Fabelverzeichnis
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Fabeln I.

 

Die erst fabel von dem han und dem bernlin

Ein han suchet syne spys uff ainer misty, und als er scharret, fand er ain kostlichs bernlin
an der unwirdigen statt ligende; do er aber daz also ligend sach, sprach er: O du guotes
ding, wie liegst du so ellenglich in dem kautt! hette dich ain gytiger gefunden, wie mit
großen fröden hett er dich uffgezuket, und werest du wider in den alten schyn dyner
zierde geseczet worden. So aber ich dich finde an der schnöden statt ligende, und lieber
myne spys fünde, so bist du weder mir nüczlich, noch ich dir.

Dise fabel sagt Esopus denen, die in lesent und nit verstant, die nit erkennent die kraft des
edeln bernlins, und das honig uß den bluomen nit sugen künent; wann den selben ist er nit
nüczlich ze lesen.

Die ander fabel von dem wolff und dem lamp

Esopus seczet von den unschuldigen und den böslistigen triegern ain sölliche fabel.

Ain wolff und ain lamp, baide durstige, kamen an ainen bach, allda ze trinken; der wolff
trank oben an dem bach, und das lamp ferr unden. Do der wolff das lamp ersach, sprach
er zuo im: So ich trinke, so trübst du mir das waßer? Das geduldig lemlin sprach:
Wie mag ich dir das waßer trüb machen, das von dir zu mir flüßet? Der wolff errötet nit
von der warhait des lamps und sprach: He, he, du fluochest mir. Antwürt daz lamp:
Ich fluoch dir nit. Ja, sprach der wolff, vor sechs monet det mirs dyn vater ouch.
Do sprach das lamp: Nun bin ich doch die selben zyt dannocht nit geboren gewesen.
Do sprach der wolf: Du hast mir ouch mynen aker gar verwüst mit dynem nagen und
verheret, Do sprach das lamp: Wie möcht das gesyn, nun hab ich doch der zen nicht.
Do ward der wolf in zorn bewegt und sprach: Wie wol ich dyne argument und ußzüg nit
alle widerreden kan, so will ich doch ain rychlich nachtmal hinacht mit dir haben. Er fieng
das unschuldig lemplin, er nam im sin leben und fraß es.

Mit diser fabel will Esopus bezaigen, daz by bösen und untrüwen anklegern vernunft
und warhait kain statt finden mag; söliche wolff fint man in allen stetten.

Die III. Von der mus, frosch und wyen

Welher gedenckt dem andern laid und widerwärtikait ze erzögen, der würt dem übel hart
entrinnen; darvon hör ain fabel.

Zu zyten ware ain mus gern über ain waßer gewesen, und begeret raut und hilff von
einem frosch. Der frosch nam ain schnur und band den fuoß der mus an synen fuoß, und
fieng an über das waßer ze schwimmen. Und als er mitten in das waßer kam, tunket sich
der frosch, und zoch die mus under sich und wolt sie ertrenken. Do des die eilend mus
enpfand, widerstund sy dem frosch nach ieren krefften; in dem kompt ein wy geflogen
und nimpt die mit synen klawen, und den hangenden frosch mit ir und aß sie baide.

Also beschicht ouch denen, die ander lüt veruntrüwen wellent, und versprechent hilff,
und begeren ze schedigen, das in offt gelyche bütt würt. Dise fabel findst ouch völliger in
dem leben Esopi by dem end.

Die IV. fabel von dem hund und schauff

Von den . . . seczet Esopus ain söliche fabel.

Ain . . . hund sprach ain schauff an vor gericht umb ain brot, das er im geluhen hette.
Das schauff lögnet und sprach, er hett nie kain brot von im enpfangen. Der hund rümet
sich zügnus, die ward im ze hören erkennet; do ward für gezogen ain wolf der sprach:
Ich waiß, das er im das brot gelühen hat. Mer ain wy oder ain aar der sprach: Ich bin
darby gewesen. Do der gyr hin yn gieng, sprach er zu dem schauff: Wie getarst du lögnen,
das du enpfangen hast? Das schauff ward überwonden mit dry falschen zügen, und geurtailt,
dem hund das brot alsbald wider ze geben, und ward bezwungen, syne wollen ze
unrechten zyten an ze gryffen, daz es bezalen möchte, das es nie schuldig worden was.

Also tund die den unschuldigen, daz sy allweg triegery über sie erdenkend, und ir fürniemen
mit falschen zügen und gestiften lügen bestetigent.

Die V. fabel von dem hund und stuk flaisch

Welher ze vil gytig ist über fremdes guot, der verlürt offt syn aigen guot dardurch.
Von den selben sagt Esopus also.

Ain hund truog ain stuk flaisch in dem mul, und lieff durch ain fließend waßer.
Im durchlouffen sicht er das flaisch in das waßer schynen, und wänet er sech ain ander
stuk in dem waßer, und ward begirig das selb ouch ze niemen, und so bald er das mul uff
tett, das selb ouch ze erwüschen, enpfiel im das, das er vor truog, und fuort es das
waßer bald hinweg. Also stuond er und hett das gewiß mit dem ungewißen verlorn.

Darumb welher gytiger ze vil wil, dem würt offt ze wenig.

Die VI. fabel von dem löwen, rind, gaiß und schauff

Es ist ain gemain sprichwort: Nicht gesell dich zuo gewalt, so behelt dyn wesen ouch ain
guot gestalt. Von dem sagt Esopus allen menschen ain sölliche fabel.

Ain rind, ain gaiß, ain schauff, geselten sich zuo ainem löwen. Sie zohen mit ainander uff
das gejagt in ainen forst und fiengen ainen hirs, der ward in fier tail getailet. Do sprach
der leo: Den ersten tail nim ich, darumb, das ich ain leo und ain künig aller tiere bin;
so ist der ander tail myn, darumb das ich sterker bin wann ir; so will ich den dritten han,
darumb das ich fester geloffen bin wann ir. Weiher aber den fierden an regt, des fynd will
ich syn. Also schilet der untrüw leo die dry von ieren tailen und behielt er sie all.

Dise fabel warnet alle menschen vor der mechtigen geselschafft hüten söllen; die selben
fabel seczet Rimicius in der nüwen translation uß kriechisch in latin von dem löwen,
aim esel und aim fuchs. Und als der esel von dem löwen gehaißen ward ze tailen, machet
er dry tail dar uß. Darum ward der leo zornig über den esel und grißgramet mit den zenen und
sprach zuo dem fuchs, er solte tailen. Do stieß der fuchs die tail all dry wider zesamen
und gab sie dem löwen gar. Das gefiel im und sprach: Fuchs, wer hat dich so wol gelert tailen?
Antwürt er bald: Die sorg, dar inn der esel gestanden ist, hat michs geleret.

Und wyset dise fabel, das der sälig ist, den fremde sorg fürsichtig machet.

Die VII. fabel von dem dieb und der sunnen

Was dem menschen von der natur anhanget, das mag im hart benomenn werden,
als dise fabel bezüget.

Uff ain zyt hetten die nachpuren große fröd und wolnust mit ainem dieb uf syner hochzyt,
in hoffnung er würde sich verkeren. Zuo denen kam ain wyser man, und als er sie in
fröden sach, sprach er zuo in: Hören zuo. Ich will üch tiwere fröden ußlegen. Die sunn
wolt sich uf ain zyt vermäheln, das was wider alle land, und warde die gancz weit darumb
ungedultig, so vil, das sie ouch den öbristen got Jupiter darumb scheltwort nicht
überhuobent. Darumb ward Jupiter zornig, und fraget ursach der scheltwort. Do sprach
ainer zuo im: Wir haben iecz nit me wann ain ainige sunnen, die betrübt alle ding mit
ierer hicz, so vil, das sich die natur dar von krenket; was sol uns dann künfftig werden,
wann die sunn ander sunnen bringen würde?

Die fabel zögt, das man sich nit mit den bösen fröwen sol umb syns gelychen zemerren;
wann griß schlecht gern nach gramen, am dieb bringt den andern.

Die VIII. fabel von dem wolff und kranch

Welher den bösen wol tuot, der würt selten belönet; dar von hör dise fabel.

Ain wolff verschland ain bain, an dem er große pyn erlaide, wann es im über zwerch in
dem schlund was gesteket; der erbot sich großes lones, welher im an dem übel möchte
gehelffen. Do ward berüffet der kranch mit dem langen hals, daz er dem wolff hilff
bewyset, der selb stieß synen kragen in den schlund des wolffes und zoch im das bain
daruß und machet in gesund. Als aber dem wolff geholffenn ward, begeret der kranch,
daz im der versprochen lon würde gegeben. Do sagt man wie der wolff spräche: O wie
undankbar ist dieser kranch, so er so tief ist in mynen schlund gewesen, und hab ich in
ungeleczt von mynen zennen laßen genesen, und begeret dannocht lones von mir,
daz doch mynen tugenden schmachlich ist!

Dise fabel warnet alle die, die den bösen wellent dienstlich syn oder guotes bewysen.

Die IX. fabel von zweien hunden

Senftmütige schmaichwort bringent offt den menschen schädliche ungemach.
Und darumb daz wir den schmaichern und liebkallern nit uff losen, sonder sie vermyden,
seczet Esopus dise fabel.

Ain tragende hüntin bat mit senften schmaichenden worten demütiglich ainen hund,
das er ir vergündet in synem hüslin ze welffen. Der hund vergündet ir das und wich uß
synem huß und ließ sie dar inn. Da das beschach daz sie gewelffet hett und nun die
jungen erstarket waren, bat sie der hund uß ze gan und syn hus zerumen, aber sie wolt
es nit tuon. Unlang darnach erfordert der hund syn hus mit etwas tröworten bittende;
do antwürt im die hüntin ungestümglich: Warumb bekimerst mich unrechtiglich? wilt du
je wider mich und myn volk syn oder bist du sterker wann wir, so will ich uß dem hus wychen.

Also verlieren offt die fromen ir guot durch schmaichwort und liebkallen der bösen.

Die X. fabel von aim man und ainer schlangen

Wer den bösen hilf bewyset, der sol wißen, daz er genuog fast mistuot, und so er im wol
getan hat, so würdt er ze lon von im geschediget. Darumb hör dise fabel.

Durch übrige kelty und große gefrüri ward ain man in gütikait bewegt, daz er ain
schlangen in synem hus beherberget und winterfuoret mit syner spys. Do die kalten zyt
vergangen waz, do ward der schlang mülich, und alle ding mit syner gifft entrainigen,
und daz er nit mit gnaden uß schiede, so begeret er ze leczen wien er möchte.

Dise fabel söllent alle merken, die in guotem willen undankbarn menschen fürderlich und nücz
synt, die in dem abschaiden lieber wölten schedigen, wann den nucz umb enpfanges
guot zuo fügen.

Die XI. fabel von dem esel und wilden schwyn

Von den übermütigen torochten spötigen menschen seczet der wys ain sölliche fabel.

Etlich menschen schmächent die andern, dar uß in selber ungemach uff erstat. Als der
esel, do er dem wilden schwyn begegnet, sprach er zuo im: Ich grüß dich, bruoder.
Daz schwyn ward unwirsch und gab im nit antwürt und verachtet syne wort, und schütet
den kopf und gedacht in im selb: Du wilt dyn zen mit dem üppigen bluot nit vermalgen.
Wann wa du dich mit im ynlegtest, so müstest aintweders in scheltenden oder zerrißnen
hinder dir laßen und ist beßer den toren über hören.

Dise fabel leret die menschen, daz man den toren vertragen sol und die narren beschirmen,
die den wysen törlichen zuoredent.

Die XII. fabel von zwaien müsen

Vil beßer ist in armuot sicher leben, wann in richtung durch forcht und sorgfeltikait
verschmorren, als durch dise kurcze fabel Esopi würt bewyset.

Ain husmos gieng über feld und ward von ainer feldmus gebetten, by ir ze herbergen.
Von der sie ward wol und schon in ir klaines hüslin enpfangen, und mit aicheln und
gersten gespyset. Als sie aber von dannen schiede und ieren weg volbracht, wider haim
in ir hus kerend, bat sie die feldmus, mit ir zegaun, und das mal ouch mit ir ze niemen.
Das beschach, und giengen mit ainander in ain schön herlich hus, in ainen keller, dar inn
aller hand spys behalten was. Die zöget die mus der mus und sprach: Fründ, nun bruch
diser guoten spys nach dynem willen; deren hab ich täglich überflüßig. Als sy aber
mangerlay spys genoßen hetten, do kam der keller ylend geloffen und rumpelt an der
tür. Die müs erschrakent und wurden fliehen, die husmus in ir erkantes loch; aber der
feldmus warend die löcher unerkant und wiste nit ze fliehen, wann allain die wend uff
und ab ze louffen, und hette sich ieres lebens verwegen. Do aber der schaffner uß dem
keller kam und die tür beschloßen hett, sprach die husmus zuo der andern:
Warum betrübst du dich selber mit dynem fliehen, lieber fründ? Laß uns eßen und wol
leben mit der guoten spys, wann hie ist kain sorg; fürcht dir nit, sonder biß wol gemuot.
Antwürt die feldmus: Behalt dir dyne spys, bruch sie nach dynem willen; wann du hast
weder sorg noch angst, dich bekümern ouch die täglich trübseli nit; so leb ich wol und
mäßlich uff dem acker, frölich zuo allen dingen, kain sorg bekrenket mich, kain trübsäli
des lybes, so bist du allweg sorgfältig, und haust kain sicherhait; dir synt allweg fallen
gericht, dich ze fahen, die kaczen durchächten dich zuo allen zyten, und bist iere spys on
widerstand, und von menglichem gehaßet.

Dise fabel straffet die lüt, die sich zuo andern höhern menschen gesellent, daz sie etwas
von inen erlangen mügen, das in doch von dem gelükrad nicht bescheret ist.
Darumb söllent die menschen das gemachsam ruowig leben erwelen umb merer sicherhait
in ieren armen hüslin ze behalten, und nit begeren daz ieren naturen nit zuo gehört
noch gewonlich ist.

Die XIII. fabel von dem adler und dem fuchs

Die mächtigen söllent die nidern nit verachten, als dise fabel bezüget.

Ain adler nam ainem fuchs sine jungen füchslin, und füret sie in syn nest ze spysen syne
jungen. Der fuchs lief hinauch und bat den adler, im syne welffly wider ze geben.
Aber der adler verachtet in als den mindern, an dem wenig läge. Der fuchs waz böslistig
und nam ainen brand von dem altar, dar uff von geschicht ain offer bran und umbgab
den nesthom mit dürrem holcz und stupfeln und zündet die an. So bald aber der rouch
und flamm knalczen und uffriechen wurden zuo den jungen in daz nest, do ward der adler
laider und sorgfeltig umb syne kind, das sie nicht mit den jungen füchsen verdürbent, und bat
den fuchs ab ze laußen, so wölt er im syne kind ouch frisch und gesund wider antwürten.

Dise fabel leret die menschen, daz die nidern nit söllen verachtet oder geleczet werden,
daz sie nit gestraffet werden mit dem feüwer der rauch und gütlicher gerechtikait.
Als dise fabel in gelicher mainung, doch mit andern worten, in den nüwen fabeln die erst
ist ußwyset, und ouch die dritt von dem adler und dem kefer.

Die XIV. fabel vom adler, schneken und kraen

Welcher sicher und bewaret ist, der hüt sich, daß er durch bösen rant nit werde geschediget.
Dar von spricht Esopus also:

Ain adler nam ainen großen schneken in den fuoß und füret in hoch uff in die lüfft,
doch hette sich der schnek yngezogen, daz in der adler nit mocht uß dem hüslin
gewinnen. Do begegnet im ain kra und schmaichet im mit worten und sprach: Du fürest
da ain über guoten roub. Aber es sye dann daz du sinn bruchest, so verlüset du dyn
müe, und würt dir diser roub nit zuo nucz komen. Do versprach der adler der kraen ainen
tail des roubes, daz sie im dar zuo riete. Do gab die kra ainen sölichen ratt, und sprach:
Du solt uffliegen, uncz an die himel, und lauß den schneken houch herab uff ainen stain
fallen, daz die schalen zerbrechen, so senhen wir die spys vor uns ligen, die wir fröhlich
nießen werden. Durch disen listigen raut der kraen verdarb der schnek und ward des
adlers spys und der kraen, wie wol er von der natur mit hüslin und herten schalen wol
bewaret was.

Die XV. fabel vоп dem rappen mit dem käs und fuchsen

Welche den schmaichern und den liebkallern gerent ierer wort ufflosen, die werdent
betrogen, und rüwig darum syn, als dise fabel ußwyset.

Ain rapp nam ainen käs in ainem fenster und füret in uf ainen hohen boum. Do das ain
fuchs ersach, ward er des käs begirig, und sprach im zuo schmaichend mit lobworten:
O rapp, welher ist dir gelych! Nun hat doch kain vogel sölichen schyn der federn als du
hast. Kain zierlicher vogel möchte erfunden werden, wann du nun ain stimm hettest,
dyner schöny gelyche; aber dyne stimm ist ze grob. Der rapp fröwet sich des üppigen
falschen lobes und wolt sich gefälliger machen und syn stimm größer erzaigen. Er rekt
sich und schry kreftiglich. Als er aber den schnabel uf tett, enpfiel im der käs; denselben
ergrif der böslistig fuchs behendiglich und fraß in. Do ward der rapp rüwig und merket
erst, daz alle süße wort des fuchs in list und untrüw warent beschenhen.

Darum warnet dise fabel menglich vor den schmaichern und liebkallern.

Die XVI. fabel von dem löwen, eber, stier und esel

Welher den gewalt verloren hat, der sol ouch synen hohmuot von im legen, daz er nit
von menglichen gekestiget werde, als dise fabel ußwyset.

Ain leo ward ser krank von vily syner jar, daz er an synen kreften fast het ab genomen,
so vil, als ob im die sele uß wölt gaun. Do kam zuo im ain eber zorniger und schomend
mit synen scharpfschnydenden zenen, und rach an im den alten schaden von im
enpfangen. Der stier stieße synen lyb und wundet in mit baiden hornen. Do aber der esel
den also krank sach ligen, der ettwan syn fynd gewesen waz, schluog er in mit synem
fuoß gar hart an die stirnen. Der leo ersüffczet und sprach: Die wyl ich by minen kreften
was, do lebt ich in großen eren, ich waz menglichem forchtsam und hetten mich alle tier
in sorgen und allain an mich gedenken erschreket iederman. Ich bin ouch gegen vilen
gütig gewesen, die ich nit hab geleczet, sonder hilf erzöget, die nun alle wider mich synd
erbittert, und so myn kraft und gewalt hin synd, so ist all myn eer mit inen vergangen.

Dise fabel warnet und leret die gewaltigen, daz sie in ierem gewalt gütig und senftmütig
syen, das kain rauch nach ußgang des gwalcz über sie gang.

Die XVII. fabel von dem esel und dem hündlin

Welcher zuo gebürlichen diensten nicht geordnet und untöglich ist, der sol sich nit understaun,
dem beßern und höhern ze dienen, denen iere dienst unenpfenglich werdent, dar von hör
dise fabel.

Ain esel sach, wie ain klaines hündlin von ainem herren erzogen, sich täglich liebet gegen
dem herren, darumb es der herre straichet und gab im syner spys, und alles husgesind
schmaichet im. Do das der esel ersach, gedacht er in im selber: So das klain unsuber tier
myn herr sо lieb hatt, und das gancz husgesind umb so klain schmaichend dienst,
wie lieb würde er mich dann haben, wann ich im ouch schmaichet und gegen im mich
liebet; es würde im bas vоn mir gefallen, so ich so groß bin und bas geboren, wann der
hund, und bin ouch zuo vil dingen nüczer, wann daz hündlin, ich würd billich bas geeret.
Do aber der esel dise ding also in im selber betrachtet, so sieht er den herren yn gaun;
ze hand lieff er dem herren engegen und erzöget syne fröd mit synem geschray und
sprang uff den herren und stellet sich mit synen fordern füßen uff die achseln des herren
und beschlecket im synen mund und das angesicht und bestrebt im syn gewand und
truket den herren so hart, daz er die diener anrüffet, daz sie in vor dem esel fryen
möchten. Da ward alles husgesind über den esel beweget mit stangen, steken und
stainen, und zerschluogen im synen ruken und die lend, zerbrachen syne ripp,
und bunden in wider an die kripp müden, daz er hart by leben mocht belyben.

Dise fabel wyset, daz nieman also in übermuot sol erheben, daz er sich höher dienst underwinde,
die im nit gebürlich synd.

Die XVIII. fabel von dem löwen und der mus

Ob ain unachtbar oder schlechter mensch von dem nidersten staut den obersten etwas
schmachait oder unrechts zuofüget voruß ungefarlich, und bittet syn verschulden ab ze
laßen, dem sol man geweren, wann es komt die zyt des belönens und widergelt der armen
gegen den rychen oder mächtigen, dar zuo hör dise fabel.

Ain leo lag schlaffend in ainem wald, und als sich die feldmus gailten und scherczten
under einander, sprang aine ungefarlich uff den löwen. Der leo erwachet und ergriff sie
behendiglich. Die mus batt in, ir gütiglich iere schuld und mistat ze vergeben, wann sie
daz doch nit mit willen gethan hett. Und sagt, wie ieren vil mit ainander hetten
gescherczet, und sie wäre ungefarlich allain und kain andre mit ir uff in gesprungen und
batte in syner gnaden. Der leo bedacht in im selber, daz die rach gegen ainer mus gar
klain wäre und mer unlobs wann eere uß söllicher rauche im uferstünde, und vergab der
mus ir mistat und ließ sie louffen; die mus schied in dankbarkait hinweg. In wenig tagen
hinach fiel der leo in ain necz, und als er enpfand, daz er gefangen was, ward er über lut
löwen und schryen und mit großem schmercz syn ungefell mit hülen erklagen. Do das die
mus erhöret, lieff sie bald zuo im und beschouwet, was im anläge oder ungefelles wäre
zuo gestanden. Do aber die mus erkennet, daz er gefangen was, sprach sie zuo im:
Du solt dir nit fürchten, ich will dir dyner guothait wider gelten, die du mir gethon hast,
und darum dankbar syn, und ward alle list der strik syner gefänknüs beschouwen, und so
bald sie die erkennet, nam sie die arbait ierer zen an sich und fieng an ab ze nagen und
öffnen alle knöpf der gefenknus und alle iere list vernichten, und lediget dar mit den
löwen und schikt in frölich wider in den wald.

Dise fabel leret, daz man die mindern nit synt ze verachten, wann die stund komet,
das alle guothait wirt belonnet.

Die XIX. fabel von zweyen wyen

Welher sich mit menglichem zweyt und allweg hadert, der verwege sich hilff und
bystands in synen nöten. Dar von söllen wir dise fabel des maisters hören.

Zuo zyten was ain wy krank, und als er vil monet gelegen waz, und kain hoffnung lebens
mer an im sahe, bat er wainend syne muoter, daz sie umbgienge die hailigen stett,
und groß gelübte für in tette um hail und gesunthait ze erwerben. Ich wils gern tuon,
lieber sun, sprach die muoter, aber ich besorge, daz ich nichcz erwerben müge, wann du
bist alle zyt on gota forcht gewesen. Du hast alle tempel beroubet, und hast alle altar
enteret, und kainer hailikait geschonet. War für wäre dann min bitten für dich!

Dise fabel süllen die merken, die in sünden staund und ablaß suochen ungerüwet und
gebychtiget. Es sol ain ietlich mensch vor luter werden on alle masen, will er von gott
umb syn bitten erhöret werden; ouch dise menschen, die sich mit menglichen zweyen
und allweg böslistig in widerwärtigkait lebent, wann koment sy in not, so werdent sie
gewonlich on hilf verlassen.

Die XX. fabel von ainer schwalben und von den andern vogel

Welhi guotem raut nit volgen, die enpfahen offt großen schaden. Als dise fabel ußwyset.

Do alle vogel uff ain zyt sachen den aker buwen, hanff und lyn daryn seyen, ward daz
von inen verachtet. Aber die schwalb kund wol merken, was das seyen uff im truog,
und ließ allen vogeln sagen, wie ain übel ding das wäre, aber sie hetten nicht acht daruff.
Darnach als der flachs und hanff ains tails gewuochs, sprach die schwalb aber zuo in:
Daz komt uns zuo übel, koment alle, daz wir in uß rüten; wann so bald das vol
gewachset, so würt man necz daruß striken, daz wir durch menschlich künsten und list
gefangen werden. Die vogel verachtetent alle ieren raut, und sie ward verspottet. Do daz
die swalb merket, do schied sie von den vogeln ab dem feld, und zoch sich in die hüser
zuo den lüten, daz iere wonung under den techern sicherer wäre, und welche ierem raut
nit volgen wölten, allweg in sorgen stünden, das sie itt in den neczen gefangen würden.

Dise fabel sollent die aigensinnigen merken, die allweg bedunket, ir aigen fürniemen sye das best,
und anderen räten nümer volgen wellent.



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