Fabelverzeichnis
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altfranzösische Texte
 

Frauenlieder 2
 

Heinrich von Morungen
Der von Kürenberg
Steinmar
Der Burggraf von Rietenburg
Der Burggraf von Regensburg
Otto von Botenlauben
Burkhard von Hohenfels
Heinrich von Veldeke
Reinmar der Alte
Friedrich von Hausen
Heinrich von Morungen
 
 


Ich bin keiser âne krône
 


Ich bin Kaiser ohne Krone
 

1.
ꞋIch bin keiser âne krône,
sunder lant: daz meinet mir der muot;
der gestuont mir nie sô schône.
danc ir liebes, diu mir sanfte tuot.
Daz schaffet mir ein vrowe vruot.
dur die sô wil ich staete sîn,
wan in gesach nie wîp sô rehte guot.Ꞌ

2.
Gerne sol ein rîter ziehen
sich ze guoten wîben. dêst mîn rât.
boesiu wîp diu sol man vliehen.
er ist tump, swer sich an sî verlât,
Wan sîne gebent niht hohen muot.
iedoch sô weiz ich einen man,
den ouch die selben vrowen dunkent guot.

3.
Mirst daz herze worden swaere.
seht, daz schaffet mir ein sende nôt.
ich bin worden dem unmaere,
der mir dicke sînen dienest bôt.
Owê, war umbe tuot er daz?
und wil er sichs erlouben niht,
sô muoz ich im von schulden sîn gehaz.

~0~~0~~0~

Ich hân sî vür alliu wîp

1.
ꞋIch hân sî vür alliu wîp
mir ze vrowen und ze liebe erkorn.
minneclîch ist ir der lîp.
seht, durch daz sô hab ich des gesworn,
Daz mir in der welt niht
niemen solde lieber sîn.
swenne aber sî mîn ouge an siht,
seht, sô tagt ez in dem herzen mîn.Ꞌ

2.
Owê des scheidens, daz er tet
von mir, dô er mich vil senende lie.
wol aber mich der lieben bet
und des weinens, daz er dô begie,
Dô er mich trûren lâzen bat
und hiez mich in vröiden sîn.
von sînen trehenen wart ich nat
und erkuolte iedoch daz herze mîn.

3.
ꞋDer dur sîne unsaelicheit
iemer arges iht von ir gesage,
dem müeze allez wesen leit,
swaz er minne und daz im wol behage.
Und ich vluoche in, unde schadet in daz,
dur die ich ir muoz vrömede sîn.
als aber sî mîn ouge ansiht,
sô taget ez in dem herzen mîn.Ꞌ

4.
Owê, waz wîzent si einem man,
der nie vrowen leit noch arc gesprach
und in aller êren gan?
durch daz müet mich sîn ungemach,
daz si in sô schône grüezent wal
und zuo ime redende gânt
und in doch als einen bal
mit boesen worten umbe slânt.

~0~~0~~0~

1.
Ich bin Kaiser ohne Krone
und ohne Land, so erscheint es mir,
denn niemals war ich froh.
Dank sei ihr, die mir so zärtlich begegnet, für die Freude!
Das bewirkt eine edle Frau.
Um ihretwegen will ich treu sein,
denn niemals sah ich eine derart vollkommene Frau.Ꞌ

2.
Ein Ritter soll sich bereitwillig
an gute Frauen halten. Das ist mein Rat.
Schlechte Frauen soll man fliehen.
Töricht ist, wer sich auf sie einläßt.
Denn sie verschaffen keine Hochstimmung.
Allerdings kenne ich einen Mann,
dem auch solche Damen gut erscheinen.

3.
Mir ist das Herz schwer geworden,
seht, das macht der Liebeskummer.
Gleichgültig bin ich dem geworden,
der mir oft seinen Dienst antrug.
Ach, warum verhält er sich so?
Und wenn er nicht davon lassen will,
dann habe ich allen Grund, ihn zu hassen.

~0~~0~~0~

Ich habe sie vor allen Frauen

1.
ꞋIch habe sie vor allen Frauen
mir zur Herrin und zur Freude erwählt.
Schön und begehrenswert ist sie.
Seht, darum habe ich geschworen,
daß mir in der Welt
niemand lieber sein soll.
Wenn ich sie wieder erblicke,
seht, dann wird es Tag in meinem Herzen.Ꞌ

2.
Schmerzlich war die Trennung, wie er
von mir fortging, und mich sehsuchtsvoll zurückließ,
tröstlich aber waren mir die liebe Bitte
und das Weinen, das ihn überkam,
als er mich bat, nicht traurig zu sein,
und mir auftrug, mich zu freuen.
Seine Tränen benetzten mich,
aber mein Herz erfrischte sich.

3.
ꞋWer in seiner Unseligkeit
jemals etwas Schlechtes über sie sagt,
dem soll alles verleidet sein,
was er liebt und was ihm wohl behagt.
Und ich verwünsche sie, und das schadet ihnen,
um derentwillen ich ihr fern bleiben muß.
Wenn ich sie aber erblicke,
dann wird es Tag in meinem Herzen.Ꞌ

4.
Ach, was tadeln sie an dem Mann,
der nie etwas Kränkendes oder Schlechtes über höfische Frauen sagte
und ihnen alle Ehre gönnt?
Deshalb bekümmert mich sein Unglück,
weil sie ihn so höflich grüßen
und plaudernd zu ihm gehen
und ihn doch wie einen Ball
mit boshaften Worten herumschlagen.

~0~~0~~0~

   
Der von Kürenberg
 
 


Leit machet sorge
 


Leid bringt Sorge
 

1.
Leit machet sorge, vil liebe wünne.
eines hübschen ritters gewan ich künde:
daz mir den benomen hânt die merker und ir nît,
des mohte mir mîn herze nie vrô werden sît.

2.
Swenne ich stân aleine in mînem hemede,
unde ich gedenke an dich, ritter edele,
sô erblüet sich mîn varwe, als der rôse an dem dorne tuot,
und gewinnet daz herze vil manigen trûrigen muot.

3.
Ez hât mir an dem herzen vil dicke wê getân,
daz mich des geluste, des ich niht mohte hân
noch niemer mac gewinnen. daz ist schedelîch.
jône mein ich golt noch silber: ez ist den liuten gelîch.

4.
Ez gât mir vonme herzen, daz ich geweine:
ich und mîn geselle müezen uns scheiden.
daz machent lügenaere. got der gebe in leit!
der uns zwei versuonde, vil wol des waere ich gemeint.

~0~~0~~0~

Ich zôch mir einen valken

1.
Ich zôch mir einen valken mêre danne ein jâr.
dô ich ihn gezamete, als ich in wollte hân
und ich im sîn gevidere mit golde wol bewant,
er huop sich ûf vil hôhe und vluoc in anderiu lant.

2.
Sît sah ich den valken schône vliegen,
Er vuorte an sînem vuoze sîdîne riemen,
und was im sîn gevidere alrôt guldîn.
Got sende sî zesamene, die gelieb wellen gerne sîn!

~0~~0~~0~

Ich stuont mir nehtint spâte

1.
Ich stuont mir nehtint spâte an einer zinne,
dô hôrt ich einen rîter vil wol singen
in Kürenberges wîse al ûz der menigîn.
er muoz mir diu lant rûmen, alder ich geniete mich sîn.

2.
ꞋNu brinc mir her vil balde mîn ros, mîn îsengewant,
wan ich muoz einer vrouwen rûmen diu lant,
diu wil mich des betwingen, daz ich ihr holt sî.
si muoz der mîner minne iemer darbende sîn.Ꞌ

~0~~0~~0~

1.
Leid bringt Sorge, viel Freude Glück.
Einen höfischen Ritter lernte ich kennen.
Weil die Aufpasser mit ihrer Mißgunst ihn mir fortgenommen haben,
konnte mir das Herz seither nicht mehr froh werden.

2.
Wenn ich so allein in meinem Hemd dastehe
und an dich denke, edler Ritter,
so erblühe ich wie die Rose am Dorn,
und das Herz wird von manch traurigem Gedanken erfüllt.

3.
Es hat mir im Herzen sehr weh getan,
daß ich nach etwas Verlangen hatte, was ich nicht haben konnte
und niemals gewinnen werde. Das ist traurig.
Ich denke ja nicht an Gold oder Silber: es ist den Menschen gleich.

4.
Es kommt mir aus dem Herzen, daß ich weine:
Ich und mein Freund, wir müssen uns trennen.
Schuld daran sind Lügner; Gott schicke ihnen Leid!
Wenn einer uns zwei wieder zusammenbrächte, wäre ich sehr froh darüber.

~0~~0~~0~

Ich züchtete mir einen Falken

1.
Ich züchtete mir einen Falken, länger als ein Jahr.
Als ich ihn so gezähmt hatte, wie ich ihn haben wollte,
und ihm sein Gefieder mit Gold schön verziert hatte,
schwang er sich hoch empor und flog in andere Lande.

2.
Seither sah ich den Falken in stolzem Flug.
Er trug an seinem Fuß seidene Riemen,
und sein Gefieder war ganz rotgolden.
Gott führe die zusammen, die einander gern lieben wollen!

~0~~0~~0~

Ich stand gestern abend spät

1.
Ich stand gestern abend spät so für mich an einer der Zinne,
da hörte ich einen Ritter herrlich singen
in Kürenbergers Melodie mitten aus der Menge heraus.
Er muß meine Lande verlassen, oder ich erfreue mich an ihm.

2.
Jetzt schaff rasch mein Pferd, meine Rüstung herbei,
denn ich muß auf Wunsch der Herrin die Lande verlassen.
Die will mich dazu zwingen, daß ich ihr ergeben sei.
Sie wird nach meiner Liebe immer vergeblich schmachten müssen.

~0~~0~~0~

   
Steinmar
 
 


Diu vil liebiu sumerzît
 


Die so liebe Sommerzeit
 

1.
ꞋDiu vil liebiu sumerzît
hât gelâzen gar den strît
dem ungeslahten winter lanc.
ach, ach, kleiniu vogellîn
müezen jârlanc trûric sîn,
geswigen ist ir süezer sanc.
daz klag ich: sô klage ich mîne swaere,
die mir tuot ein dirne saeldenbaere,
daz si mich niht zuo zir ûf den strousac lât,
daz si mich niht zuo zir ûf den strousac lât
und daz si mirz doch geheizen hât.

2.
Mîner swaere der ist vil;
ist daz mir niht helfen wil
ein minneclîchiu dienerîn,
sôst mîn kumber manicvalt,
armuot und der winter kalt
die went mir jârlanc heinlîch sîn.
armuot hât mich an ir besten râte,
dar an nement mich wîse liute spâte,
dâ von wil si mich niht ûf ir strousac lân,
dâ von wil si mich niht ûf ir strousac lân
und enhân ir anders niht getân.Ꞌ

3.
»Friunt, ich hân iu niht getân;
swaz ich iu geheizen hân,
des mac ich iuch vil wol gewern.
ir gehiezent mir ein lîn,
zwêne schuohe und einen schrîn,
des wil ich von iu niht enbern.
wirt mir daz, sô wende ich iuwer swaere
— swem daz leit ist, dast mir alse maere.
sô wil ich iuch zuo mir ûf den strousac lân,
sô wil ich iuch zuo mir ûf den strousac lân,
sô mac er wol wiegelônde gân.«

4.
ꞋHerzentrût, mîn künigîn,
sage an, liep, waz sol der schrîn?
wilt du ein saltervrouwe wesen?
liezest du die gâbe an mich,
ich kouft etswaz über dich:
wie wilt den winter du genesen?
du maht dich vor armuot niht bedecken,
wan dîn gulter ist von alten secken,
dâ wil ich den strousac in die stuben tragen,
dâ wil ich den strousac in die stuben tragen,
sô muoz oven unde bruggen erwagen.Ꞌ

5.
»Nu lân ich iuchs allez wegen.
ist daz wir uns zemen legen,
sô sint ir gewaltic mîn.
doch wil ich ê mîn geheiz
bî mir haben, goteweiz,
wan ez mac niemer ê gesîn.
seht, sô nemt mich danne bî dem beine,
ir sunt niht erwinden, ob ich weine,
ir sunt froelich zuo mir ûf den strousac varn,
ir sunt froelich zuo mir ûf den strousac varn,
sô bit ich iuch mich vil lützel sparn.«

~0~~0~~0~

1.
ꞋDie so liebe Sommerzeit
hat den Kampf gegen den
rohen Winter schon lange aufgegeben.
Ach, ach, die kleinen Vögelchen
müssen jetzt traurig sein,
verstummt ist ihr süßer Sang.
Darüber klage ich. Ich klage auch über das Leid,
das mir eine wonnevolle Dienstmagd antut,
weil sie mich nicht zu sich auf den Strohsack läßt,
weil sie mich nicht zu sich auf den Strohsack läßt,
wo sie es mir doch versprochen hat.

2.
Groß ist mein Kummer,
wenn mir diese reizende
Dienstmagd nicht helfen will,
mannigfach ist dann mein Schmerz.
Armut und der kalte Winter
wollen mir jetzt ganz nahe sein.
Die Armut zählt mich zu ihren besten Ratgebern,
dazu bestellen mich kluge Leute niemals.
Darum will sie mich nicht auf ihren Strohsack lassen,
Darum will sie mich nicht auf ihren Strohsack lassen,
obwohl ich ihr nichts weiter getan habe.Ꞌ

3.
»Freund, nichts habe ich Euch angetan.
Was ich Euch versprochen habe,
kann ich Euch sehr wohl gewähren.
Ihr verspracht mir ein Stück Leinen,
ein paar Schuhe und einen Schrein,
das will ich Euch nicht erlassen.
Bekomme ich das, so tröste ich Euch
— wen das bekümmert, das ist mir gleich.
Dann will ich Euch zu mir auf den Strohsack lassen,
Dann will ich Euch zu mir auf den Strohsack lassen,
dann kann er wohl ordentlich schwanken.«

4.
ꞋHerzensschatz, meine Königin,
Sag doch, Liebste, wozu brauchst du den Schrein?
Willst du eine Betschwester werden?
Überließest du mir die Wahl,
so kaufte ich dir etwas zum Überziehen.
Wie willst du den Winter überstehen?
Du kannst dich vor Armut nicht einmal zudecken,
denn deine Steppdecke ist aus alten Säcken,
und wenn ich den Strohsack dorthin in die Stube tragen will,
und wenn ich den Strohsack dorthin in die Stube tragen will,
dann müssen Ofen und Bretter in Bewegung kommen.Ꞌ

5.
»Nun gebe ich es Euch genau zu bedenken.
Wenn wir uns zusammenlegen,
dann könnt Ihr über mich verfügen.
Doch vorher will ich das Versprochene
gottweiß bei mir haben,
denn früher kann es niemals geschehen.
Seht, dann nehmt Ihr mich am Bein,
und Ihr sollt nicht aufhören, wenn ich weine,
Ihr sollt fröhlich zu mir auf den Strohsack ziehen,
Ihr sollt fröhlich zu mir auf den Strohsack ziehen.
Dann bitte ich Euch, mich kräftig herzunehmen.«

~0~~0~~0~

   
Der Burggraf von Rietenburg
 
 


Nu endarf mir nieman wîzen
 


Nun braucht es mir niemand vorzuwerfen
 

1.
Nu endarf mir nieman wîzen,
ob ich in iemer gerne saehe.
des wil ich mich vlîzen.
waz darumbe, ob ich des von zorne jaehe,
daz mir iemen sî lieber iht?
ich lâze in durch ir nîden niht,
si verliesent alle ir arbeit,
er kan mir niemer werden leit.

2.
ꞋMir gestuont mîn gemüete
nie so hôhe von schulde,
sît ich in rehter güete
hân alsô wol gedienet ir hulde.
Ich vürhte niht ir aller drô,
sît si wil, daz ich sî vrô.
wan diu guote ist vröiden rîch,
des wil ich iemer vröwen mich.Ꞌ

~0~~0~~0~

1.
Nun braucht es mir niemand vorzuwerfen,
wenn ich ihn immer gerne sehen möchte.
Darum will ich mich bemühen.
Was macht es schon, wenn ich in Zorn behauptete,
daß mir jemand anders ebenso lieb wäre?
Ihrer Mißgunst wegen werde ich nicht von ihm lassen,
sie bemühen sich alle vergebens,
er kann mir niemals leid werden.

2.
ꞋZu so großer Freude
hatte ich niemals Anlaß,
seit ich mit wahrer Liebe
mir ihre Gunst so schön verdiente.
Ihrer aller Drohungen fürchte ich nicht,
da sie will, daß ich froh sei.
Denn die Gute schenkt herrliche Freuden,
darüber will ich mich immer freuen.Ꞌ

~0~~0~~0~

   
Der Burggraf von Regensburg
 
 


Ich bin mit rehter staete
 


Ich bin in rechter Treue
 

1.
Ich bin mit rehter staete einem guoten rîter undertân.
wie sanfte daz mînem herzen tuot, swenne ich in umbevangen hân!
der sich mit manegen tugenden guot
gemachet al der welte liep, der mac wol hôhe tragen den muot!

2.
Sine mugen alle mir benemen, den ich mir lange hân erwelt
ze rehter staete in mînem muot, der mich vil meneges liebes went.
und laegen sî vor leide tôt,
ich wil ime iemer wesen holt. si sint betwungen âne nôt.

~0~~0~~0~

1.
Ich bin in rechter Treue einem edlen Ritter ergeben.
Wie tut es meinem Herzen wohl, wenn ich ihn in den Armen halte!
Wer sich durch vorbildliches Verhalten
der ganzen Welt angenehm macht, hat wahrlich Anlaß, froh zu sein.

2.
Sie alle können ihn mir nicht nehmen, den ich mir lange zu rechter Treue
in meinem Sinn erwählt habe und der mich an viel Liebes gewöhnt.
Und wenn sie auch vor Ärger tot umfallen würden,
ich will ihm immer zugetan sein. Umsonst ist ihre Mühe!

~0~~0~~0~

   
Otto von Botenlauben
 

 


Waere Kristes lôn niht alsô süeze
 


Wäre Christi Lohn nicht derart süß
 

1.
ꞋWaere Kristes lôn niht alsô süeze,
so enlieze ich niht der lieben frouwen mîn,
diech in mînem herzen dicke grüeze:
sie mac vil wol mîn himelrîche sîn,
swâ diu guote wone al umbe den Rîn.
herre got, nu tuo mir helfe schîn,
daz ich mir und ir erwerbe noch die hulde dîn!Ꞌ

2.
»Sît er giht ich sî sîn himelrîche,
sô habe ich in zuo gote mir erkorn,
daz er niemer fuoz von mir entwîche.
herre got, lâ dirz niht wesen zorn.
erst mir in den ougen niht ein dorn,
der mir hie ze fröiden ist geborn.
kumt er mir niht wider, mîn spilnde fröide ist gar verlorn.«

~0~~0~~0~

1.
ꞋWäre Christi Lohn nicht derart süß,
dann würdꞋ ich meine liebe Herrin nicht verlassen,
die ich in meinem Herzen so oft grüße.
Sie versteht es wohl, mein Himmelreich zu sein,
wo immer die liebe Frau sich um den Rhein herum aufhalten mag.
Herr Gott, nun nun steh mir bei,
daß ich für mich und sie noch deine Huld erwerbe!Ꞌ

2.
»Wenn er schon sagt, ich sei sein Himmelreich,
dann habe ich ihn zum Gott erwählt,
damit er sich niemals einen Schritt von mir entferne.
Herr Gott, zürne nicht darüber.
Er ist mir über die Maßen lieb,
der mir hier zur Freude geboren wurde.
Wenn er mir nicht zurückkehrt, ist meine strahlende Freude vollkommen dahin.«

~0~~0~~0~

   
Burkhard von Hohenfels
 
 


Ich wil reigen
 


Ich will tanzen
 

1.
»Ich wil reigen«,
sprach ein wünniclîchiu magt.
»disen meigen
wart mir fröide gar versagt.
nu hât mîn jâr ein ende:
des bin ich frô.
nieman mich fröiden wende,
mîn muot stêt hô.
mirst von strôwe ein schapel und mîn frîer muot
lieber danne ein rôsenkranz, sô bin ich behuot.«

2.
ꞋLaz erbarmen
dich,Ꞌ sprach ir gespil zehant,
Ꞌdaz mich armen
niht geschuof diu gotes hant,
wan sî geschuof mich rîchen.
hî waere ich arn,
sô wolte ich mir dir strîchen,
ze fröiden varn.
mirst von strôwe ein schapel und mîn frîer muot
lieber danne ein rôsenkranz, sô bin ich behuot.Ꞌ

3.
»Est verdrozzen
hie, sît mîn müemel hât
vor beslozzen
mir die mîne liehten wât.
trûr ich, si giht ich gwinne
von liebe nôt:
fröw ich mich, daz tuot minne.
wan waer si tôt!
mirst von strôwe ein schapel und mîn frîer muot
lieber danne ein rôsenkranz, sô bin ich behuot.«

4.
ꞋWiltu sorgen,
waz sol dir dîn schoener lîp?
du solt morgen
sant mir, trûren von dir trîp.
ich wil dich lêren snîden,
wis fröiden vol:
tuot daz wê, wir sunz mîden,
uns wirt sus wol.
mirst von strôwe ein schapel und mîn frîer muot
lieber danne ein rôsenkranz, sô bin ich behuot.Ꞌ

5.
»Ich hân schiere
mir gedâht einen gerich:
wan ich zwiere,
swâ man zwinket wider mich.
sin lât mich niender lachen
gen werdekeit:
sô nim ich einen swachen,
daz ist ir leit.
mirst von strôwe ein schapel und mîn frîer muot
lieber danne ein rôsenkranz, sô bin ich behuot.«

~0~~0~~0~

1.
»Ich will tanzen,«
sagte ein reizendes Mädchen.
»In diesem Mai
wurde mir überhaupt kein Vergnügen erlaubt.
Nun ist mein Dienstjahr zu Ende,
darüber bin ich froh.
Niemand soll mich an meiner Freude hindern,
denn ich bin in guter Stimmung.
Mir sind ein Kranz von Stroh und meine Unbeschwertheit
lieber als ein Rosenkranz: Das ist mein Schutz.«

2.
ꞋLaß dich erbarmen,Ꞌ
sagte ihre Freundin sogleich,
Ꞌdaß mich Gottes Hand
nicht zu einem armen, einfachen Mädchen werden ließ,
denn sie schuf mich reich und vornehm.
Hei, wäre ich niederen Standes,
dann würde ich mit dir losziehen
und mich vergnügen.
Mir sind ein Kranz von Stroh und meine Unbeschwertheit
lieber als ein Rosenkranz: Das ist mein Schutz.Ꞌ

3.
»Es ist verdrießlich
hier, weil meine Tante
mein helles Kleid
vor mir verschlossen hat.
Bin ich traurig, dann behauptet sie,
die Liebe brächte mir Kummer,
freu ich mich, dann bewirkt das die Minne.
Wenn sie nur tot wäre!
Mir sind ein Kranz von Stroh und meine Unbeschwertheit
lieber als ein Rosenkranz: Das ist mein Schutz.«

4.
ꞋWenn du Trübsinn blasen willst,
was nützt dir dann deine Schönheit?
Komm morgen
mit mir, vertreibe den Kummer!
Ich will dich schneidern lehren,
freu dich nur!
Wenn das wehtut, werden wir es meiden,
dann wird uns wohl.
Mir sind ein Kranz von Stroh und meine Unbeschwertheit
lieber als ein Rosenkranz: Das ist mein Schutz.Ꞌ

5.
»Ich habe mir schon ausgedacht,
wie ich mich räche,
denn ich blicke verstohlen dorthin,
wo man mir zuzwinkert.
Sie läßt mich niemals
einem vornehmen Herrn zulächeln;
so nehme ich halt einen einfachen Mann,
das wird sie bekümmern.
Mir sind ein Kranz von Stroh und meine Unbeschwertheit
lieber als ein Rosenkranz: Das ist mein Schutz.«

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Heinrich von Veldeke
 
 


Der blîdeschaft sunder riuwe hât
 


Wer hier Freude ohne Leid hat
 

1.
Der blîdeschaft sunder riuwe hât
mit êren hie, der ist rîche.
daz herze, dâ diu riuwe inne stât,
daz lebet jâmerlîche.
Er ist edel unde vruot,
swer mit êren
kann gemêren
sîne blîtschaft, daz ist guot."

2.
ꞋDiu schoene, diu mich singen tuot,
si sol mich sprechen lêren,
dar abe, daz ich mînen muot
niht wol kan gekêren.
Sî ist edel unde vruot,
swer mit êren
kan gemêren
sîne blîdeschaft, daz ist guot.Ꞌ

~0~~0~~0~

Ich bin vrô, sît uns die tage

1.
»Ich bin vrô, sît uns die tage
liehtent unde werdent lanc«,
sô sprach ein vrowe al sunder clage
vrîlîch und ân al getwanc.
»Des segg ich mînen glücke danc
daz ich ein sulhe herze trage,
daz ich dur heinen boesen tranc
an mîner blîschaft nie mê verzage.

2.
Hie hete wîlent zeiner stunde
vil gedienet och ein man,
sô daz ich nu wol guotes gunde;
des ich ime nu niene gan,
Sît dat hê den muot gewan,
dat hê nu eischen begunde,
dat ich im baz entseggen kan,
danne hê'z an mir gewerben kunde.

3.
Ez kam von tumbes herzen râte,
ez sal ze tumpheit och ergân.
ich warnite in alze spâte,
daz hê hete missetân.
Wie mohte ich dat vür guot entstân,
dat hê mich dorpelîche baete,
dat hê muoste al umbevân?
……………………………………..

4.
Ich wânde, dat hê hovesch waere,
des was ime ich von herzen holt.
daz segg ich ûch wol offenbaere:
des ist hê gar âne schult.
Des trage ich mir ein guot gedolt
-mir ist schade vil unmaere-
hê iesch an mir ze rîchen solt,
des ich vil wol an ime enbaere.

5.
Hê iesch an mich te lôse minnen,
dî ne vant hê an mir niht.
dat quam von sînen kranken sinnen,
wan ez ime sîn tumpheit riet.
Waz obe ime ein schade dar an geschît?
des bringe ich in vil wel inne,
dat hê sîn spil ze unreht ersiht:
daz herze brichet, êr hê't gewinne.«

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1.
Wer hier Freude ohne Leid hat
und dabei Ehre hier auf Erden, der ist reich.
Ein Herz, in dem Kummer ist,
lebt traurig.
Er ist edel und klug,
wer seine Ehre wahrt
und dabei
seine Freude mehren kann, das ist gut.

2.
ꞋDie Schöne, die mich singen läßt,
sie soll mich darüber sprechen lehren,
wovon ich meine Gedanken
nicht gut abwenden kann.
Sie ist edel und klug.
Wer seine Ehre wahrt
und dabei
seine Freude mehren kann, das ist gut.Ꞌ

~0~~0~~0~

Ich bin froh, daß uns die Tage

1.
»Ich bin froh, daß uns die Tage
hell und lang werden«,
sagte eine Dame ganz unbeschwert
und frei von jeder Sorge.
»Dafür danke ich meinem Geschick,
daß mein Herz so beschaffen ist,
daß ich niemals mehr wegen irgendeines
Trankes um meine Freude bangen muß.

2.
Mir hatte früher einmal ein Mann
wirklich beharrlich gedient,
so daß ich ihm wohl Gutes wünschte.
Das wünsche ich ihm nun durchaus nicht mehr,
seit er die Kühnheit hatte,
etwas von mir zu fordern,
daß ich ihm besser abzuschlagen verstehe,
als er es von mir zu erlangen wußte.

3.
Es kam durch den Rat eines törichten Herzens,
zur Torheit soll es auch ausschlagen.
Allzu spät kam meine Warnung,
daß er unrecht gehandelt habe.
Wie hätte ich das als gut ansehen können,
daß er mich wie ein Bauer bestürmte,
er müßte mich ganz in seine Arme nehmen?
………………………………………………………

4.
Ich meinte, daß er höfisch wäre,
darum war ich ihm zugetan.
Das sage ich euch geradeheraus:
Er hat das überhaupt nicht verdient.
So bin ich voller Gelassenheit
— der Schaden ist mir ganz gleichgültig, —
weil er einen allzu hohen Lohn von mir forderte,
worauf ich von ihm recht gut hätte verzichten können.

5.
Er verlangte von mir allzu leichtfertig Liebe,
die fand er bei mir nicht.
Das kam, weil er von Sinnen war
und seiner Torheit nachgab.
Was, wenn ihm daraus Schaden entsteht?
Ich werde ihm ganz klar machen,
daß er sein Spiel zu Unrecht zu überblicken glaubt:
sein Herz wird brechen, bevor er es gewinnt.«

~0~~0~~0~

   
Reinmar der Alte
 
 


Sage, daz ich dirs iemer lône
 


Sage, daß ich dirꞋs immer danke
 

1.
»Sage, daz ich dirs iemer lône,
hâst du den vil lieben man gesehen?
ist ez wâr und lebet er schône,
als si sagent und ich dich hoere jehen?«
ꞋVrowe, ich sach in, er ist frô;
sîn herze stât, ob irz gebietent, iemer hô.Ꞌ

2.
»Ich verbiute ime vröide niemer;
lâze eht eine rede, sô tuot er wol,
des bite ich in hiut und iemer.
deme ist alsô, daz manz versagen sol.«
ꞋVrowe, nu verredent iuch niht.
er sprichet: allez daz geschehen sol, daz geschiht.Ꞌ

3.
»Hât aber er gelopt, geselle,
daz er niemer mê gesinge liet,
ez ensî, ob ich ins biten welle?«
ꞋVrowe, ez was sîn muot, dô ich von ime schiet.
Ouch mugent irz wol hân vernomen.Ꞌ
»Owê, gebiute ichz nû, daz mac ze schaden komen.

4.
Ist aber, daz ichs niene gebiute,
sô verliuse ich mîne saelde an ime,
und vervluochent mich die liute,
daz ich al werlte ir vröide nime.
Alrêrst gât mir sorge zuo.
owê, nu enweiz ich, obe ichz lâze oder ob ichz tuo.

5.
Daz wir wîp niht mugen gewinnen
vriunt mit rede, siu enwellent dannoch mê,
daz müet mich. ich enwil niht minnen.
staeten wîben tuot unstaete wê.
Waer ich, des ich niene bin,
unstaete, liez er danne mich, sô liez ich in.«

~0~~0~~0~

Lieber bote, nu wirp alsô

1.
Lieber bote, nu wirp alsô,
sich in schiere und sage ime daz:
vert er wol und ist er vrô,
ich lebe iemer deste baz.
Sage ime durch den willen mîn,
daz er iemer solhes iht getuo,
dâ von wir gescheiden sîn.

2.
Vrâge er, wie ich mich gehabe,
gich, daz ich mit vröuden lebe.
swâ du mügest, dâ leit in abe,
daz er mich der rede begebe.
Ich bin im von Herzen holt
und saehe in gerner denne den liehten tac:
daz aber du verswîgen solt!

3.
Ê daz du iemer ime verjehest,
daz ich ime holdez herze trage,
sô sich, daz du alrêrst besehest,
und vernim, waz ich dir sage:
Mein er wol mit triuwen mich,
swaz ime danne muge z vröiden komen,
daz mîn êr sî, daz sprich.

4.
Spreche er, daz er welle her,
— daz ichs iemer lône dir —
sô bit in, daz ers verber
die rede, dier jungest sprach zuo mir,
ê daz ich in an gesehe.
Wê, wes wil er dâ mit beswaeren mich,
daz niemer doch an mir geschehe?

5.
Des er gert, daz ist der tôt
und verderbet manigen lîp;
bleich und eteswenne rôt,
alse verwet ez diu wîp.
Minne heizent ez die man,
unde mohte baz unminne sîn.
wê ime, ders alrêrst began.

6.
Daz ich alsô vil dâ von
geredete, daz ist mir leit,
wande ich was vil ungewon
sô getâner arbeit,
als ich tougenlîche trage —
dûn solt im niemer niht verjehen
alles, des ich dir gesage.

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Dêst ein nôt, daz mich ein man

1.
Dêst ein nôt, daz mich ein man
vor al der werlte twinget, swas er wil.
sol ich, des ich niht enkan,
beginnen, daz ist mir ein swaerez spil.
Ich hât ie vil staeten muot.
nu muoz ich leben als ein wîp,
diu minnet und daz angestlîchen tuot.

2.
Der mîn huote, des waere zît,
ê daz ich iht getaete wider in.
wolt er lâzen nû den strît!
wes gert er mêre, wan daz ich im holder bin
Danne in al der werlte ein wîp?
nu wil er – daz ist mir ein nôt —,
daz ich durch in die êre wâge und ouch den lîp.

3.
Des er mich nu niht erlât,
daz tuon ich unde tete sîn gerne vil,
wand ez mir umb in sô stât,
daz ich sîn niht ze vriunde enbern wil.
Ein alsô schône redender man,
wie möhte ein wîp dem iht versagen,
der ouch sô tugentlîche lebt, als er wol kan?

4.
Schône kan er im die stat
gevüegen, daz er sprichet wider mich.
zeinen zîten er mich bat,
daz ich sînen dienest naeme; daz tet ich.
Dô wânde ich des, ich taete wol.
dône wiste ich niht, daz sich dâ huop
ein swaere, diu lange an mînem lîbe wesen sol.

5.
Mînes tôdes wânde ich baz,
danne daz er gewaltic iemer wurde mîn.
wê, war umbe spriche ich daz?
jâ zürne ich âne nôt; ez solte eht sîn.
Dicke hât ich im versaget,
dô tet er als ein saelic man,
der sînen kumber alles ûf genâde klaget.

~0~~0~~0~

War kan iuwer schoener lîp?

1.
»War kan iuwer schoener lîp?
wer hat iu, saelic vrouwe, den benomen?
ir wâret ein wunneclîchez wîp,
nu sint ir gar von iuwer varwe komen.
Dâst mir leit und müet mich sêre.
swer des schuldic sî, den velle got und nem im al sîn êre.«

2.
ꞋWâ von solt ich schoene sîn
und hôhes muotes als ein ander wîp?
ich hân des willen mîn
niht mêre wan sô vil, ob ich den lîp
Mac behüeten vor ir nîde,
die mich zihent unde machent, daz ich einen ritter mîde.

3.
Solhe nôt und ander leit
hât mir der varwe ein michel teil benomen.
doch vröuwet mich sîn sicherheit,
daz er lobte, er wolte schiere komen.
Weste ich, ob ez alsô waere,
sô engehôrte ich nie vor maniger wîle mir ein lieber maere.

4.
Ich gelache in iemer an,
kumt mir der tac, daz in mîn ouge ersiht.
wand ichs niht verlâzen kan
vor liebe, daz mir alsô wol geschiht.
Ě ich danne von im scheide,
sô mac ich sprechen 'gên wir brechen bluomen ûf der heide.'

5.
Sol mir disiu sumerzît
mit manigem liehten tage alsô zergân,
daz er mir niht nâhen lît,
dur den ich alle ritter hân gelân,
Ôwê danne schoenes wîbes!
sôn kam ich nie vor leide in groezer angest mînes lîbes.

6.
Mîne vriunde mir dicke sagent —
und liegent —, daz mîn niemer werde rât.
wol in, daz si mich sô klagent!
wie nâhen in mîn leit ze herzen gât!
Swenne er mich getroestet eine,
sô gesiht man wol, daz ich vil selten iemer iht geweine.Ꞌ

~0~~0~~0~

Zuo niuwen vröuden stât mîn muot

1.
»Zuo niuwen vröuden stât mîn muot
vil schône«, sprach ein schoenez wîp.
»ein ritter mînen willen tuot;
der hât geliebet mir den lîp.
Ich wil im iemer holder sîn
denne keinem mâge mîn.
ich getuon ime wîbes triuwe schîn.

2.
Diu wîle schône mir zergât,
swenne er an mîme arme lît
und er mich zuo ime gevangen hât.
daz ist ein wunnenclîche zît.
Sô ist mîn trûren gar zergân
und bin al die wochen wol getân.
ei, waz ich denne vröuden hân!«

~0~~0~~0~

Ungenâde und swaz ie danne sorge was

1.
Ungenâde und swaz ie danne sorge was,
der ist nu mêre an mir,
danne ez got verhengen solde.
rât ein wîp, diu ê von senender nôt genas,
mîn leit, und waer ez ir,
waz si danne sprechen wolde.
Der mir ist von herzen holt,
den verspriche ich sêre,
niht durch ungevüegen haz,
wan durch mînes lîbes êre.

2.
Ich bin niht an disen tac sôher bekomen,
mir ensî gewesen bî
underwîlent hôchgemüete.
guotes mannes rede habe ich vil vernomen;
der werke bin ich vrî,
sô mich iemer got behüete.
Dô ich im die rede verbôt,
dône bat er niht mêre.
disen lieben guoten man,
enweiz ich, wie ich von mir bekêre.

3.
Als ich eteswenne in mîme zorne sprach,
daz er die rede vermite
iemer dur sîn selbes güete,
sô hât er, daz ichz an manne nie gesach,
sô jaemerlîche sîte,
daz ez mich zwâre müete,
und iedoch sô sêre niet,
daz ers iht genieze.
mir ist lieber, daz er bite,
danne ob er sîn sprechen lieze.

4.
Mir ist beide liep und herzeclîchen leit,
daz er mich ie gesach
oder ich in sô wol erkenne,
sît daz er verliesen muoz sîn arebeit,
sô wol als er mir sprach.
daz müet mich doch eteswenne,
und iedoch dar umbe niht,
daz ich welle minnen.
minne ist ein sô swaerez spil,
daz ichz niemer tar beginnen.

5.
Alle, die ich vernam und hân gesehen,
der keiner sprach sô wol
noch von wîben nie sô nâhen.
waz wil ich des lobes? got lâze im wol geschehen.
sîn spaehe rede in sol
lützel wider mich vervâhen.
Ich muoz hoeren, swaz er saget.
wê, waz schât daz ieman,
sît er niht erwerben kan
weder mich noch anders nieman?

~0~~0~~0~

 

1.
»Sage, daß ich dirꞋs immer danke,
hast du den geliebten Mann gesehen?
Ist es wahr, daß er so vorbildlich lebt,
wie sie behaupten und ich dich sagen höre?«
ꞋHerrin, ich sah ihn, er ist froh.
Sein Herz ist, wenn Ihr es gebietet, immer fröhlich.Ꞌ

2.
» Freude werde ich ihm niemals verbieten.
Er soll nur das eine Thema lassen, daran täte er gut.
Darum bitte ich ihn heute und immer.
Damit steht es so, daß man es versagen muß.«
ꞋHerrin, nun achtet auf Eure Worte.
Er sagt: Alles, was geschehen soll, das geschieht.Ꞌ

3.
»Hat er aber nicht geschworen, Freund,
daß er niemals mehr ein Lied singen werde,
es sei denn, daß ich ihn darum bitten?«
ꞋHerrin, das war seine Absicht, als ich von ihm fortging.
Ihr habt es ja wohl auch schon gehört.Ꞌ
»Ach, wenn ich es nun gebiete, kann das schlimme Folgen haben.

4.
Gesetzt jedoch, daß ich es nicht verlange,
dann verliere ich an ihm mein Glück,
und die Leute verwünschen mich,
weil ich allen ihre Freude nehme.
Jetzt bin ich erst richtig in Sorge.
Ach, nun weiß ich nicht ob ich's lasse oder nicht.

5.
Daß wir Frauen nicht mit Worten Freunde
gewinnen können, ohne daß sie dennoch mehr wollen,
das bekümmert mich. Ich will nicht lieben.
Treuen Frauen tut Untreue weh.
Wäre ich, was ich keineswegs bin,
untreu, und würde er mich dann verlassen, dann würde auch ich ihn verlassen.«

~0~~0~~0~

Lieber Bote, nun tu folgendes

1.
Lieber Bote, nun tu folgendes,
eile zu ihm und sage ihm dies:
Wenn es ihm gut geht und er froh ist,
so sei mir das Leben um so lieber.
Sage ihm auf meinen Wunsch,
er solle niemals etwas tun,
wodurch wir getrennt würden.

2.
Wenn er fragt, wie es mir ergeht,
dann sage, daß ich fröhlich bin.
Wo immer du kannst, da bringe ihn dazu,
mich mit diesem Thema zu verschonen.
Ich bin ihm von Herzen zugetan
und würde ihn lieber sehen als den hellen Tag.
Das aber sollst du verschweigen.

3.
Bevor du ihm jemals sagst,
daß ich ihm von Herzen zugetan bin,
schau und vergewissere dich
und höre, was ich dir sage:
Wenn er wirklich treu an mich denkt —
was immer ihn erfreuen kann
und was meine Ehre erlaubt, das sage dann.

4.
Wenn er sagt, er wolle kommen
— ich werde es dir immer lohnen —,
dann bitte ihn, jene Worte nicht zu wiederholen,
die er kürzlich zu mir sagte,
bevor ich ihn sehe.
Ach, warum will er mich mit etwas quälen,
das sich doch niemals an mir erfüllen darf.

5.
Was er begehrt, das ist der Tod
und stürzt manchen ins Verderben;
bleich und bisweilen rot
werden die Frauen davon.
Minne nennen es die Männer,
aber es sollte besser Unminne heißen!
Weh ihm, der zuerst damit angefangen hat.

6.
Daß ich derart viel davon
geredet habe, ist mir leid,
denn vorher kannte ich
eine solche Qual überhaupt nicht,
wie ich sie heimlich erdulde.
Du sollst ihm niemals etwas
von all dem verraten, was ich dir gesagt habe.

~0~~0~~0~

Es ist eine Qual, daß mich ein Mann

1.
Es ist eine Qual, daß mich ein Mann
in aller Öffentlichkeit zwingt, wozu er will.
Wenn ich etwas, was ich nicht kann,
beginnen soll, dann ist das schwer für mich.
Ich bin immer sehr standhaft gewesen.
Nun aber muß ich leben wie eine Frau,
die liebt und dies in Angst tut.

2.
Es wäre Zeit, daß jemand auf mich aufpaßte,
bevor ich mich in irgendeiner Weise auf ihn einlasse.
Wenn er jetzt doch aufhören wollte, mich zu bestürmen!
Was will er mehr, als daß ich ihn mehr liebe
als jede andere Frau in der ganzen Welt?
Nun will er – das ist mein Kummer —,
daß ich für ihn meine Ehre und auch mein Leben wage.

3.
Was er mir nun nicht erläßt,
das tue und täte ich überaus gern,
denn, was ihn angeht, steht es um mich so,
daß ich auf ihn als Freund nicht verzichten will.
Wie könnte eine Frau einem Mann auch
etwas versagen, der so wunderbar redet
und dazu so vorbildlich lebt, wie er nur kann?

4.
Er versteht es wunderbar, die Gelegenheit
abzupassen, um zu mir zu sprechen.
Einmal bat er mich,
seinen Dienst anzunehmen. Das tat ich.
Da meinte ich, richtig zu handeln.
Ich wußte nicht, daß damit der Kummer
begann, der mich noch lange bedrücken wird.

5.
Besser erschiene mir mein Tod,
als daß er jemals Macht über mich gewänne.
Ach, warum sage ich das?
Ich zürne ohne Not; es sollte doch sein.
Oft hatte ich ihn abgewiesen,
da verhielt er sich wie ein vorbildlicher Mann,
der sein Leid ganz im Vertrauen auf Gnade beklagt.

~0~~0~~0~

Wo ist Eure Schönheit geblieben?

1.
»Wo ist Eure Schönheit geblieben?
Wer hat Euch, liebe Herrin, die genommen?
Ihr wart eine wunderschöne Frau,
nun habt Ihr all Euren Glanz verloren.
Das ist mir leid und bekümmert mich sehr.
Wer daran Schuld hat, den möge Gott vernichten und ihm all seine Ehre nehmen.«

2.
ꞋWie könnte ich so schön
und froh sein wie andere Frauen?
Ich habe keinen Wunsch
mehr als den, mich vor der Mißgunst derer zu hüten,
die mich tadeln und es bewirken,
daß ich einem Ritter fernbleibe.

3.
Dieser Kummer und anderes Leid
haben mir viel von meiner Schönheit genommen.
Doch freut mich sein Versprechen,
das er gab, er wolle bald zurückkommen.
Wenn ich wüßte, daß es so wäre,
dann hätte ich seit langer Zeit keine so liebe Nachricht gehört.

4.
Ich werde ihm immer zulächeln,
wenn der Tag kommt, an dem ich ihn erblicke.
Denn ich werde es nicht lassen können
aus Freude darüber, daß ich ein solches Glück erlebe.
Bevor ich mich dann von ihm trenne,
kann es wohl sein, daß ich sage: 'Gehen wir Blumen auf der Wiese pflücken!'

5.
Wenn mir dieser Sommer
mit manchem strahlenden Tag vergehen soll,
ohne daß er nahe bei mir liegt,
um dessentwillen ich alle Ritter aufgegeben habe,
dann wehe meiner Schönheit!
Niemals hatte ich vor Kummer größere Sorge um mein Aussehen.

6.
Meine Verwandten sagen mir oft —
aber sie lügen! – daß es keinen Trost für mich gibt.
Wohl ihnen, daß sie mich so bedauern!
Wie nah ans Herz ihnen mein Schmerz geht!
Wenn nur er allein mich tröstet,
dann wird man schon sehen, daß ich niemals mehr weine.Ꞌ

~0~~0~~0~

Neuen Freuden

1.
»Neuen Freuden seh ich
froh entgegen«, sagte eine schöne Frau,
»ein Ritter tut meinen Willen,
der hat mich beglückt.
Ich will ihn immer mehr lieben
als irgendeinen meiner Verwandten.
Ich werde ihm zeigen, was die Treue einer Frau bedeutet.

2.
Herrlich geht die Zeit für mich dahin,
wenn er in meinem Arm liegt
und mich an sich drückt.
Das ist ein glücklicher Augenblick.
Dann ist mein Kummer völlig verflogen,
und ich bin die ganze Woche lang vergnügt.
Oh, welche Freude ich dann habe!«

~0~~0~~0~

Was es jemals an Unglück und Sorge gab

1.
Was es jemals an Unglück und Sorge gab,
davon habe ich nun mehr,
als Gott zulassen sollte!
Wenn eine Frau sich je in ihrem Liebesschmerz tröstete,
soll sie mir raten, was sie, hätte sie meinen Kummer,
jetzt sagen würde.
Den, der mir von Herzen zugetan ist,
weise ich entschieden ab,
jedoch nicht aus maßlosem Haß,
sondern aus Rücksicht auf meine Ehre.

2.
Ich habe mein Leben bislang nicht so verbracht,
daß ich bisweilen
nicht glücklich gewesen wäre.
Die Worte eines lieben Mannes habe ich oft gehört,
eingelassen habe ich mich darauf nicht,
so Gott mich stets behüte.
Als ich ihm verbot zu reden,
da bat er nicht weiter.
Diesen lieben, guten Mann,
ich weiß nicht, wie ich ihn von mir abwenden kann.

3.
Als ich damals in meinem Zorn sagte,
er solle dieses Thema für immer,
bei seinem guten Wesen, meiden,
da sah er, wie ich es noch nie an einem Mann erlebt habe,
so kläglich aus,
daß es mich wirklich bewegte,
aber so sehr nun wieder nicht,
daß er einen Nutzen davon hat.
Mir ist es lieber, daß er seine Bitte vorträgt,
als daß er gar nichts sagt.

4.
Mir ist es lieb und zugleich herzlich leid,
daß er mich je sah
und ich ihn so gut kenne,
weil seine Mühe vergeblich bleiben muß,
so wunderbar er auch zu mir sprach.
Das bekümmert mich doch manchmal,
aber nicht etwa deshalb,
weil ich ihn lieben wollte.
Liebe ist ein so schwieriges Spiel,
daß ich es niemals zu beginnen wage.

5.
Von allen, die ich je hörte und sah,
hat nicht einer so schön
und bewegend über Frauen gesprochen.
Was will ich Lob? Gott lasse es ihm wohl ergehen.
Seine Redekunst soll
bei mir überhaupt nicht verfangen.
Ich muß hören, was er sagt.
Ach, was kann das jemand schaden,
da er weder mich
noch jemand anderen erobern kann?

~0~~0~~0~

 

   
Friedrich von Hausen
 
 


Dô ich von der guoten schiet
 


Daß ich von der Lieben fortging
 

1.
ꞋDô ich von der guoten schiet
und ich ir niht ensprach,
als mir waere liep,
des lîde ich ungemach.
Daz liez ich durch die valschen diet,
von der mir nie geschach
deheiner slahte liep,
wan der die helle brach,
der vüege in ungemach.Ꞌ

2.
Sie waenent hüeten mîn,
diu sî doch niht bestât,
und tuon ir nîden schîn;
daz wênic sî vervât.
Si möhten ê den Rîn
bekêren in den Pfât,
ê ich mich iemer sîn
getrôste, swie ez ergât,
der mir gedienet hât.

 

1.
ꞋDaß ich von der Lieben fortging
und nicht mit ihr redete,
wie es mir lieb gewesen wäre,
das bedrückt mich.
Ich ließ es wegen dieses falschen Volks,
das mir noch niemals
wohlgesonnen war.
Aber der, welcher die Hölle sprengte,
soll ihnen Schlimmes zufügen!Ꞌ

2.
Sie glauben, daß sie auf mich aufpassen,
die sich ihnen doch nicht entgegenstellt,
und sie zeigen ihren Neid,
was ihnen wenig nützt.
Sie könnten eher den Rhein
nach Italien umleiten,
als daß ich jemals auf ihn
verzichtete, was immer daraus werden mag,
der mir gedient hat.