Der Affe und der Zimmermann
Ein Affe, erzählt man, sah einen Zimmermann ein Stück Holz
spalten vermittelst zweier
Keile, indem er auf dem Holz rittlings saß. Das setzte den
Affen in Erstaunen. Kaum war
der Zimmermann nach einem andern Geschäft fortgegangen, so
erhob sich der Affe,
und ergriff ein Geschäft, das nicht das seinige war. Er
setzte sich nämlich rittlings auf
das Holz, lehnte sich mit dem Rücken an den hintern Keil,
und richtete sein Gesicht auf
das Stück Holz. Da kamen seine Hoden in die Spalte zu
hangen, und er zog den
vorderen Keil heraus und die Spalte klaffte zusammen. Da
fiel er in Ohnmacht.
Nach einiger Zeit kam der Zimmermann, und wie er den Affen
an seiner Stätte sah,
nahte er sich demselben und schlug ihn tüchtig durch.
Die Schläge aber, die er von dem Zimmermann erhielt,
verursachten ihm noch ärgere
Schmerzen, als ihm das zusammenklaffende Stück Holz
verursachte.
Der Fuchs und die Pauke
Ein Fuchs kam in den Wald, in welchem eine Pauke an einem
Baum aufgehängt war.
So oft ein Wind wehte, schlugen die durch denselben bewegten
Zweige die Pauke an,
und es erschallte ihr starker, bewunderungswürdiger Ton. Der
Fuchs ging dem Ton,
den er vernommen nach, bis er zur Pauke kam. Er fand
dieselbe sehr dickleibig und
glaubte deshalb sicherlich, daß sie viel Fett und Fleisch
haben müsse.
Er machte sich dann an dieselbige, bis er sie entzwei
brachte. Allein als er sah, daß sie
hohl war und nichts in ihr, sprach er: — Ich weiß nicht, wie
das möglich ist, daß das
gehaltloseste Ding den lautesten Ton von sich gibt und den
größten Körperumfang hat.
Der Rabe und die Schlange
Ein Rabe, erzahlt man, hatte sein Nest auf einem Baum im
Gebirge. In seiner Nähe aber
hauste eine schwarze Schlange, welche, so oft der Rabe Junge
ausgebrütet, dieselbe
holte und verschlang. Das schmerzte und betrübte den Raben
so sehr, daß er sich
endlich gedrängt fühlte, seinen Jammer einem Schakal zu
klagen, der ein Freund von ihm
war. Er wandte sich an denselben mit den Worten:
"Ich möchte gern deinen Rat hören über einen Entschluß, den
ich gefaßt habe."
Der Schakal fragte: "Und welcher ist dieser?"
Der Rabe erwiderte: "Ich habe mich entschlossen zu der
Schlange zu gehen, wenn sie
schläft, und ihr die Augen auszukratzen; vielleicht daß ich
dann vor ihr Ruhe bekomme."
Der Schakal aber entgegnete ihm:" Das ist ein schlechtes
Mittel, das du da ausgedacht
hast; du mußt auf ein solches sinnen, wodurch du deine
Absicht mit der Schlange
erreichen kannst, ohne dich selbst den Verderben und der
Gefahr auszusetzen.
Allein, ich will dir ein Mittel angeben, wodurch es dir
gelingen soll, die Schlange aus dem
Leben zu schaffen ohne daß du dabei dein eigenes Leben auf
das Spiel setzest,
und wobei dir keine Gefahr droht.
"Welches ist dieses?" fragte der Rabe. Der Schakal
erwiderte: "Flieg umher und sieh dich
um, ob du nicht etwas von dem Schmuck eines Weibes bekommen
kannst. Kannst du
das, so fliege damit fort, aber so, daß du den Leuten nicht
aus dem Blicke kommst,
bis daß du an das Loch der Schlange gelangst.
Hier laß dann den Schmuck fallen. Wenn die Leute solches
sehen, werden sie den
Schmuck nehmen, und dir vor der Schlange Ruhe verschaffen."
Der Rabe folgte dem Rat, ging fort und flog in der Luft
umher, bis daß er auf einem
Dach ein Weib, die Tochter eines Vornehmen, erblickte, die
sich badete und die ihre
Kleider und ihren Schmuck auf die Seite gelegt hatte.
Da flog er auf das Dach zu, nahm von dem Geschmeide einen
Halsschmuck und flog
damit davon. Die Leute verfolgten ihn dann, während er so
langsam weiter flog, daß sie
ihn immer im Auge behalten konnten, bis daß er an dem Loch
der Schlange anlangte.
Hier warf er den Halsschmuck hin und die Leute bemerkten es.
Als sie dann herbeigekommen, nahmen sie den Halsschmuck und
töteten die Schlange.
Der Fischreiher
und der Krebs
Ein Fischreiher hatte sich in der Nähe eines Teiches
eingenistet, in welchem viele Fische
waren. Seitdem er lebte, hatte er sich von diesen Fischen
ernährt. Allein, als er alt
geworden, sah er sich nicht mehr im Stande, Fische zu
fangen, weshalb er sehr Hunger
litt. Betrübten Sinnes setzte er sich nun hin und sann auf
eine List. Da kam ein Krebs an
ihm vorbei, und als dieser bemerkte, in welchem Zustand von
Traurigkeit und Betrübnis
der Fischreiher sich befand, näherte er sich demselben und
redete ihn also an:
"Wie! ich sehe, o Vogel, daß du betrübt und traurig bist."
Der Fischreiher entgegnete:
"Und wie sollte ich nicht betrübt sein! Meine einzige
Nahrung sind stets die Fische
gewesen, welche ich in diesem Teich fing. Nun sah ich heute
zwei Fischer hier
vorübergehen, von denen der eine zu dem andern sagte:
>Ei, hier gibt es viele Fische, wollen wir diese nicht
sogleich fangen?<
Der Andere hatte hierauf erwidert:
>Indem und dem Teich habe ich mehr Fische gesehen als in
diesem da, darum wollen wir
uns zuerst an jenen machen und wenn wir ihn ausgefischt
haben, wollen wir zu diesem
Teich gehen, um ihn auch auszuleeren.<
Nun weiß ich, daß diese beiden Fischer wenn sie erst dort
fertig geworden sind,
an diesen Teich kommen und alle Fische fangen werden die
sich darin befinden. Solches
wird mir aber den Untergang und meinem Leben ein Ende
bringen."
Nach Anhörung solcher Worte begab sich der Krebs auf der
Stelle zu den Fischen und
erzählte ihnen, was er vernommen. Diese näherten sich sodann
dem Fischreiher, indem
sie zu ihm sagten: "Wir sind zu dir gekommen, um uns einen
Rat auszubitten, denn der
Kluge verschmähet selbst nicht den Rat seines Feindes."
Der Fischreiher entgegnete ihnen:
"Da ich gegen die Macht der Fischer nichts vermag, so weiß
ich kein anderes Mittel, um
der mir drohenden Gefahr zu entgehen, als nach dem in der
Nähe liegenden Teich
auszuwandern, wo es der Fische und des Wassers und des
Schilfrohrs genug gibt.
Wenn ihr nun auch vermöchtet dahin zu gelangen, so würdet
ihr dort sicher und bequem
leben können."
Die Fische erwiderten:
"Niemand kann uns dazu verhelfen als du. Da fing der
Fischreiher an täglich ein Paar
Fische fortzutragen, trug sie aber, statt in den
versprochenen Teich, auf einen Hügel,
wo er sie verzehrte.
Eines Tags, als er wieder seine Paar Fische holen wollte,
näherte sich ihm der Krebs und
redete ihn also an: "Auch ich fürchte mich an diesem Ort zu
bleiben und bin in Unruhe,
so lang ich da bin, drum schaffe auch mich fort nach jenem
Teich.
Da nahm ihn der Fischreiher und flog mit ihm davon. Als sie
aber in die Nähe des Hügels
kamen, wo der Fischreiher die Fische zu verzehren pflegte,
sah der Krebs auf und
erblickte da eine Menge von Fischgräten. Da merkte er, daß
der Fischreiher die Fische,
welche er fortgetragen, aufgefressen hatte und daß er mit
ihm wohl auch nichts anders
vorhabe, als ihn zu verzehren. Und er sagte in seinem
Herzen:
>Wenn einer in die Hände seines Feindes gerät, so soll er
sich, wenn er gleich weiß,
daß er umkommen wird, er möge sich nun wehren oder nicht,
doch wehren,
um wenigstens ehrenvoll zu sterben.<
Hierauf packte er mit seinen Scheren den Hals des Reihers
und würgte ihn so, daß er
starb. So rettete sich der Krebs und begab sich sodann zu
den Fischen zurück und
erzählte ihnen das Vorgefallene.
Der Löwe und der Hase
Es lebte einmal ein Löwe in einer wasserreichen und
fruchtbaren Gegend. Ebendaselbst
lebten viele andere Tiere, denen nichts fehlte, da sie
Wasser genug hatten und die Weide
gut war, nur daß die Furcht vor dem Löwen ihnen keinen
ruhigen Genuß gestattete.
Um diesen zu erlangen, gingen sie daher insgesamt zu dem
Löwen und sprachen zu ihm:
"Du erjagst jedes einzelne von uns immer nur mit Mühe und
Anstrengung. Wir haben dir
daher einen Vorschlag zu machen, um dich solcher Mühe zu
entheben, und um uns Ruhe
zu verschaffen. Wenn du uns nämlich Sicherheit und Ruhe
versprächest, so wollten wir
dir alle Tage eines von uns zuschicken, zur Zeit des
Frühstückes."
Der Löwe gab seine Zufriedenheit mit diesem Vorschlag zu
erkennen, und der Vertrag
wurde abgeschlossen und längere Zeit auch von Seiten der
Tiere richtig gehalten.
Eines Tags nun traf das Los, ein Frühstück des Löwen zu
werden, einen Hasen.
Da sprach er zu den übrigen Tieren:
"Wenn ihr mich unterstützet in etwas, was euch nicht Schaden
bringen wird, so hoffe ich
euch vor dem Löwen Ruhe verschaffen zu können."
Die Tiere fragten: "Und was verlangst du denn von uns?"
Der Hase erwiderte: "Befehlet dem, welcher mich dem Löwen
ausliefern soll, daß er
mich nicht treibe, wenn ich unterwegs einige Zeit mich
aufhalten will."
Die Tiere erwiderten: "Das soll dir verliehen sein."
Da machte sich der Hase auf den Weg, hielt sich aber
unterwegs so lange auf, bis die
Zeit vorüber war, wo der Löwe sein Frühstück zu nehmen
gewohnt war. Nach und nach
endlich gelangte er zu dem Löwen, aber allein. Dieser,
hungrig und aufgebracht, erhob
sich von seinem Platz und wandte sich zu dem Hasen mit den
Worten:
"Woher kommst du so spät?"
Der Hase erwiderte: "Ich wurde abgeschickt von den Tieren,
dir einen Hasen
auszuliefern; allein unterwegs überfiel mich ein Löwe und
nahm mir denselben, indem er
sagte: >Mir gehört diese Gegend an, sowie alle Tiere, die
sich darin befinden.< Ich sagte
zwar: Das ist das Frühstück des Königs welches die Tiere ihm
durch mich überschicken,
drum nimm es mir nicht weg. Allein er verhöhnte und
verschmähte dich, und ich eilte zu
dir, um dir das Vorgefallene zu erzählen."
Da sprach der Löwe: "Komm mit mir und zeige mir den Ort, wo
sich jener Löwe aufhält."
Der Hase führte ihn aber zu einem Brunnen, worin vieles und
helles Wasser war, sah in
denselben hinein und sagte: "Dies hier ist der Ort, wo sich
der Löwe aufhält."
Der Löwe sah auch hinein, erblickte in dem Wasserspiegel
sein Bild und das Bild des
Hasen, zweifelte nun nicht mehr an der Wahrheit der Aussage
des Hasen, stürzte auf den
vermeintlichen Löwen los, um ihn zu bekämpfen, und ertrank
in dem Brunnen.
Darauf kehrte der Hase zu den Tieren zurück und erzählte
ihnen, was er dem Löwen angetan.
Die drei Fische
Es waren einmal in einem Teich drei Fische, ein listiger,
ein noch listigerer und ein
schwachsinniger. Dieser Teich war in bergiger Gegend
gelegen, wohin kaum ein Mensch
hinkommen konnte, und in seiner Nähe war ein Fluß. Es traf
sich nun einmal, daß zwei
Fischer an diesem Fluß vorbeikamen, wo sie dann auch jenen
Teich gewahr wurden. Sie
kamen dann mit einander überein, ihre Netze in demselben
auszuspannen, um die Fische
zu fangen, die darin waren. Diese Rede hörten die Fische mit
an. Der Listigste von ihnen,
da er das Schlimmste befürchtete, war nun sogleich darauf
bedacht, durch den Kanal,
der den Teich mit dem Flusse verband, in den Fluß zu
entkommen. Der zweite weniger
listige blieb an seinem Platz, bis daß die beiden Fischer
näher herankamen. Als er aber
ihre Absicht erkannte, wollte er auch durch den Kanal
entrinnen, allein die Fischer hatten
ihn verstopft. Da sprach der Fisch bei sich selbst:
>Ich habe mich nachlässig gezeigt und nun sehe ich mich
bestraft für meine
Nachlässigkeit. Was kann mir nun alle List helfen in solchem
Zustand, da es selten ist,
daß eine in großer Eile und nicht gehörig ausgedachte List
gelingt? Doch der Kluge
verzweifelt nicht, wenn er in Lebensgefahr ist, an dem
Nutzen der Einsicht und gibt nicht
sogleich alle Hoffnung auf, sondern wendet seine Einsicht an
und gibt sich Mühe, daß er
der Gefahr entkomme.<
Hierauf stellte er sich tot, indem er auf der Oberfläche des
Wassers, bald auf den Rücken,
bald auf den Bauch sich legend, hinschwamm. Die Fischer
nahmen ihn dann und warfen
ihn auf das Land zwischen dem Fluß und dem Teich. Bald
enthüpfte er in den Fluß und
ward gerettet. Der schwache Fisch endlich hörte nicht auf
vorwärts und rückwärts sich zu
bewegen, bis daß er gefangen ward.
Die Laus und der Floh
Eine Laus, erzählt man, hatte sich in dem Teppich eines
reichen Mannes angesiedelt seit
geraumer Zeit. Sie lebte von seinem Blut, das sie ihm
aussog, wann er schlief, so daß er
es nicht merkte, indem sie bedächtig und sanft
einherschritt. So lebte sie seit einiger
Zeit. In einer Nacht einmal aber stellte sich ein Floh als
Gast bei ihr ein. Die Laus sagte
zu dem Floh: "Bringe diese Nacht bei uns zu bei gutem Blut
und auf einer weichen
Decke." Der Floh nahm diese Einladung an. Wie sich aber der
Mann auf seine Decke
hingelegt hatte und eingeschlafen war, hüpfte der Floh auf
ihn und stach ihn so, daß er
aufwachte und nicht wieder einschlafen konnte. Da erhob er
sich von seinem Lager und
ließ die Decke untersuchen. Man fand aber nichts als die
Laus, die dann ergriffen und
zerdrückt wurde; denn der Floh war entflohen.
Die Ente,
die das Fischfangen aufgab
Eine Ente nämlich erblickte einmal bei Nacht in dem Wasser
den Schein eines Sternes.
Sie hielt denselben für einen Fisch und wollte ihn fangen.
Nachdem sie solches
mehrere Mal vergeblich versucht hatte, überzeugte sie sich,
daß das was sie sah etwas
sein müsse, das nicht gefangen werden könne und ließ es
daher gehen. Wie es Tag
wurde, erblickte sie wirklich einen Fisch, hielt diesen dann
aber auch für so ein Ding,
wie sie verflossene Nacht gesehen, und das sie nicht fangen
konnte, und ließ das
Fischfangen.
Die
Schildkröte und die zwei Enten
Es war ein Teich und daneben eine grüne Wiese. Auf derselben
waren zwei Enten, und in
dem Teich eine Schildkröte, die miteinander in Liebe und
Freundschaft verbunden waren.
Es traf sich nun, daß das Wasser des Teiches austrocknete.
Da gingen die Enten zu der
Schildkröte, um von ihr Abschied zu nehmen und ihr ein
Lebewohl zu sagen, indem sie
sprachen: "Wir müssen diesen Platz verlassen, weil kein
Wasser mehr da ist."
Die Schildkröte entgegnete:
"Das Verschwinden des Wassers trifft meinesgleichen noch
viel empfindlicher, da ich wie
ein Schiff, immer im Wasser sein muß, um leben zu können,
währenddem ihr euer Leben
fristen könnt, wo ihr auch seid. Darum nehmt mich mit euch!"
Die Enten erwiderten: "Nun gut!"
"Aber wie könnt ihr mich weiterschaffen?" fragte die
Schildkröte.
Die Enten versetzten: "Wir nehmen einen Stock an seine
beiden Enden, du hängst dich
mitten daran mit dem Maule fest, und so fliegen wir mit dir
durch die Luft. Aber hüte dich
ja, wenn du die Leute unter uns sprechen hörst, ihnen
Antwort zu geben!"
Darauf nahmen sie die Schildkröte und flogen mit ihr durch
die Luft. Die Leute aber,
die dies sahen, riefen: "Welch Wunder! Eine Schildkröte in
der Mitte von zwei Enten,
die sie tragen. Da sagte die Schildkröte, als sie solches
hörte:
"Gott möge euch verblenden, ihr Menschen."
Allein alsbald, nachdem sie ihren Mund zum Sprechen
geöffnet, fiel sie auf die Erde herab
und gab ihr Leben auf.
Die Affen und der Vogel
Ein Haufen von Affen wohnte auf einem Berge. In einer
kalten, stürmischen und
regnerischen Nacht hätten sie gern Feuer gehabt, um sich
wärmen zu können, konnten
aber keines bekommen. Endlich erblickten sie einen Glühwurm,
der einem Feuerfunken
glich, hielten denselben wirklich für Feuer, schleppten dann
viel Holz herbei, welches sie
auf den vermeintlichen Funken legten, und bliesen aus vollen
Kräften, um ein Feuer zu
Stand zu bringen, an dem sie sich wärmen könnten. In der
Nähe von ihnen saß aber ein
Vogel auf einem Baum, welchen sie im Gesicht hatten, wie
auch er sie. Als derselbe sah,
was die Affen taten, redete er sie an und sagte zu ihnen:
"Mühet euch nicht so ab, denn was ihr da gesehen habt, war
kein Feuerfunke!"
Vergeblich wiederholte er öfters diese Worte. Endlich sah er
sich bewogen, sich selbst
den Affen zu nähern, um sie von ihrem nutzlosen Bemühen
abzuhalten. Da kam ein Mann
an ihm vorüber, der sobald er seine Absicht erkannte, zu ihm
sagte:
"Suche nicht zu verbessern was sich nicht verbessern läßt,
denn an einem harten Stein,
der sich nicht durchhauen läßt, darf sich kein Schwert
versuchen, und aus einem Holze,
das sich nicht biegen läßt, wird man nie einen Bogen machen
können."
Der Vogel hörte aber nicht auf die Stimme des Mannes,
sondern trat den Affen nahe,
um sie zu belehren, daß der Glühwurm kein Feuerfunke sei. Da
packte ihn ein Affe und
schlug ihn auf die Erde, daß er starb.
Der
Kaufmann und sein schlechter Freund
Es lebte einmal ein Kaufmann in dem und dem Lande. Als er
auf Reisen gehen wollte, um
sich Erwerb zu suchen, legte er hundert Pfund Eisen, das er
hatte, bei einem seiner
Freunde nieder, und trat dann seine Reise an. Nach Verfluß
von einiger Zeit kehrte er
heim, und verlangte von seinem Freund das Eisen zurück.
Dieser aber entgegnete ihm:
"Die Mäuse haben es gefressen."
Der Kaufmann versetzte: "Ja, ich habe auch schon gehört, daß
die Zähne der Mäuse
vorzüglich geeignet sind das Eisen zu zernagen!"
Da freute sich der Mann, daß sein Freund seiner Aussage
gleich Glauben geschenkt
hatte. Der Kaufmann verließ dann seinen Freund. Als ihm aber
der Sohn seines Freundes
begegnete, nahm er ihn mit sich nach seiner Wohnung.
Den andern Morgen kam dieser zu ihm und fragte ihn: "Weißt
du nichts von meinem
Sohn, denn ich vermisse ihn?"
Der Kaufmann erwiderte: "Wie ich gestern von dir wegging,
erblickte ich einen Falken,
der einen Knaben geraubt; vielleicht war der dein Sohn."
Sein Freund schlug sich auf diese Worte hin vor den Kopf und
sagte: "Hat du auch schon
von jemand gehört oder gesehen, daß Falken Kinder rauben?"
Der Kaufmann erwiderte: "Jawohl! und in einem Lande, wo
Mäuse hundert Pfund Eisen
fressen, dürfte man sich nicht wundern, wenn Falken
Elephanten raubten!"
Da entgegnete der Mann: "Ich habe dein Eisen mir zu Nutzen
gemacht, hier hast du das
Geld dafür, aber gib mir nun auch meinen Sohn wieder!"
Das zurechtgewiesene
Weib
Es war eine Stadt, über die fiel der Feind her. Nachdem er
einen Teil ihrer Einwohner
gemordet, einen andern zu Gefangenen gemacht und die Stadt
ausgeplündert hatte,
wandte er sich wieder dahin, woher er gekommen. Einem der
Krieger war als Beute ein
Bauersmann samt dessen zwei Weibern zugefallen. Sie wurden
insgesamt von dem
Krieger in Rücksicht auf Speise und Kleidung gar schlecht
behandelt. Eines Tags ging der
Bauersmann mit seinen Weibern aus, um für den Krieger Holz
zu sammeln. Sie waren
aber sämtlich nackt. Da fand eine der Weiber auf dem Weg
einen alten Lappen, womit sie
ihre Blöße bedeckte.
Darauf sagte dieselbe, auf das andere Weib hindeutend, zu
ihrem Mann: "Sieh doch,
wie diese nicht so viel Scham hat, daß sie ihre Blöße
verbirgt!"
Da erwiderte derselben ihr Mann: "Sähest du doch zuerst auf
dich selbst, denn dein
ganzer Körper ist ja nackt! Wie kannst du deiner Freundin
das zum Vorwurf machen,
was sich eigentlich bei dir auch findet!
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