Der junge Walfisch und der alte
Ein junger Walfisch fragte seine Mutter: "Was ist denn das
für ein kleines wehrloses und
lausiges Fischlein, das jetzt in großen Scharen vom Nordpole
herabkommt und immer
weiter forteilt, als ob es was zu versäumen hätte?"
"Das ist der Hering, mein Sohn."
"Der Hering? Auf jeden Fall doch ein sehr unbedeutendes,
ärmliches Geschöpf."
"Vielmehr ein sehr falsches und albernes Urteil von dir,
mein Kleiner! Du sollst wissen,
daß dieser Fisch, so geringfügig er dir scheint, ganze
Länder bereichert und beide
Hemisphären ernährt!"
"Hm! Wer hätte das gedacht!" sagte der junge Walfisch und —
"Hm!" sagte der
Stubengelehrte als ihm bewiesen ward, daß der Kaufmann ein
Wohltäter des
Menschengeschlechtes sei.
Der Pudel und die Lachtaube
Eine Lachtaube sah, daß ein Pudel von ungefähr auf einem
Stege fehltrat und ins Wasser
fiel. Die Taube lachte darüber laut aber der Pudel, der sich
leicht durch Schwimmen ans
Ufer rettete, war mit ihr sehr unzufrieden. Wie könnt ich
nun über so was lachen?"
sprach er. "Närrchen!" versetzte die Taube, "der Vorfall
lief ja von deiner Seite ganz
ohne Gefahr ab."
"Das wohl!" erwiderte der Hund, "aber Schadenfreude war es
von deiner Seite doch!"
Der Mord
Ach die bösen Einwohner auf Owayhi! klagte ein junger Sohn
zu seinem Vater, als er
Cooks dritte Reise gelesen hatte. Da haben sie nun doch
endlich ihren Freund, ihren
Lehrer, ihren Wohltäter umgebracht! Und die Toren bilden
sich noch ein, er würde schon
wieder kommen! Ist das nicht eben so grausam als albern?
"Wahr!" sagte der Vater, "doch es sind die unerzogenen
Kinder der Natur. Aber, mein
Sohn, wenn gesittete Völker manchmal ihren Lehrer und
Freund, oft den Wohltäter einer
Stadt, Provinz, oder ganzen Landes umbringen, da sie doch
gewiß wissen, daß er nicht
wieder kommt."
"O Vater! Was sagst du da? Von solch einem Morde müßten wir
doch gehört haben,
und nie würde er ungestraft geblieben sein!"
"Gefehlt mein Sohn! Nicht alles umbringen ist Mord; nicht
jeder Mord wird bestraft!"
Die Gewürze
Vom fernen Indien her kamen die Muskatnüsse, der Pfeffer und
die Gewürznelken als
Emigranten nach Europa, und klagten sehr. "Unser Schicksal
ist doch immer eben so
hart, als es unbillig ist! Doch genug, daß man hier unseren
Kredit schwächt, indem man
uns oft übertrieben teuer verkauft. Unser Vaterland selbst
hat die Grausamkeit gehabt,
jeden Keim in uns durch Feuer und Kalkwasser zu ersticken,
damit wir uns nicht
fortpflanzen sollen!"
Ei, das ist ja gerade noch das beste an euch! riefen der
*Dragun, der
Majoran und der Salbei.
*
Dragun oder Dragon veraltete Begriffe für Estragon.
Buffon und Daubenton
Der berühmte Naturgrübler sprach einst im Vertrauen zu
seinem Freunde Daubenton:
"Da hab ich einen Wolf und eine Hyäne zusammengesperrt. Was
aus dieser Verbindung
entstehen wird, das bin ich doch begierig zu sehn!"
"Sehn? Nun ja!" versetzte der weise Zergliederer: "Sehen mag
noch hingehn!
Aber, entstehe was da wolle Freund, so schlag es mit dem
Besen tot, sobald es das Licht
der Welt erblickt!"
Der Modespitz
Halb glatt geschoren nach Löwenart, geziert mit einem
seidnen Halsbändchen und einer silbernen
Schelle, kam ein Lieblingsspitz mit seiner Herrschaft in ein
ländliches Pfarrhaus zur Kirmes.
Mit Erstaunen besah ihn Ehrn Pommer, der schlichte Haushund,
und sprach: "Kamerad,
du gleichst wahrlich weder recht einem Hunde, noch einem
Untiere. Das enge Halsband
muß dich ja zwängen; und mit deiner Schelle gehst du herum
wie unser Küster, wenn er
Sonntagsalmosen sammelt."
"Dummes Tier!" belferte der vornehme Spitz: "Alles das ist
Mode, sag ich dir; Mode ist's Mode!"
"Überlaß du das doch den Menschen!" erwiderte Pommer:
"Unausstehlich wär's vollends,
wenn die Mode nun auch unter uns käme!"
Die Nelken und Pataten
Ein Ziergärtner besaß eine treffliche Nelkenflor, und setzte
sie auf ein zierliches Gestell,
wo sie durch ihren Geruch und ihre Farben jeden Liebhaber
der schönen Natur entzückten.
Hinter dieser Stellage bepflanzte der Mann ein Beet mit
Pataten,* für
sein Gesinde.
Da riefen die Erdensöhne: "Hebt euch weg von uns, ihr bunten
Putzdocken; ihr raubt uns
Luft und Sonne, die nur uns allein gehört; denn wir nützen,
und ihr nicht!"
Die Nelken erwiderten; "Denkt ihr denn, daß nur dasjenige
nutzt, was frißt, oder gefressen
wird? Wir haben und befolgen den Beruf zu vergnügen, und
glaubt nur, daß wir hierzu
eben so gut Luft und Sonne bedürfen, als ihr!"
*Süßkartoffel
Das Fohlen
Es war Frühling, als ein mutiges Fohlen seine Verzäunung
übersprungen hatte, das weite
Feld gewann, und sich nicht wieder einfangen ließ. Mutwillig
kam es oft an die Straßen,
an die Äcker; spottete der Kutsch- und Reitpferde,
verachtete den Gaul am Pfluge,
und schlug nach den geduldigen Esel aus. So verlebte es den
Sommer und den Herbst in
Tatkraft und Freiheit.
Allein der Winter kam herbei, und Mangel an Futter, Frost
und Schnee, ließen ihm weiter
keine Wahl, als elend zu verhungern, oder sich schimpflich
einfangen zu lassen.
Das letztere ward nicht schwer. "Was soll uns nun aber die
Kracke?" rief der Stuterei-Meister
der ein belesener Mann
war. "Das Tier ist verschlagen und heruntergekommen,
wie kaum eines unsrer besten Kraftgenies."
Das Maultier
Äußerst störrisch, falsch und tückisch war das Maultier
eines gewissen Maierhofes.
Das sprachen seine Kameraden, der Stier, das Pferd und der
Esel, keineswegs gut,
sondern verwiesen es ihm.
"O schweigt!" rief der Bastard. "Ihr könnt darüber nicht
urteilen denn, ich bin ein Tier
eigner Art." Die Kameradschaft gab ihm zur Antwort: "Von was
für Art, oder Unart aber,
darauf kommt es an, und das können wir sehr gut
beurteilen."
Die Klagen des Löwen
"Ruhm ist nun wohl bei der Nacht," sprach König Löwe zu den
Gewaltigen seines Hofes:
"Aber nicht immer Verdienst und Freude. So lange wir leben,
verehrt, haßt oder verfolgt
man uns. Wenn wir tot sind, sagt einmal, was wird's dann?
mich stopft man aus, den
Tiger verarbeitet man zu Schabracken, der Bär muß Decken und
Muffe geben, der Wolf
Wildschuren, das Rhinozeros Kutschriemen!"
"Also doch endlich auch Nutzen!" sagte die Assemblee.*
"Aber was für welchen? O fürwahr, das Schaf durch seine
Milch und sein Fleisch, seine
Haut und seine Wolle, ja sogar durch seine Gedärme,
übertrifft uns weit!"
"Ehrfurcht aber wie wir, und unsern Ruhm, erlangt es doch
nie."
"Aber dafür erlangt es — Liebe!"
*Assemblee:
franz. Versammlung, Parlament.
Die Sprache der
Wahrheit
"Ich weiß nicht," sprach ein Weiser zur Wahrheit, "verstehn
dich unsre teutonischen
Hofleute nicht, oder du sie nicht?"
"Sie m i c h nicht!" erwiderte die Gottin: "Denn ich rede
nur deutsch, und sie — französisch."
Der
Wacholderstrauch und der Luchs
Ein schöngefleckter Luchs legte sich, ermüdet von seiner
Jagd, unter einen verkrüppelt
gewachsenen Wacholderstrauch, um in dessen Schatten der Ruhe
zu genießen.
"Weg von mir, du Blutiger!" rief ihm der Strauch zu: "Ich
will meinen Schatten nicht
durch solch einen Grausamen entheiligen lassen?"
"Und möchtest dir doch Glück wünschen, du Krüppel," sagte
der Luchs, "daß solch ein
schönes Tier dich mit seiner Gegenwart beehrt."
"Wärst du so häßlich wie der Igel; du solltest mir
willkommen sein, aber Schönheit ohne
gutes Herz, ist mir ein Greuel!"
Horazens Traum
Der eben so geistreiche als edle Jüngling Flaktus, dachte
noch auf seinem Nachtlager,
über den besten Wegweiser zur echten Lebensweisheit, das
heißt, zum echten Glücke
nach. Da erschien ihm im Traume der Überfluß und der Mangel;
jeder einen Kranz in
seiner Hand, dieser bestehend aus Dornen, jener, aus Rosen.
Beide winkten dem
Jüngling mit ihren Kränzen; beide wollten seine Wegweiser
sein.
"Sieh," sprach der Überfluß, "diese Blumen voll Glanz und
Wohlgeruch! Sie sind dein,
komm folge mir! Entziehe dich dem Mangel, denn schon sein
Kranz verkündet dir,
daß er nur Dornen für dich hat!"
"Aber die sich dereinst in Rosen verwandeln!" rief der
Mangel: "O traue doch nicht dem
Kranze meines Gegners, denn allzu bald nur werden sich seine
Rosen in Dornen
umgestalten! Also folge mir und komm!"
"Weg mit euch beiden!" entschloß sich nun der aufwachende
Horaz. "Ich mag weder mit
diesem noch mit jenem zu schaffen haben aber, komm du, und
sei mein Führer, goldene
Mittelmäßigkeit!"
Der Rehbock und der
Eber
Lahmgeschossen, verarmt und hungrig, kam ein Rehbock zu
einem in vollem Überfluß
lebenden Eber, in der Eckernmast betteln.
"Nichts rühr an!" grunzte der Hauer: "Das ist die Folge
deines Leichtsinns! Wer hieß dich,
dem Jäger so unvorsichtig in den Schuß laufen? Aber nur
Geduld! Es wird schon noch
gewichtiger kommen!"
Da rief der Gekränkte: "Ist es etwa nicht schon Elend genug,
daß ich betteln muß,
und — bei dir?"
Der Diamant
Verlockt von den größten Lobsprüchen und Verheißungen,
verließ ein großer aber roher
Diamant sein Vaterland Golkonda, und ging mit einem
britischen Kaufmann nach
London. Wie erschrak er aber, als ihn dieser zu einem
Steinschneider trug, der ihn
unverzüglich zu schleifen und zu brillantieren anfing!
"Falscher Freund!" rief er dem Kaufmanne zu: "Hätt ich das
gewußt; ich wollte wohl in
meinem Vaterlande geblieben sein, jetzt steh ich in Gefahr,
durch deine Treulosigkeit
unendlich viel an Gewicht und Umfang zu verlieren!"
"Nur eine kleine Geduld!" sagte dieser, "so wirst du sehn,
daß nicht jeder Verlust
Schaden, und dein scheinbarer Verlust weiterer Gewinn ist."
Der Fuchs und der Bär
"Laß dir was neues, was lehrreiches, wenigstens doch was
lustiges erzählen!" sprach
der Fuchs zum Bär: "Da sah ich neulich in jenem Meierhofe
ein A B C Buch mit schönen
bunten Figuren unter andern, mit der deinigen lieber Freund,
getreu bis zum Sprechen
getroffen. Aber garstig war's, was der Verfasser dabei
geschrieben hatte: Wie grausam
ist der wilde Bär, wenn er vom Honigbaum kommt her.
"Das ist gelogen!" brummte der vierbeinige Bienenvater. "Der
Schreiber hätte das
höchstens von meinem Hingange, nicht aber von meiner
Zurückkunft sagen sollen,
ich bin gar nicht wild, gar nicht grausam; und das Lamm
selbst kann nicht freundlicher
sein als ich, — wenn ich nur erst satt bin."
Der Sago
"Wer bist du denn, seltsamer Fremdling?" fragten der Reis
und die Suppenwurzeln den
ausländischen *Sago.
"Beinah scheinst du ein Samenkorn zu sein; aber so recht
bist du
das wohl nicht."
"Vernehmt," antwortete der Sago: "Samenkorn bin ich nicht,
aber ich bin der Sohn des
edelsten der indischen Palmbäume. Erzeugt und geformt aus
seinem innersten Marke,
durchreise ich nun die Welt, um überall den Ruhm meines,
weiland großen Herrn Vaters
zu verkündigen."
"O so schweig!" riefen jene: "Was hilft dir und uns der Adel
deines rühmlichen Vaters,
wenn du diesen Ruhm nicht fortpflanzen vermagst?"
*Sago:
Palmenmarkmehl
Die Ameisen und der
Hamster
"Liebe Nachbarn, — es kann sein ich irre mich, — aber doch
will mir's manchmal scheinen,
als ob ihr mich nicht, sowohl für einen wirklichen Sammler,
als für einen ausgemachten
Geizhals hieltet. Nein, das bin ich nicht. Alles, was ich
habe, ward ehrlich erworben,
und rechtschaffen gesammelt; auf keinem Körnchen in allen
meinen Vorräten ruht der Fluch."
So redete der Hamster zu den Ameisen. Diese hingegen
erwiderten: "Gleichwohl ruht
kein Segen darauf, denn dieser bewährt sich nur durch den
Genuß, du aber wirst dich
noch auf deinen Vorräten zu Tode hungern."
Die Frösche
An einem schönen Märzabend ging Damon mit Doris auf einem
ebenen Teichdamme spazieren.
Der Lärm der Frösche zu beiden Seiten war ungeheuer.
"Verwünschte Schwätzer!" rief Damon, "wann werdet ihr
aufhören!"
"Gerade nach Johannis," gurgelte ein Frosch, wie die
Nachtigallen."
Das Gewitter und die
Sonne
Der heißen Frühsonne gegenüber, zog sich im Westen ein
drohendes Gewitter
zusammen, und blitzte schon heftig. Da gebot ihm die Sonne
zu weichen; schilt es ein
Ungeheuer und einen Verderber.
"Schmähe wie du willst!" donnerte das Gewitter herüber: "Ich
bin dennoch von dir
selbst erzeugt, dein vollbürtiger Sohn: Aber den Namen
Verderber, verdien ich doch,
trotz aller meiner Furchtbarkeit, keineswegs. Ich habe nicht
selten mehr Segen auf das
Land verstreut, als du den ganzen Sommer über kaum
hervorbringen konntest!"
Das Schafkamel
Für einen von Lima weg ins Land gehenden Warentransport
ward, nebst etlichen
Saumrossen, auch ein träges und eigensinniges Schafkamel
bepackt; allein es legte sich
nieder, und wollte nicht von der Stelle. Umsonst zogen und
schlugen es die Treiber;
es war nicht empor zu bringen, sondern schlug und stieß ein
über das andere seinen Kopf
in voller Verzweiflung wider den harten Erdboden.
"Welcher Unsinn!" sprach das eine Packpferd zu ihm, "sage
mir in aller Welt, warum du
dich so rasend gebärdest?"
"Um mir den Tod zu geben!" ächzte das Vikunha, "und dadurch
diesen Mißhandlungen
ein Ende zu machen!"
"Und doch könntest du dir diese Mißhandlungen eben so
füglich als den Tod ersparen,
wenn du nur ein wenig mehr Folgsamkeit und Geduld haben
wolltest!"
Salomos Entscheidung
Zu Salomo, dem gekrönten Weisen, vor dem die Tiefe der
Geisterwelt und des
Naturreichs offen lag, wandten sich Elemente, Pflanzen und
Tiere, um von ihm die
Grenzen ihrer Eigenschaften, ihrer Wirkung, ihres Nutzens,
oder ihrer Schädlichkeit
bestimmen zu lassen. Sie wollten unter den brennenden
Geschöpfen das Feuer, der
Nesselstrauch und die Seenessel, von ihm Rang und Wert
entschieden haben.
Da sprach Salomo: "Unentbehrlicher Nutzen, bei manchem
Schaden, habe den Vorrang!
Geringer Schaden, bei wenig Nutzen, folgt dann! Aber was nur
schadet, ohne zu nützen,
das hat für menschliche Würdigung keinen Wert. Entscheide
der Schöpfer!"
Die Wachskerze und
die Lampe
Mit stolzer Selbstzufriedenheit verzehrte sich die
Wachskerze, den eignen Schimmer
bewundernd. Sie sagte: "Das ist doch ganz was anders mit
mir, als mit den übrigen
Erleuchtungsmitteln! Vor meinem Lichte zerschmilzt die
Finsternis so sanft; der würdige
Weise kann bei meiner stillen Flamme schreiben oder lesen,
ohne daß es seinem Auge
nachteilig wird."
"O!" rief jetzt der Prahlerin eine dort im Winkel stehende
Lampe zu: "Das alles kann ich
eben so gut verrichten, als du und — bin bei weitem nicht so
teuer."
Das Paradepferd und
die Sau
Ein schönes edles Roß ward von seinem Herrn einem großen
General, den es schon
mehrmals siegreich durchs Schlachtgetümmel getragen hatte,
hinaus auf die Weide
geschickt, wo es sich in seinen kühnsten Sprüngen und
zierlichsten Courbetten*
übte.
"Warum doch," fragte die Sau, die ihm stier zugesehn hatte,
"gibst du dir all diese Mühe?
Warum doch treibst du diese Vorübungen für Treffen und
Kampf?"
"Um wohlverdienten Unterhalt," erwiderte das Pferd, "und um
wohlverdienten Ruhm
selbst nach meinem Tode."
"Lächerlich!" grunzte das Schwein, "Unterhalt hab ich, auch
ohne dergleichen Sprünge;
und was kümmerts mich, ob man, wenn ich tot bin, gut oder
übel von mir spricht?
Daß man mich dann vergißt, — desto besser! Das wünsche ich
eben!"
"Häßliches Vieh!" zürnte nun das Roß, "der muß doch
abscheulich gelebt haben,
wer sich so wie du nach der Vergessenheit sehnt!"
*Courbette:
Ursprünglich ist die Courbette ein hoch heraus gesprungener
kraftvoller Galopp.
Uranus und die Erde
"Sieben Beherrscher hab ich schon, die mich abwechselnd
regieren," rief die Erde dem
neu entdeckten Planeten Uranus zu," und nun soll ich auch
dich für den achten erkennen,
du Neuling, von dem ich, so lange das Firmament steht, kein
Wort wußte?"
"Ist das meine Schuld? oder die deinige?" versetzte der
Planet. "Du sahst mich freilich
nicht: aber genug, — daß ich da war!"
Die Tonne des Diogenes
Nach dem Tode des berühmten oder berüchtigten? Diogenes,
rollten mutwillige Kinder
seine Tonne bis in den Hafen Piräus. Da rief das alte Nest
den dort stehenden Fässern,
Kisten und Ballen zu: "Platz gemacht! Ich bin die Wohnung
des großen Weisen von
Sinope!" — "Oho!" sagten diese, "aber er ist ja nicht mehr
drinnen!"
Der Komet und die
Rakete
Als sich einst ein großer Komet sehen ließ, da stieg eine
rasche Rakete hoch empor,
und begrüßte ihn Bruder: "Denn, sagte sie, "der rasche Flug,
der feurige Schweif,
die kurze Dauer sogar, alles zeigt unsre nahe
Verwandtschaft."
"Werk der Kunst und des Zufalls!" erwiderte der Irrstern:
"Vergiß nicht meine von
Ewigkeit her bestimmte Bahn, und meine Wiederkehr!"
Indem zerplatzte die Schwärmerin, ihre Sternlein verloschen;
sie sank, ein bloßer Staub,
herunter und ihrer ward nimmer wieder gedacht.
Die Gifte
"Wir demütigen uns vor dir, furchtbarer Sublimat!" sagten
der Hüttenrauch und die
Silberglätte: "Wider dich ist keine Rettung! Du beißest jede
Lebensfaser entzwei."
Und doch kenne ich etwas, das uns alle weit übertrifft, und
sein Verderben sogar jenseits
der Körperwelt erstreckt.
"Unmöglich! Welcher neue Todessohn wäre denn das?"
"Die Tinte! Denn die zerbeißet sogar Seelenruhe und
ehrlichen Namen."
Die ausgesöhnte
Ungestalt
Zum Fregattenvogel sprach der langarmige Affe: "Du hast doch
wirklich allzu häßlich
lange Schwingen. Zu was sollen sie?"
"Zum höheren Fluge! Aber dein eigenes ungeheuer langes
Armpaar? Wozu das?"
"O, das brauch ich gar sehr zum Steigen."
So nütze jeder das, was er hat! Dann wird guter Gebrauch
sogar die Ungestalt aussöhnen.
Eulenspiegels Hunde
Till Eulenspiegel, der Narr, der oft klüger war als mancher
sich weise dünkender
Volkslehrer besaß ein paar Hunde. Den weiblichen nannte er
Damot, und den männlichen
Phyllis. "Da seht ihr den Narren!" riefen seine Nachbarn,
"er weiß nicht einmal Männlein
von Weiblein zu unterscheiden."
"Das wüsste ich sonst sehr wohl, und nannte jedes Ding bei
seinem rechten Namen
(sagte Till): Nur seitdem in der Welt das Männliche so
weibisch und das Weibliche so
männlich zu werden anfängt, bin ich in meinem System irre
geworden."
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