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Teil 1a
 

680.
der meit, die küscher vil dann vor
bleip nach gebürt und bliben muß:
da dempfte got naturen fluß.
wie gottes kint naturen zins
gap, wie das krüze hilt der flins,

685.
daran das kint gezwicket wart:
ein stram uß sines herzen schart
mit überswenken ünden quam:
davon sich reiß der helle tam.
das kint den echter sust ersleich,

690.
durch bruch der von dem himmel weich:
der sich da muste binden lan,
der falles strik uß bruche span.
sin giftik dampf hett uns ertot,
wer an das krüze nicht gelot

695.
der meide kint und gottes wort:
sich keiser, das han ich gelart,
und wie der leuwe von Juda
sin totes welf erweckte da:
wie Jonas in dem fische was,

700.
dri tage ganz und doch genas:
sust rette er sin wares kint
von grimmes todes bunde sint
wie gottes kint die cristenheit
un kleit mit siben heilikeit;

705.
und wie der win wirt gottes blut;
das brot in fleisch sin wandel tut:
wer daran findet zwifels funt,
des fal hat endelosen grunt.
wie got zu richten kummen wirt:

710.
welch man der regel dann enpirt
und ist versumt in rechtes schul,
der wirt in Flegetontis pful
gesult mit manchen plagen hart,
im helfe dann die maget zart,

715.
von der ich ie getichtet han.
des mag ich in der kronen stan,
wan adelar, leuw unde lam
von einem worte sloß ir wamm.«

Hie fragt der keiser sinen rat,
sint er gehort die künste hat.


Der keiser gink in einen rat.

720.
er sprach: »so wise red ir hat
gehöret noch erfreischet nie,
als uns die meide künden hie:
in sitten ist ir wisheit groß.
der fremden sinne bin ich bloß,

725.
das ich von grunde müg verstan,
was die und die gesaget han.
darum so habt zu rate pflicht,
das icht min urteil und gericht
gestraft von der naturen wirt,

730.
sint das sie keiner witz enpirt.
mir tut min warer sin bekant:
sie hat Natura her gesant,
das sie erfar mins sinnes rat,
(sint mich ir ticht gebuwet hat)

735.
ab ich der eren wirdik si:
darum mir rat, ir fürsten fri.
ab ich das urteil fünde nicht,
so wurd geswechet min gericht:
was wisheit möcht ich dann gehan,

740.
könd ich nicht wibes red vorstan.
daruf ir sult gedenken all,
und lert mich, wie ich teilen sal,
welch undr in süll die wirde han,
sint das es an mich ist gelan.

745.
das widersag ich in zuhant
und send sie in naturen lant,
das sie die maget kröne rich,
ab ich das urteil finde glich.«

Der rat zu teilen weret sich
das urteil vor dem keiser rich.


Der rat der sprach: »du bist der bunt,

750.
ein spigel, zirkel, lingen funt,
nach dem sich rat, frid, ere mißt,
sint du ein brunn des adels bist.
uß dir ouch alles adel sprüßt:
das fürbaß die nature güßt

755.
in künge, fürsten, ritterschaft:
irs adels stam din adel saft.
du geben salt, nicht nemen rat,
sint dich got und Natura hat
gebut der werlde höchstes dink:

760.
des sal din sin sin sam ein rink,
der aller sin gar ummefar
und menschen sinne gebe nar.
darum es wer ein tummer sin,
sestu uß fremdes sinnes zinn.

765.
künk ane sin gelichet ist
dem blinden, den eins hundes list
muß leiten adr ein junges kint
ader ein stap, der selb ist blint«
sust werte sich der wise rat:

770.
das in vernunst geheißen hat.

Den meister dises buches fragt
der keiser: der sich sust entsagt:


Der keiser sprach: »von Mögelin
Heinrich, was dunket dich gesin?
welch undr in hab die wirdikeit?«
er sprach: »min sin zu enge schreit,

775.
das er die wisheit nie erlif.
din wirde hoch, breit unde tif
die sal von schulden das verstan,
welch undr in sal die wirde han.«
er sprach: »du salt nicht ledik sin:

780.
ich wil vernunst nu hören din.«
der ersten wold er gen den sik:
da winkt im sines herzen blik,
das wird und er und lobes art
der letzten von dem keiser wart.

785.
idoch der andern wirdikeit
gebot des keisers nicht versneit:
er liß sie in der kronen stan,
doch musten sie zu hinderst gan.

Hie teilt der ware keiser rich
das urteil nach der warheit glich.


Der keiser sprach: »sint das min rat

790.
mir rates stür versaget hat,
so muß ich nach dem besten sin
das urteil selber teilen hin.«
er sprach: »mich dunkt: die erste meit
von stören und geberen seit,

795.
und wozu hat nature pflicht,
daruf sie buwet ir geticht;
die letzte, wer des hersche gar
und ouch naturell gebe nar. —
die ander meit die nutzet wort,

800.
und teil der red sie hat gelart.
eins worts sie hat vergeßen doch,
(damit die letzt ir gibet schach)
das in der meit zu fleische wart
und spilt sich nie von gottes art. —

805.
die dritte, die die slangen treit,
der trigen manchen hat verleit,
das er des lammes gar vergaß,
das uf der letzten brüste saß. —
die virde sechzik farben setzt,

810.
damit sie blümet und veretzt,
was rostes in dem tichte lak:
die letzte, wie des himmels slak
vertreip und blumte gottes blut,
das durch sins herzen pforten wut. —

815.
bereit uf zal die fünfte was.
sie zalte loup und ouch das gras,
des himmels stern und meres griß:
die letzte, wie der künk im liß
slan wunden durch uns ane zal,

820.
damit er stiß den fluch zutal. —
die sechste aller maße pflit:
wie tif, wie hoch, wie breit, wie wit
der himmel, mer und erde si:
die letzte, wie der künik fri

825.
sich meßen liß uf einen schrank,
damit er unser not verdrank. —
die sibnde meit die wirket schon
in quinten, quarten manchen don,
wie uf die lingen und zutal

830.
ein iglich note klimmen sal:
eins dones sie doch konde nicht,
den an dem krüze hat geticht
der meide kint und gottes wort
und uns die letzte hat gelart. —

835.
die achte lert der sterne gank
und wie die zirkel haben schrank,
wie die planeten sin gesipt:
die letzte, wer die stern gestipt
hab in des himmelriches gral

840.
und mak sie rißen hin zutal. —
der nünden kunst ist hoher list:
sie heilet, was zu heilen ist;
wo todes blik das tir erspet,
das sie gar ungesalbet let:

845.
die letzte von dem arzte seit,
des kraft dem toten leben treit. —
die zende silber machen kan,
golt, farben; doch ich selden han
gesen der selben kinder rich:

850.
die letzte zu dem schatze glich
des himmels füret mit der hant,
den man nie ane trüwe fant. —
die eilften lobt ich immer me:
nu dunkt mich, wie ir tichten ste

855.
swerlich gein dem gelouben min:
sie lert mich, wie acht engel sin:
die letzte engel ane zal
setzet: der ich geleuben sal.
nie falschen spruch ich in ir fant:

860.
darum üch allen si bekant,
das sie die wirde sülle han.«
das urteil fürsten, ritter, man
da lobten und die wisheit groß,
die uß des keisers herzen sproß.

Der keiser nach dem besten sin
Naturen sent die meide hin.


Da sust das recht geteilet was,
vernunst der keiser nicht vergaß:
er gap den meiden gabe rich
und sprach: »ir sullet faren glich
von mir in der Naturen lant,

870.
und tut der frouwen min bekant,
was ich üch hie geteilet han.
und mak das urteil da bestan,
so bit sie, das sie kröne die,
der ich die wirde reichte hie,

875.
das ir die andern undertan
sint. so wil ich üch einen man
ouch geben uß dem rate min:
der selb sal üwer fürer sin.
er weiß wol der Naturen lant:

880.
der ritter Sitte ist genant.
und folgt ir sinem spore glich,
so mugt ir faren sicherlich.
wann ir kumt in Naturen stat,
der ritter da ein swester hat,

885.
die ist gar rich und heißet Zucht:
bi der ir findet all genucht.
da selbest sult ir abestan,
und bit die frouwen mit üch gan
zu der Natur: das ist min rat.

890.
wo Sitte, Zucht nicht mit üch gat,
ir blibt versumet gar der mer,
wo ir der zweier blibet ler.
Natura spricht, es si ein ban,
wer kunst wil ane sitten han;

895.
kunst ane zucht sie achtet nicht,
wann sie hat alle kunst geticht.«

Hie urloub unde gabe glich
den meiden gap der keiser rich.


Urloup die meide namen da.
des Sitten spor sie furen na
und quamen in das schönste lant,

900.
das blik vernünst nie schöners fant.
in des landes mittel lak
ein burk. der ersten pforten pflak
ein rise groß und ungehür:
der liß uß sinem halse für

905.
in grimm übr alle berge gen:
die meid in forchten bliben sten
und torsten zu der pforten nicht,
das tor gein norden was gericht.
sie gingen fürbaß an ein tor:

910.
da stunt ein ander rise vor,
der was durchsichtik unde groß;
ein stram im durch sin kele floß,
der was gar tif, breit unde lank.
(gein westen was des tores gank.)

915.
sin stimme was gar fientlich.
die meid begunden fürchten sich
und ilten an das dritte tor:
da stund ein ander rise vor,
der was den meiden gar unkunt:

920.
zwelf wind er liß durch sinen munt,
das sie dar mochten kummen nicht.
das tor gein süden was gericht.
sie gingen an das virde tor;
da lak in grüner wete vor

925.
ein rise stark und lobelich,
mit boumen groß er dakte sich.
das virde tor gein osten gink:
der selbe rise des verhink,
das sie der bürge neten baß. —

930.
da durch die pforten kommen was
der Sitte mit der meide schar,
die Zucht sie funden offenbar,
als in der keiser rich verjach,
die Zucht enpfink sie unde sprach:

935.
»was bracht üch edeln frouwen her?«
die frouwen seiten ir die mer,
was irs gescheftes sache was.
die frouwe tugnde nicht vergaß:
sie sprach: »so wil ich bi üch sin:

940.
ir nemet keinen schaden min.
quemt ir zu der Naturen dar
an mich, ir blibt versumet gar.«

Hie mit den künsten gink die Zucht
vor die Natur in richer frucht.


Die Zucht gink mit den meiden da.
da sie dem huse quamen na,

945.
darinne die Nature saß,
ein anger vor dem huse was:
daruf gepflanzet mannik boum.
frucht leite der Naturen zoum
durch ire sproßen meisterlich;

950.
der ramen este kleiten sich
mit mancher hande loube da.
die blumen blank, die brun, die bla,
und alles, das da farben heißt,
damit der anger was bereißt,

955.
die kurz, die lank, die lenger was,
als sie Naturen linge maß.
des touwes sprengel durch sie gink:
sin saf der blumen kele fink.
was man von zirde mochte sagn,

960.
das sach man gar den anger tragn.
da was ouch keiner hande we.
volsprechen möcht ich nimmerme,
was salden in dem huse was,
darinne die Nature saß:

965.
nie sinnes rechenunge fant,
ab es vergolden alle lant
möchten der werlt. manch edel stein
in der Naturen kron erschein,
das sich uß lichte schapfte licht.

970.
in irem huse nimant sicht.
man hort ouch aller stimmen schal:
die uf, so swank sich die zutal.
dem hören wart da spise rich
gegeben von den stimmen glich:

975.
gar übersüße was ir sank,
das nie kein mensche wart so krank,
das süche möchte twingen da,
wann es der freude queme na.

Hie künt des buches meister balt,
wie die Nature wer gestalt.


Ein maget in dem trone saß,

980.
der aneblik so schone was,
das mensche nie so schone wart:
uß ir floß aller schonde art.
von siben sternen was ir kron:
rich in der sterne mittel schon

985.
der crisolt und der adamas
gar meisterlich gefelzet was,
ouch in dem kranze sunder wan
der rubin und topasion,
der saffir und manch edel stein.

990.
ir har in bruner farb erschein,
ir löckel reid und dabi lank,
darin sich reifte goldes blank,
ir bran geornt in rechter far,
ir ougen sam die sterne klar;

995.
wohin die meit warf iren blik,
da wart verschanzet sorgen strik.
ir nase nach der lingen art
vorn ufgewelbet sunder schart;
der edlen formen münze, stunt

1000.
ir wengel nach des zirkels funt;
ir munt in röte stunt erhabn.
des leben hink in zwifels klobn,
vor freud ab er genese dann,
wann sie in liplich blikte an.

1005.
ir kinn, ir hals blank und ir kel,
ir arme waren sinewel,
ir finger lank und nicht zu klein:
ein zeptrum truk die maget rein.
ir brüste uf das herze glich

1010.
gesmücket stunden lobelich.
mir zimet nicht zu sagen das,
wie das sie were niderbaß.
ir gurt von golde was ein snur:
des sinnes grabestickel fur

1015.
uf iren heften hin und dar:
was schone heißt, das was da gar:
lib, adel, lust, freud ane zil.
in ires mantels falden vil
tir, fische, mensche wonte da.

1020.
der gründe was ir feile na,
wann anefank die grün bedüt:
uß dingen dink Natura züt
und ist des wegens anefank.
ouch stunt uf irer achsel schrank

1025.
die sunne und der mande klar
und luchten ir zu dinste dar.
was sinnes pinsel künste treit,
die was gar an den tron geleit.

Hie ruft die künste die Natur
liplichen in irs trones mur.


Da sie der meide wart gewar,

1030.
sie winkt in unde rif in dar
und sprach: »das dütet fremde mer,
das ir sit alle kommen her.«
die meide sprachen züchtiklich:
»uns hat gesant der keiser rich

1035.
zu dir, das du die meit gemeit
salt krönen, die das lemlin treit
an irer brust mit siben horn,
vor uns er sie hat ußerkorn
und hiß uns fürbaß dinen ir.

1040.
darum wir kommen sint zu dir.«
sie sprach: »darzu ich keine pflicht
alleine mak gehaben nicht,
es queme dann der tugnde schar
und sie mir hülfen krönen gar.«

Hie sendet die Nature gar
ir boten nach der tugnde schar.


Natura sante da zuhant
ir boten in der tugnde lant
und liß den tugnden künden gar,
wie das Theologia dar
wer kommen mit den künsten al,

1050.
die man von schulden krönen sal,
und hiß sie kummen durch gebot
die tugnde sprachen sunder spot:
»durch kein gebot wir kummen dar:
wir sint von der Naturen gar

1055.
gescheiden: got uns hat geticht,
darum sie mak gebiten nicht.
Natura gänzlich ist gewert,
wes sie zu bete von uns gert:
ab sie wil dinst von schulden han,

1060.
von uns sie wird gesumt daran.
das sult ir widersagen ir,
das sust geantwurt haben wir.«
die boten das vernamen sidr
und ilten zu Naturen widr

1065.
und seiten ir die mere glich.
des wundert sich Natura rich
und sprach: »nu faret wider dar
und bit die tugentlichen schar,
das sie her kummen uf den ban,

1070.
ab es min ticht bewisen kan,
das sie und ouch ir wesen gar
sint kommen uß mins herzen mar,
das sie zu minem dinste pflicht
nu haben nach der ersten schicht.

1075.
wo ich das nicht bewisen kan,
ich sal sie dinstes wol erlan.
got dinte mir und sante zins
hoch uß des himmelriches flins:
des wundert ser die sinne min,

1080.
von wem das sie gefriet sin.
darum so bit sie kummen her,
das wir volenden dise mer:
wann ich gekrön die maget rich,
gein in so wil ich meisterlich

1085.
bewisen vor den künsten dann,
das sie ir wesen von mir han.«

Hie sent ir boten wider dar
Natura nach der tugnde schar.


Die boten furen wider dar.
da sie die tugnde funden gar,
sie sprachen: »die Nature bit,

1090.
das üwer herze ste gefrit,
und wirdet üch zu kummen dar,
das man die maget kröne klar,
wann das geschit, so wil sie dann
gein üch bewisen, ab sie kan,

1095.
das ir von schult gebunden sit.
bewist ir, wer üch hab gefrit,
so gert sie keines dinstes nicht.«
die tugnde sprachen in der schicht:
»wir faren dar gar williklich.«

1100.
ein wagen wart gar lobelich
bereit: da gab die Warheit dar
die dichsel, Kraft die achse zwar,
das erste rat Gerechtikeit,
das ander Frid, Barmherzikeit

1105.
das dritt, so gap die Milde dar
das virde rat von golde klar;
die Sune bant den wagen glich,
so gap die Zucht die decke rich;
fünf ros Vernunst gap in den wagn:

1110.
richlich man sach die meide zogn.

Hie seit von der Vernünste pfert
das buch, wer des zu hören gert.


Das erste ros das hiß das Sen:
rot was sin farbe, hör ich jen.
das selb wart nimmer loufes sat:
es manchen hie verfüret hat,

1115.
das er reit in der helle grunt:
es liß in da und bleip gesunt.
das selbe ros vil tugnde hat;
kein mensche siner füße pfat

1120.
noch sinen trit erkisen kan:
das gras es trit uf keiner ban.
ouch es gar snelles loufes pflak,
man dorft im geben keinen slak:
wann die Vernunst die geisel swank,

1125.
zuhant es in dem silen sprank.
an keinem berg es widerstiß. —
Das ander pfert das Hören hiß.
wer dem den zügel laßen wil,
wann es leuft uf das krumme zil,
es treit in in der helle gruft

1130.
und leufet wider in die luft.
vil na es sam das erste was,
doch es sin sprünge treger maß.
das selbe ros ouch snelle lif:
kein bruch der luft wart nie so tif,

1135.
es sprank darüber ane fal;
zu berg es lif und ouch zu tal.
doch nimant rechte merkt sin pfat,
wo es den fuß gesetzet hat.
das ros trank keines wages fliß,

1140.
wan der sich uß den wolken liß:
sin futer was der lüfte slak,
das pfert nicht ander weide pflak. —
Das dritte ros was stete gut;
doch wer im liß den sinen mut,

1145.
es truk in hin in kurzer zit,
da Lucifer gefangen lit.
wann es den stram der lüfte zouch,
vil manchen underscheit es rouch
der dinge, der es nie gesach.

1150.
wie das sin hufe waren flach,
doch man sin lützel merkte dann,
wann es sin spise wolde han:
sin schaden keine wise melt,
ouch etzt es nicht der lüfte felt;

1155.
sin farbe glich was in der schicht,
als wann sich luft in nebel flicht
das Richen hiß das selbe pfert. —
Das vird was großes geldes wert.
das ros die Behim lobten ouch:

1160.
gar ser es an dem naßen zouch;
in fraße pflag es sprünge vil:
wer im den zügel laßen wil
und es zu halden nicht gerucht,
dem ist von gotte wol verflucht.

1165.
süß unde sur es smecken kan,
und hett es die vernunst gelan,
es wer gefallen in den grunt. —
Des fünften namen tu ich kunt.
das selbe große sterke hat:

1170.
wer im des willen sin gestat,
es treit in oft in kummer groß,
das er blibt aller salden bloß.
doch lif es in der banen recht:
wo das der wek was holsterecht

1175.
ader die stige waren scharf,
das ros sich uß der banen warf.
wol unde we es prüfen kan.
und hett das selbe ros getan.
die andern pfert in keiner schicht

1180.
den wagn gezogen hetten nicht.
das selbe ros das Fülen hiß.
Natur es nimmer irren liß:
darum es was gespannen vor. —
sie quamen an das erste tor:

1185.
davor so lak ein rise groß,
der für uß sinem halse schoß.
Vernunst die tugnde fragten all,
was wunders das bedüten sal.

Vernunft Bericht der tugnde schar
des huses und der wunder gar.


Vernunft die sprach: «der man bedüt

1190.
(dem flamm uß sinem halse flüt)
das für: von sines zirkels maß
ist aller elementen sloß.
sin schibe nimmer stille stet,
sin fluß uß der naturen get.

1195.
welch elemente sich verirt
in sinen kreiß, es flammen wirt«
sie lißen da die pforten stan
und furen, da ein wißer man
dort stunt, der gar durchsichtik was,

1200.
und fragten: »was bedütet das?«
Vernunft die sprach: »üch künt min list:
der wiße man das waßer ist:
das ist durchsichtik unde klar.
die erd es ummereifet gar

1205.
und muß ouch in dem zirkel stan,
darin es hiß Natura gan:
den kreiß es nimmer übertritt,
manch wunder ist darin gesmit
uf der naturen aneboß.

1210.
des menschen sin ist des zu bloß,
das er den underscheit verstan
un müge, den die wunder han.«
dabi die selbe rede bleip.
Vernunft den wagen fürbaß treip

1215.
und furt sie an das dritte tor.
da stund in blauwer wete vor
ein man, der fientlichen blis:
zwelf wind er uß dem munde liß,
den hagel, sne, schur unde regn.

1220.
die meid begunden aber fregn:
»was düt des richen wunders guft?«
Vernunft die sprach: »es ist die luft.
den wak in ires flügels huf
gein berg in kraft sie füret uf,

1225.
und in der flügel münze sur
sie wellet hagel unde schur:
wann sie verstößet ir gefidr,
so senkt sie die zu tale widr.«
sie furen an das virde tor.

1230.
da lak in grüner wete vor
ein man der ewiklichen slif.
manch tir uf sinem halse lif
und bark sich in des mannes wat,
die im natur gespunnen hat.

1235.
recht sam der kle, loup unde gras
des mannes kleit geferbet was.
die meide fragten alle glich:
»was muß das wunder düten rich?«
Vernunft die sprach: ȟch seit min list:

1240.
der man, des slafen ewik ist,
das ist die erd, wann uf ir nu
die tir gemeinlich suchen ru.
der salamander in dem für
nicht lebet sunder erden stür,

1245.
noch in der luft gamalion,
und sold der fisch die erde lan,
tar er nicht von ir nemen nar,
des wags er wer versumet gar.
sie ist der elementen grunt,

1250.
ir zukunft wart Naturen kunt«.

Hie stet uf die Nature klar
und get nu gein der tugnde schar.


Natura gein den meiden gink
und sie gar williklich enpfink
und furt sie in irs sales tron.
der was so rich und ouch so schon:

1255.
was man von schond ie vor gelas,
recht sam ein nacht es gein im was.
igliche sitzen an ir stat
Natura züchtiklichen bat.
ouch hatte got uf ir gewant

1260.
geschriben mit sin selbes hant,
das man offentlichen las,
wie die und die genennet was.
die künste saßen sunderlich
und ouch die tugnde lobelich.

1265.
zu mittelst in der selben schul
erhaben stunt ein richer stul,
daruf Theologia saß.
die tugnde sprachen sunder haß,
gemeinlich mit der künste pflicht:

1270.
»die meit wir sullen krönen nicht,
sie künd uns danne, wie das got
drifaldik sie an allen spot,
wie er die menscheit an sich nam
von einer meid, als im gezam,

1275.
und wie das sunder falschen rum
bleip unversert der magetum,
darin das kint geboren wart,
gefleischet got in menschen art.«

Theologia künt, wie das
got drilich ist und ewik was.


Theologia das vernam,

1280.
das sust nach irer lere klam
der tugend und der künste schar.
sie sprach: »un wil ich offenbar
üch künden, wie das mak gestan,
das dri person ein wesen han,

1285.
und wie das wort fleisch an sich nam,
das uß der drier samen quam,
die alles fleisches waren fri
und fleischten doch ir edeli.
dri zeichen die nature git,

1290.
die doch got sehepfer übertrit:
kern, schale mit des ramen soum,
die dri die sachen einen boum,
doch ir nature das nicht irt,
uß in wie sich die frucht gebirt:

1295.
die frucht die let gar ane schranz
kern, schale, stam des boumes ganz,
wie sie uß irem samen wut:
ir milde der naturen tut
ein ander forme sunder wan.

1300.
sust von dem kind ir sult verstan,
wie es die reine meit gebar
und uß ir brüsten reichte nar:
von einem worte sunder spot
es fleischte sich und bleip doch got.

1305.
gots wesen davon keinen schart
leit, wie der sun gefleischet wart.
und fint ir daran zwifels funt,
so falt ir ewik ane grunt.
Das ander zeichen si üch das,

1310.

das irs gemerken müget baß:
für, flamm und ouch sins zunders art,
die dri ein spere hat gespart,
dadurch ein licht Natura richt:
sust menschen art in got sich flicht.

1315.
das für gar unverseret stat,
wie luft in sine schiben gat,
sie blibet für: so sich das fleisch
besloß in dri personen meisch,
der wesen doch unschendik ist,

1320.
der vater hat in keiner frist
gegangen vor dem kinde sin:
wo für, da flamm und ouch der schin.
Ouch zeichen der naturen ist,
set, wie des hohen gottes list

1325.
und die natur geordnet han,
das dri in einer sele stan
und alle dri eins wesens sin.
nu merket diese lere min:
vernunst, gedechtniss unde will,

1330.
gericht uf eines wesens zil,
wo die die sele solde lan,
kein wesen möchte sie gehan:
eins wesens sint die selben dri
unspeldik mit der sele fri:

1335.
sie sint die sel, die sel ist sie,
die sich gescheiden möchten nie.
sust dri personen gottes sint
verstrikt in eines wesens lint:
unscheidelich ist ir natur

1340.
geflochten in des herzen mur
der meit von eines wortes hant,
das von dem himmel wart gesant.
uß gott, bi gott und got es was,
das kint, des hie die meit genas.

1345.
in klag muß ewiklichen stan
sin ruf, der zwifel fint daran.«

Natura, künst und tugnde rich
dem ticht hie nigen alle glich.


Die tugend und der künste schar
des tichtes forme nigen gar
und die Natur, und gink zuhant,

1350.
da sie die richsten kronen fant,
die alle schond gar übertrit,
wann sie got selber hat gesmit,
und kronte da die maget rich,
zwelf sternen in der kronen glich

1355.
da stunden; ewik war ir schin. —
hie sal des buches ende sin.


 
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