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Teil 2
 
Das ander buch das heb ich an,
wie tugent in dem mittet stan
sal und ußslißen nimmer das,
was wisheit in dem zirkel maß.


Hie in des buches anefan
zu disputiren hebet an
Natura mit den tugnden gar

1360.
und wil bewisen offenbar,
das sie ir wesen uß ir han,
und hebet sust zu reden an:
»welch dink sich uß dem andern sacht,
des wirdikeit von nöten swacht

1365.
gein dem das es gesachet hat.
die gröste red bewiset stat,
die minner Aristotiles
in Ethicorum setzet des.
er spricht: >uß werke tugent wirt,

1370.
des wirken die natur gebirt;
uf erden nie kein werk geschach,
sin were jo natur ein sach<.
die ander rede scharf und sur
die wachet ouch vor die natur:

1375.
welch dink das ander gwinnen kan
fri, unde fri es mak gelan,
das dink mer wirde hat dann das,
das von im sust gewunnen was.
die gröste red bewiset ist,

1380.
die minner setzt des meisters list
in Ethicorum unde spricht:
>das laster und der tugnde ticht
in willekor des menschen stan:
er mak sie wirken unde lan.

1385.
in klarheit der naturen stet
oft dink das beider nicht beget<.«
die dritte rede stark und scharf
der pinsel der Natur entwarf.
sie sprach: »nu merkt die rede klar,

1390.
damit ich üch besliße gar:
selbstendikeit, wir wißen all.
mer wirde hat wann der zufal.
her Heinrich möchte wol gesten,
se man die röte von im gen;

1395.
ab er ouch swerze were ler,
idoch er wol ein mensche wer.«
Natura mit der rede lint
verstricken wil der tugnde kint,
das sie ir wesen uß ir han

1400.
und ir durch schult die wirde lan.

Uns hie bewist der tugend art,
das uß ir die nature wart.


Gein der Naturen reden hie
die tugend und bewisen, wie
sie der Naturen edler sin,
und tun das mit der rede schin:

1405.
»was da volbrengt ein ander dink,
das selb ist sines adels rink.
Natur volbracht von tugent wart:
des höher ist der tugend art.
kunt ist die gröste rede des,

1410.
die minner Aristotiles
in Ethicorum hat geticht,
wann er da offentlichen spricht:
>wer tugent hat, der wirt volbracht
und ouch sin werk von tugnde macht.<

1415.
die ander red sich sust gebirt:
durch was ein dink gelobet wirt
und im ouch wird und ere git,
naturen art es übertrit.
die tugent ere wirken kan:

1420.
des sal sie vor Naturen stan.
die gröste red ist offenbar,
die minner macht der meister war
in Ethicorum, da er spricht:
>man lobt uns von naturen nicht,

1425.
sunder durch tugent lobes art
dem menschen hie gegeben wart.<
die dritte red ist wiser frucht:
wer von naturen tugent, zucht,
so das ir influß gebe die,

1430.
so wer nimant zu loben hie.
warumme sold ich loben den,
ab tugent wurd von im gesen
und in doch twüng natur dazu?
damit ich wil beslißen nu,

1435.
das tugnde fluß von gotte ist
und nicht uß der Naturen list.«

Theologia wirt gelan
der krik von beider sit getan.


Der krik von beider sit getan
Theologia wart gelan:
wem sie nach rechtes tichtes funt

1440.
die wirde reichte da zustunt,
der sold sie haben ewiklich.
sie sprach: »nu wil ich sunderlich
erforschen, wes die tugnde pflegn.
darnach so reich ich gottes segn

1445.
Naturen ad der tugnde schar,
darnach ir tichten machet war.«
sie sprach: »nu sag an sunder list,
du Wisheit, was din tichten ist,
sint das du salt die erste sin.

1450.
so laß das werk mich hören din.
das ich von grunde müg verstan,
wem ich die wirde sülle lan.«

Die Wisheit kündet, wie ir kint
in sünde nie gefallen sint.


Die Wisheit sprach: »ich künt min ticht:
in vir sich alle tugent flicht,

1455.
in mich und in gerechtikeit,
in sterk und ouch in meßikeit,
uß den sich gottes forcht gebar,
die allem heile gibet nar:
dabi man merken sal min kint.

1460.
die sunder gottes forchte sint,
den ist verborgen mine ban.
zu gotte nimant kummen kan,
der miner stüre nicht enhat
ich ummereifet han das rat

1465.
des himmels, da got alle dink
liß flißen durch sins herzen rink.
min schond übr alle himmel hort;
ich wach an gottes herzen pfort,
das nimant kummen mak darin,

1470.
er brenge dann das zeichen min,
gedechtniss, und bedenke das,
wie nie min snur uf schaden maß.
vernunst und die vorsichtikeit
zu wat ich minen kinden sneit:

1475.
welch man der selben wat enpirt,
der ist mins weges gar verirt.
er muß von gotte selik sin,
der finden sal die stige min:
man get darinne sunder we.

1480.
mich kante nicht von Ninive
der künk: des leit er kummer sint:
er wart gelichet einem rint.
wer mich verlet, der let sin heil,
ab mich der tore findet feil,

1485.
gar selden kouft er min geticht:
min süße frucht im smecket nicht,
süß und der süre underscheit
dem lon, dem andern pin bereit:
sust arger wille nicht verstan

1490.
die wege siner salden kan
in dingen, die zu tune sint:
vernunst der arge wille blint
des menschen nu gemachet hat.
kint, wiltu hören minen rat?

1495.
mins wisen herzen linge maß
das hus, e es gebuwet was:
sust sal dins herzen ouge sen
das ende, e das si geschen
die tat, und halt in eren das,

1500.
das ursprink dines lebens was.
bis in gewalt dem armen slecht;
gip dim genoß das selbe recht,
das du dir selber wilt geschen;
din ougen uf die armen bren

1505.
laß und in falschem wandel nicht
durch gabe felsche gots gericht.
du fürste, salt ein spigel sin
in tat den underseßen din,
das sie beschouwen sich in dir:

1510.
zu warheit hab din rede gir;
laß nicht din spotten halden die,
der rat din ere suchet hie.
dir, fürste, zimet wise tat:
recht als dich got erhaben hat

1515.
übr ander die genoßen din.
also vil saltu wiser sin.«

Gerechtikeit hie saget das,
wie nie ir snur uf schaden maß.


Theologia da began
Gerechtikeit zu fragen an,
waruf ir grunt gebuwet wer,

1520.
das sie ir kunte dise mer.
sie sprach: »ich und die Wisheit bin
gericht uf eines endes sin,
idoch wir haben underscheit:
ir tat ist bi der redlichkeit,

1525.
so ist min werk zu richten das,
was krump der arge wille maß.
ich wache durch gemeines gut;
den bruch min recht verdammen tut:
iglichem laß ich werden das,

1530.
was im sin werk zu lone maß.
die fürsten müßen vor mir stan
gebunden sam der ackerman;
dem richen und dem armen glich
min wage mißet stetiklich.

1535.
wer mine stige nicht enricht,
der mak zu gotte kummen nicht.
ich hüte gottes herzen pfort:
scharf ist mins rütelinges ort,
darin die hochfart sich versneit,

1540.
das sie muß immer tragen leit:
min hant sie und ir engel all
treip von dem himmel hin zutal.
da sie uf bruch ir wille truk.
ouch uß dem paradis ich sluk

1545.
den ersten menschen, da er brach
den apfel von des boumes dach.
der bruch der widerspenikeit
muß von mir immer tragen leit.
her Abel rif mich und sin blut:

1550.
ein stral durch sinen morder wut:
im wart gemeßen als er maß.
gerechter lon ich nie vorgaß:
ich gap es jo in milde dar
und schankte pin der argen schar.

1555.
der arm in not sich tröstet min:
Susanna sal ein zeichen sin:
geurteilt zu des todes rost,
ir unschult von mir wart erlost.
an mich mak nimant werden fri:

1560.
ab mensche wol ein fürste si
und er nicht heldet gottes recht,
so ist er jo der sünden knecht.
des keisers ere das bin ich:
wo das die künge laßen mich,

1565.
ir rich sich neiget hin zutal:
künk Saul das ouch beweren sal
und uß Egipten Pharao.
darum, ir künge, richtet so,
das ich üch in dem toten mer

1570.
icht sterben dürfe sunder wer.
des herzen influß in gelit
sich güßet und in leben git:
sust sult ir fürsten sin ein bach,
daruß ein recht man flißen sach,

1575.
davon getrenket werden die,
die üch zu dinste wachen hie.
des vaters werk, ich höre jen,
das kint verblent und machet sen;
der apfel nach dem ramen smekt,

1580.
als in der fluß naturen wekt.»

Uns kündet hie die Sterke das,
was ires wirkens tugent was.


Theologia fragte fort,
da sie ersach die Sterke dort:
»waruf gebuwet ist din grunt?
das tu mir hie durch libe kunt.«

1585.
sie sprach: »die Sterk bin ich genant;
in nöten sam ein elefant
ich ste und trage alle last,
ich bin recht sam ein warer mast,
der uß des wilden meres gil

1590.
den kocken füret und den kil.
des frevels und der forchte, sich,
der zweier mittel, das bin ich:
mich reißt zutal kein übermut,
ouch mich kein forchte fallen tut.

1595.
unwegelich recht sam ein turm,
ich ste: von wanne das der sturm
des lasters flügt mit winde scharf,
min dach er selden niederwarf.
kein tugent ist die türstikeit

1600.
(die sunder zwifel brenget leit)
noch forchte, wer vermidet das,
von schulden was zu tune was:
er mak kein wiser man gesin,
der nicht das wirken libet min.

1605.
ich bin ein ling und ouch ein maß,
die rechtem werke gibet saß.
der heißet stark, der uf dem wal
die finde stößet hin zutal,
ab er gerechte sache fürt

1610.
und in nicht zwifels forchte rürt.
an mich mak nimant werden stark.
ich floß uß gottes herzen sark
und kreftik in dem mittel gink,
gots kint ouch in dem mittel hink

1615.
und in des schrankes mittel starp,
da er uns nach genaden warp:
da tat er miner tugent schin,
wie das ich sal ein mittel sin.
mich laster zwei bezünet han,

1620.
die turst und ouch der forchte schrann:
in irem mittel ist min gank.
der zweier uber ist so lank
getemmet von der fürsten schar,
das ich nu bin verdempfet gar.

1625.
ir fürsten, hört die lere min:
ir sult ein bild der sterke sin.
nicht tummer turst, das ist min rat.
gedenkt, wie das her Goliat
von tummer turst betrogen ist

1630.
(ich felze miner sterke list):
gar sunder stür die türstikeit
in liß, da in min >kint< versneit.
uf üwer man nicht habet turst,
so das ir lidet keinen durst

1635.
zu nemen in wip ader kint.
gedenket, das sie menschen sint
und üch bereit zu dinste stan.
den schafen sult ir wollen lan;
welch her den hunden nimt ir brot,

1640.
die jagen nicht durch hungers not:
sal er den beren eine slan,
davon er schaden mak enpfan.
der starke freise fürchtet nicht,
wo recht sin sache stet gericht.«

Die Meßikeit nu kündet, wie
ir kint in sünd gefilen nie.


Darnach Theologia sprach,
da sie die Meßikeit ersach:
»sag, waruf ist gebut din grunt?
das tu mir durch min libe kunt.«
sie sprach: »tat aller tugent ist

1650.
gevirt von gottes hoher list:
die erste tat ist redelich,
die ander glich, die dritte sich
uf rechte sterke wegen wil,
die virde wart der maße zil.

1655.
die redlichkeit der Wisheit gip,
glich ist Gerechtikeit gesipp,
die kraft du salt der Sterke gebn,
so sal ich meßiklichen lebn.
ich gere keines dinges nicht,

1660.
das elich orden widerspricht.
vir eigenkeit min tugent hat:
die küscheit und der schemde rat
die hald ich glich zu aller zit:
des ist min ere worden wit.

1665.
die spis ich neme nach der maß:
dem slund ich nicht den zügel laß
und teugen williklichen mich,
wo übermut zuplinset sich,
mag ichs mit eren ummegan:

1670.
in sulcher tat min tugnde stan.
dabi man prüfen sal min kint,
die wirker sulcher tugent sint.
min küscheit wonet bi der tat,
die schemde bi geberden stat.

1675.
der eman rechter küsche pflit,
der fluß naturen let in zit
und ouch in ziten dempfet den,
als es wirt redelich gesen,
wie, wanne, wo, warumme das

1680.
die küscheit in dem zirkel maß.
zu gott er selden kummen mak,
der miner werke nie gepflak.
in gottes herz ich wart geticht:
darum, ir fürsten, habet pflicht

1685.
zu mir und leret mine ban:
ir sullet er in tugend han.
snit an üch mine meßikeit,
sint das unmaße schaden treit,
und habt zu keinem tranke fliß:

1690.
set, wie das waßer dempfet is,
sust dempfet ouch die trunkenheit:
ir bach gegellet waßer treit.
du fürste, salt ein forme sin,
in der sich münze tugnde schin;

1695.
drück in din herze wisen rat:
er ane tugent nimant hat.
welch mensche miner zucht enpirt,
von dem ist selikeit gefirt.
die tugent die volbrenget dich,

1700.
ab du sie wirkest, sicherlich.
der fürste, der nicht tugent hat,
recht sam ein blindes ouge stat:
es heißt ein oug und doch nicht kan
der farben underscheit verstan.

1705.
er ist an selikeit verblint,
der nicht der tugnde wege fint.
darum, ir fürsten und ir man:
zucht klimmet uf der tugnde ban.«

Hie offent uns die Mildikeit,
wie riche frucht ir wirken treit.


Theologia darnach sach

1710.
die Mild in tugent mannikfach.
sie sprach: »was mak din wirken sin?
das künde nu der libe min.«
die Milde sprach: »ich han geticht
lib, adel, er sich in mich flicht,

1715.
was diser werlde ere heißt:
das hat min zirkel ummekreißt.
welch man in rechten trüwen hat
gefolget miner tugnde pfat,
des ist er sunder falles far

1720.
mit lobe rich durchpinselt gar.
ich gottes herzen ingesigl
bin und des hohen himmels rigl,
davor die fürsten müßen stan,
die hie min stige han gelan

1725.
und werfen sich uf gizikeit:
der klag muß immer tragen leit,
ich bin der höchsten güte funt:
von mir sich libe hat entzunt;
ich han ouch oft versünet die,

1730.
der nit einander wunte hie.
min tugent alles wunder treit:
den dritten uß der dri ich sneit
und twank den waren adelar
an einen schrank in menschen far.

1735.
in mir sich alles adel stift,
unadel in der kargen trift.
der künge buch bewiset hat,
wie das min kint in eren stat:
hern David von dem hirtentum

1740.
ich nam, das er gar sunder rum
min werk in steter trüwe treip:
davon in künges adel bleip
sin sam und ewiklichen stat:
min tugent sust gelonet hat

1745.
trüw unde zucht: ich blüm ir felt,
welch fürste kumt in min gezelt
und wirt in miner tat gesen,
dem ist von gotte wol geschen,
ab er treit eines leuwen mut

1750.
und lachet, wann er gabe tut,
dabi der milde wirt erkant.
got alle dink in milde fant.
von bösem herzen was entzogn
der milde wirt, das sit man tragn

1755.
den argen in der schanden hant:
sin gab in laster wirt gewant.
des vogels art durch mildikeit
dem arn zu dienste stet bereit.
dem milden sik die finde lan:

1760.
ich glich in gein dem pellican:
sin herze der in milde spelt,
sin blut der küchel leben helt.
alsust der ware milde tut:
er trenket in der milde flut

1765.
die man und in sin gabe spelt:
damit er lant und er behelt.
der mild ist sam des leuwen lut,
die ire welfer leben tut.
sust saltu, fürste, dine man

1770.
durch kummer nicht verderben lan.
getrüwen gernden, weisen gen
du salt durch ere, hör ich jen.«

Hie kündet die Demütikeit,
warin ir tugent si gekleit.


Theologia darnach sprach,
da sie Demütikeit ersach:

1775.
»waruf gebuwet ist din grunt?
das tu mir durch gehorsam kunt.«
sie sprach: »ich bin der tugnde ticht;
der falschen er ich gere nicht;
ich han zu dinste dicke dem

1780.
gewachet, der mich liß in schem
sten und gar fientlichen sach
uf mich in smehen blicken swach.
ich lide, was zu liden ist,
und darb ouch aller hinderlist

1785.
und tu, ab mir nicht were kunt
des bösen herzen lasters funt.
gewalt gesen ist von mir nie;
gefidert gut ich stete fli:
welch gut in salden brenget frucht,

1790.
daruf geneiget ist min zucht.
welch mensche miner zucht enpirt,
von dem ist selikeit gefirt.
ich bin des höchsten gottes amm:
uß sines herzen mild ich klam;

1795.
von mir gehot die maget wart,
in der sich fleischte gottes art
und liß doch sunder falschen rum
an allen schranz den magetum:
durch mich sie gottes muter hiß.

1800.
min hant den ersten engel stiß
gewaldik in der helle tal,
darinn er ewik bliben sal:
sust ich den menschen nider hie,
der minen wek erkante nie.

1805.
gewalt wer an mich halden wil,
des fal hat endelosen zil.
wo ich nicht vor dem menschen ge,
zu gott er kummet nimmer me.
hern Moises durch mich wart kunt,

1810.
wie sich enpflammet und entzunt
der himmel, mer und erde hat
und alles das darinne stat.
got nicht sin wisheit kündet den,
die minen stik han übersen.

1815.
ich bin die schönste gottes meit,
gehorsam durch min herze teit:
ie mer sich teugen mine kint,
ie mer das sie von gotte sint
gewirdet und gehaben uf;

1820.
ich heil ouch aller sünden ruf.
min kint das get gar sicherlich:
darum, ir fürsten, leret mich,
man lobet niemant wanne den,
von dem hie tugent wirt gesen.

1825.
dem vater ware tugent zimt,
davon das kint ein zeichen nimt:
es wirket, als es wirken sach:
das kint sich nach dem vater brach,
ir fürsten, veter sit der tugnt,

1830.
davon der underseßen jugnt
ein zeichen und ein bilde spen:
sie wirken, als sie han gesen.
ir fürsten, hüt in diser zit,
sint ir des Volkes hirten sit,

1835.
das glich die rechenunge stet,
wann ir vor got gefangen get.«

Die Warheit künt irs werkes tum,
der irrem wirket richlich frum.


Theologia darnach sprach,
da sie die Warheit angesach.
waruf ir grunt gebuwet wer,

1840.
das sie ir kunte diese mer.
die Warheit sprach gar sunder list:
»min wirken bi den worten ist:
die münz ich glich zu aller zit,
des ist min lop in eren wit.

1845.
in gottes herz ich bin gedrukt.
e in der formen wurd verrukt
ein wort und sold in bruche sten,
e müst der himmel gar vergen
und alles das darinne wer.

1850.
min wort ist alles wandels ler:
sten muß ich in der formen glich,
darin mich twank der keiser rich,
der in sins waren wortes ruf
die creature ganz geschuf,

1855.
ich bin sin wort und ouch sin kint:
von mir gesat die himmel sint,
die stern und ouch der speren kraft;
das mer got in mir hat geschaft,
die erde, für und ouch die luft,

1860.
die engel und der helle gruft.
got an mich möchte nicht gesin.
des bin ich aller tugnde schrin.
min hant der himmel geiste helt,
welch mensche das sich von mir spelt

1865.
und minen stik verleßet gar,
das schert sich von der engel schar.
an mich wirt nimant gottes segn:
des hat die welt sich gar erwegn.
sie temmet miner flüte bach:

1870.
des ist min stram nu worden swach.
ir nein ist ja, ir ja ist nein:
davon ir heil ist worden klein.
die lügen, sünden anefank,
der sintflut worden ist so lank,

1875.
das mensche sterbet sunder wer.
sie ist recht sam das lebermer:
wer von geschichte kumt darin,
der muß da ewiklichen sin.
wer von der lügen wirt verwunt,

1880.
der wirt vil selden hie gesunt:
ir stral ist sam der slangen gift:
wo sie des menschen herze trift,
vor gott er stirbet sunder spar,
wo ich nicht snelle kumme dar.

1885.
an mich nicht ere mak gestan:
ir edeln fürsten, denkt daran
und mit der werlde falschen rum
das wort ein evangelium
lat sin, das von üch wirt gehort:

1890.
den underseßen hie und dort
ir sult der warheit zeichen gebn.
die kinder nach dem vater lebn:
wie das gewesen ist sin tat,
darnach sich helt der kinder rat.

1895.
der basiliscus noch sin art
dem menschen nie so giftik wart
sam falscher rum und lügen funt,
davon die sele wirt verwunt
und hie des menschen ere gar

1900.
sich senket in der schanden mar.«

Hie kündet die Barmherzikeit,
wie riches lon ir wirken treit.


Theologia darnach sprach,
da sie Barmherzikeit ersach:
»waruf gebuwet ist din grunt?
das tu mir durch din wirde kunt.«

1905.
sie sprach: «ich gottes tochter bin;
uf nicht gebuwet ist min sin,
wan das ich widerbrechte das,
daran der mensche sich vergaß
gein gott und hie gefallen ist

1910.
in marter von des tüfels list,
min ouge sit den armen an:
ab ich in nicht gestüren kan
und im gehelfen mak uß not,
doch im min wille stüre bot:

1915.
ich lide mit im, was er leit,
sin not mich oft in jammer treit.
der ware got mich gerne sit:
min herz im anders nie gerit,
wan das er widerbrechte das,

1920.
durch bruch das hie versumet was.
er folgte mir und an sich sneit
von einer meit sins knechtes kleit;
darnach min ware tugent twank
den heren an des krüzes schrank;

1925.
er zu dem sünder trat in not:
uns leben koufte da sin tot.
min tugent das gewirket hat,
das mensche fri des bundes stat.
ich mak wol sin der tugnde berk:

1930.
die sichen trösten ist min werk,
und die in not gefangen sin,
den tu ich warer hülfe schin.
in durst, in hunger und in not
dem armen ich min stüre bot:

1935.
von mir er stetlich ist gewert,
was er durch gottes lib begert.
übr alle gottes werk ich bin:
welch mensche zu mir liben sin
treit, das enmak verderben nicht:

1940.
im ist genade vorgeticht.
hern David salbte mine hant,
an im da ich min trüwe fant:
barmherzikeit die sach er gern:
des lüchtet sam der morgenstern

1945.
übr alle zit ewik sin kron
vor gottes aneblicke schon.
darum, ir fürsten, wirket mich:
üch wirt von gotte sicherlich
barmherziklichen dort getan,

1950.
wann üch der werlde rich verlan.
den armen den betrübet nicht
und habt zu steter güte pflicht.
üch zimet wol, ir fürsten rich,
das ir in allen dingen glich

1955.
der werld ein wares zeichen sit,
so habt ir lop in eren wit.
das kint sich nach dem vater richt,
als im sin werk hat vorgeticht;
der vater oft das kint verblent,

1960.
ein bilde falsch wo er im sent.
zu gotte er nicht kummen kan,
der hie nicht folget miner ban,
und teilt sin gut der armen schar
in milde sam der adelar.«

Der Fride kündet hie sin werk
und spricht, er si der tugnde berk.


Theologia darnach sprach,
da sie den Fride rich ersach:
waruf gebuwet ist din ticht?
das tu mir kunt in diser schicht.«
er sprach: »ich. bin ein war rifir:

1970.
in mir sich weiden alle tir.
fisch, vogel, mensche geren min:
des bin ich aller tugnde schrin.
durch mich sint alle dink gesacht:
der helle grunt der ist gemacht,

1975.
das in dem himmel fride han,
die gottes willen han getan.
die engel wegten nimmer glich,
wern sie nicht gottes fride rich.
ich in dem himmel wart bekant,

1980.
da ich den ersten engel bant
und dampfte in der flammen glut
der argen slangen übermut.
wo min der mensche nicht engert,
sin ere schranzet gottes swert:



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