Fabeln 3
 

Fabeln 2
 
Jupiter und Merkur
Der Igel und der Fuchs
Phöbus und die Maulwürfe
Aeol und die Wolken
Das Schoßhündchen und der große....
Der Wolf und der Fuchs
Der Löwe und der Esel
Der Pfau und der Affe
Der Stier und der Frosch
Boreas und Notus
Die Biene und die Hummel
Der Palast und die Hütte
Der Frosch und die Eule
Der junge Theologe und Momus
Die zween Philosophen und der Bauer
Der Satyr und Phöbus
Der Dichter und die Muse

 

18.
Jupiter und Merkur

Warum, mein Zeus! — warum gabst du
Dem Esel gar so lange Ohren? — —
Sprach Merkur einst zum Jupiter: — —
Damit dies so verhaßte Tier, sprach er,
Vor andern doch auch einen Vorzug hätte.

19.
Der Igel und der Fuchs

Der Igel, da der Winter kam,
Sah sich vor Kälte nun gezwungen,
Der Tiere eines schön zu bitten,
Daß ihn in seine Höhle nähm.
Zum ersten bat er einen Luchsen:
Doch dieser sagte kurzum nein! —
Mein Bruder! dieses kann nicht sein!
Und nun kommt er der Ordnung nach zum Fuchsen,
Der läßt ihn ein,
Und sagt: du mußt dich halt
Fein hübsch zusammen schmiegen! — —
Dies sagt er kaum, da Meister Igel
Den Panzer seiner Stachelhaut,
Zum Nachteil seines Hausherrn streckte,
Und weil das Haus für zween nicht kleckte,
So trieb er seinen Hausherrn aus,
Und brauchte es für sich allein.

20.
Phöbus und die Maulwürfe

Der Maulwürf' blinde Heere,
Die sonst nur in Grüften sind,
Beschlossen, sich auch einmal zu ergötzen;
So bald der Tag sich in den Abendschleier hüllt.
Sie hüpften, sprangen, tanzten, wühlten, —
Kaum taten sie's! — kam Phöbus wieder
Im schönen neuen Tages Schimmer,
Und seht! — sie hüpften, sprangen, tanzten nimmer! — —
Gleich flohn sie wieder hin in ihre Grüfte! — —
Ha! — sprach itzt lächelnd Phöbus:
Ihr scheint mir just, wie unsre alten Philosophen!

21.
Aeol und die Wolken

Der Wolken sämtliches Geschwader
Beklagte sich bei dem Aeol,
Daß immer so die Winde wüten,
Die Winde, die doch er
Als aller Winde Gott und Herr,
Im Schranke halten soll: —
Dies war der Wolken Flehn und Bitten. —
Und äußerst sonderbar traf diese Klage
Daß er schon manches Unheil blies, — —
Sie weinten, seufzten, sträubten sich,
Sie heulten, jammerten um mich,
Warum? damit ich es dir sage,
Mein Aeol! — lasse uns
Nur diesen nicht mehr wüten,

22.
Das Schoßhündchen und der große Schäferhund

Das Möpschen, welches in dem Schoß
Der Dame, die es zärtlich liebte,
Und es in manchen Künsten übte,
Der Tage glücklichste genoß,
Bekam auch einst ein Extraspeischen,
Dies sah der große Schäferhund,
Ihn trieb der Neid, die Habsucht, und
Die Kühnheit es ihm wegzunehmen! —
Er sagt: ich hab das erste Recht;
Denn ich bin groß, — dies wäre schlecht,
Bellt nun der Kleine: — es ist leicht,
Sein Recht in fremder Unmacht suchen! — —
Und wenn du's tust: — wirst du dich nicht ein bißchen schämen? —

23.
Der Wolf und der Fuchs

Du sollst schon lange hangen.
Sprach einst das Füchschen zu dem Wolf,
So wären doch einmal die armen Schafe
Vor deinem dieb'schen Zahne sicher, —
Was dieb'schen? — sagt der Wolf beleidigt,
Dies wünschen sich die Hühner auch von dir —
Laß dich nicht durch mein Stehlen ärgern,
Da du so sehr das deine liebst. — —

24.
Der Löwe und der Esel

Die Tiere, die den Löwen baten
Um einen guten Advokaten,
Der ihre Händel schlichten soll, —
Betörten sich, sie träfens wohl,
Wenn sie hierzu den Esel nehmen. —
Da sprach der Löwe: — Ihr sollt euch schämen!
Wo Löwen König sind, —
Sind Esel keine Advokaten.

25.
Der Pfau und der Affe

Dem Pfau, der mit dem Sterngefieder,
Mit dem er auf der Frühlingsflur
So manche herrliche Figur
Bei andern seines gleichen machte,
Und über sie oft höhnisch lachte,
Entfiel nun itzt der Sternschmuck wieder,
Indem der späte Herbst ankam,
Und ihm die schönen Federn nahm.
Nun dieses sah von fern der Aff geschwind. —
Und wie halt alle Affen Spötter sind, —
So sagt er zum beraubten Pfau:
So viel ich nun an deiner Kleidung schau,
So glänzt nicht mehr an dir der Schimmer,
Der dich zuvor so stolz gemacht
Daß du oft andre ausgelacht,
Just so, wie unsre Frauenzimmer.

26.
Der Stier und der Frosch

Der Frosch, der einen Stier gesehen,
Durch blumenreiche Weide gehen,
Fiel es nun auch auf einmal ein, —
So groß, wie dieser Stier zu sein. —
Er bläht sich auf, und fragt den Stier,
Du Kleiner du! — wie, sage mir,
Bin ich nicht auch so groß, wie du? —
Nein! sagt der Stier, blas nur noch zu,
Du darfst mich dann nicht weiter fragen,
Ich werd' dir's schon von selbst sagen,
Er bläst — bläst noch, — und bläst so lang,
Bis er in Stücke zersprang.

27.
Boreas und Notus

Wie lange wirst du mir mit deinen Regenflügeln,
Sprach Boreas zum nassen Not,
Der die mit jungen Schnee bedeckten Fluren
Durch seinen warmen Hauch enthüllte
So immer trotzend diesen Possen spielen? —
Ha! — immer noch zischt höhnisch Not,
Noch öfter mach ich es dir so, —
Denn wie ich seh', so ist es dir zuwider.

28.
Die Biene und die Hummel

Die Biene, die auf Taublumen flog,
Und aus denselben Honig sog,
Traf einst auch eine faule Hummel an,
Die aus der ebenselben Blume,
Aus der die Biene Honig trank,
Nach Hummelweise Gift gesogen.
Du böses Tierchen! spricht sie nun, —
Was treibst du da für lose Sachen?
Zeus soll dies boshafte Verbrechen,
An dir mit Donnerkeilen rächen,
Du tust, was Ehrabschneider tun,
Und weißt aus Honig Gift zu machen. —

29.
Der Palast und die Hütte

Beuge dich vor mir! — sagt der Palast:
Beuge dich vor meinem Marmornacken! —
Sagt es zu einer schlechten Hütte! —
Du bist nicht lange meinesgleichen,
Willst du mir nicht zurücke weichen! —
So wird . . . Die arme Hütte spricht,
Ja! deinesgleichen bin ich nicht,
Du könntest aber meines gleichen sein! —
Und daß du es nicht bist, das ist nicht dein! —
Sieh nur! vor hundert Jahren
Warst du noch der Palast,
Und ich die Hütte nicht.

30.
Der Frosch und die Eule

Wie schön tönt nicht mein männlich quaken! —
So träumte einst ein junger Frosch!
Der sich im Teiche heiser schrie. —
Dies merkte die betagte Eule,
Die gegenüber auf dem Baume saß,
Sie merkte es, und sagte:
Ein junger Dichter träumt auch so: —
Und seine Reime gleichen deinem Quaken.

31.
Der junge Theologe und Momus

Ein junger Theologe, der gern schon früh
Ein Autor werden mochte,
Und auf das Ding enthusiastisch pochte,
Schrieb sich eine Traum Theologie,
In der er auch hebräisch lehrte,
Damit er nicht sogleich verstanden werde,
Daß heutzutage keine Hexerein
Auf Gotteserde anzutreffen sein. —
Das Werk las Momus eh': und gab es eine je ? —
Sprach er: drum hören Sie, mein Sie! —
Ich muß zwar ihre Mühe preisen: —
Jedoch was Niemand leugnet, hat Niemand zu beweisen.

32.
Die zween Philosophen und der Bauer

Die Erde gehet, und die Sonne steht,
So schrie der erste Philosoph:
Nein! sagt der andere: —
Die Sonne gehet, — und die Erde steht.
So zankten sie sich lange fort,
Und keiner traf die Sach am rechten Ort.
Ein Bauer horchte ihnen zu,
Dem Zanken wurde aber keine Ruh!
Denn sagt er endlich! — meine Herren
Was mögt ihr euch so runterzehren,
Mich dünkt! — aus euren Reden läßt sich schließen,
Ihr müßt das Ding nicht für gewiß noch wissen,
Weil ihr nicht einig werden könnt! — —
Und nun sind sie versöhnt.

33.
Der Satyr und Phöbus

Wie kommt es doch, daß sich zu unsern Zeiten
Die Autoren gar so sehr verbreiten? —
Da sie doch noch vor hundert Jahren,
So wunderseltsam, und so wenig waren,
Wird man zu den Autoren
Vielleicht vom Mutterleib geboren?
Sprach einstmals ein Satyr:
Mein Phöbus sag es mir! —
Mein Sohn! sprach Phöbus: höre mich! —
Und jeder Autor schäme sich! —
Die Zahl der Autorn unsrer Zeiten,
Kommt von der Zahl der armen Leuten.

34.
Der Dichter und die Muse

Der Teufel möchte Dichter sein! —
Flucht Kriton auf die Aganippe!
Da er aus seiner Reimenlippe,
Ein Dutzend Knittelverse speit,
Und Mäzenaten müde schreit,
Mir geht das Dichten nicht mehr ein.
Denn es sind nicht mehr solche Mäzenaten,
Wie Virgil, Ovid, Horaz hatten,
Die Muse sagt: — es möchte auch das Gott erbarme!
Das Mäzenat sein einem wohl vergehen,
Weil wir an unserm Dichterschwarme
Gar selten nur, Oviden und Horazen sehen.