Die Zauberin
O Fotis! lebe wohl, ich sterbe,
Mein Schatz ist dieses Zauberbuch,
Das ist mein Gut, du bist der Erbe,
Du bist es ohne Widerspruch.
Nimm es und lies: die Welt wird zittern,
Der Abgrund fliehn, der Himmel wittern,
Sprach Pamphile, die Zauberin,
Zu ihrer Magd, und fuhr dahin.
Die Fotis nahm die Zauberschriften,
Und ward dadurch bald fürchterlich,
Sie rief die Leichen aus den Grüften,
Sie trieb die Ströme hinter sich,
Durch ihren Spruch versetzte sie Berge,
Macht Steine aus Volk, aus Riesen Zwerge;
Thessalien sang ohne Scheu,
Daß Fotis eine Göttin sei.
Der Ruf erhebt sie zur Sybille,
Man glaubt, vor ihr sei nichts versteckt,
Der Menschen Tun, der Götter Wille,
Sei vor ihr klar und aufgedeckt.
Vom Nil und Ganges, von den Meeren
Kommt Volk, der Fotis Spruch zu hören,
Der Stuhl, darauf die Weise sprach,
Gab Delphens Dreifuß wenig nach.
Was ganze Völker göttlich nannten,
Schien einem einzigen Schäfer nichts,
Olint, den sieben Herden kannten,
Hielt es für Blendwerk des Gesichts.
Verwegner Schäfer! bleib in Schranken,
Die Fotis straft auch die Gedanken,
Die ihrer Ehre schädlich sind,
Schlägst du der Zauberin Zorn in den Wind?
Umsonst, Olint ist nicht zu zwingen,
Der Fotis Langmut macht ihn kühn;
Er will sie um die Ehre bringen,
Und es gelingt ihm sein Bemühn.
Es sei nun ein betrübtes Geschicke,
Es sei, daß dieses Schäfers Tücke
In Fotis Buch vergessen war,
Die Kunst ward endlich offenbar.
Dort, wo in Tempels Lustgehölzen
Zwölf Bäche sich in gleicher Eil
Von Pelions Gebirgen wälzen,
Entdeckt sich einer Höhle Teil,
Die Felsen stützen sie wie Mauern,
Sie war des klügsten der Zentauren,
Des weisen Chirons Aufenthalt
Und viele Olympiaden alt.
Hier lag und schlief in dunkler Stille
Die allzu sichere Zauberin,
Ihr Buch, das Leibbuch der Sybille,
Warf sie unachtsam bei sich hin.
Sie schläft, Olint wacht ihr zum Schaden,
Kommt im Gesicht der Oreaden,
Durchsucht der Fotis ödes Haus,
Und holt das Zauberbuch heraus.
Es sammeln sich der Hirten Töchter
Aus Neugier alle um den Olint,
Und dieser zeigt mit Hohngelächter,
Wie eitel Fotis Künste sind.
Man machte mit dem Zauberbuche
Sofort selbst allerlei Versuche,
Und fand, daß es teils Gaukelei,
Teils Wirkung der Naturkunst sei.
Die Wahrheit besser zu erkunden,
Wird Fotis endlich selbst besucht,
Man sieht sie die Hände winden,
Man hört, daß sie dem Glücke flucht.
Man lacht, und sie beschwört die Götter
Umsonst zu Tilgung ihrer Spötter,
Sie ward der Kinder Zeitvertreib,
Ein Spott des Volks, ein schwaches Weib.
* * *
Dies sag ich allen kleinen Geistern:
Auch ihr sucht durch gelehrten Dunst
Der Welt die Augen zu verkleistern,
Als wärt ihr Zauberer in der Kunst.
Exzerpt, Lexika, Register,
Die Konkordanz bei manchem Priester,
Das ist der Quell des großen Lichts,
Nimmt man auch die, so könnt ihr nichts.
Die seltsamen Menschen
Ein Mann, der in der Welt sich trefflich umgesehn,
Kam endlich heim von seiner Reise.
Die Freunde liefen scharenweise,
Und grüßten ihren Freund; so pflegt es zu geschehn.
Da hieß es allemal: Uns freut von ganzer Seele
Dich hier zu sehn, und nun: Erzähle!
Was ward da nicht erzählt? Hört, sprach er einst, ihr wißt,
Wie weit von unsrer Stadt zu den Huronen ist,
Elfhundert Meilen hinter ihnen
Sind Menschen, die mir seltsam schienen
Sie sitzen oft bis in die Nacht,
Beisammen fest auf einer Stelle,
Und denken nicht an Gott und Hölle.
Da wird kein Tisch gedeckt, kein Mund wird naß gemacht,
Es könnten um sie her die Donnerkeile blitzen,
Zwei Heer' im Kampfe stehn; sollt auch der Himmel schon
Mit Krachen seinen Einfall drohn,
Sie blieben ungestöret sitzen.
Denn sie sind taub und stumm, doch läßt sich dann und wann
Ein halbgebrochner Laut aus ihrem Munde hören,
Der nicht zusammen hängt, und wenig sagen kann,
Ob sie die Augen schon darüber oft verkehren.
Man sah mich oft erstaunt zu ihrer Seite stehen,
Denn wenn dergleichen Ding geschieht,
So pflegt man öfters hinzugehen,
Daß man die Leute sitzen sieht.
Glaubt, Brüder! daß mir nie die gräßlichen Gebärden
Aus dem Gemüte kommen werden,
Die ich an ihnen sah; Verzweiflung, Raserei,
Boshafte Freud' und Angst dabei,
Die wechselten in den Gesichtern.
Sie schienen mir, das schwör' ich euch,
An Wut den Furien, an Ernst den Höllenrichtern,
An Angst den Missetätern gleich.
Allein, was ist der Zweck? so fragten hier die Freunde,
Vielleicht besorgen sie die Wohlfahrt der Gemeinde?
Ach nein! So suchen sie der Weisen Stein? Ihr irrt.
So wollen sie vielleicht des Zirkels Viereck finden?
Nein! So bereun sie alte Sünden?
Das ist es alles nicht. So sind sie gar verwirret,
Wenn sie nicht hören, reden fühlen,
Noch sehn, was tun sie denn? — Sie spielen.
Das Krokodil und
das Meerpferd
Die Bosheit herrscht auf diesem Runde,
In Wassern wie auf trocknen Grunde,
Was Berg und Tal und Wald beklagt,
Das geht im Fluß und Meer nicht besser,
Man sieht die Kinder der Gewässer
Gedrückt, verfolgt und wohlgeplagt.
Es stieg aus den verborgnen Tiefen
Manch Ungeheuer in die Höh
Es naht der Erde, Riesen liefen,
Es wich, und es erschrak die See.
Die Ufer wissen nebst den Höhlen
Von ihrem Grimme zu erzählen,
Des aufgesperrten Rachen Kluft
Ist so der Fische als Menschen Gruft.
Zu seinem Ruhm, der Welt zur Plage
Erschuf der Älteste der Tage
Das ungeheure Krokodil,
Des Meeres Furcht, der Erde Schrecken,
Den feste Panzerschuppen decken,
Den Wüterich in dem breiten Nil.
Einst lag das Untier an dem Strande
Des Stroms gestreckt, und dörrte sich
Den feuchten Ranzen säuberlich
In der Ägypter tiefen Sande.
Ein armes Kind, das noch nicht viel
Von diesem Ungeheuer wußte,
Und sich dem Flusse nähern mußte,
Kam aus Versehen zum Krokodil.
Sofort war dieses auf den Beinen,
Und biß ihm das Genick entzwei.
Doch, glaubt ihr, daß es möglich sei?
Das Krokodil fing an zu weinen.
Ein Meerpferd, daß seit langer Zeit
Entfernt von aller Eitelkeit
In seiner Höhle ruhig lebte,
Und sich der Einsamkeit bestrebte,
Kam gleich dazu, und sah mit Lust,
Wie dieser Mörder sich betrübte.
Ach, dieses habe ich längst gewußt,
Daß dich der Himmel dennoch liebte,
Hub dieser Meerapostel an.
Bedaure du nur dein Verbrechen,
Und weine ferner Tag und Nacht,
Daß du dies Kindlein umgebracht,
So wird die Vorsicht es nicht rächen.
Da wäre ich so ein Tor wie du,
Schrie ihm der Neubekehrte zu,
Erspare künftig deine Lehren,
Der Junge macht mich noch nicht satt,
Weil er kein Fleisch am Kopfe hat,
Das ist die Ursach meiner Zähren.
* * *
Ihr frommen Seelen, traut des Heuchlers Tränen nicht,
Denn was er mit dem Munde spricht,
Das leugnet er in seinem Herzen,
Sein Auge weint, und die Gedanken scherzen.
Der kleine Töffel
In einem großen Dorf, das an die Mulde stieß,
Starb Grolms, ein Bauersmann. Die Witwe freite wieder,
Und kam mit einem Knaben nieder,
Den man den kleinen Töffel hieß.
Sechs Sommer sind vorbei, als es im Dorfe brannte,
Der Knabe war damals gerade sechzehn Jahr,
Da man, wiewohl er schon ein großer Junge war,
Ihn noch den kleinen Töffel nannte.
Nunmehr drosch Töffel auch mit in der Scheune Korn,
Fuhr selber in das Holz; da trat er einen Dorn
Sich in den linken Fuß; man hörte von den Bauern
Den kleinen Töffel sehr bedauern.
Zuletzt verdroß es ihn, und als zur Kirchmesszeit
Des Schulzen Hadrian, ein Zimmermannsgeselle,
Ihn, kleiner Töffel hieß, hatte er die Dreistigkeit,
Und gab ihm eine derbe Schelle.
Die Rache kam ihm zwar ein neuer Schock zu stehn,
Denn Schulzens Hadrian ging klagen,
Und durch das ganze Dorf hört man die Rede gehen,
Der kleine Töffel hat den Hadrian geschlagen.
O, das tat dem Töffel weh, und er beschloß bei sich
Sich in die Fremde zu begeben.
Was? sprach er, kann ich nicht ein Jahr wo anders leben?
Inzwischen ändert sich's, und man verkennet mich.
Gleich ging er hin, und ward ein Reiter.
Das höret Nachbars Hans, die Sage geht weiter,
Und man erzählt von Haus zu Haus,
Der kleine Töffel geht nach Böhmen mit hinaus.
Der Töffel will vor Wut ersticken.
Indessen kriegt der Sachsen Heer
Befehl, in Böhmen einzurücken.
Nunmehr ist Töffel fort, man spricht von ihm nicht mehr.
Die Sachsen dringen ein, gehen bis nach Mähren hinter,
Und Töffel geht mit. Es geht ein ganzer Winter,
Ein halber Sommer hin, und man senkt den Weinstock ein,
Als man den Ruf vernimmt: Es sollte Frieden sein.
Da meint nun unser Held, daß man die Kinderpossen,
Die ihn vordem so oft verdrossen,
Vorlängst schon ausgeschwitzt. Er wirkt sich Urlaub aus,
Und sucht seines Vaters Haus.
Er hörte schon den Klang der der nahen Bauernkühe;
Ein altes Mütterchen, das an den Zäunen kroch,
Ersah ihn ungefähr, und schrie:
Je kleiner Töffel! lebt ihr noch?
* * *
Das Vorurteil der Landesleute
Verändert nicht der Örter Weite,
Tilgt weder Ehre, Zeit noch Glück.
Reist, geht zur See, kommt alt zurück,
Der Eindruck siegt, da hilft kein Sträuben,
Ihr müßt der kleine Töffel bleiben.
Das Diebsgeschlecht
Ein Mitglied von der finstern Bande,
Die grober Pöbel Diebe nennt,
Erzählte seiner Braut von seinem hohen Stande,
Denn, sprach er, es ist Zeit, daß ihr die Freundschaft
kennt.
Mein Vater hub er an, ein Engel im Vergiften,
Schwang sich durch seine Kunst aufs Rad,
Mein teurer Großpapa, der lauter Wunder tat,
Herrscht, seit ich jung ward, in den Lüften,
Und meiner Mutter Ruhm ist aller Welt bekannt,
Man hat an ihrem Todestage
Auf zwanzig Klaftern Holz verbrannt.
Erlaubt mir, sprach die Braut, daß ich auch gleichfalls
sage,
Wer meine lieben Eltern sind.
Ich bin nur eines Kaufmanns Kind,
Er reichte freilich nicht an eures Hauses Helden;
Zwar hat er, ohne Ruhm zu melden,
Auf zwölf Familien zu Bettelvolk gemacht,
Und noch den Ruhm ins Grab gebracht,
Daß er ein halbes Land betrogen.
Sein Vater war ein Advokat,
Die Pest und Geißel seiner Stadt,
Der ganze Dörfer ausgesogen,
Und seine Frau hielt wirtlich Haus,
Und lieh auf Zins und Pfänder aus,
Und ließ vom Taler sich in ihrem ganzen Leben
Die Woche nur neun Pfennig geben:
Doch dieses muß ich euch gestehn,
Daß diese Leute nicht an jene Väter reichen,
Die eures Stammbaums Glanz erhöhn,
Nein! an Geburt muß ich euch weichen.
Vergebt mir, sprach der Bräutigam,
Was fehlet eurer Eltern Stamm?
Ihr müsset das Verdienst mit dem Lohn vermengen,
Sie waren alle wert zu hängen.
Der Fuchs und der Adler
Es lebt aus Reinekens Geschlechte
Ein jung und eitler Abkömmling,
Der oft mit mehrerm Glück als Rechte
Der schnellen Hunde Spur entging.
Da lag er nun vor seinem Loche
Und lachte bei sich der Gefahr,
Der er, noch in vergangner Woche,
Durch einen Sprung entronnen war.
Sagt, rief er, Höfe, Wiesen, Ställe,
Ihr Zeugen meiner Tapferkeit,
Wer stiehlt wie ich? Wer sieht so helle?
Wer läuft so schnell? Wer riecht so weit?
Vertieft in solchen Wunderdingen,
Bemerkt er eines Adlers Flug,
Wie ihn mit ausgestreckten Schwingen
Das stille Meer der Lüfte trug.
Oh, könnt' ich fliegen wie die Vögel!
Den Neid, erseufzt er, macht' ich stumm,
Euch aber kahl, ihr Bauernflegel,
Mit Lust gäb ich ein Ohr darum.
Jetzt legt ein Schuß den Adler nieder,
Der Fuchs nimmt es mit Schrecken wahr,
Zu fliegen wünscht er nimmer wieder.
* * *
Je höher Stand, je mehr Gefahr.
Don Quichotte
und Sancho Pansa
Versehen mit Harnisch, Helm und Speer,
Kam einst von Montiels Gefilde
Der Held von Mancha mutig her,
Sein Sancho folgte mit dem Schilde.
Welch Abenteuer steht bevor,
Und bringt ihm neue Lorbeerreiser?
Ist es eine Windmühle? ist es ein Mohr?
Ein Eseltreiber oder Kaiser?
Sie ritten lange hin und her,
Eh sie ein Abenteuer hatten,
Doch endlich sah von ungefähr
Der Ritter seinen eignen Schatten.
Mein Sohn! rief er, hier ist Gefahr,
Sieh einmal nach der linken Seite.
Wie? Sancho, wirst du nicht gewahr,
Das neben mir ein Geist herreite?
Er stieg vom Roß, der Schatten auch,
Er zieht das Schwert, der Geist desgleichen,
Er haut und sticht auf Kopf und Bauch,
Der Geist vergilt ihm Streich mit Streichen.
Er balgte sich noch lange Zeit,
Bald wich der Geist, bald kam er wieder.
Der Abend endigte den Streit,
Der Sieger setze sich müde nieder.
Herr, fragte Sancho, ist er tot,
So kommt, daß wir den Rumpf begraben?
Tor! sprach der Ritter, und ward rot,
Wer sagt, daß Schatten Leiber haben?
Ein Schatten? sagte Sancho, gut!
Mit Schatten habt ihr euch geschlagen?
* * *
Wer eine Torheit wissen tut,
Was soll man von dem Manne sagen?
Das Beil vor Gerichte
Vordem erstreckte sich Athens Gerichtsbarkeit
Sogar auf unbelebte Dinge,
Der Mann Pausanias*
sagt solches ungescheut.
Einst ward ein Beil davor gezogen,
Das einer Frau an den Kopf geflogen,
Ein Redner bot sich an, dem Beile beizustehn.
Der Herr der Axt war es zufrieden.
Der Redner geht heim, bestiehlt den Demosthen,
Schlägt das Gesetz nach, wie Solon es entschieden,
Er sitzt, er sinnt, er schwitzt, er schmiert
An einer Rede von zwölf Seiten,
Mit vielen Blumen ausgeziert,
Die für der Holzaxt Wohlfahrt streiten.
Nun tritt er kühnlich auf: die Richter gähnen schon,
Er hält die Rede her, sie rührt das Gericht,
Der Schweiß tritt allen ins Gesicht,
Kurzum, das Beil kommt los. Es fragt sich um den Lohn,
Der Redner martert sich, dem Herrn der Axt zu zeigen,
Wie künstlich er es gemacht, der Richter Sinn zu beugen,
Was er für Zeit gebraucht. Gut! fiel ihm jener ein,
Das ganze Beil soll dein sein.
* * *
Jetzt würde dieses schwerlich gelten.
Die Sache selbst geschieht nicht selten.
Eh ihr etwas unternehmt, so überlegt dabei,
Ob es der Mühe würdig sei.
*Pausanias
*um 115 n. Chr. in Kleinasien † um 180 n. Chr.
Er war ein griechischer Schriftsteller und Geograph, wird
aber zu den
Historikern gerechnet. Er schrieb einen Reisebericht über
Griechenland.
In Atticis lib.1 erwähnt er obige Tatsache.
Der Löwe und der Affe
Der Tiere Großsultan, der Löwe, wollte sich
Auf langes Bitten seiner Bassen
Zum Trost der Nachwelt malen lassen.
Ein Affe ward geholt, der keinem Dürer wich,
Den Pinsel nach der Kunst zu führen.
Er war ein Maler und Poet,
Und ganz vollkommen im schattieren.
Er malte die raue Majestät
In vollem Harnisch, auf dem Throne,
Zu Füßen lagen Schild und Speer,
Kartaunen standen um ihn her,
Und hinter ihm Mars und Bellona.*
Wer ist das? sprach der Großsultan,
Als er das Bild bekam. Der Kaiser aller Tiere,
Wer ich? was geht dies Bild mich an?
Ich bin ja nicht von Erz, wo siehst du, daß ich es führe?
Erz ist der Helden Tracht, war Maler Affens Wort.
Wer ist der wilde Kerl, fuhr darauf der Großherr fort,
Der dort die Augen so verkehret?
Das ist der Kriegsgott Mars. Wer? fragt er noch einmal,
Der Mars! habe ich doch nie vom Kriegsgott Mars gehört.
Wer ist der dicke Mensch von Stahl?
Die Göttin alles Kriegs, Bellona, kurz zu melden,
Der Helden Schutz und Führerin.
Du bist ein Narr mit deinen Helden,
Mit deinem Kriegsgott Mars und deiner Kriegerin.
Laß, sprach der Großsultan, das Erz herunter schaben,
Ich will ein Löwenbildnis haben.
*Bellona
war in der römischen Religion eine Kriegsgöttin.
Der Autor und der
Mandarin
In China war ein Mann, den seine Neigung trieb,
Durch eine Menge neuer Schriften
Ein Denkmal seines Ruhmes zu stiften.
Unsterblichkeit ist jedem lieb.
Es führte dieser Mann in allen seinen Werken
Einen Haufen Schriften an: der Vorteil war dabei,
Wie groß sein Büchervorrat sei,
Gelegentlich mit anzumerken.
Des Mannes Ruf erscholl gar bald.
Ein alter Mandarin, der viel bei Hofe galt,
Ließ sich ausdrücklich einst verlauten,
Daß seine Bücher ihn vor andern sehr erbauten.
Der Autor hört's. Der Fall war schmeichelhaft für ihn.
Er geht, und dankt dem Mandarin,
Und schwört mit knechtischer Gebärde,
Daß er für solches Lob sein Sklave sterben werde.
Nachdem er sich genug bedankt,
So fragt er endlich im Vertrauen,
Wodurch er denn das Glück erlangt,
So einen Gönner zu erbauen?
Herr! sprach der Mandarin, das muß ich euch erklären,
Wenn ich die Schriften sehe, die ihr in großer Zahl
An Rand gesetzt habt, so denke ich allemal,
Wie manches Buch kann ich entbehren?
Man zweifelt, ob der Schluß dem Autor bündig schien,
Doch könnte dieser Mandarin
Gewisser deutscher Schriften schauen,
Wie würde sich der Mann erbauen!
Der Quell der Jugend
Man sagt, daß einst ein Quell entsprang,
Wo? will ich sagen, wenn ich's finde,
Genug, wer aus dem Brunnen trank,
Der wurde wiederum zum Kinde.
Was kriechen konnte zog dahin,
Manch altes Weibchen kam am Stabe,
Und manch mit Reif bedecktes Kinn
Erschien daselbst, und ward ein Knabe.
Die Greise stürmten fast den Ort,
Sie hatten stets den Quell umringet,
Auf Steckenpferden kindisch fort.
Viel tausend wurden wieder jung,
Bis das Verhängnis, eh man's dachte,
In einer Erderschütterung
Den ganzen Brunnen trocken machte.
Der Quell war hin, als man vernahm,
Daß doch die Kraft des Quells von allen,
Die ihn besucht, eh er verfallen,
Auf ihre Leibeserben kam.
Zwar sie behielten die Gestalt,
Die Runzeln blieben an der Stirne,
Sie wurden kindisch am Gehirne.
Und ihre Leiber blieben alt.
Drum, wenn ein Alter spielt und flucht,
Verliebt ist, oder andre Ränke
Der Jugend unternimmt, so denke:
Sein Ahnherr hat den Quell besucht.
Der Koch und der Herr
Es schalt ein Herr bei einem Schmaus
Auf seinem Koch, daß er ein Essen
Nicht gar genug gekocht, das Salz daran vergessen,
Und kurz! nicht recht gemacht. Ei! fuhr der Koch heraus.
Ihr Gnaden irren sich, ich habe nichts verbrochen,
Ich weiß wohl, wie ich kochen soll.
Nichts weißt du, schrie der Herr; der Koch ward endlich
toll,
Und sprach: er sollte es besser kochen.
Hiermit sprang er wie ein Pfeil
Zur Tür hinaus, das war sein Heil,
Des Hausherrn Hand war schon zur Antwort ausgestreckt.
Seht, sprach der Herr, den klugen Schluß,
Damit ich sagen kann, was gut und übel schmeckt,
Folgt es, daß ich ein Koch sein muß?
Der Fuchs und das
Eichhorn
In sicherer Höhe gerader Eichen
Sah Reineke von ungefähr
Ein braunes Eichhorn hin und her
Ringfertig durch die Gipfel streichen.
O mein Herr Vetter, rief der Dieb,
Es ist mir ja von Herzen lieb,
Dich unverhofft hier zu begrüßen,
Ich brenne seit geraumer Zeit
Vor Sehnsucht und vor Zärtlichkeit
So einen nahen Freund zu küssen.
Das muß ich wohl mit Dank erkennen,
Versetzte das Eichhorn, daß du mich
So heftig liebst. Ich bitte dich,
Kannst du mir deinen Namen nennen?
Zu dienen, Eichhorn heißet er.
Dein Vater, tröste ihn Jupiter,
Und meiner wahren rechte Brüder,
Vollbürtige Brüder, und wir sind
Im andern Grad gesippt, mein Kind!
O steige doch geschwind hernieder.
So! sind wir zwei so nahe Vettern,
Antwortete das Eichhorn drauf,
So werde ich, nimm es nicht übel auf,
Dennoch ein wenig höher klettern.
Denn meine Mutter lehrte mich,
Daß unter nahen Vettern sich
Die Eintracht allzeit stärker nähre,
Je weiter hier auf dieser Welt
Wo Mein und Dein uns Fallen stellt,
Der eine von dem andern wäre.
Der gute Fuchs ging seine Straße,
Und dachte, daß der Unterricht
Von seiner alten Muhme nicht
Auf alle und jede Fälle passe,
Nur dieses fiel mit alle dem
Dem alten Heuchler unbequem,
Daß sein Gewissen ihn belehrte,
Daß unter die, bei denen man
Die Lehre wirklich brauchen kann,
Er und sein Vetter auch gehörte.
Der Affe und die Uhr
Ein Herr, genötigt auszugehen,
Vergaß, aus großer Eil, die Sackuhr an der Wand,
Wo sie sein zahmer Affe fand,
Und tat, was er gar oft von seinem Herrn gesehen.
Er machte sie mit einer Binde
Sich um den Leib, und gleich darauf
Sah er darnach und sprach: Die Uhr geht zu geschwinde;
Er zog sie gleich von neuem auf,
Er öffnete das Glas und stellte sie zurücke:
Doch in dem andern Augenblicke
Zog er sie nochmals vor. Seht, spricht das kluge Tier,
Sie will nunmehr zu langsam gehen.
Das wäre recht! Wie helf' ich ihr?
Er rückt am kleinen Zifferblättchen,
Hält sie sodann mit Fleiß ans Ohr.
Der ganze Schlag ist falsch. Er nimmt sie nochmals vor,
Und künstelt unten an dem Kettchen,
Stößt in die Räderchen. Der Affe rückt und dreht,
Bis daß0 das Uhrchen stille steht.
* * *
Ach großer Gott, behüte uns nur
Vor unerfahrener Pfuscher Stricken,
Die so an unsern Körper rücken,
Als wie der Aff' an dieser Uhr.
Die Frösche und der
Storch
Das Froschgeschlecht beschloß ein großes Fest zu feiern,
Und unter sich zugleich ihr Bündnis zu erneuern.
Es schlief die sämtliche Natur,
Als der erwachte Schwarm aus den Morästen fuhr.
Das wahr ein blöken und ein quaken,
Ein solches lärmen, ein Geschrei,
So grob, so klar, so mancherlei,
Daß Berg und Tal davon erschraken.
Ganz oben auf dem Sumpf saß ein entsetzlich Tier,
Das schrie so stark wie ihrer vier,
Und orgelte recht mit seiner Kehle,
Sein Bauch ward groß und klein als wie ein Blasebalg.
Bisweilen stellte sich der abgefeimte Schalk,
Als ob ihm Geist und Atem fehle.
Durch dieses Lärmen ward der Frösche Prätendent,*
Der ihnen wenig Gutes gönnt,
Der Storch, aus seinem Schlaf erweckt,
Davon er gleich den Grund entdeckt.
So, sprach er, kann man nicht eine Stunde ruhn?
Unfehlbar gibt es dort etwas zu tun.
(Die Störche schlafen angezogen)
Er verließ sein warmes Federnest,
Und kam unangemeldet zum Fest
Als wie ein Pfeil herzu geflogen,
Und ehe sich's ein Frosch versah,
So war der Prätendẹnte da,
Und ließ ihr Fleisch sich trefflich schmecken.
* * *
Drum merke, daß du bei der Lust
Nicht allzu sicher jauchzen mußt,
Du möchtest deinen Feind erwecken.
*Prätendent
lat. das ist jemand, der auf etwas Anspruch erhebt.
Der Apfelbaum
und der Nelkenstock
Ein großer Apfelbaum, der immer Durst empfand,
Ward einem Nelkenstock, der ihm zur Seite blühte,
Gar in der Weise gram, weil ihm des Gärtners Hand
Bisweilen Wasser gab, wenn er vor Hitze glühte.
Nein! sprach der Neidhart einst mit Hohn,
Du bist wohl eines Junkers Sohn,
Den Andre Tag vor Tag aus Pflicht bedienen sollen;
Doch glaube es mir nur sicher zu,
Es ist recht lächerlich, wenn kleine Herren wie du,
Als große Fürsten leben wollen.
Ich dächte wohl, mein Stamm den stets die Sonne sengt,
Sei zehnmal eher wert, daß er einmal besprengt
Und aus des Gärtners Krug vor dir getränket werde.
O, sprach der Nelkenstock, dich tränkt ja schon die Erde,
Dich tränkt die feuchte Witterung,
Die geben dir genug zu deiner Sättigung;
Was mir Erquickung gibt, das würde dich verderben,
Die viele Feuchtigkeit nützt deiner Wurzel nicht,
Genug wenn sie ihr nicht gebricht,
Von mehreren würde sie ersterben.
* * *
So strebt der Neid nach fremder Ehre,
Die öfters sein Verderben wäre.
Die Rehe
Mein Kind! du wagest dich so kühnlich in den Wald,
Als ob kein Tiger um uns wohne,
Ersieht er dich, so bist du kalt;
So sagt ein Reh zu seinem Sohne.
Wohl, sprach der Rehbock, saget mir,
Was ist der Tiger für ein Tier?
O Sohn! das ist ein Ungeheuer,
Ein Scheusal von Gestalt, sein blitzend Angesicht
Verrät den Mörder gleich, sein Rachen raucht vom Blute,
Der Bär ist so erschrecklich nicht,
Und bei dem Löwen ist mir nicht so schlimm zumute.
Gut! unterbrach der Sohn, nun kenn ich diesen Herrn.
Er ging hinweg, sein Unglücksstern
Trieb ihn zum Tiger hin, der in dem Grase ruhte.
Der Rehbock stutzte zwar; doch er erholte sich
Und sprach: Das ist er nicht; Der Tiger raucht vom Blute,
Und ist abscheulich fürchterlich.
Hingegen dieses Tier ist schön, geputzt und freundlich,
Sein Blick zwar feurig, doch nicht feindlich,
Oh, solchen Tigern geh ich nach,
Hob er mit Kühnheit an zu schreien;
Doch mocht' es ihn zu spät gereuen,
Als ihn das Tigertier drauf das Genicke brach.
* * *
Man tut gar wohl, daß man der Jugend
Der Laster Häßlichkeit entdeckt;
Jedoch man warne sie auch vor dem Schein von Tugend
Und vor dem süßen Gift, das in den Lastern steckt;
Sonst macht der falsche Glanz von diesen,
Daß sie die Laster oft für Tugenden erkiesen.*
*mhd.
Wort für: gewahren, sehen oder erwählen.
Der Krieg der
Füchse und Wölfe
Füchse stallen* nicht mit den Wölfen,
Und sie sind sich, wie es scheint,
Von Natur so spinnefeind
Als die Ghibellinen*
und Guelfen.*
Einst gebar ein totes Pferd
Einen Zwiespalt unter beiden,
Güte wollte nichts entscheiden,
Also griff man nun zum Schwert.
Reineke tat Heldentaten,
Reineke, der Füchse Haupt
Schlägt die Feinde, beißt und raubt,
Bis sie selbst um Frieden baten.
Selbst der Feldherr bat für sie.
Füchse, sprach er, sollen nie
Lange mit den Wölfen kriegen,
Ein noch dummer Feind wird fliehen,
Langes Kriegen lehret ihn
Widerstehn und endlich siegen.
Reineke ward ausgelacht,
Und man kriegt noch viele Jahre,
Wolf und Füchse ließen Haare,
Dennoch kam es nicht zur Schlacht.
Nebst der Last des schweren Krieges
Ward die Zeit den Streitern lang,
Und in Hoffnung eines Sieges
Wagte man den andern Gang.
Mancher Kopf ging hier verloren,
Mancher Krieger lag gestreckt,
Und die Wahlstatt war mit Ohren,
Schwänzen, Pfoten, Blut bedeckt.
Reineke braucht Löwenstärke,
Isegrim stritt wie ein Bär,
Und der Sieg wankte hin und her,
Jeder Teil tat Wunderwerke.
Endlich ließ der dicke Wald
Einen starken Hinterhalt
Frische Hammelfresser sehen.
Hier verschwand der Füchse Glück,
Mancher ward ein Raub der Krähen,
Mancher ließ den Balg zurück,
Andere flohen mit blutigen Hälsen
In die Höhlen, auf die Felsen,
Reineke nach Malepart,
Wo ihm erst geglaubet ward.
* * *
Die, so über Barbaren siegen,
Sollen nicht zu lange kriegen,
Rom erfuhr das Ding genug:
Denn durch Schaden wird man klug.
*sie
können sich nicht miteinander vertragen.
*Ghibellinen
waren die Anhänger der Staufer.
*Guelfen:
seit dem 13.Jh. die Gegner der Ghibellinen,
sie waren auf der Seite des Papstes.
Das Pferd und der Esel
Ein sattes Pferd ging von der Krippe,
Und fiel vor Wollust auf die Streu,
Ein dürrer Esel stand dabei,
Kein Esel, sondern ein Gerippe.
Den redete der Hengst mit diesen Worten an:
Wie geht es, guter Greis? du scheinst mir ziemlich hager,
Bist du nicht recht gesund? macht dich der Gram so mager?
Ach! sprach das Müllertier, das hat es nicht getan,
Der Hunger und das viele Tragen,
Des Treibers Fluchen, Stoßen, Schlagen,
Mit einem Wort, mein Freund, die Not ist Schuld daran.
O käme nur der Tod, das Ende meiner Plagen!
Ob es dir schon so elend geht,
Erwiderte der Gaul, so sollst du doch nicht klagen,
Ein Weiser trägt die Not, die nicht zu ändern steht,
Du leidest nicht allein, und kurz, was willst du machen?
Das Schicksal tut, was ihm gefällt,
Dem wird das Leben süß, und dem wird es vergällt,
Das Weinen nützt oft mehr als Lachen.
Da sprach das graue Tier: Dein Bauch ist voll und satt,
Und deine Weisheit stammt aus dem gefüllten Magen.
* * *
Der hat gut predigen, und von Verleugnung sagen,
Der selber keine Sorgen hat.
Der unschuldige Dichter
Ein König stellte sich selbst die Nativität,
Und fand, daß seine Majestät
Dereinst vom Gähnen sterben sollte;
Und weil der gute Herr nicht sterben wollte
(Denn auch die Großen schreckt der Tod),
So gab er ein Gesetz, daß denen,
Die um ihn waren, alles Gähnen,
Und alle Schläfrigkeit verbot.
Wie wachsam ward der Hof? Ein aufgeräumtes Wesen
Belebte das Land, beseelte die Stadt,
Gebärde, Rede, der Gang war munter, niemals matt.
Nur rasche Jugend ward zum Hofdienst auserlesen.
Ein Dichter, dessen Witz des Königs Huld erwarb,
Kam an den Hof, und las, o klägliche Geschichte,
Vor seiner Majestät ein tragisches Gedichte.
Er las, der König gähnte, und starb.
Man zieht den Dichter ein. Er soll den Kopf verlieren,
Weil er der Königsmörder sei,
Und um ihn selbst zu überführen,
Holt man sein Trauerspiel herbei.
Hier, um vor dem Gericht erst den Versuch zu machen,
Verliest er auf Befehl selbst das fatale Blatt,
Dabei der Fürst gegähnet hat.
Er liest, und alle Richter lachen.
Nein, sagen sie, das ist ein lustiges Gedicht.
Unschuldig sprach ihn das Gericht.
Die gefangene Drossel
Eine Drossel, die sich fing,
Als sie nach den Beeren ging,
Ließ der Torheit sich gereuen.
Wäre ich, sprach sie, wieder frei
So wollte ich die Leckerei
Ärger als den Geier scheuen.
Eine Jungfer, die sich flink
An die jungen Näscher hing,
Die sie um das Kränzchen brachten,
Schrie in der Gewissenspein:
Möchte ich wieder Jungfer sein,
Wollt' ich keinen Kerl mehr achten!
Die Füchse
Zwei Füchse, Sohn und Vater, schlichen,
Als kaum die Mitternacht verstrichen,
Um ein entschlafnes Dorf herum,
Voll böser Absicht, leise und stumm.
Sie nahten eines Hofes Ställen,
Da hörten sie die Hunde bellen,
Die Türen knarren, die Hähne krähn.
Der alte Fuchs sprach: laß uns gehn,
Hier wird der Angriff nicht gelingen,
Daher sie sachte weitergingen.
Drauf stellt ein andrer Hof sich dar,
Darinnen alles stille war.
Nur hörte der Sohn nicht ohne Schaudern
Viele Gänse miteinander plaudern.
Der Alte sprach: Dies schadet nicht,
Hier bellt kein Hund, ich sehe kein Licht.
Sie brachen ein mit gutem Glücke,
Und aßen sich in Gänsen dicke.
* * *
Nicht leicht droht Unfall einer Macht,
Darin der Pöbel schweigt, und die Regierung wacht.
Die
Nachtigall, der Star und der Stieglitz
Pfui! rief einst eine Nachtigall
Aus ihrem Käfig, riecht es doch immer
Um uns und in dem ganzen Zimmer
So übel als in einen Stall.
Wer mag mit so verdorbnen Düften
Um uns die reine Luft vergiften?
Das macht der Rauch, versetzt ein Star,
Von Kräutern, die man Knaster nennt,
Und unser Herr fast stündlich brennt.
Den Dampf davon verschluckt er gar,
Und rühmt, man sollte fast erschrecken,
Es pflege ihm wunderschön zu schmecken.
Was? rief der Sprosser, träumest du?
Er labt sich an diesem Kraut?
Wenn er noch Ameiseier kaut,
Und äße klein Gewürm dazu,
So möchte er rühmen, was zu haben,
Das wert ist Könige zu laben.
Vergebt mir, warf der Starmatz ein,
Er würde, wollt' er ja nichts sparen,
Mit altem Käse besser fahren.
Mit altem Käse? geh, du Schwein!
Ich riet ihm lieber Holz zu essen
Als ein so ekelhaftes Fressen.
Ein kluger Stieglitz pfiff sie aus,
Und sprach: Ihr Herren! ihr irret beide
Mit eurer schlechten Schnabelweide,
Ich weiß wohl einen bessern Schmaus.
Er sollte Distelköpfe kosten,
Das ist ein Essen für Starosten.*
* * *
Wenn du jedwedem Urteil trauen
Und dich nach allem richten willst,
Was diesem schmeckt, und jener schilt,
So mußt du endlich Disteln kauen.
*(poln.)
Landeshauptmann, Landesrat, Gemeindevorsteher ec.
Der Uhrensaal
Es trat in den vergangnen Zeiten
Ein Phönix in der Kunst hervor,
Ein Mann, vor dessen Seltenheiten
Der Künstler Werk den Preis verlor.
Ihm lösten sich der Wahrheit Siegel,
Sein Witz zerbrach des Irrtums Riegel,
Und drang auf der entdeckten Spur
Zum Heiligtume der Natur.
Ein Saal, den Marmorbögen banden,
War es, wo dieses Meisters Hand
Durch Uhren, die nie stille standen,
Ein neues Wunderwerk erfand.
Ihr Lauf beschrieb verschiedne Kreise,
Und keine wich aus ihrem Gleise,
Obschon das Uhrwerk, das sie trieb,
Den Augen ein Geheimnis blieb.
Da alle hellen Kugeln glichen,
So war ihr Glanz doch mancherlei,
Die, der an Schönheit kleine wichen,
Kam größern an der Pracht nicht bei.
Die Klügsten mußten es bekennen
Und jede was Vollkommnes nennen,
Nur merkte man mit Achtsamkeit
Die Stufen der Vollkommenheit.
Dies Kunsthaus widerstand den Jahren
Es priesen alle, die gereist,
Und alle, die im Lande waren,
Den unnachahmlich großen Geist.
An allen diesen Wunderuhren
Sah niemand einiger Änderung Spuren,
Und jede lief an ihrem Ort
In der gekrümmten Bahne fort.
Doch wird des Künstlers scharfes Auge
Zuletzt an einer Uhr gewahr,
Daß sie im Grunde nichts mehr tauge,
Und sein Entschluß ist sonderbar,
Er scheint wegen einer schlimmen
Nun über alle zu ergrimmen,
Verdirbt sie selbst, und ziert sein Haus
Mit lauter neuen Uhren aus.
Viele sind, die diesem widersprechen.
Sollt er den Fehler einer Uhr
An den vollkommnen Werken rächen?
Er ist von edlerer Natur.
Will er den Uhrensaal behalten,
Warum verheert er denn die Alten,
Die so vollkommen, so geschwind,
So wunderbar, so herrlich sind?
Nein! sagten sie, das ist erdichtet
Der Augenschein hat euch betört,
Da er das böse Werk vernichtet,
Als sei der Uhrbau selbst zerstört.
Doch kaum sank die verworfne nieder,
So zeigten sich die andren wieder,
Und wurden, da der Fall geschehn,
Für neue fälschlich angesehn.
Wer hat nun recht von beiden Teilen?
Entscheidet, Menschen, diesen Streit!
Ihr müßt euch hier nicht übereilen,
Wenn ihr vielleicht der Meinung seid,
Daß Gott bei dem Gericht der Erde
Das Weltall selbst vernichten werde,
Weil der so oft genannte Mann,
Der große Künstler, Gott sein kann.
Die zwei Hähne
Zwei Hähne huben an zu kriegen,
Und schimpften sich ganz ungesund,
Der eine schrie: heraus, du Hund!
Ich, oder du, muß tot hier liegen.
Sie rückten auf einander los,
Den Zweikampf mutig anzuheben,
Wer gibt, wer kriegt den ersten Stoß?
Wer unter beiden läßt das Leben?
Kopf gegen Kopf, Hahn gegen Hahn,
Sieht man im kurzen Lager stehen,
Sie sehn sich ein halb Stündchen an,
Da sie still aus einander gehen.
Sie blieben ehrlich nach wie vor,
Die kurze Torheit ist die beste,
Wer Zweikampf sucht, der ist ein Tor,
Und wer sich schlägt, das ist der größte.
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