Wer yetz kan strichen wol den hengst
Vnd ist zü allem bschisß der gengst
Der meynt zů hoff syn aller lengst
|
Wer jetzt vermag den Hengst zu streichen,
Sich bei Betrug behend zu zeigen,
Der wähnt, zuletzt vom Hof zu weichen.
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C.
Vō falbē hengst strichē
Mir kem eyn verdeckt schiff yetz recht
Dar jn ich setzt der herren knecht
Vnd ander die zů hoff gont schlecken
Vnd heymlich by den herren stecken
Do mit sie sæssen gar alleyn
Vnd vngetrengt von der gmeyn
Dann sie sich nit wol mœgen lyden
Der eyn klubt fædern / der stricht kryden
Der liebkoßt / der runt jnn die oren
Das er vff kum jn kurtzen joren
Vnd sich mit deller schlecken ner /
Mancher durch lyegen würt eyn herr
Dann er den kutzen strichen kan
Vnd mit dem falben hengst vmb gan
Zů blosen mæl / ist er geschwynd
Den mantel hencken gen dem wynd
Zůdüttlen hilfft yetz manchem für
Der sunst langzyt blib vor der tür
Wer schlagen kan / hor vnder woll
Der selb zů hoff gern bliben soll
Do ist er worlich lieb / vnd wert
Der erberkeyt man do nit bgert
Mit torheit důnt sie all vmb gon
Went mir die narrenkapp nit lon
Doch strigelt mancher offt so ruch
Das jnn der hengst schmytzt jn den buch
Oder gytt jm eyn drytt jnn die ryppen
Das jm das deller fellt jn die krippen
Der selben wer gůt műssig gon
Wann man sust wißheit wolt verston /
Wann yeder wer / als er sich steltt
Den man für frumm / vnd redlich helt
Oder stelt sich als er dann wer
Vil narren kappen stünden lær
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100.
Den falben Hengst streicheln
384
Ein Schiff mit Deck
385 käm' mir jetzt recht,
Darein ich setzt' der Herren Knecht'
Und andre, die zu Hof gehn schlecken
Und heimlich bei den Herren stecken,
Damit sie sähen ganz alleine
Und unbedrängt von der Gemeine,
Mit der sie nichts im Sinne hab'n.
Der klaubet Federn,
386 der streicht den
Kamm,
387
Der liebkost, der raunt in das Ohr,
Daß er sich eilig schwing' empor
Und sich mit Tellerschlecken nähre.
Durch Lügen mancher Herr gern wäre,
Den Kauz zu streichen
388 er versteht,
Mit falbem Hengst er wohl umgeht;
Zu blasen Mehl
389 ist er geschwind,
Den Mantel hängt er nach dem Wind;
Zutragen hilft jetzt manchem vor,
Der sonst blieb lange vor dem Tor.
Wer Wolle mischen kann und Haar,
Den hält man gern bei Hofe fürwahr;
Dort ist er wahrlich lieb und wert,
Wo Ehrbarkeit man nicht begehrt.
Mit Torheit alle sich befassen,
Wollen mir die Narrenkapp' nicht lassen.
Doch streichelt mancher oft so rauch,
390
Daß ihn der Hengst schlägt vor den Bauch
Oder ihm gibt einen Tritt in die Rippen,
Daß ihm der Teller fällt in die Krippen.
Man könnte solcher wohl ledig gehn,
Wenn man wollt' Weisheit recht verstehn;
Wenn jeder wäre, wie er sich stellt,
Den man für fromm und redlich hält,
Oder sich stellte, wie er wär':
– Viel Narrenkappen stünden leer.
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Eyn zeichen der liechtferikeyt
Ist / glouben was eyn yeder seit
Eyn klapperer bald vil lüt vertreit
|
Als leichtfertig nenne ich euch jetzt
Den, welcher glaubt, was jeder schwätzt:
Ein Klatschmaul viele Leut' verhetzt.
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CI.
Von oren blosen
Der ist eyn narr / der vasßt jnns houbt
Vnd lichtlich yedes schwætzen gloubt
Das ist eyn anzeig zů eym toren
Wann eyner dünn / vnd witt / hat oren
Man halt nit für eyn redlich man
Wer eynen will zů ruck an gan
Vnd schlagen ee dann ers jm sag
So er sich nit gewœren mag
Aber verlyegen hynder ruck
Das sol yetz syn eyn meyster stuck
Das man nit licht versetzen kan
Das důt yetz triben yederman
Mit hynder red / abschnyd der ere
Verrotten / vnd der glichen mer
Das kan man verben / vnd verklűgen
Do mit man mœg dest baß betriegen
Vnd schaffen / das mans gloubt dest ee
Den andern teil hœrt man nit me
Eyn vrteyl über manchen gat
Der sich noch nye verantwürt hat
Vnd syn vnschuld noch nit endeckt
Das schafft er ist jm sack ersteckt
Als Aman Mardocheo dett /
Syba der knecht Myphiboseth
Groß Alexander lob erholt
Das er nit lichtlich glouben wolt
Dæn die verklagten jonatham
Bald glouben / keyn gůt end ye nam /
Adam wer nit der gnaden beroubt
Hett er nit bald der frowen gloubt
Vnd sie dem schlangen syner wort
Wer bald gloubt der stifft dick eyn mort
Nit yedem geist man glouben soll
Die welt ist falsch / vnd liegens voll
Der rapp dreit dar durch schwartze wol
|
101.
Von Ohrenblasen
Das ist ein Narr, der alles glaubt,
Was ihm ein Schwätzer bläst ins Haupt
Und das zeigt an uns einen Toren,
Hat einer dünn und weit die Ohren.
Der wird für brav nicht angesehn,
Wer heimlich will zum andern gehn
Und greift ihn feig und tückisch an,
Daß jener sich nicht wehren kann;
Aber verleumden hinter dem Rücken
Gehört jetzt zu den Meisterstücken,
Die man nicht leicht abwehren kann.
Das treibet jetzt jedermann
Mit Afterreden und Stehlen der Ehr',
Verraten und dergleichen mehr;
Das kann man schminken und verklügen,
391
Daß man kann desto mehr betrügen.
Und schaffen, daß man's glaubet ehr;
Den andern Teil hört man nicht mehr.
Ein Urteil über manchen geht,
Der nie vor einem Richter steht,
Der seine Unschuld nicht erwies,
Weil man im Sack ihn ersticken ließ,
Wie Haman Mordochäus tat
Syba der Knecht – Mephibosath.
Groß Lob man Alexandern zollte,
Weil er nicht leichtlich glauben wollte,
Als man verklagte Jonathan.
Gleich glauben nie gut Ende nahm:
Der Gnad' wär' Adam nicht beraubt,
Hätt' er nicht gleich der Frau geglaubt
Und sie der Schlange klugem Wort.
Wer bald glaubt, stiftet oftmals Mord.
Die Welt ist falsch und Lügens voll,
Nicht jedem Geiste glaubt man wohl:
Der Rabe bleibet schwarz wie Kohl'.
|
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Man spüert wol jn der alchemy
Vnd jnn des wynes artzeny
Was falsch / vnd bschiss vff erden sy
|
Man spürt wohl in der Alchimei
Und in des Weines Arzenei,
Welch Lug und Trug auf Erden sei.
|
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CII.
Vō falsch vnd beschiss
Betrűger sint / vnd fælscher vil
Die tœnen reht zűm narren spiel
Falsch lieb / falsch rot / falsch frünt / falsch gelt
Voll vntruw ist yetz gantz die welt
Brűderlich lieb / ist blind vnd dott
Vff btrogenheyt eyn yeder gat
Do mit er nutz hab / on verlust
Ob hundert joch verderben sust
Keyn erberkeyt sicht man me an
Man loßt es über die selen gan
Echt man eyns dings mœg kumen ab
Got geb ob tusent sturben drab /
Vor vß / loßt man den wyn nüm bliben
Groß falscheyt důt man mit jm triben
Salpeter / schwebel / dottenbeyn
Weydesch / senff / milch / vil krut vnreyn /
Stost man zům puncten jn das faß
Die schwangern frowen drincken das
Das sie vor zyt genesen dick
Vnd sehen eyn ellend anblick /
Vil kranckheyt springen ouch dar vß
Das mancher fert jns gernerhuß /
Man důt eyn lam roß yetz beschlagen
Das wol ghœrt vff den spittel wagen
Das můß leren vff fyltzen stan
Als solt es nachts zů metten gan
So es von armůt hinckt vnd zelt
Můß es doch geltten yetzt sin gelt
Do mit beschissen werd die welt
Man hat kleyn mossen / vnd gewicht
Die elen sint kurtz zů gerycht
Der koufflad můß gantz vinster syn
Das man nit seh des tůches schyn
Die wile eyner důt sehen an
Was narren vff dem laden stan
Gent sie der wogen eynen druck
Das sie sich gen der erden buck /
Vnd frogen eyns / wie vil man heysch
Den tumen wigt man zů dem fleysch
Man ert den weg yetz zů der furch
Die alte müntz ist gantz hardurh
Vnd mœcht nit lenger zyt beston
Hett man jr nit eyn zůsatz gethon
Die müntz die schwæchert sich nit kleyn
Falsch geltt / ist worden yetz gemeyn
Vnd falscher ratt / falsch geystlicheyt
Münch / priester / bægin / blotzbrüder dreit
Vil wœlff gont yetz jnn schæffen kleidt
Do mit ich nit vergeß hie by
Den grossen bschisß der alchemy
Die macht das sylber / golt / vff gan
Das vor ist jnn das stæcklin gtan
Sie goucklen / vnd verschlagen grob
Sie lont eyn sehen vor eyn prob
So würt dann bald eyn vncken druß
Der guckuß manchen tribt von huß
Der vor gar sanfft / vnd trucken saß
Der stoßt sin gůt jns affenglaß
Biß ers zů puluer so verbrent
Das er sich selber nit me kennt
Vil hant also verderbet sich
Gar wenig sint syn worden rich
Dann Aristoteles der gycht
Die gstalt der ding wandeln sich nicht
Vil fallen schwær jn dise sůht
Den doch dar vß gat wenig frůcht /
Für golt man kupfer yetz zů rüst
Müsdreck man vnder pfeffer myst
Man kan das beltzwerck alles verben
Vnd důt es vff das schlechtest gerben
Das es beheltt gar wenig hor
Wann mans kum treit eyn viertel jor /
Zysmůß die geben bysem vil
Des gstanck mâ schmeckt eyn halbe myl
Die fulen hering man vermyscht
Das man verkoufft sie gar für frysch
All gassen sint fürkouffer voll
Gremperwerck triben / schmeckt gar wol
Fyrn / vnd nüw / man vermænckeln kan
Mit btrügniß gat vmb yederman
Keyn kouffmanschatz stat jnn sym werdt
Ieder mit falsch vertriben bgert
Das er syns kroms mœg kumē ab
Ob es Gall / vberbeyn / joch hab
Sellig on zwiffel ist der man
Der sich vor falsch yetz hűtten kan
Das kyndt sin elttern btrugt vnd mog
Der vatter hatt keynr syppschafft frog
Der wyrt den gast / der gast den würt
Falsch / vntruw / bschysß würt gâtz gspürt
Das ist dem endkrist gůt fürlouff
Der würt jnn valsch důn / all syn kouff
Dañ was er gdenckt / heyßt / důt / vñ lert
Würt nüt dann valsch / vntruw / verkert
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102.
Von Fälschen und Betrug
Betrüger sind und Fälscher viel,
Die passen recht zum Narrenspiel;
Falsch sind sie jetzt: Lieb', Rat, Freund', Geld,
Der Untreu voll ist jetzt die Welt;
Die Bruderlieb' ist tot und blind,
Auf Trug und Blendwerk jeder sinnt;
Man will nur ohn' Verlust erwerben,
Wenn hundert auch dabei verderben.
Kein Ehrbarkeit sieht man mehr an,
Man läßt es über die Seele gahn,
Wenn eines Dings man nur wird ledig;
Wer drüber stirbt – dem sei Gott gnädig!
Man läßt den Wein nicht rein mehr bleiben:
Viel Fälschung tut man mit ihm treiben:
Salpeter, Schwefel, Totenbein,
Pottasche, Senf, Milch, Kraut unrein
Stößt man durchs Spundloch in das Faß.
Die schwangern Frauen trinken das,
So daß vorzeitig sie gebären,
Elenden Anblick uns gewähren.
Es kommt viel Krankheit auch daraus,
Und mancher fährt ins Totenhaus.
Man tut ein lahm Roß noch beschlagen,
Dem doch gebührt der Schinderwagen;
Das muß noch lernen auf Filzen stehn,
392
Als sollt' es nachts zur Mette gehn,
Und wenn er vor Mangel auch hinkt und fällt,
Schlägt man daraus doch jetzt viel Geld,
Damit betrogen werde die Welt.
Man hat klein Maß und klein Gewicht,
Die Ellen sind kurz zugericht't,
Der Laden muß ganz finster sein,
Daß man nicht seh' des Tuches Schein,
Und während einer sieht sich an
Die Narrn, die auf dem Laden stahn,
393
Gibt man der Waage einen Druck,
Daß sie sich zu der Erden buck',
Und fragt, wieviel der Käufer heische?
Den Daumen wiegt man zu dem Fleische.
Den Weg man jetzt zur Furche schlägt;
Die alte Münz' ist blind und schlecht
Und könnt' nicht lange Zeit bestehn,
Wär' nicht ein Zusatz
394 ihr geschehn.
Die Münze wird nicht gering von allein,
Falsch Geld ist worden jetzt gemein
Und falscher Rat. Als Geistlichkeit
Macht sich Mönch, Beghin und Lollhart
395 breit:
Viel Wölfe gehn in Schafeskleid.
Damit ich nicht vergess' hiebei
Den großen Trug der Alchimei,
Die Gold und Silber hat gemacht,
Das man ins Stöcklein
396 eh gebracht.
Sie gaukeln und betrügen grob;
Sie zeigen vorher eine Prob',
So wird bald eine Unke
397 draus.
Der Guckaus manchen treibt vom Haus.
Wer vordem sanft und trocken saß,
Der stößt sein Gut ins Affenglas,
398
Bis er's zu Pulver so verbrennt,
Daß er sich selber nicht mehr kennt.
Viel haben sich also verdorben,
Gar wen'ge haben Gut erworben,
Denn Aristoteles schon spricht:
»Die Gestalt der Dinge wechselt nicht!«
Viel fallen schwer in diese Sucht
Und haben doch draus wenig Frucht.
Man richtet Kupfer zu für Gold,
Mausdreck man untern Pfeffer rollt;
Man kann jetzt alles Pelzwerk färben
Und tut es auf das schlechtste gerben,
Daß es behält gar wenig Haar,
Wenn man's kaum trägt ein Vierteljahr.
Zeismäuse geben Bisam viel,
Der stinkt dann ohne Maß und Ziel;
Die faulen Heringe man mischt
Und sie als frische auf dann tischt.
All Gassen sind Verkäufer voll,
Denn Trödel treiben schmeckt gar wohl,
Da alt und neu man mengen kann.
Mit Täuschung geht um jedermann:
Kein Kaufmannsgut steht fest im Wert,
Ein jeder Trug zu treiben begehrt,
Damit er seinen Kram werd' los,
Hat auch ein Überbein das Roß.
Selig fürwahr ist jetzt der Mann,
Der sich vor Falschheit hüten kann!
Aber das Kind trügt Eltern und Mage,
399
Der Vater tut der Sippschaft nicht Frage,
400
Wirt trügt den Gast und Gast den Wirt.
Untreu und Trug man überall spürt.
Das bereitet dem Antichristen den Lauf:
Der fälscht mit Trug all seinen Kauf,
Denn was er denkt, heißt, tut und lehrt,
Ist nichts als falsch, untreu, verkehrt.
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CIII.
Vom endkrist
Sidt ich den fürloß han gethon
Von denen die mit falsch vmbgon
So fynd ich noch die rechten knaben
Die by dem narren schiff vmb traben
Wie sie sich / vnd sunst vil betriegen
Die heilig gschrifft krümmē / vñ byegen
Die gent dem glouben erst eyn büff
Vnd netzen das bapyren schyff
Eyn yeder ettwas rysßt dar ab
Das es dest mynder bort me hab
Růder / vnd ryemen nymbt dar von
Das es dest ee mœg vndergon /
Vil sint jn jrem synn so klůg
Die dunckent sich syn witzig gnůg
Das sie vß eygner vernunfft jnfall
Die heilig gschrifft vß legen all /
Dar an sie fælen doch gar offt
Vnd wyrt jr falsche ler gestrofft
Dann sie vß andern gschrifften wol
(Der allenthalb die welt ist vol)
Mœhten sunst vnder richten sich
Wann sie nit woltten sunderlich
Gesehen syn / für ander lüt
Do mit verfart das schiff zů zyt /
Die selben man wol druncken nennt
Das sie die worheyt hant erkent
Vnd doch das selb vmbkeren gantz
Do mit man sæh jrn schyn / vnd glantz /
Das sint falscher propheten ler
Vor den sich hűten heißt / der herr
Die anders die geschrifft vmb keren
Dann sie der heilg geist selb důt leren
Die hand eyn falsch wog jn der hend
Vnd legen druff / als das sie wendt
Machend eyns schwær / das ander lycht
Do mit der gloub yetz vast hyn zücht /
Inn mitt wir der verkerten ston /
Ietz regt sich vast der scorpion
Durch sollch anreytzer / von denen hett
Geseyt Ezechiel der prophet
Die übertrætter des gesatz
Die sůchen dem endkrist syn schatz
Das er hab ettwas vil entvor /
Wann schyer verlouffen sint syn jor
Vnd er vil hab die by jm ston
Vnd mit jm jnn syn falscheyt gon /
Der würt er han vil jnn der weltt
Wann er vß teylen würt syn gelt
Vnd all syn schætz würt fürhar bringen
Darff er nit vil mit streichen zwyngen
Das merteyl / würt selbs zů jnn louffen
Durch geltt würt er vil zů jm kouffen
Die helfen jm / das er dann mag
Die gůten bringen alle tag /
Doch werden sie die leng nit faren
Inn würt bald brechen schiff / vnd karren
Wie wol sie faren vmb vnd vmb
Vnd würt die worheyt machen krumb
So würt zů letst doch worheyt bliben
Vnd würt jr falscheyt gantz vertriben
Die yetz vmbfert jnn allem standt
Ich vœrcht das schiff kum nym zů landt
Sant Peters schyfflin ist jm schwangk
Ich sorg gar vast den vndergangk
Die wællen schlagen all sytt dran
Es würt vil sturm vnd plagen han
Gar wenig worheyt man yetz hœrt
Die heilig gschrifft würt vast verkœrt
Vnd ander vil yetz vß geleitt
Dann sie der munt der worheit seyt
Verzych mir recht wæn ich hie triff
Der endkrist sytzt jm grossen schiff
Vnd hat sin bottschafft vß gesandt
Falscheit verkundt er / durch all landt
Falsch glouben / vnd vil falscher ler
Wachsen von tag zů tag ye mer
Dar zů / důnt drucker yetz gůt stür
Wann man vil bůcher würff jnns für
Man brannt vil vnrecht / falsch dar jnn
Vil trachten alleyn vff gewynn
Von aller erd sie bűcher sůchen
Der correctur etlich wenig růchen
Vff groß beschisß vil yetz studyeren
Vil drucken / wenig corrigyeren
Sie lůgen übel zů den sachen
So sie mennlin / vmb mennlin machen
Sie důnt jnn selber schad / vnd schand
Mancher der druckt sich vß dem land /
Die mag das schiff dann nym getragen
Sie műssen an den narren wagen
Das eyner tűg den andern jagen /
Die zyt die kumt / es kumt die zyt
Ich vœrcht der endkrist sy nit wyt
Das man das merck / so næm man war
Vff dry ding / vnser gloub stat gar
Vff apploß / bűcher / vnd der ler /
Der man yetz gantz keyns achtet mer /
Die vile der gschrifft / spűrt man do by
Wer merckt die vile der truckery
All bűcher synt yetz fürher bracht
Die vnser elttern ye hant gmacht
Der sint so vil yetz an der zal
Das sie nütz geltten überal
Vnd man jr schyer nüt achtet mer /
Des glichen ist es mit der ler /
So vil der schůlen man nie fand
Als man yetz hat jn allem land /
Es ist schyer nyenan statt vff erd
Do nit eyn hohe schůl ouch wird
Do werden ouch vil gelerter lüt
Der man doch yetz gantz achtet nüt
Die kunst verachtet yederman
Vnd sicht sie über die achseln an
Die gelerten műssen sich schier schâmē
Ir ler / vnd kleyt / vnd jres namen
Man zücht die buren yetz har für
Die gelerten műssen hynder die thűr
Mâ spricht schow / vmb dē schluderaffen
Der tüfel beschißt vns wol mit pfaffen
Das ist eyn zeychen / das die kunst
Keyn ere me hat / keyn lieb / noch gunst
Do mit würt abgon bald die ler
Dann kunst gespyset würt durch ere /
Vnd wann man jr keyn ere důt an
So werden wenig dar noch stan /
Der abblas ist so gantz vnwært
Das nyemâ dar noch frogt noch gærdt
Nyeman will me den abbloß sůchen
Io mancher wolt jn jm nit flůchen
Mancher gæb nit eyn pfening vß
So jm der abbloß kumbt zů huß
Vnd würt jm dar zů kumen doch
Er reycht jnn verrer dann zů Och /
Dar vmb es vns glich allso gat
Als denen / mit dem hymel brot
Die woren des so gar vrtrütz
Sie sprochen / es wer jnn vnnütz
Ir sel / vnwillen dar ab hett
Vnd machten dar vß eyn gespœtt /
Als důt man mit dem apploß ouch
Der würt veracht / durch mâchē gouch /
Dar vß nym ich mir eyn berycht
Ietz stünd der gloub glich wie eyn lyeht
Wann das will gantz verfaren hyn
So gibt es erst eyn glantz / vnd schyn /
Das ich es frylich sagen mag
Es nah sich vast / dem jungsten tag
Sidt man das lyeht der gnad veracht
So würt es bald gantz werden nacht
Des glichen vor nie wart behœrt
Das schiff den boden vast vmbkœrt
|
103.
Vom Antichrist
Dieweil Vorlaß durch mich geschehn
Für die, die da mit Falsch umgehn,
So find' ich noch die rechten Knaben,
Die bei dem Narrenschiffe traben
Und sich und andre viel betrügen,
Die heil'ge Schrift verkrümmen und biegen;
Die geben erst dem Glauben Püff'
Und netzen das papierne Schiff;
Ein jeder reißet etwas ab,
Daß desto weniger Bord'
401 es hab',
Nimmt Ruder und Riemen weg davon,
Daß ihm der Untergang mög' drohn.
Viele sind in ihrem Sinn so klug,
Die dünken weise sich genug,
Aus eigener Vernunft Einfall
Die heil'ge Schrift zu deuten all,
Darin sie fehlen doch gar sehr,
Und wird gestraft ihre falsche Lehr'.
Denn sie könnten aus andern Schriften wohl,
– Deren allenthalb die Welt ist voll, –
Genugsam unterrichten sich,
Wenn sie nicht wollten sonderlich
Gesehen sein vor andern Leuten;
Dabei fährt irr' das Schiff zuzeiten.
Man kann dieselben trunken nennen,
Da sie die Wahrheit wohl erkennen
Und doch das Schiff umkehren ganz,
Zu zeigen ihren Schein und Glanz,
Das ist der falschen Propheten Lehr',
Vor denen sich hüten heißt der Herr,
Welche anders die Schrift erklären,
Als sie der heil'ge Geist tut lehren;
Deren Hände führen falsche Waagen.
Drauf legen sie nach ihrem Behagen,
Machen eines leicht und andres schwer,
Darunter der Glaube leidet sehr.
Inmitten der Verkehrten wir stehn;
Man kann den Skorpion schon sehn
Sich regen, gereizt von solcher Macht,
Die Hesekiel vorausgesagt.
Die das Gesetz hier übertreten
Und zu dem Antichristen beten,
Die schaffen ihm gar viel voraus;
Wenn seine Jahre sind dann aus,
So hat er viel, die bei ihm stehn
Und mit ihm in der Falschheit gehn.
Deren hat er viele in der Welt!
Wenn er verteilen wird sein Geld
Und an das Licht die Schätze bringen,
Braucht er nicht viel mit Streichen zwingen:
Die meisten werden zu ihm laufen,
Durch Geld wird er sich viele kaufen,
Die helfen ihm, damit er dann
Die Guten zu Falle bringen kann -
Doch werden lange sie's nicht machen,
Ihnen wird bald fehlen Schiff und Nachen,
Wiewohl sie fahren um und um –
Die Wahrheit wird er machen krumm,
Sie wird zuletzt doch Wahrheit bleiben
Und wird die Falschheit ganz vertreiben,
Die jetzto herrscht in jedem Stand.
Ich fürcht', sein Schiff kommt nicht zum Land.
Es schwanket auch Sankt Peters Schiff;
Es droht ihm, fürcht' ich, manches Riff,
Die Wellen schlagen allseits dran,
Ihm wird viel Sturm und Plage nahn.
Gar wenig Wahrheit man jetzt hört,
Die Heilige Schrift wird ganz verkehrt
Und jetzt viel anders ausgelegt,
Als sie der Mund der Wahrheit hegt.
Verzeih mir recht, wen dies betrifft!
Der Antichrist ist ausgeschifft,
Hat seine Botschaft umgesandt,
Falschheit verkündigt durch das Land,
Denn falscher Glaub' und falsche Lehr',
Die wachsen von Tag' zu Tage mehr,
Wozu die Drucker tüchtig steuern.
Man könnte manches Buch verfeuern
Mit Unrecht viel und Falsch darin.
Viele denken einzig auf Gewinn;
Nach Büchern überall sie trachten,
Doch Korrektur sie wenig achten;
Auf großen Betrug sie jetzt studieren,
Drucken viel ohne zu korrigieren!
Sie schauen übel auf die Sachen,
Wenn Männlein
402 sie um Männlein machen;
Sie tun sich selber Schaden und Schande,
Gar mancher druckt sich aus dem Lande,
Die kann das Schiff
403 dann nicht mehr tragen,
Sie müssen an den Narrenwagen,
Wo einer kann den andern jagen.
Die Zeit, sie kommt! Es kommt die Zeit!
Ich fürcht', der Endchrist ist nicht weit!
Man merke dies und nehme wahr:
Der Glaube steht auf Drein fürwahr:
Auf Ablaß,
404 Büchern
405 und auf Lehr',
Deren man jetzt schätzt keines mehr.
Vielheit der Schrift spürt man dabei:
Wer merkt die Menge Druckerei!
Ein jedes Buch wird vorgebracht,
Was unsre Eltern je gemacht;
Deren sind jetzt soviel an Zahl,
Daß sie nichts gelten überall,
Daß man sie schier nicht achtet mehr,
Und ähnlich ist es mit der Lehr';
So viele Schulen man nie fand,
Als man jetzt hat in jedem Land;
Fast ist auf Erden keine Stadt,
Die nicht eine hohe Schule hat,
Daher man die gelehrten Leut'
Jetzund auch achtet keinen Deut.
Die Wissenschaft verachtet man
Und sieht sie über die Achseln an;
Die Gelehrten müssen sich schier schamen
Zu tragen ihr Kleid
406 und ihren Namen,
Die Bauern
407 zieht man jetzt herfür,
Die Gelehrten müssen hinter die Tür.
Man spricht: »Schau an den Schlauderaffen!
408
Der Teufel bescheißt uns wohl mit Pfaffen!«
Das ist ein Zeichen, daß die Kunst
409
Nicht Ehr' mehr hat noch Lieb' noch Gunst.
Drum wird auch schwinden bald die Lehre,
Denn Kunst gespeiset wird durch Ehre
Und will man sie nicht hoch mehr achten,
So werden wenig nach ihr trachten.
Der Ablaß ist so ganz unwert,
Daß niemand seiner mehr begehrt;
Niemand will mehr den Ablaß suchen,
Ja, mancher möcht' ihn sich nicht fluchen,
Und mancher gäb' keinen Pfennig aus,
Käm' ihm der Ablaß auch ins Haus,
Und wird ihm einstmals doch nachjagen,
Müßt' er ihn holen auch zu Aachen.
410
Darum dasselbe uns einst droht
Wie denen mit dem Himmelsbrot,
Die waren dessen übersatt,
Sie sprachen: ihre Seel' sei matt;
Und was gegeben ihnen Gott,
War ihnen unnütz und ein Spott;
So tut man mit dem Ablaß auch,
Den schätzt gering gar mancher Gauch.
Daraus entnehm' ich den Bericht,
Es ist der Glaube wie ein Licht,
Eh' das will ganz erloschen sein,
Gibt es noch einmal Glanz und Schein,
Und daß ich frei es sagen mag:
Es naht sich uns der Jüngste Tag!
Weil man das Gnadenlicht verachtet,
Wird man bald gänzlich sein umnachtet,
Und was man nie zuvor gehört:
Das Schiff den Kiel nach oben kehrt.
|
|
Wer durch liebkosen vnd trouwort
Die worheyt setzet an eyn ort
Der klopft dem endkrist an der port
|
Wer Schmeichelns halb und um Drohworte
Die Wahrheit bringt zum dunkeln Orte,
Der klopft dem Endchrist an die Pforte.
|
|
CIV.
Worheyt verschwigē
Der ist eyn narr / wer wyrt zerstœrt
Inn sym gemüt / so man anfœrt
Vnd mit gewalt / jnn zwingen wœll
Das er die worheyt schwigen sœll
Syn wißheyt vnder wægen lon
Vnd soll den weg der torheyt gon
Den der on zwiffel anhyn fert
Der sich an solche trouwort kert
Die wile doch got / vff syner sytt
Ist / vnd beschyrmt den alle zyt
Der von der worheyt sich nit scheydt
Das er zů keyner zyt beleydt
Syn fűß / wer vff der worhyt blibt
Bald / der all vygend von jm tribt /
Eyn wiß man statt der worheyt zů
Ob er joch sæch Phalaridis ků /
Wer nit kan by der worheit ston
Der můß den wæg der torheyt gon
Hett jonas worheit gkundt by zyt
Der visch hett jn verschlucket nytt
Helyas hielt mit worheit priß
Dar vmb fůr er jnns Paradiß /
Johannes floch der narren louff
Dar vmb kam christus zů sym touff /
Wer eynen lieplich stroffen důt
Ob ers joch nit hat glich für gůt
So würt doch ettwan syn die stundt
Da es jm zů verdancken kundt
Vnd grœsser dâck nymbt vmb stroff wort
Dann ob er redt / das man gern hort
Daniel keyn liebdat nemen wolt
Als er Balthesar sagen soltt
Vnd jm die worheit legen vß
Dyn gelt blib / jn dym huß
Der engel hyndert Balaam
Dar vmb das er die gaben nam
Vnd wolt důn wider die worheyt
Des wart verkœrt als das er seyt
Der esel strofft den / der jn reyt /
Zwey ding mag man verbergen nit
Zů ewig zyt sycht man das drytt /
Eyn statt gebuwen jnn der hœh /
Eyn narr / er stand / sitz / oder gee /
Sicht man doch bald / wesen vnd bscheit
Worheyt sicht man jnn ewigkeyt
Vnd würt sich nyemer me verlygen
Wañ narren schon den hals ab schryen /
Worheyt ert man durch alle land
Der narren freüd ist / spott / vnd schand /
Ich bin gar offt gerennet an
Wile ich diß schiff gezymberet han
Ich soll es doch eyn wenig færben
Vnd nit mit eychen rynden gærben
Sunder mit lynden safft ouch schmyerē
Vnd ettlich ding ettwas glosyeren
Aber ich ließ sie all erfryeren
Das ich anders dann worheyt seyt
Worheyt die blibt jnn ewikeyt
Vnd würt eym vnder die ougen ston
Wann nyemer wer diß büchlin schon /
Worheyt ist stercker dann all die
Mich hynder reden / oder sie
Wann ich mich hett gekœrt dar an
Ich můst byn grœssten narren stan
Die ich jnn allen schiffen han
|
104.
Wahrheit verschweigen
Der ist ein Narr, der sich verkehrt
In seinem Geist, so man anfährt
Und mit Gewalt ihn zwingen will,
Daß er von Wahrheit schweige still
Und Weisheit unterwegen lasse
Und wandeln soll der Torheit Gasse,
Auf welcher ohne Zweifel fährt,
Wer sich an solche Drohung kehrt.
Denn Gott ist doch auf seiner Seiten
Und schirmet den zu allen Zeiten,
Der von der Wahrheit sich nicht scheidet,
So daß zu keiner Frist ausgleitet
Sein Fuß. Wer in der Wahrheit bleibt,
Bald alle Feinde von sich treibt.
Ein Weiser stimmt der Wahrheit zu,
Selbst wenn er sähe Phalaris' Kuh.
411
Wer nicht kann bei der Wahrheit stehn,
Der muß den Weg der Torheit gehn.
Tat Jonas beizeiten Wahrheit kund,
Kam er nicht in des des Fisches Schlund;
Die Wahrheit hoch Elias pries
Und fuhr darum ins Paradies;
Johannes floh der Narren Haufen,
Drum ließ sich Christus von ihm taufen.
Tadle einen mit sanftem Mut,
Und dieser nimmt's nicht gleich für gut,
So wird doch wohl die Stunde kommen,
Wo dieser merkt, es sollt' ihm frommen,
Und größern Dank für Scheltwort sagt
Als für Geschwätz, das ihm behagt.
Daniel Geschenk nicht nehmen wollte,
Als er Belsazar sagen sollte
Und ihm die Wahrheit legen aus;
Er sprach: »Dein Geld bleib deinem Haus!«
Der Engel hinderte Bileam
Darum, weil er die Gaben nahm
Und wollte nicht die Wahrheit ehren;
Drum mußte sich sein Wort verkehren
412
Der Esel tadeln den, der ritt.
Zwei Dinge kann man bergen nit,
Und ewig schauet man das Dritt':
Eine Stadt gebauet auf der Höhe,
Einen Narren, er stehe, sitze, gehe,
Kennt man nach Wesen und Bescheid;
413
Wahrheit sieht man in Ewigkeit,
Die wird fürwahr nie wertlos sein,
Und wenn sich Narren den Hals abschrein.
Wahrheit ehrt man durch alle Lande;
Der Narren Freud' ist Spott und Schande.
Man rannte mich gar oftmals an,
Als ich dies Schiff zu baun begann,
Ich sollt' es doch ein wenig färben,
Und nicht mit Eichenrinde gerben,
Sondern mit Lindensaft auch schmieren,
Etliche Dinge drin glossieren;
414
Aber ich ließ' sie alle erfrieren,
Eh' ich anderes schriebe als Wahrheit.
Wahrheit besteht in Ewigkeit,
Wird stets jedem sichtbar bleiben,
Tät' ich auch nicht dies Büchlein schreiben.
Denn Wahrheit ist stärker als alle, die
Mich wollen verleumden oder sie.
Wenn ich mich hätte daran gekehrt,
So hätt' ich die Zahl der Narren vermehrt,
Mit denen mein Schiff jetzt stattlich fährt.
|
|
Wer wil der worheyt by gestan
Der můß gar vil durechter han
Die jnn abkeren vnderstan
|
Wer will der Wahrheit Beistand leisten,
Der hat Verfolger wohl am meisten,
Die ihm zu wehren sich erdreisten.
|
|
CV.
Hyndernys des gutten
Der ist eyn narr durch all syn blůt
Wer hyndern will eyns andern gůt
Vnd er zů wœren vnder stat
Do von er doch entphoht keyn schad
Vnd sicht gern / das eyn ander sy
Im glich / vnd stæck jm narren bry
Dann narren allzyt hassen důnt
Die / so mit gůtem ding vmb gont
Eyn dor / den andern nit gern sicht
Dem rechten doren doch geschicht
Das er jnn freüden sich nit spar
Das er alleyn nit sy eyn narr
Dar vmb er allzyt flisset sich
Wie yederman syg synen glich
Vnd ratt das er nit sy alleyn
Der narr / der trag den kolben heyn
Wann man sicht eynen der do will
Recht důn / vnd syn jnn wißheyt styll /
So spricht mâ / schow den duckelmuser
Er will alleyn syn eyn Carthuser
Vnd tribt eyn apostützer stodt
Er will verzwifflen gantz an gott
Wir went eben als wol erwerben
Das gott vns loßt jnn gnaden sterben
Als er / wann er schon tag / vnd nacht
Lyt vff den knuwen / bæt / vnd wacht /
Er will vasten / vnd zællen buwen /
Er gdar weder got noch der welt truwē
Gott hat vns nit dar vmb geschaffen
Das wir münch werden oder pfaffen
Vnd vor vß / das wir vnß entschlagen
Der welt / wir went keyn kutten tragen
Noch kapp / sie hab dann schellen ouch
Schow vmb den narren / vnd den gouch
Er mœcht noch jnn der welt han gthon
Vil gůtts / vnd hett noch grœssern lon
Entpfangen / hett er vil gelert
Vnd vff den weg der sellikeyt kert
Dann das er do lyt wie eyn schwyn
Vnd mϧst sich jn der zellen syn /
Oder bricht jm sunst so vil ab
Das er keyn freüd noch kurtzwil hab /
Solt / wie er důt / důn yederman
In der Chartuß die kutten an
Wer woltt die weltt dann fürbas meren
Wer wolt die lüt wysen / vnd leren /
Es ist gotts will / noch meynnung nit
Das man der welt sich so abschütt
Vnd vff sich selb alleyn hab acht /
Solch red důnt narren tag / vnd nacht /
Die jnn der welt hant als jr teil
Des sůchen sie nit selen heyl /
Hœr zů / wærst du joch wiß vnd klůg
Es weren dennaht narren genůg
Wañ du schon hettest münchesch gberd
Es weren narren me vff erd /
Wer yederman gesyn din glich
Es wer keyn mensch jm hymelrich /
Wann du joch werst eyn witzig gsell
Es fűren dannaht vil zůr hell /
Wann ich zwo selen hett jnn mir
Setzt ich lycht eyne den gsellen für
Aber so ich hab eyn alleyn
So můß ich sorg han vmb die eyn
Got hat mit Belyal nüt gemeyn
|
105.
Verhinderung des Guten
Der ist ein Narr durch all sein Blut,
Wer hindert, daß ein andrer tut
Das Gute, und sich untersteht
Zu wehren, was ihn nicht angeht,
Und gern sieht, daß ein andrer sei
Ihm gleich und auch im Narrenbrei.
Denn Narren alle Zeit die hassen,
So mit guten Dingen sich befassen.
Ein Tor den andern nicht gern sieht;
Jedoch dem wahren Narrn geschieht,
Daß er sich freut, wann er nimmt wahr,
Daß er nicht sei allein ein Narr;
Darum er allzeit sich befleißt,
Daß jedermann ein Narr auch heißt;
Er sinnt, um nicht der Narr allein
Mit Kolben und mit Kapp' zu sein.
Sicht er nun einen, der da will
Recht tun und sein in Weisheit still,
So spricht er: »Schau den Duckelmäuser!
Er will allein sein ein Karthäuser,
415
Er heuchelt, wenn er fleht zu Gott!
In Wirklichkeit ist es ein Spott!
Wir wollen ja doch auch erwerben,
Daß Gott uns läßt in Gnaden sterben,
Wie er, obgleich er Tag und Nacht
Liegt auf den Knien, betet und wacht;
Er will nur fasten und Zellen bauen,
Wagt weder Gott noch der Welt zu trauen!
Gott hat uns darum nicht geschaffen,
Daß wir Mönche werden oder Pfaffen,
Und zumal, daß wir uns sollten entschlagen
Der Welt! Wir wollen nicht Kutte tragen
Noch Kappe
416 – sie habe denn
Schellen auch!
Schaut an den Narren und den Gauch!
Er hätte noch in der Welt getan
Viel Gutes und größern Lohn empfahn
Als jetzto, hätt' er andre belehrt
Und zu dem Wege des Heils bekehrt,
Als daß er da liegt wie ein Schwein
Und mästet sich in der Zelle sein,
Versagt sich auch noch sonst gar viel
Und hat nicht Freude an Scherz und Spiel.
Sollte, wie er tut, jedermann
Ziehn in der Karthause die Kutte an,
Wer sollte die Welt denn weiter mehren?
Die Leute weisen und belehren?
Es ist Gottes Wille und Meinung nicht,
Daß man der Welt so tue Verzicht
Und auf sich ganz allein hab' acht!«
So reden die Narren Tag und Nacht,
Denen die Welt ist all ihr Teil,
Drum suchen sie nicht der Seele Heil.
Hör zu! Wärst du auch weis und klug,
Es wären dennoch Narren genug;
Wenn du auch hättest Mönchsgebärden,
Es gäbe der Narren mehr auf Erden.
Doch wäre dir ein jeder gleich,
So wäre kein Mensch im Himmelreich;
Wenn du auch wärst ein kluger Geselle,
So führen dennoch genug zur Hölle.
Ja, hätt' ich der Seelen in mir zwei,
Gesellt ich mich auch den Narren bei,
Aber so hab' ich eine allein
Und muß in Sorgen um diese sein:
Gott hat mit Belial nichts gemein!
|
|
Wer hie anzündt syn ampel wol
Vnd brennen loßt syn liecht / vnd ol
Der selb sich ewig frœwen sol
|
Wem es an Öl hier nicht gebricht,
Wer leuchten läßt der Ampel Licht,
Dem fehlt die ewige Freude nicht.
|
|
CVI.
Ablossūg gutter werck
Der ist eyn narr / der zů der zytt
So gott syn letzstes vrteyl gyt
Sich vrteyln můß vß eygenem mundt
Das er verschlagen hat syn pfundt
Das jm entpfolhen hat syn her
Das er do mit soltt gwynnen mer
Dem wyrt das selb genomen hyn
Vnd er geworffen jnn die pyn /
Des glich ouch die jr ampell hant
Verschüt / vnd nit mit œl gebrant /
Vnd went erst sůchen ander œl
So yetz vß farend ist die sel /
Vier kleyne ding sint vff der erd
Sint wyser doch dañ menschlich gberd /
Die omeyß die keynr arbeyt schont /
Eyn hæslin das jm velsen wont /
Die hew stæff / die keyn künig hant
Vnd ziehen doch zů veld allsant /
Eyn aydes gat vff syn henden vß
Vnd wont doch jn der kunig huß /
Wer hunig fyndt vnd wafen scharff
Der æß nit me dann er bedarf
Vnd hűt vor füllung sich der sűß
Das ers nit wider spüwen můß
Ob joch eyn wyser gæhling stirbt
Sin sel doch nyemer me verdyrbt /
Aber der narr / vnd vnwis man
Verdyrbt / vnd müß syn husung han
Inn ewigkeit jn synem grab
Den frœmden loßt er sel / vnd hab /
Keyn grœsser dor wart nie gemacht
Dann der das kunfftig nit betracht
Vnd zytlichs für das ewig acht
Es brennt manch boum jnn hellen glůt
Der nit wolt tragen gůte frůcht
|
106.
Von Versäumnis guter
Werke
Der ist ein Narr, der zu der Zeit,
Wann Gottes Urteil ist bereit,
Urteilen muß mit eignem Mund,
Daß er verborgen hab' sein Pfund,
Das ihm empfohlen Gott der Herr,
Damit er sollt'
gewinnen mehr.
Dem wird dasselbe genommen sein,
Und er geworfen in die Pein.
Desgleichen deren Ampel ist
Entleert, daß ihr das Öl gebrist,
Und die erst suchen ander Öl,
Wenn schon ausfahren will die Seel'!
Vier Dinge klein sind auf der Erden
Und weiser
doch als Mannsgebärden:
Die Ems,
417 die keiner Arbeit
schont,
Das Häschen, so im Felsen wohnt;
Die Heuschreck' die keinen König wählt
Und zieht in Einheit doch ins Feld;
Die Eidechs geht auf Händen aus
Und wohnt doch in der Könige Haus.
Wer Honig find't
und volle Waben,
Ess' nur soviel, als ihn tut laben
Und hüte vor Füllung sich mit Süße,
Daß er's nicht wieder speien müsse.
Wenn auch ein Weiser jählings stirbt,
Die Seel' ihm nimmermehr verdirbt,
Aber wer töricht und unklug denkt,
Verdirbt und wird
dann eingesenkt
Und wohnt für ewig in dem Grabe.
Dem Fremden läßt er Seel' und Habe.
Ein größrer Tor ward nie gemacht,
Als wer der Zukunft nicht hat acht
Und ewig schätzt zeitliches Gut.
Es brennt manch Baum in Höllenglut,
Der nicht getragen Früchte gut.
|
|
Zůr rechten hand fyndt man die kron
Zůr lyncken hant / die kappen ston
Den selben weg / all narren gon
Vnd fynden entlich / bœsen lon
|
Zur rechten Hand sieht man die Krone,
Zur linken Hand die Kappe stehn;
Der letztern Weg die Narren gehn
Und kommen
so zu
schlechtem Lohne.
|
|
CVII.
Von lon der wisheit
Noch grosser kunst steltt mancher thor
Wie er bald werd meyster / doctor /
Vnd man jnn haltt / der weltt eyn liecht
Der kan doch das betrachten nicht
Wie er die rechte kunst erler
Mit der er zů dem hymel ker
Vnd das all wißheyt diser welt
Ist gegen got eyn dorheyt gzelt
Vil meynen syn vff rechtem weg
Die doch verjrren an dem stæg
Der zů dem woren leben fűrt
Wol dem / der vff dem weg nit jrrt
Wann er jn schon ergriffen hat
Dann offt der neben weg ab gat
Das eyner bald kumbt ab der stroß
Es sy dann / das jnn got nit loß
Hercles jn syner jugent gdacht
Wes wegs er doch woltt haben acht
Ob er der wollust noch wolt gan
Oder alleyn noch tugend stan /
In dem gedænck / komen zů jm
Zwo frowen / die er bald on stym
Erkant / an jrem wesen wol /
Die eyn / was aller wollust vol
Vnd hübsch geziert / mit reden sűß
Groß lust vnd freüd sie jm verhieß
Der end doch wer der dot mit we
Dar noch keyn freüd / noch wollust me
Die ander sach bleich / sur / vnd hert
Vnd hatt on freüd eyn ernstlich gfert
Die sprach / keyn wollust ich verheiß
Kein růw / dann arbeit jn dim schweiß
Von tugent zů der tugent gon
Dar vmb würt dir dann ewig lon
Der selben ging do Hercles noch
Wollust / růw / freüd er allzyt floch /
Wolt gott / als wir begeren all
Leben noch unserm wol gefall
Das wir begerten ouch des glich
Zů han / eyn leben dugentrich /
Worlich / wir flühen manchen stæg
Der vns fűrt vff den narren weg /
Die wile aber / wir all nit wend
Gedencken / wo eyn yeder lend
Vnd leben blyntzend jn der nacht
Hant wir keyns rechten wægeß acht
Das wir gar offt selbs wissen nitt
Wo vns hyen fűren vnser dritt
Dar vß entspringt / das vns alltag
Berüwen all vnser anschlag
So wirs erfolgen / nit on we
Begeren wir nit mynders me /
Das kumbt alleyn dar vß / das wir
All hant eyn angeborne bgir
Wie vns das recht gůt hie vff erd
Bekum on væl / vnd entlich werd /
Die wile aber das nit mag syn
Vnd wir jrren jn vinsterm schyn
So hat got geben vns das liecht
Der wißheyt / dar von man gesicht
Die macht der vinsterniß eyn end
Wann wir sie nemen recht für hend
Vnd zeigt vns bald den vnderscheit
Der doren weg / von der wißheit /
Der selben wißheyt steltten noch
Pythagoras / Plato der hoch
Socrates / vnd all die durch jr ler
Hant ewig rům erholt / vnd ere
Vnd kunden doch ergründen nie
Die rechte wißheyt funden hie
Dar vmb von jn spricht got der her
Ich will verwerffen kunst vnd ler
Vnd wißheyt der / die hie wis sindt
Leren die selb / die kleynen kindt /
Das sint all die / so wißheyt handt
Eruolget dort jm vatter landt /
Die solche wißheyt hant gelert
Werden jn ewigkeyt geert
Vnd schynen wie das firmament
Welch hant gerehtikeyt erkent
Vnd dar jnn vnder wysen sich
Vnd ander me / die lüchten glych
Als Lucifer von orient
Vnd Hesperus gen occident /
Bion der meister spricht / das glich
Wie zů den megten gselten sich
Die vmb Penelope langzyt
Bůlten / vnd mœcht jn werden nit /
Als důnt die hie nit künnen gantz
Bgriffen / der rechten wißheyt glantz
Die nahend durch vil tugent zier /
(Die jr megd sint) doch vast zů jr /
All freüd der welt nymbt trurig end
Eyn yeder lůg / wo er hyn lend
|
107.
Vom Lohn der Weisheit
Nach Wissenschaft strebt mancher Tor,
Wie er bald Meister
418 werd', Doktor,
Und ihn die Welt halt' für ein Licht,
Und kann doch das betrachten nicht,
Wie er die rechte Kunst erfährt,
Mit der er hin zum Himmel kehrt,
Und daß die Weisheit dieser Welt
Wie Torheit wird vor Gott gezählt.
Viel scheinen auf dem rechten Wege
Und irren sich doch an dem Stege,
Der zu dem wahren Leben führt.
Wohl dem, der auf dem Weg nicht irrt,
Wenn er ihn schon gefunden hat,
Denn oft geht ab ein Nebenpfad,
Daß einer bald kommt von der Straße,
Es sei denn, daß ihn Gott nicht lasse.
Der Jüngling Herkules bedachte,
Welchen Weg er für den rechten achte,
Ob er der Freude nach wollt' gehn
Oder allein nach Tugend stehn.
In solchem Sinnen kamen zu ihm
Zwei Frauen, die er ohne Stimm'
419
Erkannte an ihrem Wesen wohl:
Die eine war der Freuden voll
Und schön geziert; mit Reden süß
Nur Freud' und Lust sie ihm verhieß,
Deren End' jedoch der Tod mit Weh,
Darnach nicht Lust noch Freude je.
Die andre bleich und ernst und strenge
War ohne Freude und Gepränge.
Sie sprach: »Nicht Wollust ich verheiße,
Nicht Ruh'; nur Müh' in deinem Schweiße!
Von Tugend schreit' zur Tugend fort,
Dann wird der ewige Lohn dir dort!«
Und dieser folgte Herkules froh;
Ruh', Wollust, Freud' er allzeit floh.
Wollt' Gott, da wir begehren alle
Zu leben, wie es uns gefalle,
Daß wir begehren auch zugleich
Zu haben ein Leben tugendreich.
Wahrlich, wir flöhen manchen Steg,
Der uns führt auf den Narrenweg!
Dieweil wir aber alle nicht wollen
Bedenken, wohin wir wenden uns sollen,
Und leben blinzelnd in der Nacht,
Haben wir des wahren Weges nicht acht,
Daß wir gar oft selbst wissen nit,
Wo uns hinführen unsre Schritt'.
Daraus entspringt dann jeden Tag,
Daß unser Plan uns reuen mag.
Erreicht man ihn, nicht ohn' Beschwer,
Wünscht andres man nur um so mehr.
Das kommt allein daher, daß wir
voll sind der angebornen Gier,
Wie uns das höchste Gut auf Erden
Unfehlbar möcht' und endlich werden.
Dieweil das aber nicht kann sein,
Und wir hier irren im finstern Schein,
Hat Gott gegeben uns das Licht
Der Weisheit, unserm Angesicht
Zu leuchten, Finsternis zu enden,
Wenn wir uns recht zu ihr hinwenden;
Sie zeigt uns bald, wie ganz verschieden
Von Weisheit Torenweg hienieden.
Der Weisheit stellte Plato nach,
Pythagoras, der Hohes sprach,
Und Sokrates – all die durch Lehre
Erworben ewig Ruhm und Ehre,
Und konnten sie doch nie ergründen:
Sie wollten sie auf Erden finden.
Drum spricht von ihnen Gott der Hehre:
»Ich will verwerfen Kunst
420 und Lehre
Und Weisheit derer, die weis wollen sein,
Will lehren sie kleinen Kindelein!«
Das sind, denen Weisheit ward bekannt,
Die stammt aus dem himmlischen Vaterland;
Die solche Weisheit wurden gelehrt,
Die sind in Ewigkeit geehrt
Und scheinen wie das Firmament;
Wer da Gerechtigkeit erkennt
Und unterweist darinnen sich
Und andre mehr, den gleiche ich
Dem Luzifer
421 vom Orient,
Dem Hesperus
422 gen Okzident.
Bion
423 der Meister uns
erzählt,
Wie zu den Mägden sich gesellt,
Die um Penelope lang' Zeit
Doch mit vergebner Müh' gefreit,
So tuen, die nicht können ganz
Begreifen rechter Weisheit Glanz,
Die kommen durch der Tugend Zier,
Die jener Magd ist, nah zu ihr.
Die Weltlust nimmt ein traurig Ende;
Ein jeder schau, wo er anlände.
|
|
Ir gesellen / kumen har noch ze hant
Wir faren jnn schluraffen landt
Vnd gstecken doch jm můr / vnd sandt
|
Gesellen, folgt um unverwandt!
Wir fahren ins Schlaraffenland
Und stecken doch in Moor und Sand.
|
|
CVIII.
Das schluraffen schiff
Nit meyn / vns narren syn alleyn
Wir hant noch brűder groß / vnd kleyn
Inn allen landen über al
On end / ist vnser narren zal
Wir faren vmb durch alle landt
Von Narbon jnn Schluraffen landt
Dar nach went wir gen Montflascun
Vnd jnn das landt gen Narragun
All port durch sůchen wir / vnd gstad
Wir faren vmb mit grossem schad
Vnd künnent doch nit treffen wol
Den staden do man lenden sol
Vnser vmbfaren ist on end
Dann keyner weiß / wo er zů lend
Vnd hant doch keyn růw tag / noch naht
Vff wißheyt vnser keyner acht
Dar zů hant wir noch vil gespanen
Trabanten vil / vnd Curtisanen
Die vnserm hoff stæts ziehen noch
Kumen jnns schiff zům letzsten doch
Vnd faren mit vns vff gewynn
On sorg / vernunfft / wißheyt / vnd synn
Důnt wir für wor eyn sœrglich fart
Dañ keyner sorgt / lůgt / merckt vñ wart
Vff Tablemaryn / vnd den compasß
Oder den vßlouff des stundglaß
Noch mynder des gestyrnes zwang
Wo hyn bootes / vrsa gang
Arcturus oder Hyades
Des treffen wir Sympleyades
Das vns die felsen an das schiff
Zů beyden sytten gent eyn büff
Vnd knützschen das so gar zů trymmen
Das wenig vß dē schiffbruch schwymmē
Wir wogen vns durch malfortun
Des kumen wir zů land gar kum
Durch Scyllam / Syrtim / vnd Charibd
Vnd sint gantz vß dem rechten trib
Des ist nit wunder / ob ouch wir
Im mer sehen vil wunder thier
Als Delphynen vnd Syrenen
Die syngen vns sűß Cantylenen
Vnd machen vns als vast entschloffen
Das vnsers zů lend ist keyn hoffen
Vnd műssen sæhen vmb vnd vmb
Cyclopem mit dem ougen krumb
Dem doch Vlysses das vß stach
Das er vor wißheyt jnn nit sach
Vnd jm keyn schaden zů mœcht fűgen
Dann das er brœllen dett vnd lűgen
Glich wie eyn ochs / dem würt ein streich
Nit mynder der wise von jm weich
Vnd ließ jnn schrygen / grynen / weynen /
Doch warff er noch mit grossen steynen
Das selb oug wechßt jm wider ser
Wann er ansicht der narren her
So spert ers vff / gen jnn so witt
Das man sunst sich jm antlytt nüt
Sin mul spatzyert zů beyden oren
Do mit verschluckt er manchen doren
Die andern die jm schon entrynnen
Der würt Antyphates doch ynnen
Mit sym volck der læstrygonum
Die gont erst mit den narren vmb
Dann sie sunst anders essen nüt
Dann narren fleisch zů aller zyt
Vnd drincken blůt für jrn wyn
Do würt der narren herberg syn /
Homerus hatt diß als erdacht
Do mit man hett vff wißheyt acht
Vnd sich nit wogt lycht vff das mer
Hie mit lobt er Vlyssem ser
Der wise rætt gab / vnd gůt anschlag
Die wile man streit vnd vor Troy lag /
Vnd wie der zehen jor dar noch
Mit grossem glück durch all mer zoch /
Do Cyrce mit jrr dranckes gwalt
Syn gsellen kert jnn thieres gstalt
Do was Vlysses also wiß
Das er nit nam dranck oder spiß
Biß er das falsch wib über bœßt
Vnd syn gesellen all erlϧt
Mit eym krut das man moly heißt
Also halff jm vsß mancher nott
Sin wißheyt / vnd vernünfftig rott
Die wile er aber ye wolt faren
Mœcht er die leng sich nit bewaren
Im kem zů letst eyn wyder wynd
Der jm syn schiff zerfűrt geschwynd
Das jm syn gesellen all erdryncken
All růder / schiff / sægel / versyncken
Syn wißheyt jm zů hülff doch kam
Das er alleyn / vß nacket schwamm
Vnd wust von vil vnglück zů sagen
Wart doch von sym sůn dot geschlagē
Als er klœppfft an synr eygnen tűr
Do künd wißheit nit helffen für
Nyemans was der jn kennen künd
Im gantzen hoff / alleyn die hund /
Vnd starb dar vmb / das man nit wolt
In kennen / als man billich solt /
Do mit kum ich vff vnser fůr
Wir sůchen gwynn jn dieffen můr
Des würt vns bald eyn bœse růr
Dañ vns bricht mastboū / sægel / schnůr /
Vnd künnē doch jm mer nit scwymmē
Die wællen sint bœß vff zů klymmen
Wann eyner wænt er sitz gar hoch
So stossent sye jn zů boden doch
Der wyndt der tribt sie vff / vnd nyder
Das narren schiff kumbt nym har wider
Wann es recht vnder gangen ist
Dann wir hant weder synn noch lyst
Das wir vß schwymmen zů dem stad
Als det Vlysses noch sym schad
Der me brocht nacket mit jm vß
Dann er verlor / vnd hatt zů huß /
Wir faren vff vnfalles schlyff
Die wællen schlagent űbers schyff
Vnd næmen vns vil Galeoten
Es würt an die schyfflüt ouch geroten
Vnd ouch zů letst / an die patron
Das schyff důt wűst jnn schwænckē gon
Vnd mœcht gar licht eyn wyrbel fynden
Der schyff / vnd schyfflüt würd verslyndē
All hülff / vnd rott hat vns verlon
Wir werden jnn die harr vndergon
Der wynd verfűrt vns mit gewalt
Eyn wis man / sich do heym behalt
Vnd næm by vns eyn wißlich ler
Wog sich nit lichtlich vff das mer
Er künn dann mit den wynden stritten
Alls Vlisses det / zů synen zytten
Vnd ob das schiff gang vnder joch
Das er zů land künn schwymmen doch
Dar vmb erdryncken narren vil /
Zům stad der wißheyt yeder yl
Vnd næm den růder jnn die hend
Do mit er wiss / wo er hyn lend
Wer wis ist / kumbt zů land mit fůg
Es sint doch on das narren gnůg
Der ist der best / der selber wol
Weiß / was man důn vnd lossen sol
Vnd den man nit darff vnder wissen
Sunder die wißheyt selb důt prysen
Der ist ouch gůt / wer andere hœrt
Vnd von jnn zücht / vnd wißheyt lert
Wer aber der keyns über al
Kan / der ist jnn der narren zal
Ob der diß schiffs sich hat versumbt
So wart er biß eyn anders kumbt
Er würt gselschafft fynden geryng
Mit den er Gaudeamus sing
Oder das lied jm narren don
Wir hant vil brűder dussen gelon
Das schiff ouch würt zů boden gon
|
108.
Das Schlaraffenschiff
Glaub' nicht, wir seien Narrn allein:
Wir haben Brüder groß und klein;
In allen Landen allzumal
Ist endlos unsre Narrenzahl;
Wir fahren um durch jedes Land
Von Narrbon ins Schlaraffenland;
Wir wollen ziehn gen Montflascon
424
Und in das Land gen Narragon.
Wir suchen nach Häfen und Gestaden
Und fahren um mit großem Schaden
Und können doch nicht treffen an
Gestade, wo man landen kann;
All unser Fahren ist ohn' Ende,
Denn keiner weiß, wo er anlände;
So fehlt uns Ruhe Tag und Nacht,
Doch keiner hat auf Weisheit acht.
Wir haben auch noch viel Gespanen,
425
Trabanten und auch Kurtisanen,
426
Die unserm Hof stets nachgeschwommen
Und auch zuletzt ins Schiff noch kommen
Und mit uns fahren auf Gewinn.
Ohn' Sorg, Vernunft, Weisheit und Sinn
Ist doch voll Sorge unsre Fahrt,
Denn wer hätt' Sorgfalt wohl verwandt
Auf Tabelmarin
427 und Kompasstand
Oder das Stundenglas umgewandt?
Wer möchte nach den Sternen sehen,
Wohin Bootes, Ursa gehen,
Arkturus oder die Hyaden?
428
Drum treffen wir die Symplejaden,
429
Wo Felsen geben unserm Schiff
Von beiden Seiten Stöß' und Püff'
Und es so ganz zusammendrücken,
Daß wenigen kann Rettung glücken.
Durch Malfortunam
430 wir uns wagen
Und werden kaum zu Land getragen,
Da uns Charybdis, Scylla,
431 Syrte
432
Ganz aus der rechten Straße führte.
Drum nimmt es Wunder nicht, wann wir
Im Meere sehn manch Wundertier,
Wie die Delphine und Sirenen,
Die singen süße Kantilenen,
Die uns so fest in Schlaf versenken,
Daß an die Landung wir nicht denken.
Wir sehen – ob es auch nicht tauge –
Den Zyklops mit dem runden Auge,
Das ihm Ulyß einst ausgebrannt,
Der Schlaue, daß der ihn nicht fand
Und andern Schaden nicht erwies,
Als daß er ein Gebrüll ausstieß
Gleichwie ein Ochs, den man geschlagen.
Der Weise ließ still fort sich tragen
Und ließ ihn schreien, greinen, weinen,
Auch als er warf mit großen Steinen.
Dies Auge wächst ihm wieder sehr;
Sobald er sieht der Narren Heer,
Sperrt er es auf so hoch und breit:
Es wird wie sein Gesicht so weit;
Sein Maul spaziert zu beiden Ohren,
Damit verschluckt er manchen Toren.
Die andern, die ihm noch entweichen,
Wird bald Antiphates erreichen
Mit seinem Volk der Lästrygonen,
433
Die sicher keinen Narren schonen,
Denn ihre liebste Speise ist
Der Narren Fleisch zu jeder Frist,
Sie trinken Narrenblut für Wein.
Dort wird der Narren Herberg sein!
Homerus hat all dies erdacht,
Damit man gäb' auf Weisheit acht
Und sich nicht wagte leicht aufs Meer.
Hiermit lobt er Ulysses sehr,
Der klugen Rats und Anschlags pflag,
Als man im Streit vor Troja lag,
Und darauf zehn Jahre lang
Mit Glück durch alle Meere drang.
Als Circe mit des Tranks Gewalt
Den Genossen gab die Tiergestalt,
Da war Ulysses also weise,
Daß er nicht annahm Trank noch Speise,
Bis er die Falsche überböste
Und die Gesellen all erlöste
Mit einem Kraut, Moly genannt.
So half der Weise sich gewandt
Aus mancher Not in manchem Land,
Doch weil er wollte immer fahren,
Kennt' er die Länge sich nicht wahren:
Ihm kam zuletzt ein Widerwind,
Der ihm sein Schiff zerbrach geschwind,
Daß die Gefährten all ertranken.
Schiff, Ruder, Segel ganz versanken.
Doch Weisheit ihm zu Hilfe kam,
So daß er nackt ans Ufer schwamm
Und viel von Unglück konnte sagen.
Doch ward er von dem Sohn erschlagen,
Als er geklopft ans eigne Tor,
Da half ihm Weisheit nicht davor.
Er ward als Herr niemandem kund
Im ganzen Hof als nur dem Hund
Und starb darum, weil man nicht wollte
Ihn kennen, wie man billig sollte.
Doch um auf unsre Fahrt zu kommen:
Wir suchen in tiefem Schlamme Frommen
Und finden Strandung nur in Eil',
Es bricht uns Mastbaum, Segel, Seil;
Wir können nicht im Meere schwimmen,
Die Wellen sind schlecht zu erklimmen,
Wenn einer wähnt, er sitze hoch,
So stoßen sie ihn zu Boden doch.
Der Wind, der treibt sie auf und nieder:
Das Narrenschiff kommt nimmer wieder,
Wenn es erst ganz versunken ist.
Wir haben weder Sinn noch List
Um fortzuschwimmen zu Gestaden,
Wie einst Ulyß nach seinem Schaden,
Der brachte nackt mehr mit hinaus
Als er verlor und fand zu Haus.
Wir fahren auf Sandbank und auf Riff,
Die Wellen schlagen übers Schiff
Und nehmen uns Galeoten
434 viel,
Bald sind die Schiffsleut' auch ihr Ziel,
Um die Patrone
435 ist's geschehn.
Man kann das Schiff sehr schwanken sehn;
Ein Wirbel wird es leicht bezwingen
Und Schiff und Mannschaft jäh verschlingen.
Wir sind all guten Rates bar,
Uns droht des Untergangs Gefahr,
Der Wind uns mit Gewalt hintreibt.
Ein weiser Mann zu Hause bleibt,
Und nimmt an uns sich gute Lehr'
Und wagt nicht leicht sich auf das Meer,
Er könne denn mit Winden streiten,
Wie Ulysses tat zu seinen Zeiten,
Und, will das Schiff auch untergehn,
Ans Land zu schwimmen doch verstehn.
Dieweil ertrinken Narren viel,
Sei der Weisheit Land des Weisen Ziel,
Er nehm' das Ruder in die Hände,
Damit er wisse, wo er lände.
Wer klug ist, kommt zu Land mit Fug;
Es gibt auch sonst noch Narrn genug;
Der Klügste ist, wer selber wohl
Weiß, was er tun und lassen soll,
Den man nicht braucht zu unterweisen,
Der von selbst Weisheit tut preisen;
Der ist auch klug, wer andre hört,
Wenn man ihn Zucht und Weisheit lehrt;
Wer aber davon allzumal
Weiß nichts, gehört zur Narrenzahl.
Ward er nicht in dies Schiff genommen,
So wird gar bald ein andres kommen,
Wo er Gesellschaft viel trifft an
Und Gaudeamus singen kann
Oder das Lied im Narrenton.
Viel Brüder müssen noch draußen stehn,
Trotzdem wird das Schiff zugrunde gehn.
|
|
Der ist eyn narr / der nit verstot
So jm vnfall zů handen gat
Das er sich wißlich schyck dar jn
Vnglück will nit verachtet syn
|
Der ist ein Narr, der nicht versteht,
Wenn Unglück ihm zu Handen geht,
Daß er sich weislich schicke drein:
Unglück will nicht verachtet sein.
|
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CIX.
Verachtung vngfelles
Manchem jst nit mit vnglück wol
Vnd ryngt dar noch doch yemer tol
Dar vmb soll er nit wunder han
Ob jm das schiff würt vndergan
Ob vnglück ettwan joch ist kleyn
So kumbt es seltten doch alleyn
Dann noch der altten spruch / vnd sag
Vnglück / vnd hor / das wechßt all tag
Dar vmb den anfang man abwend
Man weisßt nit / wo der vßgang lend
Wer vff das mer sich wogen důt
Der darff wol glück / vnd wetter gůt
Dann hynder sich fert der geschwynd
Wer schiffen will mit widerwynd
Der wis mit noch wynd sæglen lert
Eyn narr / hat bald eyn schiff vmb kert
Der wis / der halt jnn syner handt
Den růder / vnd fart lycht zů landt
Eyn narr verstat sich nit vff fůr
Dar vmb er offt nymbt eyn grunt růr /
Eyn wis man / sich vnd andere fűrt
Eyn narr / verdyrbt ee dann ers spűrt
Hett nit sich gschickt noch wiser ler
Allexander / jn hohem mer
Das jm syne schiff warff an eyn sytt
Vnd hett sich gerichtet noch der zytt
Er wer jm mer ertruncken gsin
Vnd nit dot an vergyfftem wyn
Pompeius hatt groß rům vnd ere
Das er gereyniget hett das mere
Vnd die mer rœuber vertriben all
Hat jnn Egypten doch vnfall /
Welch wißheyt / tugent / an jn handt
Die schwymmē nackent wol zů landt /
Als spricht Sebastianus Brant
|
109.
Verachtung der Gefahr
Manchen ängstiget Gefahr,
Und dennoch sucht er sie immerdar,
Drum soll er es nicht haben Wunder,
Wenn ihm das Schiff zuletzt geht unter:
Denn ist auch Unglück etwa klein,
So kommt es selten doch allein,
Weil nach der Alten Spruch und Sage
Unglück und Haar wächst alle Tage.
Darum den Anfang man abwende,
Man weiß nicht, wohin neigt das Ende.
Wen auf das Meer hintreibt der Mut,
Bedarf wohl Glück und Wetter gut;
Denn hinter sich fährt der geschwind,
Wer schiffen will mit Widerwind;
Ein Weiser mit Fahrwind segeln lehrt,
Ein Narr gar bald sein Schiff umkehrt.
Der Weise hält in seiner Hand
Das Ruder und fährt leicht zu Land;
Ein Narr versteht sich nicht aufs Lenken,
Drum wird er leicht das Schiff versenken.
Ein Weiser sich und andre führt,
Ein Narr verdirbt, eh' er es spürt.
Hätt' nicht gefügt in weise Lehre
Sich Alexander auf hohem Meere,
Das ihm sein Schiff warf auf die Seit',
Und sich gerichtet nach der Zeit:
Er würd' im Meer ertrunken sein,
Nicht tot geblieben an Gift im Wein.
Pompejus hatte Ruhm und Ehre,
Als er gereiniget die Meere
Und die Seeräuber all vertrieben,
Und ist doch in Ägypten blieben.
Wer Weisheit sowie Tugend fand,
Der schwimmet nackend
436 wohl zum Land:
So spricht Sebastianus Brant.
|
|
Manch narr der richt vß yederman
Vnd henckt der katzen die schellen an
Vnd will sin doch keyn wort nit han
|
Ein Narr beklatscht wohl jedermann
Und hängt der Katz' die Schelle an,
Und nimmt sich dessen doch nicht an.
|
|
CX.
Hynderred des guten
Vil mancher der hat freűd dar ab
Das ich vil narren gsamlet hab
Vnd nymbt dar by eyn nützlich ler
Wie er sich / von der narrheyt ker
Dar gegen ist es manchem leyt
Der meynt ich hab jm war geseyt
Vnd gtar doch œfflich reden nicht
Dann das er schyltet das gedicht
Vnd henckt der katzen die schellen an
Die jm vff beyden oren stan /
Eyn rüdig roß / das lydt nit lang
Das man mit strygelen vmb es gang
Wyrfft man vnder vil hund eyn beyn
So schrygt der troffen würt alleyn /
Dann wisßlich / ich mich des versich
Das narren werden scheltten mich
Vnd meynen es stand mir nit zů
Das ich die narren stroffen dů
Vnd yedem zeyg / was jm gebryst
Ieder redt / was jm eben ist
Vnd klagt sich / do jn druckt der schůch
Wem nit gefælt diß narrenbůch
Der mag wol lossen / das es louff
Ich bitt keynen / das er es kouff
Er well dann witzig werden dar ab
Vnd ziehen selb die kappe ab /
Ich hab langzit gezogen dar an
Vnd will mir doch nit gantz ab gan /
Wer stroffet das er nit verstot
Der kouff diß bůch / es důt jm not /
Eyn yeder / was er sich verstat
Zů dem er lieb / vnd neygung hat /
Wer worheit wider sprechen gtar
Vnd wis will syn / der ist eyn narr
|
110.
Verleumdung des Guten
Gar manchem war es Herzenslabe,
Daß ich viel Narrn gesammelt habe;
Er nimmt daraus sich gute Lehre,
Wie er sich von der Narrheit kehre;
Dagegen ist es manchem leid,
Der meint, ich sagte ihm Bescheid,
Und wagt doch laut zu reden nicht,
Drum schilt er nur auf das Gedicht
Und hängt der Katze an die Schellen,
Die ihm an beiden Ohren gellen.
Ein räudig Roß hält nicht lang still,
Wenn man es sauber striegeln will;
Wirft unter Hunde man ein Bein,
Schreit der Getroffene allein.
Ich bin es mir recht wohl bewußt,
Die Narren schelten mich mit Lust
Und meinen, es ständ' mir nicht zu,
Daß ich die Narren nicht lass' in Ruh
Und manchem zeige, was ihn plagt.
Ein jeder spricht, was ihm behagt,
Und klaget, wo ihn drückt der Schuh.
Sagt dir dies Narrenbuch nicht zu,
So laß es doch nur ruhig laufen,
Ich bitte keinen es zu kaufen,
Er wolle denn klug werden draus
Und ziehen selbst die Kappe aus,
An der ich lang gezogen hab'
Und zog sie ihm doch nicht ganz ab.
Wer das tadelt, was er nicht versteht,
Der kauf' dies Buch, eh' es zu spät,
Da doch zu dem, was er verstand,
Noch jeder Lieb' und Neigung fand;
Der ist ein Narr, wer sein will klug
Und tut der Wahrheit Widerspruch.
|
|
Licht wer es / narren vohen an
Wann man ouch kündt von narrheit lan
Welcher das schon wolt vnderstan
Der wurd doch vil gehyndert dran
|
Leicht wär's mit Narrheit sich befassen,
Könnt' man auch leicht von Narrheit lassen,
Doch wenn dies einer auch beginne,
Wird er gar vieler Hindrung inne.
|
|
CXI.
Entschuldigūg des dichters
Der ist eyn narr / vnd grosser dor
Wer eym werckmâ dē lon gibt vor
Der macht nit werschafft vff dem merckt
Wer nit vff kunfftig blonung werckt /
Gar seltten würt verdient der lon
Der vor verzert ist / vnd verthon
Das werck gar langsam naher got
Das man macht vff vorgessen brott /
Dar vmb hett man mir vor gelont
Das ich der narren hett geschont
Ich hett mich wenig dar an kœrt
Dar zů wer es doch yetz verzœrt /
Vnd hett die leng mich nit gewerdt
Alls alles das do ist vff erdt
Das ist vnnütz dorheit geacht /
Wann ich ouch diß vmb gelt het gmaht
Sorg ich mir würd nit glicher lon
Ich hetts worlich langs lossen ston /
Aber die wile ichs hab gethon
Durch gottes ere / vnd nutz der welt
So hab ich weder gunst noch geltt
Noch anders zytlichs gsehen an
Des will ich gott zů zügen han
Vnd weiß doch das ich nit mag bliben
Gantz vngestrofft jn mynem schriben
Den gůten will ichs lossen noch
Ir stroff / jnred / vff næmen ouch
Dann ich mich des gen gott bezüg
Ist ettwas hye dar an ich lüg
Oder das syg wider gotts lere
Der selen heil / vernunfft / vnd ere
Des stroff nym ich vff mit gedult
Ich will am glouben nit han schuldt
Vnd bitten hye mit / yederman
Das man von mir für gůt well han
Vnd nit zů argem messen vß
Noch ærgerniß / schand / nemen druß
Dann ich habs dar vmb nit gedicht
Aber ich weis das mir geschicht
Glich wie der blůmen die wol rücht
Dar vß das byenlin hunig zücht /
Aber wann dar vff kumbt eyn spynn
So sůcht sie gyfft noch jrem gwynn
Das wurt har jnn ouch nit gespart
Eyn yedes důt noch syner art
Wo nüt ist gůttes jn eym huß
Do kan man nüt gůts tragen vß
Wer nit gern hœrt von wißheit sagen
Der würt dest dicker von mir klagen
Dem hœrt man an syn worten an
Was er sy für eyn gouckelman /
Ich hab gesehen manchen dor
Der vff erhebt was hoch entbor
Glich als der Cæder Lybani
Der bduht sich syner narrheyt fry
Ich wart eyn wile / vnd hort syn nym
Ich sůcht jn / er gab mir keyn stym
Man kund ouch fynden nit die stat
Do der selb narr gewonet hat
Wer oren hab / der mœrck / vnd hœr /
Ich schwig / der wolff ist mir nit verr
Eyn narr strofft manchen vor der zyt
Das er nit weißt was jm an lyt
Műst yeder syn des andern ruck
Er würt bald jnnen was jn druckt
Wer well / der læß diß narrenbůch
Ich weiß wol / wo mich druckt der schůch
Dar vmb ob man wolt scheltten mich
Vnd sprechen / artzt heyl selber dich
Dann du ouch bist jnn vnser rott /
Ich kenn das / vnd vergych es gott
Das ich vil dorheit hab gethon
Vnd noch jm narren orden gon
Wie vast ich an der kappen schütt
Will sie mich doch gantz lossen nytt
Doch han ich fliß / vnd ernst an kœrt
Do mit (als du sichst) han gelert
Das ich yetz kenn / der narren vil
Hab můt ouch fürter ob gott wil
Mit witz mich bessern / mit der zyt
Ob mir so vil / gott gnaden gytt
Eyn yeder lůg / das er nit fæl
Das jm nit blib der narren stræl
Der kolb veraltt jn syner hant
Des sy eyn yeder narr gemant
Als bschlüßt Sebastianus Brant
Der yedem zů der wißheyt ratt
Er sy was wæsens / oder statt
Keyn gůt werckman / kam nye zů spatt
|
111.
Entschuldigung des
Dichters
Der ist ein Narr und großer Tor,
Wer einen Werkmann lohnt zuvor,
Denn der gar oft die Sorgfalt spart,
Wer nicht auf künft'gen Lohn mehr harrt.
Gar wenig wird für Geld getan,
Das schon verzehrt ist und vertan,
Und dem Werk bald der Stillstand droht,
Wo man zuvor schon aß das Brot.
Drum, hätte man mir wollen lohnen,
Daß ich der Narren sollte schonen,
Ich hätt' mich wenig dran gekehrt,
Auch wär' das Geld jetzt verzehrt
Und nicht mehr Sicherheit gewährt,
437
Weil alles, was da ist auf Erden
Für Torheit muß geachtet werden.
Hätt' ich dies Buch um Geld gemacht,
Nur wenig Lohn hätt' ich gesehn
Und hätt' es längst wohl lassen stehn,
Aber dieweil es ist geschehn
Zu Gottes Ehr' und Nutz der Welt,
So hab' ich weder Gunst noch Geld
Noch anderes gesehen an,
Was Gott mir wohl bezeugen kann,
Und weiß doch, daß ich nicht kann bleiben
Ganz ungetadelt in meinem Schreiben.
Von Guten will ich das hinnehmen,
Mich ihrer Rüge nimmer schämen;
Denn Gott mir das bezeugen kann,
Träf' man im Buche Lügen an,
Oder was ist wider Gottes Lehre,
Der Seelen Heil, Vernunft und Ehre,
So will ich Tadel gern erdulden;
Am Glauben möcht' ich nichts verschulden
Und bitte hiermit jedermann,
Daß man für gut es nehme an
Und leg' es nicht zum argen aus
Noch ziehe Ärgernis daraus.
Denn darum ließ ich's nicht entstehn.
Aber ich weiß, es wird mir gehn
Gleichwie der Blume, die schön blüht,
Aus der das Bienlein Honig zieht,
Doch kommen dann darauf die Spinnen,
So suchen sie Gift draus zu gewinnen.
Das wird auch hierbei nicht gespart,
Denn jedes tut nach seiner Art,
Und wo nichts Gutes ist im Haus,
Trägt man auch Gutes nicht hinaus.
Wer nicht gern hört von Weisheit sagen,
Wird über mich gar oftmals klagen,
Doch hört man seinen Worten an,
Was er sei für ein Gaukelmann.
Ich hab' gesehen manchen Tor,
Der sich gehoben stolz empor,
Wie auf dem Libanon die Zeder,
In Narrheit höher als ein jeder,
Doch als geharrt ich kurze Frist,
Das Prahlen ihm vergangen ist,
Man konnt' auch finden nicht die Statt,
Wo dieser Narr gewohnet hat.
Wer Ohren hat, merk' auf und höre!
Ich schweig', daß mich kein Wolf betöre!
438
Ein Narr tadelt manchen vor der Zeit,
Er kennt nicht dessen Freud' noch Leid,
Doch wenn er wär' des andern Rücken,
So wüßt' er, was den täte drücken.
Wer will, der les' dies Narrenbuch,
Ich weiß wohl, wo mich drückt der Schuch,
Darum, wenn man will schelten mich
Und sprechen: »Arzt, heil' selber dich,
Denn du bist auch in unsrer Rotte!«
So weiß ich und gesteh' es Gotte,
Daß ich viel Torheit hab' begangen
Und muß im Narrenorden prangen,
Wie sehr ich mag die Kappe rütteln,
Kann ich sie nicht vom Kopfe schütteln.
Doch hab' ich Ernst verwandt und Fleiß,
So daß ich, wie nun jeder weiß,
Der Narren Arten kenne viel
Gesonnen bin, wenn Gott nur will,
Zu bessern mich in künft'ger Zeit,
Sofern Gott Gnade mir verleiht.
Ein jeder achte nur auf dies,
Daß ihm nicht bleib' der Narrenspieß,
Daß nicht veralt' in seiner Hand
Der Kolben – des sei er ermahnt!
So schließt Sebastianus Brant,
Der jedem zu der Weisheit rät,
Wer er auch sei, und wo er steht:
Kein guter Werkmann kommt zu spät!
|
|
Von narren hab ich vß geseyt
Do mit man doch wiß recht bescheyd
Wer witzig sy / gantz vmb / vnd vmb
Der læß myn fründ Virgilium /
|
Von Narren gab ich euch Bescheid,
Damit ihr sie recht kennt am Kleid.
Wer weise sein will um und um,
Les' meinen Freund Virgilium.
439
|
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CXII.
Der wyß man
Eyn gůt vernunfftig / witzig / man
Deß glych man nit mœcht eynen han
In aller welt / als Socrates
Appollo gab jm kuntschafft des /
Der selb syn eygen richter ist
Wo jm abgang / vnd wißheit gbrist
Versůcht er vff eym næglin sich
Er acht nit / was der adel spricht
Oder deß gemeynen volcks geschrey /
Er ist rotund / gantz wie eyn ey
Do mit keyn frœmbder mackel blib
Der sich vff glattem weg anryb
Wie lang der tag jm krebs sich streckt
Wie lang die naht den Steynbock deckt
So gdenckt er / vnd wigt eben vß
Das jn keyn wynckel jnn sym huß
Betrűb / oder er red eyn wort
Das nit glych wæg vff alle ort /
Do mit nit fæl das winckel mæß
Io væst syg / wes er sich vermæß /
Sunder all anlouff mit der handt
Versetz / vnd bald hab abgewandt /
So ist jm nit so lieb dheyn schloff
Das er nit gdenck ver / vnd sich stroff
Was er den langen tag hab gthon
Wo übersehen er sich mag han /
Was er by zyt solt han betracht /
Vnd das zů vnzyt hab volbracht /
War vmb vollendt er hab diß sach
On zymlicheit / vnd all vrsach /
Vnd er vil zyt vnnütz vertrib /
War vmb er vff dem anschlag blib
Den er wol mœcht verbessert han /
Vnd nit den armen gsehen an
War vmb er jn sym gműt hatt vil
Entpfunden schmertz / vnd wider will /
Vnd war vmb er diß hab gethon
Vnd hab jhens vnderwegen gelon /
War vmb er syg so offt geletzt
Vnd hab den nutz für ere gesetzt
Vnd sich verschuldt mit wort / vnd gsicht
Der erberkeyt geachtet nycht /
War vmb er der natur noch heng
Syn hertz zů zůcht nit zych / vnd zweng /
Also bewært er werck / vnd wort
Vom morgen / biß zů tages ort /
Gdenckendt / all sachen die er důt
Verwürfft das bœß / vnd lobt das gůt
Das ist eyns rechten wisen můt
Den jnn sym gdicht / vnß zeychet vß
Der hochgelobt Virgilius
Wer also lebet hie vff erd /
Der wer by gott on zwifel werdt
Das er recht wißheit hett erkannt
Die jnn fűrt jnn das vatterlant
Das vns gott geben well zů hannt
Wünsch ich Sebastianus Brant
Deo gracias.
|
112.
Der weise Mann
Ein guter, vernünft'ger, weiser Mann,
Desgleichen man nicht leicht trifft an
In aller Welt, wie Sokrates –
Apollo
440 gab ihm Zeugnis des, –
Derselb' sein eigner Richter ist;
Wo's ihm an Weisheit noch gebrist,
Auf das genauste er erprobt;
Er hört nicht, was der Adel lobt
Noch des gemeinen Volks Geschrei;
Er ist rotund
441 ganz wie ein Ei,
Damit kein fremder Makel bleibe,
Der sich auf glattem Weg anreibe;
Wie lang der Tag im Krebs
442 sich streckt,
Wie lang die Nacht den Steinbock
443 deckt,
So denkt er nach und wäget aus,
Damit kein Winkel in seinem Haus
Ihn trübe, oder er red' ein Wort,
Das nicht gezieme jedem Ort,
Damit nicht fehl' das Winkelmaß
Und fest sei, wes er sich vermaß;
Daß jedem Angriff mit der Hand
Er wehr' und bald hab' abgewandt.
Er liebet nicht so sehr den Schlaf,
Daß er nicht überdenk' und straf',
444
Was er getan den langen Tag,
Was übersehn er haben mag;
Was er beizeiten sollt' betrachten,
Worauf er tat zur Unzeit achten;
Warum vollendet er die Sache
Ohn Ziemlichkeit und all' Ursache
Und viele Zeit unnütz vertrieben;
Warum er bei dem Plan geblieben,
Der besser konnte doch geschehn;
Warum er Arme übersehn,
Und warum im Gemüt soviel
Empfunden Schmerz und Widerwill';
Warum er dies gefangen an,
Und warum jenes nicht getan;
Warum sich selbst so oft er letzte
Und Nutzen vor die Ehre setzte
Und sich verging mit Wort und Gesicht,
Der Ehrbarkeit geachtet nicht;
Warum er gefolgt natürlichem Hang,
Sein Herz zur Zucht nicht zog noch zwang?
Also erprobt er Werk und Wort
Vom Morgen bis zum Abend fort,
Bedenkt die Sachen, die er tut
Verwirft, was schlecht, und lobt, was gut.
Das ist eines rechten Weisen Art,
Wie im Gedicht uns hat gewiesen
Virgilius, der hochgepriesen.
Wer also leben würd' auf Erden,
Dem werd' auch Gott gewogen werden,
Weil er die Weisheit recht erkannt,
Die einst ihn führt zum Vaterland.
Das gebe Gott uns unverwandt,
Wünsch' ich Sebastianus Brant.
Deo gratias
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