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Erster Dienst 1
 

Prolog
 

1.
Den guoten wîben sî genigen
von mir, swie sî mich doch verzigen
nâch dienest ofte ir lônes hânt.
her, waz si tugent doch begânt!
der werlde heil gar an in stât.
ich wæn, got niht sô goutes hât
als ein guot wîp: daz ist alsô:
des stât ir lop von schulde hô.

2.
Man muoz mirs jehen, wan ez ist wâr,
daz wîbes güete niemen gar
volloben an ein ende mac.
ir lop sich breitet als der tac.
wâ endet sich der sunne schîn?
swer mir daz ûf die triwe sîn
kan gesagen, dem muoz ich jehen,
daz er vil verre hab gesehen.

3.
Ir schîn durchliuhtet elliu lant:
dâ von ist mir vil unbekant
ir schînes sprunc, ir schînes ort.
sich endent sanfter elliu wort,
und swindent lîchter elliu jâr,
ê daz der wîbe güete gar
und ouch ir hôhe werdekeit
mit worten werde gar volseit.

4.
Wie sol man des vol zẹ ende komen,
des ende nimmer wirt vernomen
und daz für wâr niht endes hât?
alsô diu werlt nu gar zergât,
dannoch ist der wîbe brîs
ze himel und in paradis;
dâ von mîn sin und mîn gedanc
in lop ze sprechen ist ze kranc.

5.
Wîp sint reine, wîp sint guot,
wîp sint schœne und wol gemuot,
wîp sint guot für senediu leit,
wîp die füegent werdecheit,
wîp die machent werden man.
wol im, der daz verdienen kan,
daz sî im bietent vriundes gruoz!
dem wirt vil maniger sorgen puoz.

6.
Wîp sint hôher sælden rîch,
den engeln nie niht sô gelîch
wart alsam ir schœner lîp.
ein tugentriche reine wîp,
diu sich vor wandel hât behuot,
diu hât für wâr wol engels muot:
ir lîp hât ouch wol engels schîn:
daz nim ich ûf die triwe mîn.

7.
Nâch disem lob sô heb ich an
ein mære als ich beste kan.
in gotes namen ich ez hebe
und wünsche des, daz er iu gebe
gegen mir sô zühterichen muot,
daz ez iuch alle dunke guot.
sô wirt mîn arbeit nicht verlorn.
ich hab daz liegen dran versworn.


 
1.
Die edlen Frauen seien gepriesen
von mir, obwohl sie mir doch oft
den Lohn versagten für den Dienst.
Mein Gott, wie großartig sie sind!
An ihnen hängt das Glück der Welt.
Ich glaub, nichts Herrlicher's schuf Gott
als eine edle Frau: So ist's,
man preist zurecht sie derart hoch.

2.
Man soll mir glauben, es ist wahr,
daß niemand je vollkommen kann
die Frauen preisen auf der Welt.
Ihr Preis ist heller als der Tag —
wo endet denn der Sonne Glanz?
Wer mir das wirklich sagen kann
auf seine Treu, dem muß ich sagen,
daß er wohl weit gesehen hat.

3.
Ihr Glanz die Lande überstrahlt,
es ist mir jedoch nicht bekannt
des Glanzes Ursprung und sein End'.
Die Worte enden eher noch
und leichter alle Jahr vergeh'n,
eh daß der Frauen Güte gar
und auch der Frau'n Vortrefflichkeit
mit Worten man ganz fassen könnt.

4.
Wie soll man das zu Ende bringen,
da dessen Ende niemand weiß,
was wahrhaft doch kein Ende hat?
Denn wenn einmal die Welt vergeht,
dann bleibt doch noch der Frauen Ruhm
im Himmel und im Paradies,
ich hab nicht Sinne noch Verstand,
den Preis zu sprechen für die Frau'n.

5.
Die Frau'n sind edel und vortrefflich
und sie sind schön und wohlgemut,
auch tilgen sie das Sehnsuchtsleid
und geben große Würde uns,
sie geben einenm Mann erst Wert.
Wohl dem, der das verdienen kann,
daß sie ihm bieten ihren Gruß,
das tilgt dann alle Sorgen ihm.

6.
Sie geben größtes Glücksgefühl,
den Engeln war nie wer so gleich
wie eine wunderschöne Frau;
denn eine tugendreiche Frau,
die edlen Lebenswandel führt,
die lebt wohl nach der Engel Art,
ihr Ausseh'n hat der Engel Glanz:
Das sag ich euch auf meine Treu.

7.
Nach diesem Preis beginne ich
jetzt die Erzählung wie ich's kann,
ich fang in Gottes Namen an
und wünsche sehr, daß er euch geb
für mich den rechten höf'schen Sinn,
daß ihr das alles von mir schätzt.
So ist die Mühe nicht verlor'n
und jedes Lügen liegt mir fern.


 

Liedtexte:
©Wieser Verlag 2000 Ulrich von Liechtenstein "Frauendienst"
Aus dem Mittelhochdeutschen ins Neuhochdeutsche übertragen von ©Franz Viktor Spechtler.
mhd. Text ©bibliotheca Augustana