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Der Edelstein XXI.-XL.
 


Prolog

Ein kurzer Auszug aus der Vorrede des Buches:

Dis buchlin mag der edelstein
Wol heißen; wan es in im treit
Bischaft manger klugheit,
Und gebirt och sinne gut,
Alsam der dorn du rose tut.
Wer nicht erkennet wol den stein
Und sine kraft, des nutz ist klein.
Wer oben hin du bischaft sicht,
Und innewendig erkennet nicht,
Vil kleinen nutz er da von hat:
Als wol hie nach geschrieben stat.
Das merkent frowen unde man!
Alsus vachet das buchlein an.

Quelle:
Der Edelstein/gedichtet von BONERIUS
Herausgegeben von George Friederiche Benecke
Berlin 1816 /in der Realschul-Buchhandlung

 
Der Edelstein I.-XX.
 
Von einem hanen und einem edeln steine
Von einem affen und von einer nus
Von einem jeger und einem tiger tier
Von einem buom uf einem berge
Von einem wolfe und einem schafe
Von einem froes und einer muse
Von einem hunde und einem schafe
Von vier tieren die waren gesellen
Von einem hunde der troug ein stuike
Von einem diebe der kam zu der E
Von einem wolfe und einem storche
Von einem hunde und einer brekin
Von einem slangen in dem huse gespiset
Von einem esel und einem loewen
Von einer veltmus und einer statmus
Von einem fuchse und einem arn
Von einem aren und einem sneggen
Von einem fuchs und einem rappen
Von einem alten loewen
Von einem hund und einem esel

 

I.
Von einem hanen und einem edeln steine
Von unerkentnisse

Von geschicht es also kan
Eines tages, das ein han
Floug uf sines meisters mist. —
Das selb dik me beschechen ist;
Er sůchte sine spise,
Sam tůt ouch noch der wise. —
Er vant (das in nicht vil beschos)
Ein stein edel unde gros
Ligen unwirdigliche.
Er sprach: 'Got, herre riche,
Wie han ich minen funt verlorn!
Mich nuitzte bas ein gersten-korn
Den du. Du bist nicht nuitze mir.
Was nuitzest mich? Was soll ich dir?
Wisse, das mich nicht fuir treit
Din schoenui noch din edelkeit.
Het dich meister Ypocras,*
Der koende tun genießen bas
Den ich; du bist mir unerkant.'
Der han warf hin den stein zehant,
Wan er was im gar unwert
Ein gersten-korn hat er begert.
***
Geislich* dis bischaft ist geseit. —
Dem toren, der sin kolben treit,
Dem ist er lieber den ein rich.
Dem toren sint al die gelich,
Die wisheit, kunst, ere unde gůt
Versmachent durch ir tumben můt;
Die nuitzet nicht der edel stein.
Eim hunde lieber ist ein bein,
Den ein pfunt; das geloube mir,
Als stat ouch der toren gir,
Ir sit und ir geberde
Uf uippekeit der erde,
Si erkennent nicht des steines kraft,
Noch minner was in der bischaft
Verborgen gůter sinne ist,
Dar zu vil manger hocher list,
Die den narren fremde sint.
Gesechent sint dui narren blint.
Der tore der sol fuir sich gan,
Und dise bischaft lassen stan.
Im mag der fruichte werden nicht,
Recht als dem hanen im beschicht.

*
Meister Hippokrates. Die Edelsteine standen
bekanntlich wegen ihrer Arzneikräfte in großem Rufe.
*Geislich in Beziehung auf Übung und Anwendung der
Vernunft und des Verstandes.


II.
Von einem affen und von einer nus
Von geislichem leben*

Eis mals ein affe kam gerant
Da er vil gůter nuisse vant.
Die het er gessen gerne;
Im was geseit, der kerne
Were sůslich unde gůt
Besweret wart sin tumber můt,
Do er dui bitterkeit bevant
Der bretschen, und dar nach zehant
Begreif der schalen hertekeit
'Von nůssen ist mir vil geseit,'
Sprach er; 'das ist mir nicht worden kunt;
Si hant verhonet* mir den munt.'
Hin warf er uf der selben vart
Dui nus; der kern im nicht enwart,
***
Dem selben affen sint gelich
(Si sigent jung, alt, arm ald rich)
Die dur kurze bitterkeit
Versmachent lange sůßekeit. —
Wen man das für enzuinden wil,
So wirt des rouches dike vil;
Der tut in den ougen we.
Wer den da zů blaset me,
Unz es enzuindet werde wol,
Und hitze geb recht als es sol:
Das fuir vil genzeklichen wirt,
Das es liecht noch hitz enbirt.
Also ist es um geislich leben.
Welich mensch sich got wil geben,
Der můs han gros liden;
Vil ding můs er vermiden;
Der rouch vil manger hertekeit
Im an dem anvang ist bereit,
E das das fuir der minne
Enzuinde sine sinne,
Und im trostlich muige wesen
Beide sterben und genesen.
Hier an mag gedenken wol
Der meister, der got dienen sol:
Der sol dur kein red abe lan;
Er sol an stetem dienst bestan.

*
Von geislichem leben: Vom Klosterleben.
*
Sie haben mir meinen Mund verderbt.

III.
Von einem jeger und einem tiger tier
Von hinderrede

Der luiten red ist manigvalt,
Die hinder snidet jung und alt.
An hinderred und ane nit
Vil luiten zung vil kum gelit.
Nit unde has mag nicht gelan
Hinderred. Noch wip noch man
Mag sicher sin. Was ieman tůt,
Das dunket kum den vierden gůt.
Heimlich dui stral der zungen kunt
Geschossen dur des argen munt,
Und wundet frouwen unde man.
Kum ieman sich gehůten kan
Vor der zungen giftekeit,
Als uns hier nach dui bischaft seit.

Ein jeger uf dui heide gieng
Eis mals, do er vil tieren vieng.
Ein arbrost trůg er in der hant.
Was im der tieren wart bekant
Und im begegnet uf der vart,
Der tieren vil geschossen wart;
Wan er sich barg vor ir gesicht,
Si konden sich gehůten nicht.
Sus kamen si in vorchte gros;
Des schuitzen si vil ser verdros.
Do kam ein tiger-tier gerant,
Dem was der schuitze nicht bekant.
Das trost dui kleinen tierlin,
Und sprach: 'Lant uiwer vorchte sin!
Ich sich weder man noch hunt,
Der uns icht schad.' — Uf dirre stunt
Der jeger schos das tiger-tier
Durch sin bein; do was es schier
Erlemt, das es kum moechte gan;
Das e snel was, das mueste stan.
Ein fuchs do zů dem tiere sprach,
Do er sine wunden offen sach:
'Sag an, wer hat geschossen dich?
Das solt du lassen wissen mich.'
Er tet gelich als im were leit
Des tieres wunde; doch man seit,
Das manger klagt des andern not,
Der woeld, das er erlegi tot.
Das tier do suifzen began
(Die red mocht es kum han),
Und sprach: 'Ich wande sicher sin,
Wan ich nicht sach den vigent min.
Ich weis wol, das ich schaden han
Empfangen; wer das hab getan,
Das weis ich nicht, so helf mir got.
Doch sag ich das an allen spot,
Das sich huite wip und man
Vor dem, der heimlich schießen kan.'
***
Der mit der zungen schaden tůt,
Vor dem ist kum ieman behůt!
Dui valsche zunge stiftet mort.
Noch sneller ist des argen wort,
Denne von dem arbrost si
Der pfil. — Wer mag den wesen fri,
Das er hin muig, an rede, komen
Der argen? Das ist nicht vernomen.
Mag ich an red hin komen nicht,
Wel wunder, uib mir das geschicht!
Das vil mangem fromen man
Beschicht, dem mag i c h nicht engan.
Wem min geticht nicht wol gevalt
(Es si wip, man, jung oder alt),
Der las mit zuichten ab sin lesen.
Wil er, so las ouch mich genesen;
Und wo dis bůch gebresten hab
Uf keinen sin, den nem er ab:
Das ist min begirde gůt.
Er sol wol vinden, der wol tůt.

IV.
Von einem boum uf einem berge
Von geislicher erbeit

Uf einem hochen berge stat
Ein boum, der michel wunder hat,
Er ist hoch, lange unde breit,
Mit schonen esten wol bekleit;
Mit loub ist er gezieret wol;
Der besten fruichte ist er vol,
So ie uf erde funden wart.
Der selbe boum der hat die art,
Wel mensch siner frucht begert,
Das der niemer wirt gewert
Siner fruichte sůßekeit,
Er bekor den e dui bitterkeit
Der wurzen; — die ist bitter gar,
Hert unde sur, an allen var.
Wen den erzoegt* dui bitterkeit
Der wurzen, als ich han geseit,
Und nicht wil haben steten můt,
Dem nuitzent nicht dui früchte gůt,
Er můs ir darben sicherlich.

*
abschreckt.

Bi disem boum so merke ich
Das hoch uf gezogen leben,
Das nieman haben mag vergeben.
Er můs sich ueben uf dem plan
Der tugent, und můs erbeit han,
E das er uf den hochen grat
Muig kumen, da der boum uf stat.
Wen er der fruichte sůßekeit
Bevindet, so wirt gar sin leit
Zerstoert, und wirt sin froeide gros;
Wan er stat aller sorgen blos.
***
Dis bischaft si zů den geseit,
Die da went an erebeit
Wollust, lop und ere
Besitzen iemer mere.
Das mag in nicht wol zů gan,
Als ver ich mich des verstan.
Der boum ist edler fruichte vol.
Wer kunst und wisheit haben sol,
Sicher, der můs erbeit han.
An erbeit nieman uf mag gan
Den berg, und kumen uf den boum.
Gewunnen kunst ist nicht ein troum.
Wer aber slaft in siner jugent,
Nicht eren gert, noch kunst noch tugent
Von tragkeit nicht erwirbet,
Wel not, uib der verdirbet
An kunst und an wisheit gar?
Wer ane flis sin jungen jar
Vertriben wil in uippekeit,
So der wirt alt, es wirt im leit,
Und mag im wol geschechen das,
Das dik sin ougen werdent nas
Von ruiwen; und ist das vil wol,
Das man sin den spotten sol.

V.
Von einem wolfe und einem schafe
Von unrechtem gewalte

Ein wolf von durste dar zů kam,
Das er den weg zum wasser nam;
Das selb ouch von eim schaf geschach.
Si giengen bede in einen bach.
Der wolf ver ob dem schafe trank.
Zůzim sprach er: 'Hab du undank,
Das du mich trinken nicht enlast,
Dar zů den bach betruebet hast;
Das mag dir wol schaden wesen!'
Das schaf sprach: 'Wolf, la mich genesen!
Ich hab dir schaden nicht getan.
Das ist war an allen wan,
Das der bach her fluißt zu mir,
Und fluißt nicht wider uf zů dir;
Da von hast du das wasser mir
Betruebet gar, und ich nicht dir.'
Der wolf das schaf zornlich an sach;
Vil grimmeklich er zůzim sprach:
'Sag an, was sol der widerkip,
Das du mir droewest an den lip?
Sol ichs nicht besser von dir han?
Din vatter hat mirs ouch getan;
Vor siben jaren das beschach,
Do ich dich bi dinem vatter sach.'
Do sprach das tumbe schefelin:
'Her wolf, din wort nicht gewere sin,
Du hast mir min jar unrecht gezalt;
Ich bin nicht siben monat alt.
Dar zů sprichst du, ich droewe dir:
Das ist nicht war; du droewest mir.'
Der wolf sprach in der selben stunt:
'Wie getarst du dinen munt
Uf tůn, und reden wider mich
Mit glicher hochvart? Das wil ich
An dir nu rechen; es ist zit!'
Er tot das schaf an alles bit.
***
Dis bischaft horet wol die an,
Die mit hochvart manigen man
Verderbent dur ir uibermůt.
Wen der schuldig schaden tůt
Dem, der gar unschuldig ist,
Das reche got! — Den argen list
Noch vil maniger herre hat
Ze burg, ze dorf und ze der stat.
Der an recht, lip unde gůt
Verderbet, dur sin swachen můt,
Dui armen, die unschuldig sint,
Das weisen werdent ihre kint,
Der můs verwassen iemer sin,
Das gottes rechte werde schin!

VI.
Von einem froes und einer muse
Von untruiwe und von truigende

Ein froes zů einer muse sprach
Aller erst do er si an sach:*
'Got grues dich, trut geselle min!
Stet sol unser fruintschaft sin!'
Dui mus den weg nicht mochte han;
Das hat ein großer bach getan. —
'Ich wil dir helfen, samir got!'
(Sprach der froes) an allen spot,
'Das du wol komest in din hus.'
An sinen fůs bant er dui mus
Mit einer snůr. Das beschach.
Der froes zer muse sprach:
'Ich wil dich leren swimmen wol
(Untruiwen was sin herze vol),
So komest du wol in din hus.'
'Wol hin!' sprach dui tumbe mus.
Der froes bald in das wasser floch;
An dem fůs er nach im zoch
Dui mus; er wold sich senken,
Und sinen fruint ertrenken.
Dui mus strebt uf, der froes zog nider!
Das er gelobt, des tet er wider;
Sin truiwe er an der muse brach.
Ein hungerig wige das ersach,
Und schied den argen krieg also,
Das er si bede macht unfro.
Die mus er in die klawen vieng;
Der froes vast an der snůre hieng,
Da er sich hat verstriket in.
Ir beder leben was da hin.
Er lies si vallen uf das gras;
Vil bald er si bede geas.
***
Im selber grůbet dik ein man,
Und went dem andern grůbet han.
An untruiw, wa die fuir gat,
Ein gůtes ende selten stat.
Wa wort und werk sint ungelich,
Der mensch wirt kum an eren rich.
Wa dui zung mit truigenheit
Verbirgt des herzen valscheit,
Vil kum sich weder wip noch man
Vor den valschen gehueten kan.
Het der froes do nicht betrogen
Dui mus, und also berlich gelogen,
So moecht er vil wol sin genesen.
Geschent al valsche mueßent wesen!

*
ansichtig wurde

VII.
Von einem hunde und einem schafe
Von valschen gezuigen

Es hůp sich eine großui klag
Von einem hund, als ich uich sag.
Er klagte großui swere,
Was im geschechen were
Von einem schaf. Das sprach er an,
Es het gewalt an im getan;
Er het von siner schuld verlorn
Dui spis; das was dem hunde zorn.
Das schaf das antwurtet do
Vor dem gericht, und sprach also:
'Ich sprich das gar an allen var,
Ich bin der sach unschuldig gar,
Dar umb der hunt mich sprichet an.'
Do das der hunt hort und vernam,
Er sprach: 'Ich wils bezügen wol
(Als ichs von recht bezuigen sol),
Ich hab in dirre sache war.'
Valsche zuigen stalt er dar,
Die des schafes vigent wan,
(Wie sold da das recht fuir gan!)
Ein wolf, ein giren, ein wigen.
Die dri gerieten schrigen:
'Das schaf sol sterben! das ist recht!'
Si machten gar ein gros gebrecht,
Si stalten uf des schafes lip;
Das beschach dur valschen kip.
Das schaf das mueste unrecht han;
Das hatten valsche zuigen getan.
Das schaf vil bald ertoedet wart.
Do kamen si uf der selben vart
Der wolf, der wig, der gire, dar,
Die es schůfen umb ir libes nar.
***
Das selb noch dik me beschicht,
Das ein valscher boesewicht
Uf dui rechten luiget,
Und valscheklich bezuiget
Das dik der recht engelten můs.
Die valscheit die hat ihren fůs
Also gesetzet in dui welt,
Und uf geslagen ir gezelt,
Das sich kume wip oder man
Vor aller valscheit hueten kan.
Dui valscheit die ist nu so wert,
Das man ir zallen koufen gert.
Dui valschen zungen hant das recht;
Si machent krumb das e was slecht.


VIII.
Von vier tieren die waren gesellen
Von boeser geselleschaft

Vier gesellen kamen uiber ein,
Das alles solde sin gemein,
Was si bejagten uf der vart;
Das selb mit eid gevestnet wart.
Das was ein loewe freissam,
Ein geis, ein ochse der was zam;
Ein schaf der vierd geselle was,

Als ich an einem bůche las.
Ein hirz begegnet inen do,
Des wurden si alle fro.
Do der von in gevangen wart,
Do wart da fuir nicht lang gespart,
Er wart zerhouwen schier,
Und wart geteilt in vier.
Do sprach der loewe freissan:
'Den ersten teil den, wil ich han,
Der sol mir dur min edelkeit
Vor uich allen sin bereit.
Den andern teil git mir min kraft
Und mine große meisterschaft.
Der dritte sol mir nicht engan,
Wan ich alrmeist gevochten han.
Mir belib ouch den der vierde teil,
Dui fruintschaft lan ich an ein heil,
Die wir zesamen han gesworn.'
Si vorchten al des loewen zorn;
Ir teil den muesten si da lan,
Und muesten hungrig dannan gan.
***
Es beschicht noch (und ist ouch recht),
So sich gelichen wil der knecht
Dem herren, dur sin tumben můt,
Der schadgot sich; und ist nicht gůt
Mit herren kriesin essen.
Si hant sich des vermessen,
Der sich da nicht hueten wil,
Sie werfen im der kriesin stil
In dui ougen; das geloub mir,
Dar uf so stat ir aller gir.
Er sprichet, wen man teilen sol:
'Ich gan dir dines rechten wol.
Hab dir das kalp, la mir dui ků!
Wilt du des nicht, so var ich zů,
Und nim dui ků zesamt dem kalp.'
Sus Wirt der arm bedenthalp
Geschelkt.
Das mag nicht anders wesen;
Vor gewalt mag kum ieman genesen.


IX.
Von einem hunde der truog ein stuike
Von uiberiger gitekeit*

Man liset von eim hunde,
Der trůg in sinem munde
Ein stuk fleisches das was gros,
Des sin geslechte nie verdros.
An einen bach trůg in sin weg,
Do vant er weder brug noch steg;
Do was weder schif noch man;
Ze fůs so můst er uiber gan.
Do er kam verren in den bach,
Den schatten er des fleisches sach,
Das er in sinem munde trůg.
Er sprach: 'Ich hette wol genůg,
Moechte ich d a s stuk zů disem han.'
Vil schier er ginnen do began,
Und wold das stuk begrifen:
Do můst in das entslifen,
Das er vor in dem munde hat,
Do stůnt er ledig unde mat.
Das er sin stuiki hat verlorn
Dur gitekeit, das was im zorn.
Der schatten in betrogen hat.
***
Das noch beschicht an manger stat,
Das vil dik ein tumber wan,
Betruiget frouwen unde man.
Der sicher, dur unsicherheit,*
Lat, das wirt im dike leit.
Wer nimet das nicht sin enist,
Vil licht des sinen im gebrist.
Gitekeit wirt niemer gůt;
Si trůbet manges mannes můt.
Gitekeit die schiket das,
Das fruint fruinde wirt gehas.
Gitekeit die stiftet zorn;
Von ir wirt manig sel verlorn.
Gitekeit gemeinder hat
In burg, ze dorf, und in der stat.
Der vogt, der schultheis, und der rat,
Und was er weibel und boten hat,
Der meier, und der richter,
Der fuirsprech, und der heimlicher,
Der brugger, und der torwart,
Der hirte, und der banwart,
Pfaffen, leien, jung und alt,
Muinch und nunnen manigvalt,
Der bischof, und der cappelan,
Der abt, der probst, und der dechan,
Was man singet oder seit,
Si lebent al in gitekeit.

*
Von übermäßiger Habsucht
*
Wer das Gewisse aufgibt für das Ungewisse.

X.
Von einem diebe der kam zu der E
Von unrechter froeide

Ein wip nam zu der e ein man,
Der was ein diep. War er kan,
Do stal er alles das er vant;
Diepstal was im wol erkant.
Sin nachgeburen waren fro;
Ein hochzit machten si im do.
Si lobten al die werden e;
Do wart getanzet michels me.
Ein wiser man ein bischaft sprach,
Do er die tumbe froeide sach:
Den sunnen einekeit verdros.
Das er sold werden erbelos
Und ane kint, das was im zorn.
Er nam ein wip, das nicht verlorn
Wurde sin geslecht.
Do wart ein gros gebrecht
Von der erd, als ich uich sage.
Zů got hůp sich ein große klage.
Due erde sprach: 'Got, herre min!
Iemer můs ich verdorben sin.
Ein sun hat mich so verbrant,
Gewint er kint, ich bin geschant
Und verdorben iemer me.
Er tut mir einig alse we;
Gewint er erben unde kint,
Die für in verre heißer sint,
O we, wie sol ich dan gestan!' —
Also ist es um den diep getan,
Der einig großen schaden tůt;
Gewint er kint, das ist nicht gůt.
***
Wan man sicht dike, das du kint
Vil boeser den dui vetter sint.
Da von sich nieman froewen sol
Mit den, die schalkeit wesent vol.
Wen das unkrut uiber gat
Das gůt; und wen der boese hat
Gesellen: des můs schaden han
Bede frouwen unde man.

XI.
Von einem wolfe und einem storche
Von boeser undankberi

Ein wolf kam nach siner art
Hungrig uf des roubes vart.
Vil schiere wart er do gewert
Des roubes, des sin herz begert.

In der geschicht wart im ein geis.
Vil freislich er do in si beis,
Da von er großen schaden do
Enpfieng; des wart er gar unfro,
Ein bein im in der kelen sin
Beleib, das es nicht us noch in
Dur kein sache mochte komen.
Het er so fraslich nicht genomen;
Dui spis, es wer im nicht geschechen. —
Ich můs bi der warheit jechen,
Ich woeld, das frouwen unde man,
Die sich frasheit nemet an,
Bescheche als dem wolf beschach,
So schruiwe manger we und ach
Es sigent frouwen oder man.
Si mueßten mangen artzat han. —
Der wolf der was in großer not,
Er wand er mueste ligen tot.
Ein artzat muest er suchen gan
Das hat sin frasheit im getan.
Er kam da er den storchen vant.
Er sprach, er woelde im dui pfant
Loesen um dri hundert pfunt,
Wie er in machete gesunt;
Er would im lichen unde geben,
Wie er im huilfe umb sin leben.
Er sprach: 'Her wolf, tůnt uf den munt!
Ich wil uich machen schier gesunt.'
Er sties das houbt in sinen kragen;
Das bein geriet sich vaste wagen;
Us siner kelen zoch er do
Das bein; des wart der wolf vil fro.
Do sprach er: 'Her, ir sunt mir geben,
Sit ir nu von mir hant das leben,
Das mir gelobt hat uiwer munt,
Sit ir nu worden sint gesunt.'
Es wer noch billich unde recht,
Das burger, ritter unde knecht
Hielten stets, das si gelobent.
Ich wenne, das si vaste tobent,
Die ir werk velschent und ir wort;
Warheit ist aller eren hort!
Der wolf sprach: 'Was sol ich dir geben?
Von mir so hast du doch din leben.
Das stunt ein wil zemal an mir;
Ich het wol ab gebissen dir
Din houbt. Din leben das sol sin
Dur dinen dienst dui gabe min,
Die du von mir solt hinnan tragen.'
Den spot muest er dur truiwen haben.
Das muest im billich wesen zorn.
***
Man spricht: es si nicht halbs verlorn,
Wan alles, das man ze dienste tůt
Dem boesen; wan sin swacher můt
Alle zit uf bosheit stat.
Da von ist miner lere rat,
Wer sin dienst wil bewenden wol,
Das der dem gůten dienen sol;
So wirt im um sin erebeit
Lon sines dienstes wol bereit

XII.
Von einem hunde und einer brekin
Von untruiwe

Ein brekin zů eim hunde sprach:
'Ich liden ser vil ungemach
Ich gan vol junger hunden,
Und warten miner stunden;
Ich weis nicht, war ich keren sol,
Wer mich in sinem huse dol,
Unz ich fuir bringen mine frucht.
Woldst du es tůn, dur dine zucht,
Und ließest des genießen mich,
Das ich ze ganzem fruinde dich
Hab us erwelt fuir al dui welt:
Ich můs mich heben uf das velt,
Ich můs verderben ane trost.
Wurd ich von miner burdi erlost
In dinem hus; ich loben dir,
Das ich wil us gan, wen du mir
Es tůst mit dinen Worten kunt.'
Des antwurt ir der ander hunt
Und sprach: 'Du soll genießen wol,
Das du bist junger hunden vol.
Dar zů bist du min geslecht;
Es dunkt mich billich unde recht,
Das ich dich nicht las sterben,
Und ane gemach verderben.
Min hus das sol dir offen sin.
Gang, leg dich an das bette min.'
Der hunt entweich der brekin do
Us sim gemach; des wart si fro.
Des hat er von ir keinen dank;
Si tet ein ungetruiwen wank.
Do si von irer burdi kam,
Und das der usser hunt vernam;
Da ilt er bald hin wider hein.
Da vant er weder fleisch noch bein;
Sin hus was junger hunden vol.
Er sprach: 'Dir ist geschechen wol;
Du solt us minem huse gan,
Und solt mich wider dar in lan.'
Si beslos ir oren und das hus,
Gewalteklich treip si in us.
Ir zukersueße wort si brach
An im; des leit er ungemach,
Wan si wold in nicht inne lan.
Vor dem huse můst er stan,
Da er si in gelassen hat,
Do si was alles trosles mat.
***
Wer zukersuißes wort kan geben,
Und da bi kan valschlich leben,
Der dem geloubt, der wirt betrogen.
Was nicht ist war, das ist erlogen.
Vor den honigsueßen worten
Huet der sich an allen orten,
Der unbetrogen welle sin:
Das rat ich uf dui truiwe min.
Wan von der worten sueßekeit
Geschicht vil manig herzeleit:
Si triegent frouwen unde man.
Selig ist der sich hueten kan!

XIII.
Von einem slangen in dem huse gespiset
Von boesem widergelte

Jeglichs zit sich richtet
Als es got hat getichtet
In siner hochen wisheit.
Der sumer schoene fruichte treit,
Der herbest nach dem sumer gat,
Dar an ein kalter winter stat;
Der ist hert und sure,
Er twingt manig creature.
Si můs suchen, wa si sich
Generen muige: als ouch ich
Von einem slangen hab gelesen.
Der gedacht, wie er moecht genesen
Vor des winters hertekeit,
Der tet im ungemach und leit.
Er kam geslichen in ein hus
Heimlich. Do treip in nieman us;
Im wart gestatgot gůt gemach.
Als bald do in der wirt ersach,
Er spist in dur sin hochen můt;
Von froste was er wol behůt.
Doch mocht der slang nicht abe lan,
Er můste sin nature han;
Er gos sin gift in das hus.
Der wirt sprach: 'Gang hin wider us!
Du solt nicht me hie růwe han.'
Der giftig slang sprang in do an,
Und woeld in toeten umb das gůt,
Das er in von dem tot behuet
Hat, dur sine miltekeit.
***
Manig mensch ein giftig herze treit,
Der mit uibel giltet gůt,
Das man im durch truiwe tůt;
Der mit der gallen bitterkeit
Gilt des honges sueßekeit;
Der sin gift nicht verbergen kan:
Der im wol tut, den grift er an,
Als der slange hat getan.
Bede frouwen unde man
Huetent sich (das rat ich wol)
Vor den, der herz ist giftes vol!
Ir fruintschaft und ir heimlicheit
Gat alle tag uf truigenheit.

XIV.
Von einem esel und einem loewen
Von narrechtem spotte

Ein tor bewert sin torheit wol. —
Wen der, der narrekeit ist vol,
Mit dem wisen schimpfen wil,
Wen das den wisen dunkt ze vil,
So spricht er: tor, hab din gemach!

Ein esel zů eim loewen sprach:
'Got grues dich, bruder reke!
Du macht wol sin ein meke!'
Vil spottes er an im begie.
Des antwurt im der loewe nie;
Er versmacht des esels grůs.
Uf dui erd slůg er den fůs;
Der spot der was dem loewen zorn.
'Din leben hettest du verlorn
(Der loewe zů dem esel sprach):
Nu bist du boes und dar zů swach;
Da von dir nu min edelkeit,
Dir narren, dinen spot vertreit.
Ich bin ze edel und ze gůt,
Das ich minen hochen můt
An dir verhoen. Das sol nicht sin!
Du bist ein tor; des ist wol schin!
Mit dinem glichen tribe spot,
Das rat ich dir, so helf mir got!'
***
Der herren nieman spotten sol;
Wan, so si went, si rechent wol
Den spot, und was man inen tůt;
Si hant es dik nicht wol vergůt.
Ze spot dui toren sint, bereit;
Der wis der toren spot vertreit.
E das der tor were ane spot,
Er spottete e sin selbs, bi got!
Der tor gevalt im selber wol;
Des ist dui welt der toren vol.
Der wise si, der huete sich
Von toren spot das rate ich;
Wan wer mit toren spotten wil,
Der můs ouch dulden narren-spil.

XV.
Von einer veltmus und einer statmus
Von frier armůt

Ein veltmus eines zites sprach
Vil froelich, do si erst ersach
Ein statmus, ir geslechte, komen,
Si sprach: 'Es můs mich iemer fromen,
Das du bist komen in min hus.'
Mit großer begird lůt si dui mus.
Dui wirtin bat froelichen můt;
Dui spise ziert der wille gůt.
Ein froelich antlitz si ir bot,
Und sprach: 'Wir sullen ane not
Essen was wir gůtes hain.
Wa dui wirtschaft ist ze klain,
Die machet groß der wille gůt.'

Dui statmus dui mit fliße lůt
Ir trut gespielin, dui veltmus,
Und fůrt si mit ir in ir hus
In einen keller beraten wol:
Der was gůter spise vol;
Da lag visch und fleisches vil.
Si sprach: 'Nu is, min trut gespil,
Der besten spisen, so hie si,
Und leb an alle sorge fri; —
Brot, ziger unde kese gůt.
Is vast; wir sint wol behůt
Vor hunden und vor katzen.'
Si horten schiere ratzen
An der tuire slos den koch.
Die heimsche mus vil balde floch;
Ir trut gespielen lies si stan.
Si enwiste, war si solde gan;
Nu floch si hin, nu floch si har,
Der koch nam ir vil eben war;
Er wold si gern ertretten han,
Do můst er us dem keller gan;
Den keller er wider zů slos.
Dui fremde mus vil ser verdros.
Si het der Wirtschaft wol enborn;
Das leben hat si nach verlorn.
Dar nach schier da kam her us
Geslichen ouch dui kunde mus.
Si sprach: 'Trut gespiele min,
Froew dich, und las din truren sin!
Is, und trink, und lebe wol!
Dirre keller ist sůsser spise vol.'
Do antwurt ir du fremde mus;
Si sprach: 'Und kom ich nu hin us,
Ich woeld ein bonen lieber nagen,
Den ich die vorchte woelde tragen,
Dur diner spise sueßekeit,
Die mit der gallen bitterkeit
Vermischet ist. Die hab du dir!
Si fueget dir, und ganz nicht mir.
Da von solt du si alleine han;
Ich wil us uf den acker gan,
Und wil in armůt froelich leben;
Du solt in großer vorchte streben.
Armůt ist ane sorge gar;
***
Der rich nimt manger sorgen war.
So der arme růwet wol,
So ist der riche sorgen vol.
Der arm ist sicher ze aller stunt;
Der rich us vorchten niemer kunt.
Der arme slaft in sicherheit;
Der riche wacht in erebeit.
Wie mag dui wollust werden gůt,
Do vorcht und sorg betruebt den můt?
An vorcht ein luitzel besser ist
Den vil mit vorchte, wisse crist!'
Mit disen worten und also
Schieden si von einander do.

XVI.
Von einem fuchse und einem arn
Von listen und von kuindekeit

Ein fuchs eis mals klagt sine not.
Er sprach, im werin uf den tot
Sine kint gevangen.
Do kam er an gegangen
Mit großer bette zů dem arn.
Er bat in, das er ließe varn
Sinen gewalt und sinen zorn,
Und sine kint nicht lies verlorn
Werden. Wan si hat der ar
In sin nest getragen dar
Uf einen bom, der was vil hoch,
Dar uf er sine jungen zoch;
Die wold er gerne spisen.
Si ließen nicht entrisen,
Was in echt werden mocht.
Der fuchs vil sere vorcht
Der kinden sin. Es tet im not;
Si wan gevangen uf den tot.
An erbermde was der ar,
Noch minr sin kint. Nu nemet war,
Wie der mug iemer werden fro,
Der in des argen hant also
Kunt, da kein erbermde ist?
Der fuchs erzoegte sinen list,
Do im der ar kein miltekeit
Erzoegen wold. Den boum er kleit
Mit strouwe, da das nest uf was.
Der ie genante der genas.
Ein vakel nam er in den munt,
Die was mit fuire wol enzunt.
Mit der vakel sties er an
Das stro, das es vil vast enbran.
Der rouch dur den boum uf drang,
Da mit der fuchs den aren twang,
Das er im wider gap sin kint,
Die noch huite fuichsin sint.
***
Wisheit ist besser den gewalt.
Der lange lebet, der wirt alt.
Wa gewalt ist ane wisheit,
Da von kunt dik gros erebeit.
Gewalt mit wisheit der ist gůt;
Er vindet wol, der gern wol tůt.
Gewalt an wisheit wert nicht me,
Den vor der sunnen hitz der sne.
Der minr dem meren dike schat;
Ein vent dem kuinge sprichet mat.
Der ane recht mit gewalt tůt
Unrecht, das wirt niemer gůt.
Mit listen wirt gewalt zerstoert,
Recht als das fuir das is enpfroert.

XVII.
Von einem aren und einem sneggen
Von boesem rate

Ein boese zunge stiftet mort.
Boeser ist nicht den boese wort
Und valscher můt, das můs ich jechen:

Als einem sneggen ist geschechen.
Der hat sich in sin hus gezogen;
Do kam ein starker ar geflogen;
Er begreif in mit sin klawen da,
Und fůrt in hin. Do sprach ein kra:
'Koendest du es genießen wol,
Dui schal ist gůter spise vol;
Die mag dir nuitze niemer sin,
Da volgest den der lere min.
Flůg uf, und swinge din gevider,
Und las den sneggen vallen nider,
Zerbrich dui schalen, geloebe mir,
So wirt dir spis nach diner gir.'
Sus lert dui kra den aren do;
Des wart der snegge gar unfro.
Er lies in vallen; das geschach;
Der sneg viel uf; dui schal zerbrach;
Zů fůr dui kra, und was vil fro
Der spis, den sneggen as si do.
***
An diser bischaft merk ich wol,
Das dui zung ist schalkeit vol.
Das boest gelit, das ieman treit,
Das ist dui zung, als man uns seit.
Dui zung stiftet mangen zorn,
Das lip und sele wirt verlorn.
Dui zung mangen schendet,
Si stuimlet unde blendet.
Dui zung zerstoeret manig lant,
Si stiftet mort, roup unde brant.
Dui zung truiwe scheidet,
Das liep gen liep sich leidet.
Vor schanden wart nie besser list,
Den der der zungen meister ist.
Dui boese zung wol scheiden kan
Liebes wip von liebem man.
Der snegge wer vil licht genesen,
Wer dui boes zunge nicht gewesen
Der kra, die in wold haben tot.
Des koment niemer usser not
Dui valschen zungen, wa si sin!
Du gůten messin selig sin!

XVIII.
Von einem fuchs und einem rappen
Von torechter uippekeit

Ein fuchs eis mals hungern began,
Under einen hochen boum er kan,
Uf den ein rappe kam geflogen
Mit einem kes, den er gezogen
Von einem spicher hatte do.
Des was der fuchs unmassen fro.
Do in der fuchs von erst ersach,
Mit glatten worten er do sprach:
'Got grues uich, lieber herre min!
Uiwer diener wil ich sin,
Und iemer wesen uiwer knecht.
Das dunkt mich billich unde recht;
Ir sint so edel und so rich.
Kein vogel mag sin uiwer glich
In allen kuinigrichen.
Ich wen, uich můs entwichen
Der sperwer und das velkelin,
Der habk und ouch des pfawen schin.
Sues ist uiwer kelen schal.
Uiwer stim hort man uiberal
In dem wald erklingen,
Wen ir geratent singen;
Des hab ich wol genomen war.'
Der rappe sprach: 'Du sagest war.' —
'Nu singent, lieber herre min!'
Do sprach der rappe: 'Das sol sin!'
Er lies sin stim us, unde sang,
Das es durch den wald erklang.
In dem gesang enpfiel im do
Der kes; des wart der fuchs vil fro.
Des muest der rappe schamrot stan,
Dar zů must er den schaden han.
***
Es ist noch billich, samir got,
Das der hab schaden unde spot,
Wer dem glichsner gloubet bas
Dan im selben. Wissent das,
Das uibermessig uippekeit
Und zů vil eren laster treit
Und gebirt dem selben man,
Der sich des lobes nimet an,
Des er, noch sin geslechte nie
Wirdig wart: als es nu hie
In dirre bischaft ist worden schin.
Dui glichsner iemer mueßent sin
Verwassen, und ouch der da bi
Der ein valscher verrater si.

XIX.
Von einem alten loewen
Von dem alten vigende

Es ist ein ding, des menlich begert,
So mans gewint, so ist es unwert.
Das alter machet ungesunt,
Wan es mit vil gebresten kunt.
Alt wirt gern der junge man;
Der alt nicht jung werden kan.
Wen der alt kunt an die tag,
Das er nicht für sich selber mag,
Hat er den fruint, das ist im gůt;
Sin vigent im kein ere tůt.
Als einem loewen, der was alt
An tugenden, und an kreften kalt,
Von sinen vigenden das geschach.
Do in ein eber an gesach,
Er dacht an sinen alten schaden,
Und beis den loewen in dui waden.
Ein ochs kam ouch dar zu gerant
Da er den alten loewen vant;
Sinen schaden er do rach,
Mit beiden hornen er in stach.
Der esel lief ouch bald hinzů;
An sine stirnen slůg er dů
Den loewen, der im in der jugent
Erzoeget hatte vil untugent.
Der loewe suifzen do began.
Er sprach: 'Nu han ich mangem man
In miner jugent leit getan;
Das můs ich alles abe lan.
Min kraft, min er, min gůter můt
Die sint da hin. Wer unrecht tůt,
Der vindet sinen loner wol,
Wer junger tůt das er nicht sol.
Si wellent mir nu nicht vertragen,
Den ich vertrůg: das můs ich klagen;
Da von betruebet ist min můt.'
***
Fruint gewinnen, das ist gůt;
Noch besser, der si behalten kan.
Es sigent frouwen oder man,
Der uibel tůt, der vindet wol
Gelt, als er von rechte sol.

XX.
Von einem hund und einem esel
Von unbedachter narrekeit

Ers zites ein kleines huindelin,
Das gar liep was dem herren sin,
Das was also ze ler geleit,
Das es kund manig klůgkeit.
Nu sprang es uf, nu sprang es nider,
Nu lief es hin, und bald her wider,
Nu sprang es dem herren uf dui schos.
Siner klůgkeit es genos;
An sin kelen und an sin munt
Kust es in zů aller stunt.
Mit im begie es mangen schimpf;
Dar zů gap im gůt gelimpf
Bedi frouwen unde man.
Al zit es sine spise nan
Von sines herren tische,
Es were fleisch ald vische.
Des herren esel das ersach,
Das der hunt so gros gemach
Hette dur sin klůgkeit,
Und im ane erebeit
Bereit was manig spise.
Er sprach: 'In dirre wise
Kan ich ouch wol min spise bejagen.
Ein andrer můs dui seke tragen!
Min lip ist stolz, min varw ist gůt,
Min rug ist stark, hoch ist min můt.
War umb sold ich den boeser sin
An klůgkeit den das huindelin?
Ich kan wol schimpfen unde spilen,
Bas den ziechen in dem silen.'
Mit disen worten und also
Drang er hin dur dui diete do.
Do sprach alles, das da was:
'Warta, warta! was ist das?
Was wil der esel vachen an?'
Er gieng hin fuir den herren stan;
Ein fůs leit er im uf das knie,
Mit dem andern er in umbe vie;
Er begond in sere truiten.
Das misseviel den luiten,
Die des herren diener wan.
Den esel si gerieten slan
Mit steken und mit stangen.
Der spis in wol gelangen
Mocht, die im solde sin bereit
Umb sin stolzen klůgkeit.
An im wart slachen nicht gespart;
Schamlich er us getriben wart.
***
Wel rechter tore des begert,
Des sin nature in nicht gewert,
Der mag des wol engelten.
Dar zů sol man in schelten,
Der sich des dinges nimet an,
Das sin gesiechte nie gewan.
Was dui nature hat gegeben,
Dem mag der mensch kum wider streben.
Dem huindlin stat sin klůgkeit wol;
Der esel seke tragen sol.