Vorrede
ein Auszug
Je nun! — Ich wage es. — Weder der Beifall, noch die scharfe
Kritik soll mich zurückhalten.
Diese Fabeln sind dem Drucke zugedacht, und heute noch
sollen sie unter die Presse kommen. —
Ich sage es aber ganz redlich. Es haben mich weder meine
Freunde gebeten, noch die Verleger
geplaget. Auch Niemand hat sie mir in Geheim aus dem Pult
genommen, und in den Druck gegeben.
Und wie viele Vorteile hätte ein Autor nicht noch, womit er
sich entschuldigen, und seine Vorrede
anfüllen könnte! — Nein! — (Ich mag Ehre oder Unehre davon
haben) mit meinem Wissen und
Willen sind sie gedruckt.
Ich weiß es nur gar zu wohl, daß es eben keine Meisterstücke
sind. Ich bekenne es selbst mit
dem demütigen Titel eines Versuches. Wie aber? Soll Niemand
Satiren schreiben, als Rabner? —
Niemand Heldengedichte, als Klopstock? — Niemand Idyllen,
als Geßner? Niemand Fabeln,
als Gellert und Lessing? — Man darf es doch wagen! — Man
darf doch auch in unsern Gegenden
anfangen. Jemand muß doch die Pfade machen. Jemand
vorausgehen. Ich wage es, und weiß zu
meiner Entschuldigung nichts anders zu sagen, als daß ich es
gewagt habe.
Ich machte mir freilich kein Hauptgeschäfte daraus, und mein
Beruf machet mich eben zu einem
Fabeldichter auch nicht. Es sind dies vielmehr die Früchte
meiner Nebenstunden. Man liest bei
einem Spaziergange. Man sieht verschiedene Gegenstände, —
Gegenstände, die oft Jemanden
einen Gedanken von sich selbst geben. Der Gedanke scheint
gut zu sein. Man kann sich nicht
erwehren, man muß ihn niederschreiben. — Es wird eine Fabel
daraus. — Es kommt ein Bändchen
Fabeln zusamm. — Sollen diese Stücke nun ewig in dem Pulte
liegen bleiben? — Fort in die Welt
damit. Vielleicht nützen sie? Vielleicht gefallen sie gar?
Ja! — vielleicht? Vielleicht gefallen sie aber
nicht? Ich wünsche ihnen viel Glücke auf die Reise. Werden
sie gut ausgenommen? gut! —
so wird es mir ein Vergnügen sein. — Wo nicht? — So gräme
ich mich eben auch nicht zu Tode.
Geschrieben München den 1. September 1771
Heinrich Braun
Kurfürstlicher geistlicher Rat und Kanonikus
beim Frauenstifte allhier.
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