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Buch 2
 
Gegen die Krittler
Der Rat der Ratten
Der Affe als Richter zwischen Wolf und..
Die beiden Stiere und der Frosch
Die Fledermaus und die beiden Wiesel
Der durch einen Pfeil verwundete Vogel
Die Hündin und ihre Freundin
Der Adler und der Käfer
Der Löwe und die Mücke
Der mit Schwämmen und der mit Salz..
Der Löwe und die Maus
Die Taube und die Ameise
Der Astrolog, der in einen Brunnen fiel
Der Hase und die Frösche
Der Hahn und der Fuchs
Der Rabe, der den Adler nachahmen wollte
Der Pfau, der sich bei Juno beklagte
Die in eine Frau verwandelte Katze
Der Löwe und der Esel auf der Jagd
Äsop als Testamentausleger

 

Fab.1
Gegen die Krittler

Gefiel's Kalliope, mir die Gaben zu verleihen,
die ihren Freunden sonst sie zur Verfügung stellt,
den Lügen des Äsop wollt' mein Talent ich weihen;
denn Lüg' und Poesie sind freundlich stets gesellt.
Mich wollte der Parnaß mit solcher Gunst nicht schmücken,
die diesen Dichtungen verliehe höhern Glanz.
Kühn ist es zwar, doch nicht unmöglich ganz —
ich wagte den Versuch, mag's Bessern besser glücken.
Ich ließ den Wolf in Menschensprache sprechen,
ließ auch das Lamm so antworten dem Frechen,
mehr noch: Es wandelten bei mir, wie ihr gelesen,
auch Bäum' und Pflanzen sich in sprachbegabte Wesen.
Wer möchte darin keinen Zauber sehen?

Die Krittler werden da wohl sagen:
»Ihr wißt, das muß man zugestehen,
mit Kindermärchen umzugehen.«
Wollt ihr Historisches? Würd' euch behagen
ein höh'rer Stil? So hört denn: Der Trojaner Heer
hatt' in zehnjähr'gem Kampf um ihrer Festung Türme
die Griechen mürb' gemacht, die trotz der Gegenwehr,
trotz aller Schlachten, aller Stürme
noch immer nicht zerstört die Stadt mit ihrer Pracht;
da barg ein hölzern Pferd – Minerva hat's erdacht.
Ein Kunstwerk neu und wundersam
in seinen Bauch den listigen Odysseus nahm,
den tapferen Diomed, des Ajax stürm'sche Kraft,
nebst ihrer ganzen Ritterschaft,
die heimlich der Koloß nach Troja sollte bringen,
um deren Heer und Götter zu bezwingen.
Die Kriegslist unerhört und wirkungsreich genug,
um der Erfinder Müh' zu lohnen ...

»Halt ein, halt ein«, so ruft jetzt ein Herr Überklug,
»der Satz ist gar zu lang, man muß den Atem schonen!
Und dann, dein hölzern Pferd zumeist
und deiner Helden wildes Ringen,
Geschichten sind's, die mir noch fremder klingen,
als wenn ein Fuchs des Raben Stimme preist.
Auch will der hohe Stil dich nicht besonders kleiden.«
Gut! Stimmen wir den Ton herab: In Liebesleiden
denkt Amaryllis an Alcipp, und ihre Pein
sehn, meint sie, ihre Schäflein und ihr Hund allein.
Tircis, der sie erblickt, bleibt hinterm Busche stehen
und hört die Schäferin zum linden Zephir flehen,
daß ihre Liebesklagen hold
er hin zum Liebsten tragen sollt' ...

»Halt! Diesen Reim laß' ich nicht gelten«,
ruft plötzlich mein Herr Mäkelbold,
»verfehlt muß seine Form ich schelten
und etwas dürftig an Gehalt.
Mit solchen Versen kann dir's nicht gelingen!«
Verdammter Krittler! Schweigst du bald?
Kann ich denn nichts zu Ende bringen?
Schlimm wär's, wollte so peinlichen
Urteilen sich der Dichter fügen.

Unselig sind die Kleinlichen:
Sie finden nirgends ein Genügen.


Fab.2
Der Rat der Ratten

Ein Kater namens Nagespeck
wütet' so grimmig unterm Volk der Ratten,
daß kaum mehr eine kam aus dem Versteck.
Gar viele sandte er hinab ins Reich der Schatten.
Der kleine Rest wagt sich, von Angst und Schrecken matt,
nicht aus dem Loch und ißt sich kaum zur Hälfte satt.

Als einstmals nun der Held auf fernem Dache war,
galanten Liebesdienst zu frönen,
da, während er sich stolz ergötzt mit seiner Schönen,
versammelt heimlich sich zum Rat der Ratten Schar,
was in der Not man wohl beginne!
Der Obmann rät sogleich mit klugem Sinne:
Das beste wäre, wenn es möglichst bald gelänge,
daß um des Katers Hals man eine Glocke hänge,
so daß, will auf die Jagd er ziehen,
man schon von fern ihn hört und Zeit hat zu entfliehen.

Daß dies das einz'ge Mittel sei,
pflichtete jedermann dem Obmann bei,
denn keiner wußte einen besseren Rettungsweg zu sagen.
Allein wie bindet man dem Nagespeck die Schelle um?
»Ich etwa«, spricht der eine, »ich bin nicht so dumm!«
Ein andrer: »Ich kann's nicht!« Ohne die Tat zu wagen,
trennte man sich. Versammlungen gar viel
sah ich, wie diese, ohne Zweck und Ziel,
nicht nur von Ratten, nein, von weisen Magistraten,
selbst von geschulten Diplomaten.

Handelt sich's um weisen Rat —
an Ratsherrn wird es nie gebrechen.
Doch gilt's entschlossne, frische Tat —
ja, Freund, dann ist kein Mensch zu sprechen!

Fab.3
Der Affe als Richter zwischen Wolf und Fuchs

Einst klagt' ein Wolf, man habe ihn beraubt,
und Nachbars Fuchs, bekannt für schlechten Lebenswandel,
klagt er des Diebstahls an, an den er selbst nicht glaubt.
Es führten vor des Affen Richterhaupt
in eigener Person die zwei Partei'n den Handel.
Seit Paviansgedenken saß man nicht
in so verzwicktem Falle zu Gericht.
Der arme Richter schwitzt auf seinem Stuhle;
doch durch ihr Schreien hin und her
mit Schwur und Gegenschwur sah er,
daß alle beide war'n aus übler Schule.
Er sprach: »Ich kenn' euch zwei viel besser, als ihr glaubt,
und straf' euch beide unverhohlen;
du jammerst, Wolf, obgleich dir niemand was geraubt,
du aber, Fuchs, du hast trotz alledem gestohlen.«

Der Richter meint', daß der kein falsches Urteil spricht,
der aufs Geratewohl verdammt den Bösewicht.

Fab.4
Die beiden Stiere und der Frosch

Zwei Stiere stritten einst um eine junge Kuh
sowie der Oberherrschaft wegen.
Ein armer Frosch seufzt laut dazu.
»Was geht's dich an?« hat da von den Kollegen
einer ihn fragend angequackt.
»Siehst du den nicht«, sprach jener drauf behende,
»des leid'gen Streites Ende?
Der eine muß hier fort. Vom anderen verjagt,
beraubt der Herrschaft und des Eigentums an diesen
fetten Weiden und ergieb'gen Wiesen,
wird er nach unsrem Schilf sein Reich verlegen und
jagt dann mit plumpen Tritten in des Wassers Grund
uns einen nach dem andern! Der Streit, der zwischen diesen beiden
um die Frau Kuh entbrannt' – wir müssen drunter leiden!«
Er hatte recht: Der eine Stier
barg sich in ihres Schilfes Grunde,
zu ihrem Leid! Das plumpe Tier
zertrat wohl zwanzig Frösche jede Stunde.

Ach ja! Man sieht es allezeit:
Der großen Torheit bringt den Kleinen Leid.


Fab.5
Die Fledermaus und die beiden Wiesel

Einst kam 'ne Fledermaus höchst unvorsicht'gerweise
in eines Wiesels Nest; kaum hat sie Zeit, sich zu besinnen,
als dieses Wiesel, längst sehr böse auf die Mäuse,
herbeeilt, um sie zu verschlingen.
»Wie«, sprach's zu ihr, »du wagst es zu erscheinen,
du, deren ganz Geschlecht nur Schaden tut dem meinen?!
Bist du nicht eine Maus? Wohl hab' ich dich erkannt;
du bist's, so wahr als ich ein Wiesel bin!«
»Verzeiht!« erwiderte die Störerin,
»das ist wahrhaftig nicht mein Stand.
Ich eine Maus? Das kann nur ein Verleumder sagen!
Ein Vogel bin ich unbedingt.
Sieh nur die Flügel, die mich tragen —
hoch leb', was in die Luft sich schwingt!«
Sie sprach so gut, daß man ihr glaubte
und daß das Wiesel ihr erlaubte,
frei fortzuflattern aus dem Nest.

Nicht lange drauf, da hing sie unbedacht
bei einem andern Wiesel fest,
das stets auf Vögel Jagd gemacht,
so daß zum zweitenmal nun in Gefahr sie schwebte.
Die lange Schnauze streckt der Hausherr lüstern vor,
der sie als Vogel sah und sich zum Fraß erkor;
doch sie verteidigt sich und spricht gar treu und bieder:
»Ein Vogel soll ich sein? Wie könnt ihr nur so schwatzen!
Was macht den Vogel? Das Gefieder!
Nein, ich bin Maus! Hoch leben alle Ratzen!
Der Teufel hole alle Katzen!«
So hat durch schlaues Antwortgeben
zweimal gerettet sie ihr Leben.

Manch Kluger macht's wie sie: Wenn die Gefahr ist nah,
schlägt er ein Schnippchen ihr, wechselt die Farb' ein wenig,
und je nachdem ruft er: »Hurra der Republik! Hurra dem König!«


Fab.6
Der durch einen Pfeil verwundete Vogel

Tödlich getroffen lag, den Federpfeil im Herzen,
ein Vogel und beklagt im Übermaß der Schmerzen
sein traurig Los: »Ist's nicht ein harter Schicksalsschluß,
daß man zum eigenen Leid die Waffen liefern muß?
Grausamer Mensch! Du nimmst aus unseren Schwingen
die Federn zu den Pfeilen, die Verderben bringen!
Doch spotte nicht, o Mensch, herzlos und ungerecht,
denn für ein ähnlich Los wie wir bist du geschaffen:
Die eine Hälft' von Japetus' Geschlecht
versorgt die andere stets mit Waffen.«

Fab.7
Die Hündin und ihre Freundin


Frau Hündin, nah dem Muttersegen
und ob der süßen Last in großer Wohnungsnot,
fleht eine Freundin an, die schließlich sich erbot,
die Hütte ihr zu leihn, die Last drin abzulegen.
Die gute Freundin kehrt nach ein'ger Zeit zurück;
die Hündin bittet sie um nur noch vierzehn Tage,
die Kleinen machten ihr grad mit dem Laufen Plage.
Die Bitte wird gewährt im Augenblick.
Auch diese Frist verstreicht; die Freundin kommt vom Lande —
ihr Haus und Bett erhält sie wieder nicht.
Die Hündin aber zeigt die Zähne ihr und spricht:
»Wir gehen, aber nur, wenn du hinaus
mich werfen kannst mit all den Meinen!«
Gar kräftig sind bereits die Kleinen.

Was du dem Schurken leihst, du mußt gestehn,
so schnell wirst du's gewiß nicht wiedersehn,
kaum kriegst du's wieder mit Gewalt;
er wird sich erst verklagen lassen.
Gib einen Finger ihm, und bald
wird deine ganze Hand er fassen.

Fab.8
Der Adler und der Käfer

Der Adler machte Jagd auf Meister Lampe,
der schnell auf eil'ger Flucht in seinen Bau sich rettet'.
Als Nachbar neben ihm im Loch ein Käfer saß.
Ob er dort sicher war gebettet
ist nicht gewiß. Genug, es duckt' der Hase sich hinein.
Auf das Versteck jedoch schoß flugs der Adler nieder.
Der Käfer legte Fürsprach' ein:
»O Fürst der Vögel, du mit mächtigem Gefieder,
ich weiß, ein leichtes ist dir Meister Lampes Mord;
doch tu mir das nicht an! Willst du Gehör mir geben,
schenk es im gnädig – oder töt auch mich sofort!
Er ist mein Nachbar, Freund gewesen.«
Der Vogel Jupiters erwidert ihm kein Wort;
er stößt ihn mit dem Flügel fort,
betäubt ihn, und ohn' Federlesen
schleppt er den Hasen weg. Der Käfer, wutempört,
fliegt zu des Adlers Nest; da er ihn dort nicht angetroffen,
sägt dessen Eier er entzwei, sein liebstes Hoffen —
kein einziges bleibt unzerstört.
Bei seiner Rückkehr schaut der Adler die Zerstörung;
zum Himmel schreit er laut und voll Empörung,
ahnt er doch nicht, an wem er rächen soll die Schmach!
Er stöhnt – in leerer Luft hallen die Klagen nach.
Ganz kinderlos lebt er dies Jahr und härmet sich.

Im nächsten Jahr baut er sein Nest an höherem Ort;
der Käfer merkt's, zerstört die Brut auch dort,
gerächt ward so des Hasen Sterben fürchterlich.
Die zweite Trauer war so groß, daß durch den Wald
sechs Monde lang ihr Echo schallt.
Der einst den Ganymed getragen,
dem Herrn der Götter naht mit Bitten er und Klagen,
und in den Schoß des Jupiter legt er die Eier jetzt:
Hier sind sie sicher keinem Angriff ausgesetzt!
Denn Jupiter schützt sie gewiß schon seinetwegen —
wer wagte es, hier Hand an sie zu legen?
Das kam auch keinem in den Sinn.

Der Käfer bald ein andres Mittel fand:
Er warf dem Gott ein wenig Schmutz auf das Gewand.
Abschütteln will's der Gott und – wirft die Eier hin.
Kaum hat das Unglück er erfahren,
da droht der Aar dem Jupiter: Sogleich
woll' in die Wüst' er gehen, verlassen Hof und Reich
und alle lauernden Gefahren —
und was noch mehr der Reden waren.
Stumm hört der arme Jupiter ihn an.
Vor seinem Richterstuhl erschien der Käfer dann,
erklärend ihm die ganze Sache.
Sein Unrecht machte man dem Adler schließlich klar;
doch da der beiden Haß ganz unversöhnlich war,
beschloß der Göttefürst, daß er' s  am besten mache
des Adlers Brutzeit auf den Winter zu verlegen,
in jene Zeit, wo das gesamte Volk der Käfer,
den Murmeltieren gleich, als feste Winterschläfer
verbirgt sich, ohne sich zu regen.

Fab.9
Der Löwe und die Mücke


»Du Insekt, der Erde Auswurf, willst du gleich dich scheren?«
rief einst der Leu in seiner Wut
der Mücke zu. Die hatt' den Mut,
sofort den Krieg ihm zu erklären.
»Meist du«, sprach sie zu ihm, »daß du der König bist,
soll mich mit Sorg' und Angst erfüllen?
Der Ochs, der noch weit stärker ist,
ich lenk' ihn doch nach meinem Willen!«
Dem Worte folgt sogleich die Tat:
Zum Angriff gibt sie selbst das Zeichen,
zugleich Trompeter und Soldat.
Erst sucht sie schlau ihm auszuweichen;
doch flink um seinen Hals dann schwirrt
sie, daß der Leu fast rasend wird.
Er schäumt, und Funken sprüht das Aug' des Recken;
er brüllt, und ringsumher erzittert Tal und Berg;
und dieser allgemeine Schrecken
ist einer kleinen Mücke Werk.
An hundert Stellen sucht das Mücklein ihn zu necken:
Bald sticht's am Rücken ihn, bald macht's ihm Pein
am Maul, bald kriecht's ihm in die Nase rein.
Des Löwen Wut erreicht den höchsten Gipfel;
der unsichtbare Feind, wie triumphiert er jetzt,
nicht Klaue oder Zahn, kurz, nicht der kleinste Zipfel
des schmerzgequälten Tiers ist heil und unverletzt!
Der arme Leu zerfleischt sich selbst, die Weichen
peitscht er mit mächt'gem Schweif und schlägt
sinnlos um sich. Dies Wüten ohnegleichen
erschöpft ihn so, daß er zum Sterben hin sich legt.
Ruhmreich kehrt das Insekt zurück aus diesem Kriege,
und wie zum Angriff erst, so bläst es jetzt zum Siege,
ihn überall verkündend. Da kommt's an einen Ort,
wo heimlich lauert eine Spinne;
es findet auch sein Ende dort.

Was uns die Fabel lehrt, fragst du mit klugem Sinne?
Zwei Dinge sind's: Zunächst, daß manches Mal
der kleinste Feind uns macht die größte Qual.
Und dann: Wer der Gefahren größte schon bestand,
oft in der kleinsten seinen Meister fand.

Fab.10
Der mit Schwämmen und der mit Salz beladene Esel

Ein Eseltreiber trieb durchs Land,
den Führerstab in stolzer Hand,
ein Rennerpaar mit langen Ohren.
Der eine, Schwämme trug er, lief wie ein Kurier,
dagegen schlich das andre Tier,
als wär' als Schnecke es geboren —
beladen war's mit Salz. Die Wandrer liefen
durch Berg und Tal, durch Höh'n und Tiefen,
bis an ein Wasser sie und eine Furt geraten,
die etwas schwierig zu durchwaten.
Der Treiber, der die Furt oft zu durchreiten pflegt,
besteigt den, der die Schwämme trägt,
und läßt voraus den andern wandeln.
Der will nach eignem Kopfe handeln,
stürzt in ein Loch, doch kommt heraus
bald wieder er und – nimmt Reißaus.
Denn kaum war er fünf Schritt geschwommen,
da war das ganze Salz pitschnaß;
es schmolz, und Langohr freut' sich,
daß die ganze Last ihm abgenommen.

Es nimmt der Schwämmeträger sich ein Beispiel dran,
wie man's bei Hammelherden sehen kann.
Ins Wasser taucht er, daß die Last ihn nicht mehr hemme,
sich selbst, den Reiter und die Schwämme.
Die Schwämme wurden bald so schwer,
von Wasser vollgesogen, daß im Fluß
angstvoll sich klammernd an sein Tier der Herr
sein jämmerliches Ende fürchten muß.
Da naht der Retter. Wer? Das tut hier nichts zur Sache.

Genug, wenn man erkennt: Es taugt nichts, daß durchaus
es einer wie der andre mache.
Und darauf wollte ich hinaus.

Fab.11
Der Löwe und die Maus

Man soll, so viel man kann, sich alle Welt verpflichten;
des Kleinern Beistand ist uns oft von großem Wert.
Für diese Wahrheit, durch zwei Fabeln wohlbewährt,
fehlt's an Beweisen uns mitnichten.

Zwischen des Löwen Tatzenpaar
lief einmal eine Maus – sie war ein Wildfang eben.
Der Tiere König zeigt als das sich, was er war:
In seiner Großmut schenkt der Kleinen er das Leben.
Die edle Tat bracht' ihm Gewinn.
Wem käm' es jemals in den Sinn,
daß eine Maus könnt' einem Löwen nützen?
Doch widerfuhr's ihm einst, da aus dem Wald er ging,
daß er in einem Netze sich verfing.
Sein Brüllen konnt' ihn nicht befreien und nicht schützen.
Da eilt die Maus herbei, zernagt mit Emsigkeit
die Maschen und hat Rettung ihm verschafft.

Bewirkt nicht oft Geduld und Zeit
viel mehr als wilde Wut und Kraft?


Fab.12
Die Taube und die Ameise

Das andre Beispiel, das ich hier
euch gebe, spricht von kleinrem Tier.

An einem Bach saß eine Taube einst und trank,
als eine Ameise beinah darin versank.
Verzweifelt sucht sie, diesem Ozean zu entkommen.
In unsrer Taube wird sofort das Mitleid wach:
Sie bricht ein Blättchen ab und wirft es in den Bach;
die Ameis' hat damit das Ufer bald erklommen
und ist gerettet. Bald danach
kommt ein barfüß'ger Kerl des Wegs gemach,
der eine Armbrust trägt. Es sieht der Tropf
die Taube schon gebraten gar in seinem Topf.
Schon hat die Armbrust er gespannt, hält sie am Kopf,
da sticht die Ameis' ihn am Fuß.
Der Kerl zuckt, wackelt mit dem Schopf;
die Taube merkt es und entflieht dem Schuß.
Der Schelm muß daran glauben:
So einfach kriegt man keine Tauben!

Fab.13
Der Astrolog, der in einen Brunnen fiel


Ein Astrolog fiel in den Brunnen einst.
Da sagten sie zu ihm: »Du armes Wesen,
siehst nicht, was dir zu Füßen ist, und meinst,
du könntest droben hoch am Himmel lesen!«

Wohl scheint der Fall, an sich betrachtet, angetan,
ein lehrreich Beispiel für die meisten abzugeben;
denn unter denen, die auf dieser Erde leben,
gibt's wenige, die nicht den Wahn
gehegt mit sträflichem Behagen,
das Buch des Schicksals sei uns aufgeschlagen.
Dies Buch – Homer schon sang des Fatums Ruhm -,
soll man es
'Zufall', wie das graue Altertum,
oder, wie wir, 'Vorsehung' nennen?
Nun, Zufall' heißt, daß wir die Gründe nicht erkennen;
denn kennten wir sie, nimmermehr
spräch' man von Zufall dann, von Glück und Ungefähr
und mehr so zweifelhaften Dingen.
Doch dessen Willen zu durchdringen,
der alles schuf und stets mit Weisheit alles tat,
wer kann es? Er allein. Wer sitzt in seinem Rat?
Schrieb er am Firmament der Sterne,
was grauer Zeiten Nacht verhüllt in Nebelferne?
Wozu? Als Übung für den Scharfsinn solcher, die
da schreiben über Erd- und Sphärenharmonie?
Daß unentrinnbarem Verhängnis wir entrönnen?
Um das Wohlgefühl des Glückes zu mißgönnen?
Vielleicht, daß durch vorweggenommenen Genuß
die Freude selbst sich kehrt in eklen Überdruß?
Dies glauben, Irrtum wär's, nein, Frevel sondergleichen!
In ew'ger Drohung gehen die Sterne ihren Lauf,
die Sonne geht uns täglich auf,
allnächtlich muß ihr Licht den Schatten weichen.
Doch folgt aus alledem für uns kein andrer Schluß,
als daß das Licht uns strahlt, - weil es uns strahlen muß.
Der Ernte Reifen wie der Gang der Jahreszeiten
erscheinen uns nur als Notwendigkeiten.
Wie reimt der Zufall, der in ew'gem Wechsel treibt,
sich mit des Weltalls Lauf, der ewig gleich sich bleibt?
Vermessne Schwindler, Astrologen,
die ihr Europas Fürsten oft betrogen,
hebt euch hinweg samt den Propheten dieser Zeit!
Betrüger sind sie all', wie ihr Betrüger seid.

Doch was ereifere ich mich? Zu unserem Sternengucker
kehr lieber ich zurück, dem armen Wasserschlucker.
In seiner Torheit jagt er nach Chimären
und ist imstande nicht, der wahren Not zu wehren.

Fab.14
Der Hase und die Frösche

Ein Hase ruht' in wachem Traum –
träumend in halbem Schlummer –
vor Langeweile wußt' er sich zu retten kaum;
er ist ein armes Tier und ew'ge Furcht sein Kummer.
»So ein furchtsam' Wesen«, hob er an,
»ist wahrlich doch recht übel dran!
Kaum wagt zu essen man mit Lust 'nen guten Bissen!
Kein reines Glück! Das Schicksal, das mich traf,
ist hart: Von steter Angst gehetzt und fortgerissen,
gönn' ich mir nur mit offnem Aug' das bißchen Schlaf!
>Sei nicht so dumm!< ruft mir ein weises Haupt entgegen.
Ja kann man denn die Furcht ablegen?
Die Menschen haben sicherlich
auch Furcht genau wie ich.«

So sprach der Has' und später eben
nach allen Seiten wachsam hin.
Es war so ängstlich ihm zu Sinn,
ein Lüftchen ließ ihn, ja, ein Schatten schon erbeben.
Da, während durch sein trübes Haupt
so düstere Gedanken ziehn,
hört er ein leis' Geräusch, und schneller, als man glaubt,
sieht man dem Lager ihn entfliehn.
An eines Teiches Rand kommt er auf seinem Pfad –
es stürzt der Frösche Schar vor ihm sich in die Wellen.
Sie bergen sich mit Hast vor ihm an sichren Stellen.
»Da«, spricht er, »wie man mir sonst tat,
tu' ich jetzt anderen? Ich merke,
man fürchtet sich vor mir! Sie fliehn, weil ich genaht!
Woher hab ich nur diese Stärke?
Die Angst vor mir, sie führt mich zu dem Schluß:
Auch ich kann hoffen, noch ein Held zu werden!

Da seh' ich nun: Der größte Hasenfuß auf Erden,
er findet immer noch 'nen größern Hasenfuß.«

Fab.15
Der Hahn und der Fuchs


Auf einem Aste saß, die Hühner zu bewachen,
ein alter, sehr gewitzter Hahn.
»O Bruder«, sprach der Fuchs, mit Sanftmut angetan,
»laß heut uns endlich Frieden machen,
kein Streit sei zwischen uns fortan!
Ich bring' die Botschaft dir. Komm, laß dich küssen,
doch bitte, schnell; denn du mußt wissen,
ich hab die Nachricht vielen noch zu bringen.
Du kannst getrost herab dich schwingen;
ihr alle lebt nun sorgenfrei,
denn fortan stehn wir uns als Brüder bei.
So soll es sein von heute ab;
du aber komm jetzt schnell herab,
daß wir den Bruderkuß uns geben.«

»Freund«, sagte darauf der Hahn, »mit größerem Genuß
hab' eine Botschaft ich noch nie gehört im Leben
als eben den Friedensschluß;
und daß sie grad aus deinem Munde
mir kommt, freut doppelt mich. Wie eben ich erblickt',
nahn, auch als Boten abgeschickt
zu gleichem Zwecke, dort zwei Hunde,
Windspiele sind's – wart nur, sie sind gleich hier am Ort,
ich komm' herunter, und wir küssen uns sofort.«
»So?« sprach der Fuchs. »Noch weiten Weg zu machen
hab' ich. Auf Wiedersehn! Und, hast du nicht gesehn,
reißt aus der Strolch – er möchte vergehn
vor Wut, daß seine List mißlungen
mit unserem Hahn, dem schlauen Jungen.
Der aber lacht mit schallendem Vergnügen:
Denn doppelt macht es Spaß, Betrüger zu betrügen.

Fab.16
Der Rabe, der den Adler nachahmen wollte

Der Vogel Jupiters hatt' einst ein Lamm geraubt.
Ein Rabe, der's mitangesehen,
zwar schwächer als der Aar, doch gleich gefräßig, glaubt:
»Das kann ich auch! Es wird schon gehen.«
Und wie die Herde er umkreist,
hat unter Hunderten er eins, recht drall und feist,
ein Opferlamm, sich auserkoren –
es war zur Speise für die Götter schon bestimmt.
Der Rabe spricht, indem er fest aufs Korn es nimmt:
»Zwar weiß ich nicht, wer dich geboren,
jedoch dein Leib scheint sehr erfreulich mir;
du sollst ein leckres Mahl mir geben!«
Zum Unglück wog das Schaf nun eben
mehr, als ein Käse wiegt; sein Fell war außerdem
von einer ganz besondern Dichte,
fast so gekräuselt wie der Bart, den Polyphem
einst trug im Riesenangesichte.
Der Rabe sitzt mit seinen Krallen fest
in diesen Locken, die an Flucht ihn hindern,
so daß, wie nun der Herr kommt, er sich fangen läßt –
als Spielzeug dient er dann des Schäfers Kindern.

Merkt: Wer sich überschätzt, kommt leicht in Not und Trauer.
Manch kleiner Dieb wär' wohl ein großer Räuber gern,
gefährlich aber ist ein solch Verlangen:
Die Menschenfresser sind nicht immer große Herrn;
wo sich die Wespe Bahn bricht, bleibt die Mücke hangen.

Fab.17
Der Pfau, der sich bei Juno beklagte

Vor Juno klagte einst der Pfau.
»Nicht ohne Grund«, sprach er, »du hehre Götterfrau,
ist wohl mein Murren und mein Klagen!
Mein Sang, ich weiß es ganz genau,
will keinem in der Welt behagen,
indes der Nachtigall um ihr entzückend Schlagen
man nachrühmt, diesem jämmerlichen Tier;
sie sei des Lenzes Wonn' und Zier.«
Die Göttin drauf mit Zornesgrollen:
»Neidvogel du! Du hättest schweigen sollen!
Darfst du die Nachtigall beneiden, weil sie schlägt?
Du, der um seinen Hals den Regenbogen trägt,
in buntem Farbenglanz und seidengleich gestaltet,
der, wenn er stolz sein Rad entfaltet,
ein reich Gefieder zeigt von solcher Strahlenpracht,
als währen es tausend Edelsteine!
Wes Vogels Anblick ist gemacht,
so zu gefallen wie der deine?
Nicht jegliches Geschöpf hat jeden Vorzug; nein,
wir teilten unter euch die Gaben weise ein:
Den einen wurde Größ' und mächt'ge Kraft zuteil,
der Aar ist mutig, schnell der Falk, gleich einem Pfeil,
der Rabe kündet, was zum Heil,
die Krähe Unglück an; und alle, glaube mir,
begnügen sich mit ihrem Teil.
Drum klage fürder nicht, sonst nehm' ich dir
zur Strafe auch der Federn Schmuck in Eil'!«

Fab.18
Die in eine Frau verwandelte Katze

Es war ein Mann vernarrt einst in sein Kätzchen,
er fand es niedlich, schön, nannt' es Schätzchen,
miauend, ach, so wundervoll –
kurz, er war toller noch als toll.
Und dieser Mann, durch Tränen und Gebete,
in denen er zum Himmel flehte,
durch Zauberei und Hexenkunst
erreichte durch der Götter Gunst,
daß in ein Mädchen sein Kätzchen
verwandelt wurde; der verliebte Tor
liebt sie nun als sein echtes Schätzchen
noch rasender als je zuvor.
Nie hat das zärtlichste der Täubchen
den Lieblingstauber so gehegt,
wie dieses neugebackne Weibchen
ihren verschrob'nen Gatten pflegt.
Wie er sie kost! Wie sie ihm schmeichelt!
Wie er ihr Wang' und Busen streichelt!
So daß zuletzt er ganz und gar
vergißt, daß sie – 'ne Katze war.
Bis eine Maus das Eheglück dann stört.
Die Frau springt auf, sobald sie's nagen hört.
Zuerst ist noch vergeblich ihre Jagd,
doch lauert sie, sowie das Mäuschen nagt,
und dieses Mal erwischt sie's bald;
zu nah heran hat sich's gewagt,
weil es nichts fürchtete von der Gestalt.
Nur äußerlich hat sie sich von dem Tier entfernt,
die Jagdlust hat sie nicht verlernt.

So stark wird die Natur sich immer zeigen.
In reifern Jahren trotzt sie jeglichem Versuch:
Ist erst der Ton durchtränkt, hat Falten erst ein Tuch,
dann, glaubt es mir, ist jede Müh' vergebens
der Umgestaltung ganz und gar;
trotz aller Arbeit, allen Strebens
wird's immer wieder, wie es war.
Such sie mit Prügeln auszutreiben –
die Natur wird stets so bleiben,
wie sie mal ist; und nähmst du
den größten Stock – es wird dir nicht gelingen.
Schlag vor der Nas' die Tür ihr zu,
sie wird zurück durchs Fenster dringen.

Fab.19
Der Löwe und der Esel auf der Jagd


Als sein Geburtstag kam, wollte der Fürst der Tiere
behaglich pirschen in dem Waldreviere.
Des Löwen Wildbret sind nicht Spatzen, nein,
das muß 'ne fette Sau, ein feistes Damwild sein.
Um möglichst bald zum Ziel zu kommen,
hat er den Esel mitgenommen,
des Stentorstimme, laut und voll,
der Majestät als Waldhorn dienen soll.
Der Löwe sagt, verdeckt von Busch und Blättern:
»Nun los mit dem Iah!« Er weiß genau:
Das scheucht die Mutigsten heraus aus ihrem Bau;
denn ungewohnt ist dieser Stimme Schmettern,
so ohr- und herzzerreißend laut.
Die Luft erdröhnte von dem fürchterlichen Schalle,
vor dessen Ungestüm des Walds Bewohnern graut;
sie fliehn, und blindlings gehen sie in die Falle;
der Löwe hat sie alle umgebracht.
»Heut hab' ich doch mein Meisterstück gemacht?«
der Esel spricht, als wäre er der Held der Jagd gewesen.
Der Löwe drauf, »geschrien hast du wirklich laut;
und kennt' ich dich nicht nach Gestalt und Wesen,
mir selber hätte es vor dir gegraut!«
Der Esel möchte schier vor Zorn erbeben,
da man ihn so mit Spott bezahlt'.

Unleidlich ist ein Esel, der da prahlt –
das ist ihm nun mal nicht gegeben.

Fab.20
Äsop als Testamentausleger

Äsop, wenn nicht die Sage lügt,
war das Orakel aller Griechen;
vor seiner Weisheit mußte sich verkriechen
der hohe Rat. Und als Beweis genügt
vielleicht ein hübsches Anekdötchen,
das euch zum Spaß erzählt hier sei.

Ein Vater hatte einst drei Mädchen,
ganz grundverschieden alle drei:
Die eine liebt den Trunk, von leichter Sitte
die andre war, und geizig war die dritte.
Im Testament macht' nun genau
zu gleichem Teil, nach dem Gesetze,
der Vater alle drei zu Erben seiner Schätze;
und gleich viel schenkt er seiner Frau,
doch zahlbar erst, wenn seine Töchter nimmer
besitzen würden ihre Erbanteile.

Der Vater stirbt, die Frauenzimmer
öffnen das Testament in allergrößter Eile.
Man liest es, man beginnt zu fragen,
was der Verstorbene gewollt.
Umsonst – kein Mensch vermag zu sagen,
wie's jede Tochter machen sollt',
daß, wenn ihr Erbteil sie nicht mehr ihr eigen nennte,
sie ihre Mutter zahlen könnte?
Denn jeder weiß, es ist recht schwer
zu zahlen, wenn der Beutel leer.
Wie soll der Worte Sinn man deuten?
Die Sache kommt zum Spruch. Die Rechtsgelehrten all'
erörtern diesen schwier'gen Fall
und drehen ihn nach allen Seiten;
zuletzt gestehn sie, daß zu Ende ihr Latein,
und raten, ohne weitres Streiten
das Gut zu teilen und – der Rest sollt' Schweigen sein.
Und in betreff des Witwengutes
erkennet das Gericht, kund und zu wissen tut es:
Ein Drittel soll als Pflicht für jede von den drei'n,
doch nach Belieben zahlbar sein,
falls eine Rente nicht der Mutter mehr zu Sinne,
die mit des Sel'gen Tod beginne.

Gesagt, getan. Man macht drei Teile, gleich
an Wert. Der erst' enthält die Flaschenkeller
mit Malvasier und Muskateller,
Trinkgeschirr von Kristall, mit Gold und Silber reich
geschmückt, kunstvoll verzierte Schänken,
Becher und Kannen – kurz, was im Bereich
der Schlemmerei man mag erdenken;
der zweite Teil ist alles das, worauf den Sinn zu lenken
ein eitles Weibsbild pflegt: ein Haus, voll Pracht
mit Sklaven beiderlei Geschlechtes,
und nur ganz echtes
an Schmuck und üpp'ger Kleidertracht;
der dritten Wirtschaftsgut, Landhäuser, Feld und Heide,
die Herden all' nebst Trift und Weide
und Mensch und Vieh im Arbeitsjoch.
Und nun – damit sich's nicht so  treffen  sollte,
daß keine von den Schwestern doch
bekäm', was sie gern haben wollte –
nähme eine jede sich, was ihren Sinn ergötzt,
nachdem's die Richter abgeschätzt.

Dies also hat sich zugetragen
einst in Athen; und groß und klein,
sie stimmten alle überein,
Teilung und Wahl sei recht und gut.
Äsop allein fand, trotz aller Müh' und Plagen
enthalte des Gerichts Sentenz
das Gegenteil des Testaments.
»Wenn der Verstorbene noch am Leben wäre«,
sprach er, »wie würd' ihn tadeln alle Welt!
Und dieses Volk, erpicht auf Ehre,
das selber sich für das gescheit'ste hält,
konnt' also mißverstehn des Sel'gen letzten Willen!«
Sprach's und begann die Teilung noch einmal
und gab nun jeder, zu erfüllen
des Toten Wunsch, 'nen Teil just gegen ihre Wahl.
Nichts teilt' er von den Gütern allen
der Schwester zu, der's mocht' gefallen:
Das närrisch eitle Ding bekam,
was Schlemmern nur kann Freude machen;
die Schwelgerin den Wirtschaftskram,
der Geizhals all die prächt'gen Sachen.
Dem weisen Phrygier leuchtet es ein:
Damit die saubern Jungfräulein
sich ihres Erbteils schnell entled'gen,
möchte' dies das beste Mittel sein.
Hätten sie nur erst Geld, dann würde sie entschäd'gen
gar bald ein braver Eh'gemahl;
kriegt so die Mutter bald ihr Kapital,
und keine hätte, was der Vater hinterlassen –
ganz, wie's das Testament befahl.
Das Volk vermochte kaum den Spruch zu fassen:
Ein einz'ger konnte ganz allein
so viel gescheiter als die Mehrheit sein.