsinn ist,"
Versetzt das Schwein, "was du hier siehst:
Es ist, kommt es einmal zum Streit,
Zum Zähneschärfen nicht mehr Zeit."

* * *

Die Waffen schmiedet man zu spät,
Wenn schon der Feind im Anzug steht.

Der Esel und das Pferd

Daß das Pferd stets müßig wäre,
Sich doch gut und reichlich nähre;
Er so sparsam zähren müßte,
Daß er bloß sein Leben friste,
Und noch überdies kein End,
An der sauren Arbeit fände.
Kränkte einen Esel sehr.
Dieses Pferd erblickte er
Ins gefahrenvolle Feld
Ausgerüstet hergestellt,
Und rief aus mit frohem Sinn:
"Wohl, daß ich ein Esel bin".

* * *

Einen andern leiden seh'n,
Den er für beglücket hielt,
Macht dem Unglücklichen
Seine Qualen leicht und mild.

Der Mohr

Es klagte ganz bestürzt ein Gatte,
Der ein geschwätzigs Weibchen hatte,
Umsonst sei alle Kunst und Müh —
Die Plauderzunge ruhe nie.
Hierauf fing Aesop also an:
Es kaufte ein gewisser Mann
Zum Sklavendienste einen Mohren.
Schwarz müsse er so schien's dem Toren
Bloß durch Nachlässigkeit allein
Beim ersten Herrn geworden sein.
Mit waschen, reiben plagte er
Sohin den armen Menschen sehr.
Er wusch, und wusch, und ließ nicht ab,
Bis er geschwächt den Geist aufgab.

* * *

Sind jemand Fehler angeboren,
O lasse sie! — du wäschest Mohren.

Die Fliegen

Auf ausgegossnen Honig flog
Ein Schwarm von Fliegen hin;
Doch konnte keine, welche sog.
Zurück ihr Füßchen zieh'n.
Sie seufzten: "o betrübter Fall!
Wie schmeichelnd lockt die süße Speise!
Doch auf betrügerische Weise,
Und grausam kommt die Todesqual!"

* * *

So reißet die Betrügerin,
Die Wollust, manche Menschen hin.

Die Fledermaus und zwei Wiesel

Es flog einst eine Fledermaus
Leichtsinnig hin und her,
Und stürzt in eines Wiesels Haus —
So ganz von ungefähr.
Als Erzfeind aller Fliegenden
Fährt jenes auf sie zu:
"Wie andern Feinden soll's dir gehn,"
Sprach es — "Wie sie, stirbst du."
Es haut die Klauen auf sie hin,
Bereitet sich zum Schmaus:
In Todesangst schwört sie: "ich bin
Kein Vogel — eine Maus."

Das Wiesel läßt sie auf ihr Wort,
Und dringend Flehen aus —
Ein anders packt, kaum flog sie fort
Die dumme Fledermaus.
Und dieses Wiesel haßte sehr
Das ganze Mausgeschlecht.
"Komm," sprach's, "mich zu verhöhnen her —
Du stirbst den Tod mit Recht!"
Die Fledermaus versetzt, und spricht:
Weg mit den Träumerei'n!
O Schwesterchen! tu dieses nicht —
Es könnte dich gereu'n.
Du siehst für eine Maus mich an,
Ein solch' verfluchtes Tier:
Ich schwör es dir, ein übler Wahn
Führt dich hierinfalls irr.
Ich nenne Vogel mich mit Recht —
Sieh nur die Flügel hier!
Verderben soll das Mausgeschlecht —
Der Vogel lebe mir! —"
Das Wiesel hielt das Wort für wahr —
So kam die Fledermaus
Der augenscheinlichen Gefahr
Des Todes wieder aus.

* * *

Die menschliche Gebrechlichkeit
Heischt wandelbaren Sinn;
Weil die Gefahr verschieden dreut,
Der man sich muß entzieh'n.

Der Bock und der Wolf

Ein Bock, der auf dem Oberrand
Des Ziegenstalles sicher stand,
Sah einen Wolf vorübergehen,
Und fing ihn gräulich an zu schmähen.
Der Wolf versetzt: "der Schutzort hier —
Und nicht du Geißbock! spottest mir."

* * *

Ist jemand von Gefahren frei —
Der sage nicht, daß er herzhaft sei.

Der Feldtrompeter und die Feinde

Als einstens in der Feinde Hand
Ein Feldtrompeter sich befand,
Und sie ihn wirklich töten wollten,
Bat er, daß sie ihn schonen sollten;
Weil er an böses nie gedacht,
Nie einen Menschen umgebracht;
Nichts anders als unschuld'ge Töne
Aus der Trompete locken könne —
Und diese gäb' er willig her.
Sie schrie'n: "du stirbst um so viel mehr
Mit Recht — du bist kein Kriegesmann,
Und feuerst zum Streit noch andre an."

* * *

Wer zu dem Unheil Anlaß gibt,
Ist fehliger, als der's verübt.