Fabelverzeichnis
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Lieder 17-31
 

Lieder 1-16
weltliche Lieder ohne autobiographische Züge.

Lied 1

Typus: Sehnsuchtsklage mit starken Anleihen aus der Minnesangtradition (u.a. Ruhelosigkeit,
Präsenz des Bildes der Geliebten in der Ferne, Erstarren in ihrer Gegenwart).
Nicht traditionell sind die konkrete Altersangabe und die Anspielung auf die Einäugigkeit des Dichters.

 

Ain mensch von achzehen jaren klueg
 

1.

Ain mensch von achzehen jaren klueg
das hat mir all mein freud geswaigt.
dem kund ich nie entwinnen gnueg,
seid mir ain aug sein wandel zaigt.
An underlass hab ich kain rue,
mich zwingt ir mündlin spat und frue,
das sich als lieblich auf und zue
mit worten suess kan lenken.

2.
Wie ferr ich bin, mir nahent schir
ir rains gesicht durch alle lant.
ir zartlich plick umfahent mir
mein herz in rechter lieb bekant.
Ach got, und west si mein gedankh,
wann ich vor ir senlichen krankh
hert stan und tar in kainem wankh
mich desgleichen renken.

3.
Weiplicher weib nie mensch gesach,
so liederlich an tadels punt.
ir schön geper tuet mir ungemach.
von höch der schaitl über ab den grunt.
Wenn ich bedenk so gar die mass,
kürz, leng, smal, prait, zwar tuen und lass,
wer möcht der lieben sein gehass?
o wolt si mich bedenken!

 

1.
Ein junges Ding von achtzehn Jahren, hübsch,
hat meine Freude ganz verstummen lassen.
Von ihr konnte ich mich nie mehr ganz losreißen,
seit ich mit meinem einen Auge sehe, wie sie ist.
Unruhe treibt mich immerzu;
von spät bis früh verfolgt ihr Mündlein mich,
das gar so herzig auf-und zugeht,
wenn sie es beim Reden süß bewegt.

2.
Bin ich weit weg von ihr, tritt überall gleich
ihr schönes Gesicht nah vor mich hin,
und dann umfangen ihre süßen Blicke
mein Herz, das sie erkennt in wahrer Liebe.
Ach Gott, wenn sie nur wüßte, was ich denke,
wenn ich vor ihr, vom Sehnen schwach,
erstarrt dastehe und mit keiner Geste
mich zu regen wage, wie ich wollte.

3.
Eine weiblichere Frau hat niemand je gekannt,
so anmutig, so gänzlich ohne Fehl.
Wie sie sich schön bewegt, das setzt mir zu.
Wenn ich vom Scheitel bis hinunter
bedenke ihre ganze Gestalt, wo kurz, wo lang,
wo schmal, wo breit, und all ihr Tun und Lassen,
wer könnte da der Lieben böse sein?
Ach, wollte sie doch freundlich an mich denken!

 

Lied 2
Typus: Schönheitspreis, die Geliebte als Kunstwerk Gottes.
 
Freu dich, du weltlich creatur
 

1.
Freu dich, du weltlich creatur,
das dir nach maisterlicher kur
gemessen ist rain all dein figur,
verglanzt ze tal nach der mensur
an tadel, adel kreftiklich dar inn verslossen.
der possen gossen ist an mail.
dem er sich geben hat zu tail,
der mag sich des erfreuen wol von herzen.

2.
Ain häubtlin klain des nam ich war,
dar auf kraus, plank, krumliert das har,
zwo smale pra, die euglein clar,
ain mündlein rubein-,rösleinvar,
nas, kinn und kel, das vel blaich, weiss mit
wenglin prinnen; die tinnen sinnen volgestackt,
von jungen jaren dar inn verstrackt.
dankh hab ain man, der es schon wurcht an smerzen.

3.
Wann ich durch all mein sinn betracht
des bildes form, leib, schön und macht,
wie es der maister hat bedacht,
und darnach genzlich wirt vollbracht,
das kain so rain ir geleich auf erd müg simulieren,
regnieren, pulchrieren, wie man wil:
gewalticlich behalt sie das spil.
mit eren zwar tar sie wol ernsten und scherzen.

 

1.
Freu dich, du irdisches Geschöpf,
daß dir, ganz wie ein Meister es ersann,
deine Gestalt so schön gebildet ist,
glänzend gemacht von oben bis unten, untadelig
nach rechtem Maß, und Adel unauflöslich eingefügt.
Dies Bildwerk ist gegossen ohne Makel.
Wem es sich hingegeben hat,
der darf sich dessen herzlich freuen.

2.
Ein zierliches Köpfchen habe ich gefunden,
darauf in Locken schimmernd, kraus das Haar,
zwei feine Brauen, blanke Augen,
ein Mündlein wie Rubin und Rosen,
Nase, Kinn, Hals, die Haut hell weiß, dazu der Wangen Feuer;
die Stirn mit Klugheit angefüllt,
die sich seit früher Jugend da entfaltet hat.
Dank sei dem, der das freudenreich geschaffen hat!

3.
Betrachte und bedenke ich dies Bild,
Gestalt und Leib, Schönheit und Herrlichkeit,
wie es der Meister ersonnen hat
und wie nach seinem Plan es dazu kommt,
daß keine auf der Welt ihr gleich, ihr ähnlich werden,
so thronen, prangen kann und was auch immer:
dann wird sie jeden Wettstreit leicht gewinnen.
In Ernst und Scherz weiß sie sich zu benehmen.

 

Lied 3

Typus: Gegeneinandergestellt sind das gegenwärtige Leiden an der Trennung von der Geliebten (Str. 2 und 3)
und die Vorstellung, welche Möglichkeiten der Liebesannäherung ein Pilger hat (Str. 1 und Refrain).
 

Ach got, wer eck ein belgerin
 

1.
Ach got, wer eck ein belgerin,
als ick vor titen eine was,
So walt ick tu den söstern min
gar brüderllcken ane hass.
Vil aventüwer nüwer mer
wolt eck in losen,
gscharp in dat örigin an gever
früntlicken kosen.
Twai stäbickin hiet ick pald genät
up einen höuggen, wier ick tät
darunder klösterlick verdrät
gschon als ein bruder, der sine
söstern liefer suckte wan die muder.


2.
Wo herten lief binander ist,
da durt die nacht ein ougenblick.
Wie künd ick mick der kurten frist
benügen, der ick nicht ergschrick?
Und die min hert beseden hat
gescharp mit gewalde,
ick kan ir nimmer werden sat,
die wil ick alde.
Twai stäbickin hiet ick pald genät
up einen höuggen, wier ick tät
darunder klösterlick verdrät
gschon als ein bruder, der sine
söstern liefer suckte wan die muder
.

3.
Senlickes gescheiden mick ermart,
mit groter klag ick dat verdol.
Iedoch mick dar nach panget hart,
dat ick mick selden gescheiden sol
und mir undecke wonet bi,
die mick tut frouwen
für aller werlde stampani.
Dat mut mick ruwen.
Twai stäbickin hiet ick pald genät
up einen höuggen, wier ick tät
darunder klösterlick verdrät
gschon als ein bruder, der sine
söstern liefer suckte wan die muder.

 

1.
Ach Gott, wär ich ein Pilger doch,
wie ich vorzeiten einer war!
Wallfahrten wollte ich zu meinen Schwestern
so wie ein Bruder, gar nicht böse.
Mit vielen unerhörten Neuigkeiten
wollt ich sie dann umschmeicheln,
spitz in das Öhrchen ganz gewiß
was freundliches flüstern.
Zwei Stäbchen hätt ich schnell genäht
auf eine Kotze. Unter der, wie wollt ich dann
mich zeigen, klösterlich verwandelt,
hübsch wie ein Bruder, der seine
Schwestern lieber suchte als die Mutter!


2.
Wo Herzenslieb beisammen ist,
da dauert die Nacht einen Augenblick.
Wie könnte mir die kurze Zeit genügen,
in der ich nicht aufschrecken muß?
Sie, die mein Herz erobert hat
rasch mit Gewalt,
von ihr kann ich niemals genug bekommen
bis in mein Alter.
Zwei Stäbchen hätt ich schnell genäht
auf eine Kotze. Unter der, wie wollt ich dann
mich zeigen, klösterlich verwandelt,
hübsch wie ein Bruder, der seine
Schwestern lieber suchte als die Mutter!


3.
Schmerzliches Scheiden bringt mich um
und nur mit bittern Klagen überleb ich es.
Und doch verlangt mich sehr danach,
weil ich nie Abschied nehmen kann,
weil sie erst gar nicht bei mir ist,
die mich froh macht
weit mehr als alle Lustbarkeit der Welt.
Das tut mir weh.
Zwei Stäbchen hätt ich schnell genäht
auf eine Kotze. Unter der, wie wollt ich dann
mich zeigen, klösterlich verwandelt,
hübsch wie ein Bruder, der seine
Schwestern lieber suchte als die Mutter!

 

Lied 4

Typus: »Wachtraum der Phantasie«. Die Hauptmotive, Tagesliedsituation, Tanz, Blumenpflücken und Liebesvereinigung,
haben ihren Zusammenhang in der Situation eines Einsamen, der sich zur Geliebten hinwünscht.
 

Frölich, zärtlich, lieplich und klärlich
 

1.
Frölich, zärtlich, lieplich und klärlich,
lustlich, stille, leise,
in senfter, süesser, keuscher, sainer weise
wach, du minnikliches, schönes weip!
reck, streck, preis dein zarten, stolzen leip!
Sleuss auf dein vil liechte euglin klar!
taugenlich nim war,
wie sich verschart der sterne gart
in der schönen, haitren, claren sunnen glanz!
Wol auf zu dem tanz!
machen einen schönen kranz
von schaunen, praunen, plauen, grauen,
gel, rot, weiss, viol plüemblin sprannz!

2.
Lünzlocht, münzlocht, klünzlocht und zisplocht,
wisplocht freuntlich sprachen
aus waidelichen, gueten rainen sachen
sol dein pöschelochter roter mund,
der ser mein herz tieflich hat erzunt
und mich fürwar tausend mal erweckt,
freuntlichen erschreckt
aus slaffes traum, so ich ergaum
ain so wol gezierte, rote, enge spalt,
lächerlich gestalt,
zendlin weiss darin gezalt,
trielisch, mielisch, vöslocht, röslocht,
hel zu fleiss waidelich gemalt.

3.
Wolt si, solt si, tät si und käm si,
näm si meinem herzen
den seniklichen, grossen, herten smerzen,
und ein brüstlin weiss darauf gesmuckt,
secht, slecht wer mein trauren da verruckt.
Wie möcht ain zart seuberliche dirn
tröstlicher geziern
das herze mein an allen pein
mit so wunniklichem, lieben rainen lust?
Mund mündlin gekusst,
zung an zünglin, brüstlin an brust,
bauch an beuchlin, rauch an reuchlin
snell zu fleiss allzeit frisch getusst.

 

1.
Fröhlich, zärtlich, anmutig und hell,
lustvoll, still und sanft,
ruhig, süß, rein und gemächlich:
so wach auf, du liebenswerte schöne Frau!
Recke, strecke dich und kleide deinen feinen, herrlichen Leib!
Öffne deine strahlend blanken Äuglein!
Nimm verstohlen wahr,
wie sich auflöst der Sternengarten
im Glanz der schönen, heiteren, klaren Sonne!
Auf zum Tanz!
Machen wir einen schönen Kranz
aus dem Schimmer beiger, brauner, blauer, grauer,
gelber, roter, weißer, violetter Blüten!

2.
Schlaflich, küßlich, schmeichlerisch, flüsterlich,
wisperlich, herzlich reden
aus gutem, köstlichem, schönem Grund
soll dein üppiger roter Mund,
der mein Herz tief drin heftig entzündet hat
und mich sicher tausendmal aufweckt,
liebevoll aufschreckt
aus Schlaf und Traum, wenn mir erscheint
solch eine schön geformte rote feine Öffnung,
zum Lächeln geschaffen,
Zähnlein weiß darin in Reihe,
lippenschön, lächelnd, blühend, rosig,
leuchtend, ein trefflich gemaltes Bild.

3.
Wollt sie, würd sie, tät sie es und käm sie,
nähm sie mir vom Herzen
den schweren, bitteren Sehnsuchtsschmerz
und ein weißes, Brüstlein drauf gedrückt —
schaut, da wäre gleich mein Leid vertrieben.
Wie könnt ein zartes, hübsches Mädchen
mein Herz heilsamer schmücken,
vom Schmerz befreien,
als mit so süßer, wonniger, so reiner Lust?
Mund Mündlein geküßt,
Zung an Zünglein, Brüstlein an Brust,
Bauch an Bäuchlein, Pelz an Pelzlein,
frisch und eifrig, nimmermüd gestoßen.

 

Lied 5
Typus: Freude der Morgen- und Frühjahrsnatur und freudige Liebesgedanken sind eng verschränkt.
 

Des himels trone
 

1.
Des himels trone
enpfärbet sich
durch tags gedrank.
Die voglin schone
erwecken mich
mit süessem klank.
Verswunden ist der sne;
laub, gras, kle
wunnikleich entspringen.
Des wil ich von herzen
an smerzen
meiner frauen singen.
Die mir kan wenden als mein senden,
trauren plenden mit den henden minnikleich.
freudenreich
macht mich die raine; klaine ist mein ungemach.
Wenn ich gedenk an ir gelenke
sunder wenke, freuntlich schrenke,die si kan,
undertan
so ist mein leip dem zarten weip, neur wo ich gach.

2.
Pfeif auf, lass raien!
die lind ist grüene,
der wald entsprossen.
Gen disem maien,
herzlieb, pis küene
und unverdrossen.
Schau an die plüemblein clar,
wolgevar,
zierlich ir gepflänze.
Darin well wir prangen.
enphangen
sind die liechten glänze.
Von manger farbe, junk und marbe,
smelchlin garbe, würzlin harbe manigvalt,
neu und alt,
hand sich gesüesset.grüesset sei ir sprinz und spranz.
Gezwait, gevieret, scharlich tieret,
schrailich gieret, kurzlich schieret alle gnucht.
weiplich zucht,
gedenk an mich, wenn ich kom zu dir an den tanz.

3.
Fliehet, scharpf winde,
lat uns an not!
ir seit genidert,
die meinem kinde
sein mündlin rot
han durchfidert.
Ir anplick, hendlin weiss
sol mit fleiss
von eu versichret sein,
wenn si durch die aue
mit taue
benetzt ir schüechlin klain.
Wol auf die lassen, an die gassen,
die vor sassen als die nassen auf der bank
plöd und krank!
freut euch der sunne küeler brunne. clar geflinst.
Mai, du kanst machen allen sachen
ein erwachen des wir lachen fraget, wes?
alles des,
das neur ain got an spot uns solchhe gnad verzinst.

 

1.
Der Thron des Himmels
wird blaß
vom Herandringen des Tages.
Die Vöglein
wecken mich sanft
mit süßen Tönen.
Verschwunden ist der Schnee.
Laub, Gras, Klee
sprießen köstlich.
Darum will ich von Herzen
und fröhlich
meiner Geliebten singen.
Sie, die mir all mein Sehnen enden kann
und mein Trauern betäuben mit zärtlichen Händen,
glücklich
macht mich die Schöne; mein Kummer zergeht.
Wenn ich an ihre Anmut denke,
unablässig, an das herzliche Umarmen, das ihr eigen ist,
so bin ich ganz ergeben
dieser reizenden Frau, wohin ich auch eile.

2.
Pfeif auf, laß den Reigen gehen!
Die Linde ist grün,
der Wald hat ausgeschlagen.
In dieser Maienzeit,
Herzlieb, sei munter
und unbeschwert!
Schau die leuchtenden Blümlein an:
schön farbig,
zierlich ihr Wuchs.
Damit wollen wir uns schmücken.
Entzündet ist
der helle Glanz.
Von bunten Farben, jung und zart,
ausgewachsene Gräslein, herbe Kräutlein, vielerlei,
neu und alt,
alle sind sie schöner und süßer geworden.
Gegrüßt sei ihr Sprießen und Sprossen.
Zu zweit, zu viert, in Scharen lebt und webt,
schreit voll Verlangen, tummelt sich bald alle Welt.
Edle Frau, denk an mich, wenn ich zum Tanzen zu dir komme.

3.
Geht fort, scharfe Winde,
belästigt uns nicht mehr!
Ihr seid überwunden,
die ihr meinem Mädchen
sein rotes Mündlein
rissig gemacht habt,
Ihr Gesicht und ihre weißen Hände
sollen vor euch
sicheren Frieden haben,
wenn sie durch die Au geht
und ihre zierlichen Schühchen
mit Tau benetzt.
Auf, ihr Trägen, hinaus auf die Gasse!
Ihr wart wie begossen auf der Bank gehockt,
dösig und müde,
jetzt freut euch an der Sonne, am klaren Schimmern kühler Quellen!
Mai, du kannst allen Dingen ein Erwachen bereiten.
So jauchzen wir. Fragt ihr, worüber?
Einfach weil uns wahrhaftig
der einige Gott mit solcher Gnade überhäuft.

 

Lied 6
Der mai mit lieber zal
 

1.
Der mai mit lieber zal
die erd bedecket überal,
pühel, eben, perg und tal.
aus süesser voglein schal
erklingen, singen hohen hal
galander, lerchen, droschel, nachtigal.
der gauch fleucht hinden nach
mit grossem ungemach
klainen vogelein gogeleich. höret, wie er sprach:
>cucu, cucu, cucu, den zins gib mir,
den wil ich han von dir.
der hunger macht lunger mir
den magen schir.<
>ach ellend! nu wellent sol ich?<
so sprach das klaine vich.
>küngel, zeisel, mais, lerch,nu kum wir singen: 'oci
und tu ich, tu ich, tu ich, tu ich,
oci oci oci oci oci oci fi,
fideli, fideli, fideli, fi,
ci cieriri ci-ri cieriri ci-ri civik civik,
fici, fici.'
so sing der gauch nur 'kawa wa cu cu'.<

2.
>Raco<, so sprach der rab,
>zwar ich sing auch wol.
vol muess ich sein.
das singen mein:
scheub ein! her ein! vol sein!<
>liri liri liri liri  liri liri lon<,
so sang die lerch,
so sang die lerch,
so sang die lerch.
>ich sing hel, ain droschelein,
ich sing hel ain droschelein
ich sing hel ain droschelein,
das in dem wald erklingt.<
ir lierent, zierent, gracket und wacket
hin und her recht als unser pfarrer.
>zidiwick, zidiwick, zidiwick,
zificigo zifizigo
ziflzigo.< nachtigal!
die selb mit irem gesang behüeb den gral.

3.
>Upchahi,< so sprach das fül,
>lat uns auch dar zue!
frue vert die kue.<
der esel lue:
>her sack, auf meinen nack!
'rigo rigo rigo rigo rigo rigo kum!'
so ruefet die mül,
so ruefet die mül,
so ruefet die mül.<
>ker ab!< sprach die mülnerin,
>heb auf<, schrie die päuerin,
>nu trag hin, mein eselein!
da, da! prusta: i-a
nun leir, nicht veir, bis dir der geir
die haut abziehen wirt bei dem weir!<
wol auf, wol auf, wol auf!
wol auf, sail an, pint auf, schint dich,
Walpurg! rügel dich, guet waidman,
mit jagen, paissen, rogken in dem tan.

 

1.
Der Mai bedeckt mit schöner Fülle
die ganze Erde,
Hügel, Ebene, Berg und Tal.
Aus dem Gezwitscher süßer Vöglein
tönen heraus und singen hohe Melodien
Kalander, Lerchen, Drosseln, Nachtigallen.
Der Kuckuck fliegt hinterdrein
und bedrängt
die kleinen lustigen Vöglein. Hört, wie er redete:
>Ku ku, ku ku, ku ku, zahl mir die Steuer,
die will ich von dir haben.
Der Hunger macht mir schon
den Magen gierig.<
>O je, wo soll ich nun hin?<
rief das kleine Getier.
>Zaunkönig, Zeisig, Meise und Lerche, kommt nur,
wir singen:'oci und tu ich, tu ich, tu ich, tu ich,
oci oci, oci oci, oci oci, fi,
fideli, fideli, fideli, fi,
ci cieriri ci-ri cieriri ci-ri civik civik,
fici, fici.'
Dann mag der Kuckuck singen 'kawa wa ku ku'.<

2.
>Rako<, rief der Rabe,
>ich kann doch auch schön singen.
Aber satt muß ich sein.
Mein Singen ist:
schieb rein, herein, voll sein!<
>Liri liri liri liri liri liri lon<,
so sang die Lerche,
so sang die Lerche,
so sang die Lerche.
>Ich das Drosselein,
ich, das Drosselein,
ich, das Drosselein, ich singe laut,
daß es durch den Wald ertönt.<
So tiriliert und zwitschert ihr, kräht und hüpfet
hin und her, grad wie unser Pfarrer.
>Zidiwick, zidiwick, zidiwick,
zificigo zifizigo
ziflzigo.< Die Nachtigall!
Die erwürbe wohl mit ihrem Singen den Gral.

3.
>Upchahi<, rief das Füllen,
>laßt uns auch mitmachen!
Die Kuh zieht schon früh los.<
Der Esel schrie:
>Nur rauf, Sack, auf meinen Nacken!
'Rigo rigo rigo rigo rigo rigo, komm!'
ruft mir die Mühle,
ruft mir die Mühle,
ruft mir die Mühle.<
>Hau ab<, sagte die Müllerin.
>Heb auf<, schrie die Bäuerin,
>trag es nur hin, mein Eselchen!
Da, da! Und schnaub nur dein I-A.
Mach Musik, sei nicht faul, bis das dir der Geier
am Teich die Haut abziehen wird.<
Nur zu, nur zu, nur zu!
Nur zu, spann ein, lad auf, plag dich,
Walburg! Tummel dich, Jägersmann,
im Wald mit Jagen, Beizen, Vogelstellen!

 

Lied 7

Typus: Liebesdialog mit monologischem Anfang.
Die vorausgesetzte Situation — Einigkeit der Liebenden gegen den melder, die heimliche Liebesbündnisse verraten wollen —
ist im zeitgenössischen Liebeslied sehr häufig.
 
Gar wunniklich hat si mein herz besessen
 
1.
Gar wunniklich hat si mein herz besessen.
in lieb ich ir gevangen bin mit stetikait,
verslossen gar in der vil zarten ermlin strick.
mein höchstes hail, ich bin dein aigen,
zwar des gib ich dir meinen brief.

2.
>In welcher main hastu dich freud vermessen
gen mir? doch unergangen so bin ich berait.
herzlieb, nim war, das uns nict vach der melder rick!
als ungevell behüet die faigen,
jo und geschech in nimmer lief.<

3.
In aller treu, weib, du solt nicht vergessen,
teglich ist mein belangen dir zu dienst berait.
der freuden schar ich wart von liechten öuglin blick.
dein mündlin rot mit süessem naigen
schon mich beroubt der sorgen tief.

 
1.
Zu meiner Freude hat sie mir das Herz besetzt.
In Liebe bin ich ihr Gefangener, in Treue,
fest eingeschlossen in den Fesseln ihrer zarten Arme.
Mein höchstes Glück, ich bin dein Eigentum,
das kann ich dir verbriefen.

2.
>In welchem Sinn erwartest du dir von mir Freude?
Doch wenn du nicht zu weit weg gehst, so bin ich bereit.
Herzlieb, gib acht, daß uns die Schlinge der Verräter
nicht fängt! Nur Unheil komme über die Verwünschten, ja,
und niemals möge ihnen Liebes widerfahren.<

3.
In aller Treue, Frau, das sollst du nicht vergessen,
ist Tag für Tag mein Sehnen dir zu dienen willig.
Ich hoff auf Freudenfülle aus den Blicken heller Augen.
Wenn sich dein rotes Mündlein süß mir zuneigt,
nimmt es mir alle tiefe Traurigkeit.

 
Lied 8

Typus: Liebesdialog mit werbenden Bitten des Mannes, zögernden Antworten der Frau.
Verglichen mit anderen Liebesdialogen Oswalds ist hier die Haltung der Frau eher von Abwehr bestimmt.
 
Mir dringet, zwinget, frau dein güet
 
1.
>Mir dringet, zwinget, frau dein güet
mein gemüet, taut liebstes ain,
an eren reich.
gleich so muess ich loben, frau dein guet gestalt.<
'Deins herzen scherzen mich ser wundert,
sundert von dir, traut geselle rain.
dein höflich schimpf,
glimpf mit freuden mich betraget manigfalt.'
>Mein schallen, frau, zu dieser frist
ainfaltig ist. fürwar, du pist,
der ich meins herzen gan.
darumb gepeut an underschaid,
traut liebste maid.
in lieb und laid pin ich berait
ze dienen dir. nit lieber mir
brächt grösser zier, wenn dastu schier
gepeutest heint mir tuen und lan.<

2.
'Dein senen, wenen ich nit püessen
kann, volsüessen deiner ger.
mein weiplich zucht,
frucht mag klain erfreuen dich zu keiner stund.'
>Mein willen stillen du wol kündest
und enpündest all mein schwär.
dein wort und weis
leis lieblich erkücken möchte meins herzen grunt.<
'Gesellschaft du solt abelan.
dein gueter wan nach meim verstan
an mir nit freuden vint,
davon dein leiden wurd entricht.
wie mir geschicht,
so kan ich nicht mit kainer pflicht
dir wünschen hail, davon an mail
mein leib so geil dir wurd ze tail.
schweig still, die liebe die ist plint.'

3.
>Dein handel, wandel mich entzündet
und durchgründet hie und dort.
darumb gedenk:
lenk mich, frau, beleiben stät in deiner huld.<
'Mein munde kunde dir muess helen
sunder quelen, traut liebster hort.
ganz stäte treue
neue von dir nit weich umb kainerlai händel schuld.'
>Mit freuden ich das widergilt
dein eren mild. von mir nu hilt
gein dir kain ungewin,
davon dein er dir wurd versert.
mein herz begert
dich unverkert, des gleich mich nert
dein stolzer leib, traut senlich weib.
mein laidvertreib. dein aigen bleib
ich immer auf die gnade dein.<

 
1.
>Daß du so gut bist, liebe Frau, bedrängt
und überwältigt mir das Herz, einzig Geliebte,
reich Geehrte,
und deine Schönheit muß ich ebenso hoch rühmen.<
'Daß du so scherzen kannst, erstaunt mich sehr
und trennt mich, lieber guter Freund, von dir.
Dein gewandtes Muntersein
und fröhliches Schöntun wird mir oft zur Last.'
>Was ich da heute singe, liebe Frau,
ist ganz aufrichtig. Du bist es, auf mein Wort,
der ich mein Herz gern schenken möchte.
Darum verfüge über mich in allen Dingen,
du allerliebstes Mädchen.
Ich bin willens, dir in Freud und Leid
zu dienen. Nichts wäre mir lieber,
nichts eine größere Auszeichnung, als wenn du bald,
noch heute abend, mir gebötest, was ich tun und lassen soll.<

2.
'Was du ersehnst, erwartest, kann ich nicht erfüllen,
nicht süß dir stillen dein Verlangen.
Als weibliches Geschöpf, das weiß, was sich gehört,
kann ich dich nie beglücken.'
>Du könntest wohl willfahren meinem Wunsch
und würdest mich damit von allem Leid befreien.
Dein Wort, dein Singen
könnte mich sanft neu beleben tief im Herzen drin.<
'Du sollst nicht meine Nähe suchen.
Dein schönes Hoffen wird bei mir,
das weiß ich sicher, nicht die Freude finden,
von der dein Leid geschlichtet würde.
Was mir auch widerfährt,
ich kann doch nicht, so viel du auch einsetzen magst,
ein Glück dir wünschen, von dem ich,
noch unberührt und unbeschwert, dir preisgeben würde.
Schweig still, diese Liebe ist blind.'

3.
>Dein ganzes Wesen läßt mich glühen
und dringt tief in mich ein.
Darum bedenke:
Leite du mich so, daß ich beständig bleiben kann in deiner Huld.<
'Mein Mund muß eine Antwort dir verschweigen
und will dich doch nicht quälen, liebster Schatz.
Vollkommne, immer neue Treue
darf dir nicht fehlen, was auch kommen mag.'
>Mit Freuden will ich das vergelten
deiner Ehre, die mir so viel schenkt.
Nie wird von mir etwas zu hören sein,
was dir schaden könnte.
Mein Herz verlangt nach dir
ganz unentwegt, denn deine Schönheit
hält mich am Leben, du liebe und ersehnte Frau.
Du meine Freude, ich bleib immer dein
und hoff auf deine Gnade.<

 
Lied 9

Typus: Tagelied, ausschließlich aus den Reden von Mann und Frau bestehend.
Anders als in der älteren Tradition weckt hier der Mann die Frau.
 
Wach auf, mein hort, es leucht dort her

Noten!

 
1.
'Wach auf, mein hort, es leucht dort her
von orient der liechte tag.
blick durch die brau, vernim den glanz,
wie gar vein blau des himels kranz
sich mengt durch grau von rechter schanz.
ich fürcht ain kurzlich tagen.'

2.
>Ich klag das mort, des ich nicht ger:
man hört die voglin in dem hag
mit hellem schal erklingen schon.
o nachtigal, dein späher don
mir pringet qual, des ich nicht lon.
unweiplich muess ich klagen.<

3.
'Mit urloub fort! deins herzen sper
mich wunt, seit ich nicht bleiben mag.
schidliche not mir trauren pringt.
dein mündli rot mich senlich twingt,
der bitter tod mich minder dringt.
darumb muess ich verzagen.'

 
1.
'Wach auf mein Schatz, es leuchtet dort
vom Osten her der helle Tag.
Blick durch die Wimpern, schau den Glanz,
wie ganz fein blau des Himmels Rund
sich in das Grau mengt, das uns günstig war.
Ich fürchte, es wird gleich tagen.'

2.
>Ich beklag's wie den Tod, was ich nicht wünsche:
Man hört die Vöglein im Gebüsch
mit hellem Klang schön tönen.
O Nachtigall, dein kunstreiches Lied
bringt mir nur Leid, dafür belohn ich dich nicht.
Mein Klagen ist größer als Frauenkraft.<

3.
'Erlaube mir zu gehen! Dein Herz ist ein Speer,
der mich verwundet, weil ich nicht bleiben kann.
Der Schmerz des Scheidens macht mich traurig.
Dein rotes Mündlein bedrängt mich mit Sehnen.
Der bittere Tod macht mir weniger Angst.
Das läßt mich verzagen.'

 
Lied 10

Typus: Zweistimmiges Tagelied mit Mannesrolle im Tenor, textlosen Hornstößen,
Frauenrolle und Wächterrolle im Discantus. Vorwiegend ein Klangbild leichten Stils.
 
Los, frau, und hör des hornes schal
 
Tenor

Los, frau, und hör des hornes schal
perg und tal ane qual überal.
auch hör ich die nachtigal.
des liechten morgen röte sich vor der pleu her dringt.
plas schon, wachter! ich spür dein zoren michel gross.
Mich rüert ain wint von orient,
der entrent auch plent das firmament
und der uns die freud hie went.
zart minnikliche diren, das horen polret grimmiklich.
ich hör dich wol, du trüebst die frauen mein.
Los! los, los, los!
senliche klag, mordlicher tag,
wie lang sol unser not mit dir bestän?
hab urlaub, höchser schatz, kurzlich herwider ruck!

Horch, Frau, und hör den Ton des Horns.
unbekümmert über alle Berge und Täler.
Auch höre ich die Nachtigall.
Die Röte des hellen Morgens drängt sich vors Blau.
Blas nur Wächter! Ich merke schon, wie grausam du bist.
Ich fühle den Wind, der vom Orient kommt,
der vertreibt und überblendet den Sternenhimmel
und zerstört uns hier die Freude.
Mein liebes, liebenswertes Mädchen,das Horn dröhnt bedrohlich.
Ich hör dich schon, du betrübst mir die Geliebte.
Horch! Horch, horch, horch!
Klage der Liebe, tödlicher Tag,
wie lange wirst du dauern und mit dir unser Schmerz?
Leb wohl, höchstes Gut, rück kurz noch mal her zu mir!

 
Discantus

[Hornquinten]
Sag an, herzlieb, nu was beteutet uns so gar schrecklicher hal
mit seinem don?
>aahü, aahü,
wol auf, die nackenploss!<
[Hornquinten]
Ainiger man, sol uns der gast erstören hie so ach elend?
wem lastu mich?
>aahü, aahü,
her gat des tages schein.
Pald ab dem weg, die geren läg!
hör, hör, hör, gesell, klüeglichen geschell!
stand up, risch up, snell up! die fogel klingen in dem hard,
amsel, droschel, der vinkh und ain zeiselin, das nennet sich kukuck.<

[Hornquinten] [Sie:]
Mein Liebster, nun sag mir, was bedeutet für
uns dieser schreckliche Ton mit seiner Musik?
[Wächter:]
Aahü, aahü, auf, wer noch nackt und bloß!
[Hornquinten] [Sie:]
Mein einziger Mann, soll dieser fremde Mensch
uns hier so unselig aufstöbern? Wem lieferst du mich aus?
[Wächter:]
Aahü, aahü, es naht das Tageslicht.
Schnell nur hinweg, auch wenn sie gerne liegen bliebe!
Hör, hör, hör, mein Freund, wohlbedachtes Tönen.
Steh auf, sprind auf, schnell auf! Die Vögel singen schon im Wald,
Amsel, Drossel, der Fink und ein Zeisiglein, das nennt sich Kuckuck.

 

Discantus = mittelalt. Mehrstimmigkeit.
Unter Hornquinten (auch Horngang) versteht man in der Musik eine spezielle Art der zweistimmigen Stimmführung.
 

Lied 11

Typus: Tagelied im bäurischen Milieu. Die Bäuerin hat als Weckende die Rolle des Wächters eingenommen, stellt sich aber als
Herrin gegen das Liebespaar.

 
Stand auf, Maredel, liebes Gredel
 
Tenor

Stand auf, Maredel, liebes Gredel,
zeuch die rueben aus!
kint ein, setz zu flaisch und kraut! eil, bis klueg!
get, ir faule tasch, die schüssel wasch!
wer wett, Küenzel knecht. der diren flecht?
aus dem haus, ir verleuchter dieb!
Gret, louff gen stadel, suech die nadel,
nim den rechen mit!
gabel, drischel, reiter. sichelvindstu du dort.
Jans, Katrei nim mit dir, der Kuenz bleib mir!
sweg, du faige haut, und schrei nicht laut!
dein schand werd brait und er sicherlichen smal.
Pfäch dein, Gretlein,
spinn, ker, dich ner,
nicht verzer deinen rock!
pock, so wirstu ain lock.
dock, vir schock
gib ich dir ze ainem manne vil schier.

[Bäuerin]:

Steh auf, Maredl, liebe Gretel!
Zieh die Rüben raus!
Mach Feuer, setz Fleisch und Kraut an! Schnell, sei
gescheit! Nur zu, faule Tasche, spül die Schüssel ab!
Wetten, daß Kunz der Knecht das Mädchen umarmt?
Aus dem Haus, helliger Dieb!
Gret, lauf zum Schuppen, such die Nadel, nimm den
Rechen mit! Gabel, Dreschflegel, Kornsieb, Sichel findest
du dort. Nimm Hans und Kathrin mit! Der Kunz soll bei
mir bleiben. Schweig, du schlechte Haut, und mach kein
Geschrei! Deine Schande wird sich ausbreiten,
und um deine Ehre wird es sicher eng.

Pfui doch, Gretlein,
spinn, kehr, tu was für dich!
Beul deinen Rock nicht aus!
Lauf nur dem Bock nach,
bald hast du ein Kind im Arm.
Mädchen, vier Schock Kreuzer geb ich dir,
sobald du heiratest.

 
Discantus

Frau, ich enmag,
wann es ist verre gen dem tag.
nu wol, wenn sol ich vol
slaffen mir genueg?
zue, lat euch der weil! ja trag wir ouch ein peil.
bleib hie, nit eil!
mein trauter Khüntzel- smünzel ist mir werlich lieb.
Wer kumpt hernach,
der mir went meinen ungemach.
so schain und rain allein?
arbait ist ain mort.
Kathrei ist unnutz, Jänsleins pin ich urdrutz.
mit liebem smutz
bin ich genzlich des Khüenzleins aus dem edlen Zilerstal.
Frau, eur straffen ist enwicht.
spinnen, keren mag ich nicht.
phlicht trag ich zu dem Khüenzlein,
wann er ist wol mein.
sein leib geit freuden vil, darnach sich sent mein gir.

[Magd]:

Frau, ich kann nicht,
bis zum Tag ist's ja noch lang.
Wann den soll ich endlich einmal
wirklich ausschlafen können?
Bleib da mein Schatz,
lauf nicht weg!
Mein liebes Künzel-Schmünzel hab ich gar zu gern.
Wer kommt denn sonst,
der mir meinen Kummer
vertreibt so schön, so sauber, so heimlich?
Arbeit ist eine Schinderei.
Kathrein taugt nichts, und den Hansel hab ich satt.
Mit einem Herzensschatz gehör ich ganz und gar
dem Künzlein aus dem edlen Zillertal.
Frau, Euer Schelten hilft doch nichts.
Spinnen, kehren mag ich nicht.
Zugetan bin ich dem Künzlein, weil er mir gehört.
Er schenkt mir viel Lust, zu ihm treibt es mich hin.

 
Lied 12
Das ist ein Liebesdialog zweier Hirten
 
Treib her
 
1.
>Treib her,
treib überher, du trautes Bärbeli, das mein,
zu mir ruck mit den schäffgin dein,
kom schier, mein schönes Bärbelein!<

2.
»Ich merk,
ich merk dich wol, aber ich entuen sein wärlich nicht.
dein waide die ist gar enwicht,
mein haide stat in grüener pflicht.«

3.
>Mein waid,
mein waid die ist wol aus der massen kürlich guet
mit kle, laub, gras, vil plüemlin pluet.
der snee get ab in meiner huet.<

4.
»So hör,
so hör ich hie vil süesser vogelein gesangk.
da bei ist mir die weil nicht langk,
gar frei ist aller mein gedank.«

5.
>So han,
so han ich hie wol ainen küelen klaren brunn,
darum ein schatten für die sunn.
nu kum, meins herzen höchste wunn!<

6.
»Von durst,
von durst so han ich kainerlaie hendlin not.
ja keut ich nie das käs und brot,
das heut mein mueter mir gebot.«

7.
>Vil swammen,
swämmelein die wachsen hie in disem strauch,
darzu vil junger voglin rauch.
kämstu zu mir, ich gäb dir auch.<

8.
»Wiltu,
wiltu mich sichern genzlichen mit gemache lan,
villeicht so treib ich zu dir hinan.
sust weicht mein vich verrlich herdan.«

9.
>Nu fürcht,
nu fürcht dich nicht, mein auserwelte schöne tock!
ja flicht ich dir deinen weissen lock
und slicht dir deinen roten rock.<

10.
»Das hast,
das hastu mir so dick versprochen bei der wid,
vest stät zu halden einen frid;
noch tät du mir an meim gelid.«

11.
>Der schad,
der schad ist klaine, der deinem leib allda beschach,
in mass als es dein swester sprach.
ich lass dich fürbas mit gemach.<

12.
»Das wirt,
das wirt sich sagen erst, so ich werden sol ein braut,
ob sich verrucket hat mein haut.
pfüg dich! du tetst mirs vil zu laut.«

13.
>Bis wil-,
bis wilkomen, mein auserwelter schöner hort!
du bist mir lieber hie wann dort.
nu lisp mir zue ein freuntlich wort!<

14.
»Und wär,
und wär ich dort, wer wär dann, lieb, bei dir allhie?
mein herz dich genzlich nie verlie
an smerz, du waisst wol selber, wie.«

15.
>Des wol,
des wol mich ward vil mer wann hundert tausent stund.
mich tröst dein rosenfarber mund,
der löst auf swäres herzen punt.<

16.
Vil freud,
vil freud und wunne ir baider lib alldo betrat,
bis raid der abent zueher jat.
an laid schied sich ir baider wat.

 
1.
>Treib her,
treib herüber, Bärbeli, du mein Liebes,
zu mir her zieh mit deinen Schäfchen,
komm schnell, mein schönes Bärbelein!<

2.
»Ich verstehe,
ich verstehe dich wohl, doch tu ich es bestimmt nicht.
Deine Weide taugt ja nichts,
meine Heide steht in vollem Grün.«

3.
>Meine Weide,
meine Weide ist besonders gut, ganz ausgesucht,
voll Klee, Laub, Gras und vielen blühenden Blumen.
Der Schnee schmilzt weg hier, wo ich hüte.<

4.
»Dafür höre ich,
dafür höre ich hier ganz viele süße Vögel singen.
Dabei wird mir die Zeit nicht lang,
und ich habe einen freien Kopf.«

5.
>Dafür habe ich,
dafür habe ich hier eine kühle, klare Quelle
und um sie herum auch Schatten vor der Sonne.
So komm, du größte Freude meines Herzens!<

6.
»Durst,
nein, Durst plagt mich in keiner Weise.
Ich habe den Käse und das Brot noch nicht gegessen,
die meine Mutter mir heute mitgegeben hat.«

7.
>Viele Pilze,
viel Pilzlein wachsen hier in dem Gebüsch,
auch gibt es Flaum von den ganz jungen Vöglein.
Kämst du zu mir, so gäbe ich dir davon.<

8.
»Willst du,
willst du mir fest versprechen, mich in Ruhe zu lassen,
vielleicht treib ich dann hin zu dir.
Wenn nicht, dann ziehen meine Tiere ganz weit weg.«

9.
>Nun fürchte,
fürchte dich nicht, mein einzig schönes Kind!
Ich flechte dir doch deine hellen Locken
und streich dir glatt den roten Rock.<

10.
»Das hast du,
hast du mir schon oft versprochen hoch und heilig,
daß du mir sicheren Frieden halten wolltest;
und doch hast du mir dann was angetan.«

11.
>Der Schaden,
der Schaden ist gering, der dir dort widerfuhr,
so wie auch deine Schwester sagte.
Ich laß dich künftig ganz in Ruhe.<

12.
»Es wird,
es wird sich erst dann zeigen, wenn ich eine Braut bin,
ob meiner Haut da was passiert ist.
Pfui dir, du triebst es gar zu heftig.«

13.
>Sei will,-
sei mir willkommen, du mein einzig schöner Schatz!
Du bist mir lieber hier als dort.
Nun flüstre mir was Liebes zu.<

14.
»Und wäre ich,
wäre ich dort, wer wäre dann, Liebster, hier bei dir?
Mein Herz war nie von dir gewichen,
Voll Freude war es bei dir, du weißt wohl selber, wie.«

15.
>Darum wohl mir,
wohl ist mir geschehen mehr als hunderttausendfach.
Es tröstet mich dein rosenfarbner Mund,
der löst die Fesseln eines bedrückten Herzens auf.<

16.
Viel Lust,
viel Lust und Freude kam da über beide,
bis rasch der Abend näher eilte.
Da trennten sich dann leidlos ihre Wege.

 
Lied 13

Typus: Erotikon vor dem Hintergrund der Pastourellentradition.
Vogeljagd und erotisches Geschehen sind assoziiert und werden in den doppeldeutigen Wörtern ganz ineinander geblendet.
 
Ain jetterin, junk, frisch, frei, fruet
 
1.
Ain jetterin, junk, frisch, frei, fruet
auf sticklem perg in wilder höch
die geit mir freud und hochen muet
dort umb die zeit, wenn sich die löch
mit grüenem laub verreuchen.
So wart ich ir recht als ain fuxs
in ainem hag mit stiller lauss -
gugg aus der stauden, smeug dich luxs!
pis das ich ir die preun ermauss,
auf allen vieren kreuchen
gar sunder scheuchen.
Ir roter mund von adels grund
ist rain versüesst gar zuckerlich.
füesslin klaine, weiss ir baine,
brüstlin herte, wort, geferte
verget sich piergisch, waidelich.


2.
Der amsel tuen ich ungemach
und mancher droschel auserwelt
ze öbrist auf dem Lenepach
mit ainem kloben, der si fellt,
wenn ich das schnüerlin zucke
in ainer hütten, wolgedeckt
mit rauchen esten, lustlich grüen.
leicht kompt zu mir, die mich erweckt
mit ganzen freuden trostlich küen
gesloffen durch die lucke
schon mit getucke.
Ir roter mund von adels grund
ist rain versüesst gar zuckerlich.
füesslin klaine, weiss ir baine,
brüstlin herte, wort, geferte
verget sich piergisch, waidelich.


3.
Wenn ich das vöglen zuegeschöck
und aller zeug pei ainander ist,
so hört man zwar ain süess gelöck
durch gross gesneud in kurzer frist.
des möcht die schön gelachen,
das si mir all mein kunst abstilt,
was ich zu vöglen hab gelert.
von irem kloben mich pevilt,
des gümpels er ze dick pegert.
das macht die hütten krachen.
lass frischlich bachen!
Ir roter mund von adels grund
ist rain versüesst gar zuckerlich.
füesslin klaine, weiss ir baine,
brüstlin herte, wort, geferte
verget sich piergisch, waidelich.

 
1.
Eine Jäterin, jung, munter, frei und hübsch,
auf steilem Berg hoch oben, wo es wild ist,
die läßt das Herz mir höher schlagen
dort um die Zeit, wenn sich der Wald
einen Pelz aus grünem Laub anlegt.
Dann schau ich aus nach ihr wie ein Fuchs,
still auf der Lauer im Gebüsch -
lug aus dem Dickicht, duck dich, laure!
Bis ich ihr Braunes erhaschen kann,
heißt es auf allen vieren kriechen,
sie nicht verschrecken.
Ihr roter Mund, uradlig schön,
der ist ganz süß, ganz zuckerig.
Hübsche Füßlein, weiß die Beine,
feste Brüstlein, wie sie redet, sich bewegt,
das kommt so prächtig berglerisch daher.


2.
Hoch oben überm Lehnbach
stelle ich der Amsel nach
und mancher edlen Drossel
mit einem Kloben, der sie packt,
wenn ich am Schnürchen reiße,
versteckt in einer Hütte, zugedeckt
mit schönen, frischen grünbelaubten Ästen.
Vielleicht kommt dann ja sie zu mir, die mich
zu schönsten Freuden munter, mutig macht,
kommt durch das Loch hereingeschlüpft,
geschickt sich duckend.
Ihr roter Mund, uradlig schön,
der ist ganz süß, ganz zuckerig.
Hübsche Füßlein, weiß die Beine,
feste Brüstlein, wie sie redet, sich bewegt,
das kommt so prächtig berglerisch daher.


3.
Wenn ich's zum Vögeln aufgerichtet habe
und alles vorbereitet ist,
dann hört man bald darauf bestimmt
bei großem Schnaufen süßes Locken.
Da könnte wohl die Schöne lachen,
daß sie all meine Kunst beschämt,
was ich vom Vögeln je gelernt habe.
Von ihren Kloben kriege ich dann zu viel,
zu oft verlangt er nach dem Gimpel.
Da wird die Hütte krachen.
Nur munter beim Brötchenbacken!
Ihr roter Mund, uradlig schön,
der ist ganz süß, ganz zuckerig.
Hübsche Füßlein, weiß die Beine,
feste Brüstlein, wie sie redet, sich bewegt,
das kommt so prächtig berglerisch daher.

 
Lied 14

Typus: Dialoglied ohne erzählende Redeeinleitungen, Werbung eines bäurischen Mannes um ein
höhergestelltes Fräulein mit entsprechenden Anrdeformen.
 
Fro, fröleich so wil ich aber singen
 
1.
>Fro, fröleich so wil ich aber singen
der edlen frauen suess.<
»Hainz, Hainreich, erst wirt mir wol gelingen,
seit du mir haltst dein gruess.«
>Ja, frau, und wer das nicht eur spot?<
»Sim nain es, Hainreich, sammer got!"
>We heut, wol e. solt ich eur huld erwerben,
darumb litt ich den tod.<
Ist dir so we? dannoch soltu nicht sterben
und leiden grosse not.«

2.
>Mich freut eur leip darzue die guldin spangen
vor an den ermeln zart.<
»Ich bin ain weip mit gürtel umbefangen
von adeleicher art.«
>Ir secht recht als ain volkenkel.<
»Nu kan ich doch nicht fliegen snel.«
>Vergieng das pau, ich verwäg mich zwaier oxen,
und wurd mir neur ain smutz.<
»Was spräch dein sau, mein Hainzel Ungeloxen,
und brächstu disen trutz?«

3.
>Eur falbes har dar zue die weissen hende
mir geben hohen muet.<
»Du laichst mich zwar, des wett ich umb dein zende,
deucht es dich wesen guet.«
>Mit meinen zenden so fräss ich wol drei.<
»Simm wenstu, Hainzel Trittenbrei?«
>Mich näm unnider, oder ich sprung in ain wasser
von zorn in ainer gäch.<
»Kämstu herwider, dann für mich also nasser,
wie geren ich das säch.«

4.
>Ir edle mait, mir dunkt, ir welt mein spotten.
neur wurd ich schir so frais.<
»Zwar unversait ist dir ain dicker schotten
von meiner roten gaiss.«
>Sim, topfen hab ich ott selber gnueg.<
»Dank hab, ain Hainzel Richtdenpflueg.«
>Ich wil es klagen ott meiner lieben mueter,
das ir mich also smächt.<
»Ge, smirb dein wagen und drisch den rossen fueter
als ander dein geslächt!«

 
1.
>Ganz fröhlich will ich wieder singen
und süß der edlen Frau zu Ehren.<
»Heinz, Heinrich, jetzt werde ich gewiß Glück haben,
da du mir so treu aufwartest.«
>Ach Herrin, sagt Ihr das wirklich nicht im Spott?<
»Aber nein doch, Heinrich, nein, bei Gott.«
>Heut weh und gestern wohl. Doch sollte ich
Eure Gunst gewinnen, gäbe ich gern mein Leben hin.<
»Ist dir so weh? Du sollst doch noch nicht sterben,
nicht große Not erleiden.«

2.
>Mich freut Eure Schönheit und die goldnen Spangen
an Euren zarten Handgelenken.<
»Ich bin eine Frau, die noch den Gürtel trägt,
und bin aus adligem Geschlecht.«
>Ihr seht gerade wie ein Falkenkelchen aus.<
»Dabei kann ich doch gar nicht fliegen.«
>Ging auch die Ernte drauf, zwei Ochsen setzte ich
aufs Spiel, wenn ich nur einen Kuß bekäme.<
»Was täte deine Sau da sagen, Heinzel Ungeschlacht,
wenn du im Trotz das fertigbrächtest?«

3.
>Euer blondes Haar und auch die weißen Hände
die lassen mein Herz höher schlagen.<
»Du foppst mich, da wette ich um deine Zähne,
wenn du darauf eingehen willst.«
>Meine Zähne sind gut, mit denen fräße ich wohl drei.<
»Hm, glaubst du, Heinzel Tritt-in-Brei?«
>Mich nähme manche Hochgeborne, und wenn nicht,
spränge ich vor Zorn sofort ins Wasser.<
»Wenn du dann so begossen wieder vor mich kämst,
das würde ich gerne sehen.«

4.
>Ach edles Fräulein, ich glaube, Ihr verspottet mich.
Dann würde ich gleich ganz wild.<
»Nicht abschlagen will ich dir einen dicken Quark
von meiner roten Ziege.«
>Ach, Topfen habe ich doch selber genug.<
»So sei bedankt, mein Heinzel Richt-den-Pflug.«
>Das will ich aber meiner lieben Mutter sagen,
daß Ihr mich so beleidigt.<
»Geh, schmier den Wagen, drisch den Rössern Futter
wie andre deinesgleichen.«

 
Lied 15

Typus: Dörfliche Wirtshausszene mit Trinken, Tanzen, erotisch-obszönen Reden und am Ende
der Aufforderung, das Essen im Dorf nicht zu versäumen.
 
Her wiert, uns dürstet also sere
 
1.
Her wiert, uns dürstet also sere,
trag auf wein, trag auf wein, trag auf wein!
Das dir got dein laid verkere,
pring her wein, pring her wein, pring her wein!
Und dir dein sälden mere,
nu schenk ein, nu schenk ein, nu schenk ein!

2.
Gretel wiltu sein mein treutel?
so sprich, sprichs, so sprich, sprichs, so sprich sprichs!
>Ja koufst du mir einen beutel,
leicht tuen ichs, leicht tuen ichs, leicht tuen ichs
Und reiss mir nit das heutel,
neur stich, stichs, neur stich, stichs, neur stich, stichs!<

3.
>Sim, Jensel, wiltus mit mir tanzen?
so kom auch; so kom auch; so kom auch!
Böckisch well wir umbhin ranzen.
Jans, nit strauch, Jans, nit strauch, Jans, nit strauch!
Und schon mir meiner schranzen!
dauch schon, dauch, dauch nach, dauch, dauch, Jensel dauch!<

4.
Pfeif auf; Hainzel! Lippel, snäggel!
frisch fro frei, frisch fro frei, frisch fro frei!
Zwait eu, rüert eu (snurra, bäggel),
Jans, Lutzei, Kuenz, Kathrei, Benz, Clarei!
Spring kelbrisch, hurta Jäckel!
ju haij haij, ju haij haij, ju haij haij!

5.
Hin get der raie. seusa, möstel!
nu reckt an, nu reckt an, nu reckt an!
Gump auf, Hainreich, noch ein jöstel!
rüer, biderbman, rüer, biderbman, rüer, biderbman!
Metz, Diemuet, döut das köstel!
dran dran dran,  dran dran dran,  dran dran dran!

6.
Nu füdert eu, man isst im dorfe,
nempt kain weil, nempt kain weil nempt kain weil!
Nachhin, Kuenrat, fauler tschorfe,
du lempeil, du lempeil, du lempeil!
Lueg umb dich als ein orfe!
eil held, eil,  eil held, eil,  eil held, eil!

 
1.
Herr Wirt, wir sind so furchtbar durstig,
trag Wein auf, trag Wein auf, trag Wein auf!
Damit Gott von dir wende alles Leid,
bring Wein her, bring Wein her, bring Wein her!
Und damit er dein Glück dir mehre,
schenk ein jetzt, schenk ein jetzt, schenk ein jetzt!

2.
Gretel, willst du mein Schätzchen sein?
Dann sag's nur, dann sag's nur dann sag's nur!
>Ja, wenn du mir ein Täschlein kaufst,
tu ich's vielleicht, tu ich's vielleicht, tu ich's vielleicht.
Aber zerreiß mir nicht mein Häutchen,
stich's nur an, stich's nur an, stich's nur an!<

3.
>He, Jensel, willst du mit mir tanzen?
Dann komm nur, dann komm nur, dann komm nur!
Wie Böcke wollen wir ringsrum hopsen.
Nicht stolpern, Jans, nicht stolpern, Jans, nicht stolpern, Jans!
Und laß mir meinen Schlitz heil!
Schieb schön schieb! Schieb tiefer, schieb!
Schieb; Jensel schieb!<

4.
Pfeif auf, Heinzel! Lippel, schnalze!
Frisch froh frei, frisch froh frei, frisch froh frei.
Faßt euch in Paaren und los, das Becken soll dröhnen -,
Jans und Lutzei, Kunz und Kathrei, Benz und Klarei!
Spring wie ein Kälbchen, renn los, Jäckel!
Juchei-hei, juchei-hei, juchei-hei!

5.
Da läuft der Reigen. Braus nur, Möstchen!
Nun faßt an, nun faßt an, nun faßt an!
Spring nur, Heinrich, noch ein Jöstel!
Los, Mannsbild, los, Mannsbild, los, Mannsbild!
Metze und Diemut, schluckt nur den Leckerbissen!
Nur ran, ran! Nur ran, ran! Nur ran, ran!

6.
So schickt euch doch, man ißt schon im Dorf,
keine Zeit verlieren, keine Zeit verlieren, keine Zeit verlieren!
Nichts wie hin, Konrad, fauler Krüppel,
du Schafskopf, du Schafskopf du Schafskopf!
Schau dich nur um wie ein Karpfen!
Mach schnell, Kerl! Mach schnell, Kerl! Mach schnell, schnell!

 
Lied 16
Typus: Wirtshausszene, Aufbruch der Zecher.
 
Wol auf, wir wellen slaffen!
 
1.
Wol auf, wir wellen slaffen!
Hausknecht, nu zünd ain liechtel,
wann es ist an der zeit,
damit wir nicht verkaffen
(der letzt sei gar.verheit!)
Das laien, münch und pfaffen
zu unsern weiben staffen,
sich hüeb ein böser streit.

2.
Heb auf und lass uns trinken,
das wir also nicht schaiden
von disem gueten wein.
Und lämt er uns die schinken,
sö müst er doch herein.
Her kopf, nu lat eu winken!
ob wir zu bette hinken,
das ist ain klainer pein.

3.
Nu sleich wir gen der türen.
secht zue, das wir nicht wenken
mit ungeleichem tritt.
Was gilt des stoubs ein üren?
her wirt, nu halt es mit!
Wir wellen doch nit züren,
ob ir eu werdt beküren
nach pollanischem sitt.

4.
Her tragt den fürsten leise,
da mit er uns nicht felle
auf gottes ertereich!
Sein lob ich immer breise,
er macht uns freuden reich.
Ie ainer den andern weise!
wiert, schlipf nit auf dem eise,
wann es gat ungeleich.

5.
Hin slaffen well wir walzen.
nu fragt das hausdierelin,
ob es gebettet sei.
Das kraut hat si versalzen
darzu ain gueten brei.
Was soll wir darzue kalzen?
es was nicht wolgesmalzen.
der schäden waren drei.

 
1.
Nun los, wir wollen schlafen,
Hausknecht, jetzt zünd ein Licht an,
denn es ist an der Zeit,
damit wir nicht zu lange gaffen
(den letzten hole der Teufel),
daß etwa Laien, Mönche und Pfaffen
zu unsern Weibern gehen -
das gäbe einen bösen Krach.

2.
Hebe auf und laß uns trinken,
daß wir uns nicht so schnell trennen
von diesem guten Wein.
Und wenn er uns die Haxen lähmt,
rein müßte er doch.
Herr Becher, laßt Euch grüßen!
Wenn wir ins Bett hinken,
macht uns das wenig aus.

3.
Jetzt gehen wir ganz ruhig zur Türe!
Paßt auf, daß wir nicht torkeln
mit schwankendem Schritt!
Was kostet ein Fäßlein von dem Sauser?
Herr Wirt, haltet mit!
Wir werden doch nicht zürnen,
wenn Ihr Euch übergebt,
wie man es in Polen macht.

4.
Tragt unsern Fürsten sanft einher,
daß er uns nicht
auf Gottes Erdreich wirft.
Sein Lob will ich immer singen,
er macht uns froh und glücklich.
Einer soll den andern führen!
Wirt, rutsch nicht aus auf dem Eis,
da ist es holperig.

5.
Zum Schlafen wollen wir tapsen.
Nun fragt das Hausmädchen,
ob ihr das Bett gerichtet ist.
Sie hat das Kraut versalzen
und einen guten Brei.
Was wollen wir viel darüber schimpfen?
Es war auch nicht gut geschmälzt,
so war es gleich dreimal verpatzt.

 

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