Fabelverzeichnis
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Wer œfflich schleht syn meynung an
Vnd spannt syn garn fůr yederman
Vor dem man sich lycht hűtten kan
Wer laut den Anschlag kündet an
Und spannt sein Garn vor jedermann,
Vor dem man leicht sich hüten kann.
XXXIX.
Von offlichē anschlag
Eyn narr ist wer will fahen sparen
Vnd für jr ougen spreit das garn
Gar lycht eyn vogel flyehen kan
Das garn / das er sicht vor jm stan
Wer nüt dann trowen důt all tag
Do sorg man nit / das er vast schlag
Wer all syn ræt schlecht œfflich an
Vor dem hűt sich wol yederman /
Hett nit entfrembt sich Nycanor
Vnd anders gstelt / dann er dett vor
Judas hett nit gmerckt syn geműt
Vnd sich so bald vor jm gehűt /
Das dunckt mich syn eyn wyser herr
Der syn sach weiß / sunst nyemans mer /
Vor vß / do jm syn heyl lyt an
Es will yetz rætschen yederman
Vnd triben solche kouffmanschatz
Die vornen leck / vnd hynden kratz
Ich halt nit für eyn wysen man
Wer nit syn anschlag bergen kan
Dann narren rott / vnd bůler wergk /
Eyn statt gebuwen vff eym bergk
Vnd strow das jn den schůhen lyt
Die vier verbergen sich keyn zyt
Eyn armer bhalt wol heymlicheyt
Eyns richen sach / würt wyt gespreyt
Vnd würt durch vntruw hußgesynd
Geœffnet vnd vßbrocht geschwynd /
Eyn yedes ding kumbt lychtlich vß
Durch die / by eym syndt jn dem huß
Zů schaden ist keyn bœser vyndt
Dann die stæts by eym wonent syndt
Vor den man sich nitt hůtten důt
Bringen doch vil / vmb lib vnd gůt
39.
Von offenkundigen Anschlägen
Ein Narr ist, wer will fangen Sparrn 111
Und offenkundig stellt das Garn;
Denn leicht ein Vogel dem entflieht,
Wenn er es offen vor sich sieht.
Wer nichts als drohen tut all Tage,
Da sorgt man nicht, daß er fest schlage;
Wer seinen Rat schlägt offen an,
Vor dem bewahrt sich jedermann.
Hätt' nicht verändert sich Nikanor
Und anders gestellt sich als zuvor,
So hätt' ihn Judas nicht erraten
Und sich beizeiten bewahrt vor Schaden.
Der dünket mich ein Weiser sehr,
Weiß er den Plan, sonst niemand mehr,
Zumal wenn ihm sein Heil liegt an.
Es will jetzt horchen jedermann
Und sich in solche Händel stecken,
Die hinten kratzen, vorne lecken.
Den acht' ich nicht als weisen Mann,
Wer sein Plan nicht bergen kann.
Denn Narrenplan und Buhlerwerk,
Eine Stadt, erbaut auf einem Berg,
Und Stroh, das in den Schuhen steckt,
Die viere werden bald entdeckt.
Ein Armer wahrt wohl Heimlichkeit,
Eines Reichen Sache trägt man weit;
Sie wird durch treulos Hausgesind'
Verraten und verschwatzt geschwind.
Ein jedes Ding kommt leicht heraus
Durch die Genossen in dem Haus.
Es schaden mehr uns keine Fluch'
Als die, so Wohnung mit uns eint;
Die bringen viel um Leib und Gut,
Vor denen man nicht auf der Hut.
Wer sicht eyn narren fallen hart
Vnd er sich darnoch nit bewart
Der grifft eym narren an den bart
Wer einen Toren sieht fallen hart
Und sich darnach doch nicht bewahrt –
Greift einem Narren an den Bart.
XL.
An narrē sich stossen
Man sicht tæglich der narren fal
Vnd spottet man jr vberal
Vnd synt verachtet by den wysen
Die doch jnn narren kapp sich brysen
Vnd schylt eyn narr den andern narren
Der doch vff synem weg důt karrhen
Vnd stoßt sich do zů aller frist
Do vor der narr gefallen ist
Hyppomenes sach manchen gouch
Vor jm enthoubten / doch wolt er ouch
Sich wogen / vnd syn leben gantz
Des wer nah gsyn vnglück syn schantz
Eyn blynd den andern schyltet blyndt
Wie wol sie beid gefallen synt
Eyn krebs den andern schaltt / vmb das
Er hynder sich gegangen was
Vnd gyng jr keyner für sich doch
Dann eyner gyng dem andern noch
Eym stieff vatter volgt dick vnd vil
Wer nit sym vatter volgen will
Hett Phaeton syn faren gelon
Vnd Icarus gemæcher gton
Vnd beid gefolgt jrs vatter rott
Sie wern nit jn der jugent dot
Welcher den weg Hyeroboam
Gyng / keyner ye zů gnaden kam
Vnd sahen doch / das plag vnd roch
Gyng stæts on vnderloß dar noch
Wer sicht eyn narren fallen hart
Der lůg / das er syn selbs wol wart
Dann das ist nit eyn doreht man
Wer sich an narren stossen kan
Der fuchs wolt nit jnn berg / vmb das
Nye keyner wyder kumen was /
40.
An Narren Anstoß nehmen
Täglich sieht man der Narren Fall
Und spottet ihrer überall;
Sie sind verachtet bei den Klugen,
Die selbst die Narrenkapp' oft trugen;
Es schilt ein Narr den andern Narren
Und fährt auf dessen Weg den Karren
Und stößt sich dort zu jeder Frist,
Wo erst ein Narr gefallen ist.
Hippomenes sah manchen Gauch
Vor sich enthaupten, wollte auch
Sich und sein Leben wagen ganz,
Und fast war Unglück seine Schanz.112
Ein Blinder schilt den andern blind,
Wiewohl sie beid' gefallen sind;
Ein Krebs den andern schalt, um daß
Er hinter sich gegangen was,
Und ging ihrer keiner vorwärts doch,
Denn einer hinter dem andern kroch.
Dem Stiefvater folgt oft und viel,
Wer nicht dem Vater folgen will.
Hätt' Phaeton nicht den Wagen bestiegen,
Wollt' Ikarus so hoch nicht fliegen,
Wären gefolgt den Vätern beide –
Sie blieben verschont von Tod und Leide.
Noch nie bei Gott zu Gnaden kam,
Wer nachgefolgt Jerobeam,
Obschon er sah, daß Rach' und Plag'
Kam stets ohn' Unterlaß darnach.
Wer einen Narrn sieht fallen hart,
Mög' selbst sich halten wohlbewahrt,
Denn das ist gar ein weiser Mann,
Wer sich durch Narren bessern kann.
Der Fuchs wollt' nicht zur Höhle 113 gehn,
Weil kein Tier wieder er gesehn.
Eyn glock on klüpfel / gibt nit thon
Ob dar jnn hangt eyn fuchßschwantz schon
Dar vmb loß red für oren gon
Glock' ohne Klöppel gibt nicht Ton,
Hängt auch darin ein Fuchsschwanz schon:
Nicht jedes Wort dem Ohr bringt Lohn.
XLI.
Nit achten vff all red
Wer by der weltt vß kumen will
Der můß yetz lyden kumbers vil
Vnd sehen vil / vor syner tűr
Vnd hœren / das er gern entbűr
Dar vmb jnn grossem lob die ston
Die sich der welt hant ab gethon
Vnd synd durch gangen berg vnd tal
Das sie die welt nit bræcht zů fal
Vnd sie villicht verschuldten sich
Doch loßt die welt sie nit on stich
Wie wol sie nit verdienen kan
Das sie solch lüt sol by jr han
Wer recht zů tůn den willen hett
Der acht nit / was eyn yeder redt
Sunder blyb vff sym fürnem stiff
Ker sich nit an der narren pfiff
Hetten propheten vnd wissagen
Sich an noch red by jren tagen
Kert / vnd die wyßheyt nit geseit
Es wer jn yetz langst worden leit
Es lebt vff erden gantz keyn man
Der recht tůn yedem narren kan
Wer yederman künd dienen recht
Der műst syn gar eyn gůter knecht
Vnd frűg vor tag dar zů vff ston
Vnd seltten wider schloffen gan
Der můß mæl han / vil me dann vil
Wer yedems mul verstopffen wil
Dann es stat nit jn vnserm gwalt
Was yeder narr red / klaff / od kalt
Die welt můß triben das sie kan
Sie hatß vor manchem me getan
Ein gouch singt guckguck dick vnd lang
Wie yeder vogel syn gesang
41.
Nicht auf alle Rede achten
Wer mit der Welt auskommen will,
Der muß jetzt leiden Kummers viel
Und sehen viel vor seiner Tür
Und hören manche Ungebühr.
Darum in großem Lobe stehn,
Die nicht mehr mit der Welt umgehn, 114
Sie überschritten Berg und Tal,
Daß sie die Welt nicht brächt' zu Fall
Und sie vielleicht vergingen sich.
Doch läßt die Welt sie nicht ohn' Stich,
Wiewol sie nicht verdienen kann,
Daß man trifft solche bei ihr an.
Wem recht zu tun ist Herzenspflicht.
Der achte nicht, was jeder spricht,
Bleib vielmehr auf dem Vorsatz steif,
Und hör' nicht auf des Narren Pfeif';
Hätten Propheten und Weissagen 115
Sich an Nachred' in ihren Tagen
Gekehrt und nicht gesagt Bescheid –
Es täte ihnen jetzt längst leid.
Es lebt auf Erden gar kein Mann,
Der jedem Narren recht tun kann;
Wer jedermann könnt' dienen recht,
Der müßte sein ein guter Knecht
Und früh vor Tag dazu aufstehn
Und gar nicht wieder schlafen gehn.
Der muß Mehl haben mehr denn viel,
Wer jedem das Maul verstopfen will,
Denn es steht nicht in unsrer Macht,
Was jeder Narr kläfft, schwatzt und sagt.
Die Welt muß treiben, was sie kann,
Sie hat's vor manchem mehr getan.
Ein Gauch singt Kuckuk oft und lang
Wie jeder Vogel seinen Sang.
Es ist der narren gůt entbern
Die allzyt mit steyn werffen gern
Vnd went keyn straff vnd wyßheyt lern
Man kann die Narren gut entbehrn,
Die stets mit Steinen werfen gern
Von Furcht und Weisheit sind sie fern.
XLII.
Von spott vogelen
Ir narren / wellen von mir leren
Anfang der wyßheyt / vorcht des herren
All kunst der heilgen ist gespreit
In den weg / der fürsichtikeyt
Von wyßheyt würt der mensch geert
Von jr all tag' / vnd jor gemert
Eyn wyser ist nütz der gemeyn
Eyn narr syn kolben dreitt alleyn
Vnd mag vor wyßheyt hœren nitt
Er spott der wysen zů aller zyt
Wer eyn spott vogel leren will
Der macht jm selbst gespœttes vil
Wer strofft eyn boßhafftigen man
Der henckt jm selbst eyn spætlin an
Eyn wysen stroff / der hœrt dich gern
Vnd yllt / von dir me wyßheyt lern
Wer eyn gerechten stroffen důt
Der hat von jm syn stroff für gůt
Der vngerecht geschændet vil
Vnd würt doch selbst geschænt bywil
Der hæher eyn spottvogel ist
Vnd ist doch vil / das jm gebrist
Wann man eyn spœtter würfft für thűr
So kumbt mit jm / all spott hyn fůr
Vnd was er zanck vnd speywort tribt
Das selb dann vor der tűren blybt
Hett Dauid nit syn selbs geschont
Nabal wer syns gspœts gelont /
Sannabalath syn spottes ruwt
Do man die mur Hierusalem buwt
Die kynd wurdent von Beren gdœt
Die glatzeht schulten den prophet
Semey hat noch gar vil sűn
Die gern mit steynen werffen tűn
42.
Von Spottvögeln
Ihr Narren, möchtet von mir lernen
Anfang der Weisheit, Furcht des Herrn!
All Kunst 116 der Heiligen liegt bereit
Am Wege der Fürsichtigkeit. 117
Durch Weisheit wird der Mensch geehrt,
Durch sie so Tag wie Jahr gemehrt.
Ein Weiser ist nützlich der Gemeine,
Ein Narr trägt seinen Kolben alleine;
Er dünkt sich weise wie ein Gott
Und treibt mit allen Weisen Spott.
Der macht sich selbst Gespöttes viel,
Wer einen Spötter lehren will;
Wer straft 118 den schlechtgesinnten Mann,
Der hängt sich selbst ein Läpplein an.
Einen Weisen tadle, der hört dich gern
Und eilt, daß er von dir mehr lern'.
Rüge einen gerechten Mann,
Der nimmt sich deinen Tadel an;
Der Ungerechte lästert viel
Und ist doch oft des Schimpfes Ziel.
Der Häher ein Spottvogel ist,
Und doch gar vieles ihm gebrist.
Wirft man den Spötter vor die Tür,
So kommt mit ihm all Spott dafür,
Und was er Zank und Speiwort 119 treibt,
Dasselbe vor der Türe bleibt.
Hätt' David nicht sein selbst geschont,
Wär' Nabals Spotte schlecht gelohnt;
Sannabalach den Spott bereute,
Als man Jerusalem erneute.
Von Bären wurde den Kindern vergolten,
Die glatzig den Propheten gescholten.
Simei nennt viel Söhne sein,
Die werfen gern mit Kot und Stein.
Das ich alleyn zyttlichs betracht
Vnd vff das ewig hab keyn acht
Das schafft / eyn aff hat mich gemacht
Daß ich nur Zeitliches betrachte
Und auf das Ewige nicht achte,
Das schafft, weil mich ein Affe machte.
XLIII.
Verachtūg ewiger freyt
Eyn narr ist / wer berűmet sich
Das er gott ließ syn hymelrich
Begerend / das er leben mag
Inn narrheyt / biß an jungsten tag
Vnd blyben mœcht eyn gůt gesell
Er far joch dann / war gott hyn well /
Ach narr / wer doch vff erd eyn freyd
Die wert eyn tag vnd nacht on leyd
Das sie nit wurd verbittert dir
So mœcht ich gdencken doch jn mir
Das du mœchtst han ettwas vrsach
Die doch wer narreht / klein vñ schwach
Dann der hatt worlich dorecht glust
Wæn hie die leng zů leben lust
Do nüt ist dann das jamertal
Kurtz freüd / voll leid steckt vberal
Gedencken soll man wol do by
Das hie keyn bliblich wesen sy
Die wile wir farent allesant
Von hynnan / jn eyn frœmdes landt
Vil sint vorhyn / wir kumen noch
Wir műssen gott an schowen doch
Es sy zů freüden oder stroff /
Dar vmb sag an du dorehts schoff
Ob grœsser narr ye kem vff erdt
Dann der / wer sollches mit dir gerdt
Du wünschest von got scheyden dich
Vnd würst dich scheyden ewigklich
Eyn hunig trœpflin dir gefalt
Vnd wurst dort gall han / tusent falt
Eyn ougenblick / all freüd hie sint /
Dort ewig freüd vnd pyn man findt /
Welch fræuelich triben sollch wort
Den fælt jr anschlag / hie vnd dort
43.
Verachtung ewiger Freude
Ein Narr ist, wer sich rühmt mit Spott,
Daß er das Himmelreich ließ Gott,
Und wünscht nur, daß er leben mag
In Narrheit bis zum jüngsten Tag
Und bleiben mög' ein guter Gesell',
Fahr' er dann hin, wo Gott befehl'.
Ach Narr, gäb' es selbst Erdenfreud',
Die Tag und Nacht währt' ohne Leid,
Daß sie nicht würd' verbittert dir,
So möcht' ich denken still bei mir,
Daß du dir wünschest doch ein Ding,
Das armselig ist, klein und gering.
Denn der fürwahr als Tor sich brüstet,
Den hier die Läng' zu leben lüstet,
Wo nichts ist denn das Jammertal:
Kurz Freud', lang Leid steckt überall.
Gedenken soll man wohl dabei,
Daß hier kein bleibend Leben sei,
Dieweil wir werden all gesandt
Von hinnen in ein fremdes Land.
Viel sind vorauf, uns ruft der Tod,
Wir müssen doch einst schauen Gott,
Es sei zur Freude oder Straf'.
Drum sage an, du töricht Schaf,
Ob größre Narrn je war'n auf Erden,
Als die, so dies mit dir begehrten?
Du willst von Gotte scheiden dich
Und wirst dich scheiden ewiglich.
Ein Tröpflein Honig dir gefällt,
Und dort es nicht an Galle fehlt;
Einen Augenblick währt hier die Freud',
Dort ewig Freude - oder Leid.
Drum, wer mit Frevel treibt solch Wort,
Den irrt sein Anschlag hier und dort.
Wer vogel / hund / jnn kyrchen fűrt
Vnd ander lüt / am betten jrrt
Der selb / dē gouch wol stricht vnd schmyert
Wer Vögel, Hund' zur Kirche führt
Und Andere im Beten irrt,
Derselbe den Gauch wohl streicht und schmiert.
XLIV.
Gebracht ī der kirchē
Man darff nit fragen / wer die sygen
By den die hund jnn kylchen schrygen
So man meß hat / predigt / vnd singt
Oder by den der habich schwyngt
Vnd důt syn schellen so erklyngen
Das man nit betten kan noch syngen
So můß man hüben dann die hætzen
Do ist eyn klappern vnd eyn schwætzen
Do můß man richten vß all sachen
Vnd schnyp / schnap / mit dē holtzschůh machē
Vnd sunst vil vnfůr mâcher hâd
Do lůgt man wo frow kryemhild stand
Ob sie nit well har vmbher gaffen
Vnd machen vß dem gouch eyn affen
Lyeß yederman syn hund jm huß
Das nit eyn dieb stiel ettwas dar vß
Die wile man wer zů kylchen gangen
Ließ er den gouch stan vff der stangen
Vnd brucht die holtzschů vff der gassen
Do er ein pfenīgwert drecks mœht fassē
Vnd dœubt nit yederman die oren
So kant man ettwan nit eyn doren
Doch die natur gybt yedem jn
Narrheyt will nit verborgen syn
Christus der gab vns des exempel
Der treib die wechßler vß dem tempel
Vnd die do hatten tuben feil
Treib er jn zorn vß mit eym seil
Solt er yetz offen sünd vß triben
Wenig jnn kylchen wurden bliben
Er fing gar dick am pfarrer an
Vnd würt biß an den meßner gan
Dem huß gottes heylikeit zů stat
Do gott der herr syn wonung hat
44.
Lärm in der Kirche
Man darf nicht fragen, wer die seien,
Bei denen die Hund' in der Kirche schreien,
Während man Mess' hält, predigt und singt,
Oder bei denen der Habicht schwingt
Und lässt seine Schellen 120 so laut erklingen,
Daß man nicht beten kann noch singen.
Da muß behauben man die Hätzen, 121
Das ist ein Klappern und ein Schwätzen!
Durchhecheln muß man alle Sachen
Und Klippklapp mit den Holzschuhn machen,
Und Unfug treiben mancherlei.
Da lugt man, wo Frau Kriemhild sei,
Ob sie nicht wolle um sich gaffen
Und machen aus dem Gauch 'nen Affen?
Ließ jedermann den Hund im Haus,
Daß man nicht stehle etwas draus,
Ließ man den Gauch 122 stehn auf der Stangen,
Dieweil zur Kirche man gegangen,
Und brauchte Holzschuh auf der Gassen,
Wo etwas Dreck man möchte fassen,
Und betäubte nicht jedermann die Ohren,
So kennte man wohl nicht die Toren.
Doch macht Natur sie offenbar
Und Narrheit zeigt sich hell und klar.
Es gab uns Christus das Exempel,
Der trieb die Wechsler aus dem Tempel,
Und die da hatten Tauben feil,
Trieb er in Zorn aus mit dem Seil.
Sollt' er jetzt offen Sünd' austreiben,
Wer würde in der Kirch' wol bleiben!
Er trieb' wohl oft den Pfarrer aus
Und ließ den Mesner nicht im Haus!
Dem Gotteshaus ziemt Heiligkeit,
Das sich der Herr zur Wohnung weiht.
Wæn jn das für syn můttwill bringt
Oder sunst selbs jnn brunnen springt
Dem gschicht recht / ob er schon erdrinckt
Wen Mutwille ins Feuer bringt,
Und wer von selbst in den Brunnen springt,
Dem geschieht schon recht, wenn er ertrinkt.
XLV.
Vō mutwilligē vngfell
Manch narr ist der do bettet stæt
Vnd důt (als jn dunckt) andaht gbet
Mitt rűffen zů gott vberlut
Das er kum von der narren hut
Vnd will die kappen doch nit lon
Er zücht sie tæglich selber an
Vnd meynt / gott well jn hœren nitt
So weiß er selbst nit was er bitt /
Wer mit můttwill jn brunnen springt
Vnd vœrchtend / das er drynn erdrinckt
Schryg vast / das man eyn seil jm brecht
Sin nochbur sprech / es gschicht jm reht
Er ist gefallen selbst dar jn
Er mœcht hie vß wol blyben syn
Empedocles jn solch narrheyt kam
Das er vff Ethna sprang jnn flam
Wer jn har vß solt gzogen han
Der hett jm gwalt vnd vnrecht gtan /
Dann er jn narrheyt was verrůcht
Er hett es doch noch me versůcht /
Alls důt wer meynt das gottes stym
In ziehen soll mit gwalt zů jm
Im geben gnad / vnd goben vil
Sich dar zů doch nit schicken will /
Mancher fűrloufft jm selbs syn tag
Das gott jn nym erhœren mag
Dann er jm nym die gnaden gytt
Das er üt fruchtbars von jm bitt
Wer bett / vnd weißt nit was er bett /
Der bloßt den wint / vnd slecht die schet
Mancher jm gbett von gott begert
Im wer leid / das er wurd gewert
Wer lebt jnn eym sœrglichen stat
Der hab den schad / wie es jm gat
45.
Von Unglück durch Mutwillen
Der ist ein Narr, wer betet stet
Und tut – so dünkt ihn – heiß Gebet
Und ruft zu Gott oft überlaut,
Daß er komm' aus der Narrenhaut,
Und doch die Kapp' nicht missen kann;
Er zieht sie täglich selber an
Und meint, Gott woll' ihn hören nicht;
So weiß er selbst nicht, was er spricht.
Wer in den Brunnen keck erst springt
Und dann, voll Furcht, daß er ertrinkt,
Laut schreit, daß man ein Seil ihm brächt',
Des Nachbar spricht: »Geschieht ihm recht!
Er ist gefallen selbst darein,
Er könnt' geblieben draußen sein!«
Empedokles 123 in Narrheit kam
Und sprang selbst in des Ätnas Flamm'.
Hätt' jemand ihn daraus befreit,
Der tat ihm Unrecht an und Leid:
Denn er war worden Narr so sehr,
Er hätt' es doch versucht noch mehr.
So tut, wer meint, Gott solle ihn
Mit Wort und Gewalt recht zu sich ziehn,
Ihm geben Gnad' und Gaben viel,
Und doch sich drein nicht schicken will.
Mancher verkürzt sich den Lebenstag,
Weil Gott ihn nicht mehr hören mag,
Weil er ihm nicht die Gnad' verleiht,
Daß er erfleht, was ihm gedeiht.
Wer betet, wie ein Tor gesinnt,
Der schlägt den Schatten, bläst den Wind.
Mancher mit Bitten von Gott begehrt,
Was, ihm verliehn, nur Leid gewährt.
Drum, wer da lebt im Stand voll Sorgen,
Trag' seinen Schaden heut wie morgen!
Narrheyt hatt gar eyn groß gezelt
By jr lægert die gantze welt
Vor uß / was gwalt hatt / vnd vil gelt
Narrheit hat ein gar groß Gezelt;
Es lagert bei ihr alle Welt,
Zumal wer Macht hat und viel Geld.
XLVI.
Vō dē gwalt der narrē
Es ist nott / das vil narren synt
Dann vil synt an jn selbs erblynt
Die mitt gwalt went witzig syn
Do yederman sicht vnd ist schyn
Ir narrheyt / doch nyeman getar
Zů jnn sprechen / was tůstu narr /
Vnd wenn sie grosser wißheyt pflegen
So ist es vast von der gouch wegen
Vnd wann sie nyemans loben wil
So loben sie sich dick vnd vil
So doch der wiß man gibt vrkund
Das / lob stinck / vß eym eigenen mundt
Wer jn sich selbst vertruwen setz
Der ist eyn narr vnd doreht gœtz
Wer aber wisßlich wandlen ist
Der würt gelobt zů aller frist
Die erd ist sellig / die do hat
Eyn herren / der jnn wißheyt stat
Des rott ouch ysßt zů rechter zyt
Vnd sůchen nit wollust / vnd gydt
We we dem ertrich / das do hat
Eyn herren / der jnn kynttheyt gat
Des fürsten essen morgens frűg
Vnd achten nit was wißheyt tűg /
Eyn arm kyndt / das doch wißheyt hat
Ist besser vil jn synem stadt
Dann eyn künig / eyn alter tor
Der nit fürsicht die kunfftig jor /
We den gerechten vber we
Wann narren stygen jnn die hœh
Aber wann narren vndergondt
Gar wol die gerechten dann gestondt
Das ist dem gantzen land eyn ere
Wann vß dem gerechten wurt eyn here
Aber doch / wann eyn narr regyert
So werdent vil mit jm verfűrt /
Der důt nit recht / wer an gerycht
Durch früntschafft eim jns anttlit sicht
Der selb ouch vmb eyn byssen brot
Worheyt / vnd gerechtikeyt verlot /
Recht vrteyln / stat eym wisen wol
Eyn richter nyemans kennen sol
Ratt und gerycht / hat keynen fründt
Susannen rychter noch vil syndt
Die můttwill triben / vnd gewalt
Gerechtikeyt die ist vast kalt
Die schwert die sint verrostet beyd
Vnd wellen nym recht vß der scheyd
Noch schnyden me / do es ist nott
Gerechtikeyt ist blyndt vnd dott
All ding dem geltt sint vnderthon /
Jugurtha do er schyed von Rom
Do sprach er / o du veyle statt
Wie werstu so bald schoch vnd matt
Wann du eyn kouffman hettst alleyn
Man fyndt der stett noch me dann eyn
Do mâ hant schmyerung gern vff nymt
Vnd dar durch důt vil das nit zymbt
Myet / früntschafft / all worheyt vmb kert
Als moysen syn schwæher lert
Pfēnīg / nyd / früntschafft / gwalt vñ gūst
Zerbrechen yetz / recht / brieff / vnd kunst /
Die fürsten worent ettwann wiß /
Hattent altt ræt / gelert / vnd gryß
Do stund es wol jn allem land
Do wart gestroffet sünd vnd schand
Vnd was gůt fryd jnn aller welt
Jetz hatt narrheyt all jr gezelt
Geschlagen vff / vnd lyt zů wer
Sie zwingt die fürsten / vnd jr her
Das sie sœnt wißheyt / kunst / verlan
Alleyn eygen nutz sehen an
Vnd wœlen jnn eyn kyndschen ratt
Dar vmb es leyder vbelgat
Vnd hat kunfftig noch bœser gstalt
Groß narrheyt ist by grossem gwalt /
Gott ließ / das mancher fürst regiert
Langzyt / wann er nit wůrd verfűrt
Vnd vnmylt wurd / vnd vngerecht
Durch anreytz valscher rætt vnd knecht
Die næmen gaben / schenck / vnd myet
Vor den eyn furst sich billich hůt
Wer gaben nymbt / der ist nit fry
Schenck nemen / macht verretery
Als von Ayoht geschach Eglon /
Vnd Dalida verryet Samson /
Andronicus nam gulden vaß
Des wart gedœtet Onyas /
Ouch Benedab der künig brach
Syn büntniß / do er gaben sach /
Tryphon do er betryegen wolt
Das jonathas jm glouben solt
Do schanckt er gaben jm vorhyn
Do mit er mœcht beschissen jn
46.
Wo Narren die Macht haben
Not ist, daß viele Narren sind,
Denn viel sind an sich selbst ganz blind,
Die mit Gewalt wollen weise sein,
Da jedermann mit klarem Schein
Wohl ihre Narrheit sieht. Doch wagt
Es keiner, daß »du Narr!« er sagt.
Und wenn sie großer Weisheit pflegen,
Ist's fast nur solcher Gäuche wegen;
Und wenn sie niemand loben will,
So loben sie sich oft und viel,
Wo doch der weise Mann gibt Kunde,
Daß Lob stinkt aus dem eignen Munde.
Die in sich selbst Vertrauen setzen
Sind Narren und törichte Götzen,
Wer aber klug im Umgang ist,
Der wird gelobt zu aller Frist.
Das Land ist selig, dessen Herrn
Die Weisheit leitet wie ein Stern,
Des Rat auch ißt zu rechter Zeit
Und dient nicht Gier noch Üppigkeit.
Weh, weh dem Erdenreich, das gewinnt
Einen Herren, der noch ist ein Kind,
Des Fürsten prassen in der Früh'
Und achten nicht der Weisheit Müh'!
Doch ist ein Kind, das weise ist,
Viel besser noch zu jeder Frist
Denn ein König, der – ein alter Tor –
Die Zukunft nicht bedenkt zuvor.
Weh dem Gerechten über weh,
Wenn Narren steigen in die Höh'!
Jedoch wenn Narren untergehn,
Gar wohl Gerechte dann bestehn.
Das ehrt ein Land so nah wie fern,
Wenn ein Gerechter wird zum Herrn,
Aber sobald ein Narr regiert,
So werden viel mit ihm verführt.
Der tut nicht recht, wer bei Gericht
Nach Freundschaft und nach Ansehn spricht,
Der selbst auch um den Bissen Brot
Wahrheit und Recht zu lassen droht.
Gerecht Urteil steht Weisen wohl,
Ein Richter niemand kennen soll.
Gericht soll sein für Freundschaft blind;
Susannen-Richter 124 noch viel sind,
Die Mutwill treiben und Gewalt;
Gerechtigkeit, die ist ganz kalt.
Die Schwerter sind verrostet beide 125
Und wollen nicht recht aus der Scheide;
Sie schneiden nicht, wo es ist not:
Gerechtigkeit ist blind und tot.
Jetzt singen alle des Geldes Lied;
Jugurtha, als von Rom er schied,
Da sprach er: »O du feile Stadt,
Wie wärst du bald so schach und matt,
Wenn sich ein Käufer stellte ein!«
Man findet Städte groß und klein,
Wo man Handschmierung gerne nimmt
Und alsdann tut, was sich nicht ziemt.
Freundschaft und Lohn Wahrheit verkehrt,
Wie Mosis Schwäher schon ihn lehrt,
Neid, Pfennige, Freundschaft, Macht und Gunst
Zerbrechen jetzt Recht, Brief 126 und Kunst. 127
Die Fürsten waren sonst wohl weis,
Die Räte alt, 128 gelehrt und greis,
Wohl stand es da in jedem Lande,
Da ward gestrafet Sünd' und Schande
Und Friede war rings in der Welt.
Jetzt hat die Narrheit ihr Gezelt
Geschlagen auf und liegt zur Wehr;
Sie zwingt die Fürsten und ihr Heer,
Daß Weisheit gänzlich sie aufgeben
Und nur nach eignem Nutzen streben
Und sie wählen kindische Rät'.
Darum es leider übel steht
Und künftig hat noch bös're Gestalt:
Narrheit ist groß bei großer Gewalt.
Gar mancher Fürst hätt' lang regiert
Durch Gottes Gnad', wenn nicht verführt
Und karg er würd' und ungerecht
Durch Reizung falscher Rät' und Knecht'.
Die nehmen Gab', Geschenk und Miete; 129
Ein Fürst vor solchen sich wohl hüte!
Wer Gabe nimmt, der ist nicht frei,
Geschenk bewirkt Verräterei,
Wie von Ehud geschah Eglon
Und Dalida verriet Samson. 130
Andronicus güldne Gefäße nahm,
Drob Onyas zu Tode kam;
Um Ben-Hadads Bündnis war's geschehn,
Als er die Gaben angesehn;
Tryphon voll Trug bewirken wollte,
Daß Jonathas ihm glauben sollte,
Drum schenkt' er Gaben ihm zuvor,
Daß jener würd' ein blinder Tor.
Vil důnt jnn dorheyt hye beharren
Vnd ziehen vast eyn schweren karrhen
Dort würt der recht wag naher faren
In Torheit will man hier beharren
Und ziehen einen schweren Karren,
Dort wird der Wagen nachgefahren.
XLVII.
Vō dē weg der sellikeit
Gott laßt eyn narren nit verston
Syn wunder / die er hat gethon
Vnd tæglich důt / dar vmb verdyrbt
Gar mancher narr / der zittlich styrbt
Hie / vnd dort ist er ewig dott
Das er nitt lernet kennen got /
Vnd leben noch dem willen syn
Hie hatt er plag / dort lydt er pyn /
Hie můß er burd des karrhen tragen
Dort wůrt er ziehen erst / jm wagen /
Dar vmb narr / nit frog noch dem stæg
Der fűret vff der hellen weg
Gar licht do hyn man kumen mag
Der weg statt offen / nacht vnd tag
Vnd ist gar breyt / glatt / wolgebant
Dann narren vil sint / die jn gant
Aber der weg der sellikeit
Der wißheyt ist alleyn bereyt
Der ist gar eng / schmal / hert vnd hoch
Vnd stellen wenig lüt dar noch
Oder die jn hant můt zů gan
Do mitt will ich beschlossen han
Der narren frog die offt geschicht
War vmb / man me der narren sicht
Oder die faren zů der hell
Dann des volcks / das noch wißheyt stel
Die welt jnn üppikeyt ist blynt
Vil narren / wenig wyser synt
Vil sint berűfft zů dem nachtmol
Wenig erwelt / lůg für dich wol /
Sechßhundert tusent man alleyn
On frowen vnd die kynder kleyn
Fůrt gott vß / durch des meres sandt
Zwen komen jnn das globte landt
47.
Vom Weg der Seligkeit
Gott läßt die Narren nicht verstehn
Die Wunder, die durch ihn geschehn
Gestern wie heut; darum verdirbt
Gar mancher Narr, der zeitlich stirbt
Allhier und dort ist ewig tot,
Weil er nicht kennen lernte Gott
Und leben nach dem Willen sein.
Hier hat er Plag', dort trägt er Pein,
Hier muß er Karrenbürde tragen,
Dort wird er ziehen erst im Wagen.
Drum, Narr, so frag' nicht nach dem Steg,
Der führet auf den Höllen Weg!
Gar leicht dahin man kommen kann,
Der Weg bietet sich selber an
Und ist gar breit und glatt zu sehn,
Denn viele Narren auf ihm gehn.
Aber der Weg zur Seligkeit,
– Der Weisheit nur ist er bereit –
Der ist gar eng, schmal, steil und hart,
Und Wenige wagen drauf die Fahrt
Und haben drauf zu gehn den Mut.
Der Narren Frag', die man oft tut,
Will ich damit beschlossen haben:
Warum man Narren mehr sieht traben
Oder die fahren zu der Hölle
Denn Volks, das nach der Weisheit stelle?
Die Welt in Üppigkeit ist blind,
Viel Narren, wenig Weise sind.
Viel sind berufen zu dem Mahl,
Klein ist – merkt's! – der Erwählten Zahl.
Sechshunderttausend Mann allein
Ohne die Fraun und Kinder klein
Führt' Gott einst durch des Meeres Sand:
Zwei kamen ins gelobte Land.
XLVIII.
Eyn gesellen schiff
Eyn gsellen schiff fert yetz do hær /
Das ist von hantwercks lüten schwær
Von allen gwerben vnd hantyeren /
Jeder syn gschyrr důt mit jm fűren
Keyn hantwerck stat me jnn sym wærdt
Es ist als überleydt / beschwært
Jeder knecht / meyster werden will
Des sint yetz aller hantwerck vil
Mancher zů meysterschafft sich kert
Der nye das hantwerck hat gelert
Eyner dem andern werckt zů leyd
Vnd tribt sich selbs dick vber die heyd
Das ers wolfeyl erzügen kan
Des můß er offt zům thor vß gan
Was dyser nit will wolfeyl gæn
Do findt man sunst dryg oder zwen
Die meynen das erzügen wol
Důnt doch nit arbeyt / als man sol
Dann man hyen sudelt yetz all ding
Das man sie geben mœg gering
Do by mag man nit langzyt bliben
Dür kouffen / vnd wolfeyl vertriben
Mancher eym andern macht eyn kouff
Der blibt / so er zům thor vß loufft
Vff wolfeyl gæn / gat yederman
Vnd ist doch gantz keyn werschafft dran
Dann wenig kosten man dran leidt
Vnd würt als vff die yl bereydt
Das es alleyn eyn muster hab
Do mit die hantwerck gont vast ab
Mœgent nit wol erneren sich
Was du nit důst / das dů doch ich
Vnd leg dar an keyn kost noch wile
Echt ich alleyn mœg machen vil /
Ich selbs / das ich die worheyt sag
Mit disen narren hab vil tag
Vertriben / ee ichs hab erdicht
Noch sint sie nit recht zů gericht
Ich hett bedœrfft noch lenger tag
Keyn gůt werck / yl erlyden mag
Der moler der Apelli bracht
Syn tafel / die er bald hat gmacht
Vnd sprach er hett geylt do mit
Fand er jnn bald on anttwürt nitt
Er sprach / die arbeyt zeigt wol an
Das du hast wenig flyß gethon
Vnd wunder ist / das du nit vil
Der glych hast gmacht jn kurtzer wil
Keyn arbeit dett nie gůt zůr yl
Den stich es nit wol lyden mag
Zwentzig par schů / vff eynen tag
Eyn dutzen tægen vß bereytten
Vil wercken / vnd vff borg dann beitten
Vertrybt gar manchem offt das lachen
Bœß zymerlüt vil spænen machen
Die murer důnt gern grosse brüch
Die schnyder důnt gar witte stich
Do würt die natt gar leittig von
Die trucker in dem brasß vmb gon
Vff eynen tag / eyn wochen lon
Verzeren / das ist jr gefert
Ir arbeyt ist doch schwer vnd hert
Mitt trucken / vnd (mit) bosselyeren
Mit setzen / strichen / corrigieren
Vff tragen / mit der schwartzen kunst
Varb brennend / jn des füres brunst
Vnd ryben die / vnd vigen spitzen /
Vil sint die lang jnn arbeyt sitzen
Machen doch nit dest besser werck
Das důt / sie sint von affenberck
Vnd hant die kunst nit baß gelert
Mancher in disem schyff gern fert
Dann es sint vil gůt bossen drynn
Die groß arbeit vnd kleynen gwynn
Hant / vnd verzeren das doch licht
Dann jnn ist wol by der wynfücht
Vff kunfftigs / hant gar wenig sorg
Wann man alleyn jnn gibt vff borg
Mancher eyn bletzschkouff machen kan
Do er nit vil gewynnet an /
Man kan yetz nüt verkouffen me
Man hab dann gott geschworen ee
Vnd so man lang schwœrt / jn vnd vß
So wurt eyn vischerschlag dann druß
Do by merckt man das all diß welt
Sich vast des kœllschen bœttchen helt
Dat halff ab / ist yetz vast der schlagk
Berott dich gott / bricht keym den sack
Die hantwerck faren all do hær
Noch sint vil schifflin halber lær
48.
Ein Gesellenschiff
Ein Gesellenschiff fährt jetzt daher,
Das ist von Handwerksleuten schwer,
Von allem Gewerbe und Hantieren,
Sein Gerät tut jeder mit sich führen.
Kein Handwerk hat mehr seinen Wert,
Entehrt ist jedes und beschwert;
Ein jeder Knecht will Meister werden,
Drum sind jetzt Handwerk viel auf Erden.
Mancher zum Meister sich erklärt,
Dem nie ein Handwerk ward gelehrt.
Einer dem andern werkt zu Leide
Und treibt sich selbst oft über die Heide;
Weil wohlfeil er es schaffen kann,
Sieht er die Stadt mit dem Rücken an.
Was dieser nicht will billig geben,
Da sieht man zwei oder drei daneben,
Die meinen das zu liefern wohl,
Doch ist die Arbeit nicht, wie sie soll;
Man sudelt Ware jetzt in Eil',
Daß man sie billig halte feil.
Dabei kann man nicht lange bleiben:
Teuer kaufen und wohlfeil vertreiben!
Mancher erleichtert andern den Kauf
Nimmt deshalb zur Stadt hinaus den Lauf.
Wohlfeilen Kauf liebt jedermann,
Und ist doch keine Bürgschaft dran;
Denn wenig Kosten legt man an,
Wenn man es schnell nur schaffen kann,
Und wenn es nur ein Ansehn habe.
Das Handwerk trägt man so zu Grabe,
Es kann kaum noch ernähren sich.
»Was du nicht tust, das tu' nun ich
Und seh' nicht Zeit noch Kosten an,
Wenn ich nur recht viel liefern kann!«
Ich selbst, daß ich die Wahrheit sage,
Verbracht' mit solchen Narrn viel Tage,
Eh ich von ihnen hab' gedichtet.
Noch sind sie nicht recht zugerichtet,
Ich hätt' gebraucht noch manchen Tag:
Kein gut Werk Eile leiden mag.
Ein Maler, der Apelles 131 brachte
Ein Werk, das er in Eile machte,
Und sprach, er hätt' geeilt damit,
Fand die gewünschte Antwort nit.
»Das Werk,« sprach jener, »zeigt wohl an,
Du wandtest wenig Müh daran;
Daß du nicht viel in kurzer Frist
Dergleichen schufst, ein Wunder ist!«
Noch niemand Eile nützlich fand.
Sagt, welcher Prüfung hält das stand:
An einem Tag zwanzig Paar Schuh,
Ein Dutzend Degen ohne scharten?
Viel schaffen und auf Zahlung warten
Vertreibt gar manchem oft das Lachen.
Schlechte Zimmerer viel Späne machen,
Die Maurer lassen große Brüche, 132
Die Schneider machen weite Stiche,
Da wird die Naht gar schwach davon.
Auf einen Tag den Wochenlohn
Die Drucker in der Schenk' verzehren,
Das ist so ihre Lebensart,
Ist doch die Arbeit schwer und hart
Mit Drucken und mit Bosselieren,
Mit Setzen, Schlichten, Korrigieren,
Auftragen mit der schwarzen Kunst, 133
Farb' brennen in des Feuers Brunst,
Dann reiben, und die Stäbchen spitzen. 134
Viel sind, die lang bei der Arbeit sitzen
Und schaffen doch kein besser Werk,
Das macht, sie sind von Affenberg
Und haben die Kunst nicht besser begriffen.
Mancher fährt gern in solchen Schiffen,
Denn es sind gute Knechte drin,
Haben viel Arbeit und mageren Gewinn
Und sie verzehren den doch leicht,
Weil stets ihr Hals vom Weine feucht.
Um Künftiges haben sie wenig Sorgen,
Will man ihnen nur heut noch borgen.
Einen Restkauf 135 mancher machen kann,
Wo er nicht viel gewinnt daran.
Man kann jetzt nichts verkaufen mehr,
Man hab' denn Gott geschworen vorher;
Und schwört man lange ein und aus,
So wird ein Fischerschlag 136 dann draus.
Dabei merkt man, daß alle Welt
Gar fest am köln'schen Bieten 137 hält:
»Dat half af!« gilt jetzt Nacht und Tag;
»Berat dich Gott!« bricht nicht den Sack.
So fahren die Zünfte all daher,
Und viele Schiffe sind noch halb leer.
Do werdent kynd den eltern glich
Wo man vor jnn nit schamet sich
Vnd krűg vor jnn / vnd hæfen bricht
Den Eltern gleicht der Kinder Gesicht,
Wo man vor ihnen schämt sich nicht
Und Krüg' und Töpf' und Häfen bricht.
IL.
Bos exēpel der eltern
Wer vor frowen vnd kynder wil
Von bůlschafft / boßheyt / reden vil
Der wart / das von jnn widerfar
Des glich / er vor jn triben tar
Keyn zůcht / noch ere / ist me vff erd
Kynd / frowen / leren wort vnd gberd
Die frowen das von mannen hand
Die kynd von eltern nemen schand
Vnd wenn der appt die würffel leydt
So sint die münch zům spiel bereit
Die welt ist yetz voll bœser lere
Man findt leyder keyn zůcht / noch ere
Die vætter sint schuldig dar an
Die frow die lert von jrem man
Der sůn / des vatters halttet sich
Die dochter ist der můtter glich
Dar vmb zů wundern nyemans yl
Ob jnn der welt sint narren vil
Der krebs glich wie syn vatter trytt
Es macht keyn wolff / keyn lemblin nytt
Brutus / vnd Catho sint beyd dott
Des mert sich Cathelynen rott /
Wis / syttlich vætter / tugentrich
Machen ouch kynder jren glich
Diogenes eyn jungen sach
Der druncken was / zů dem er sprach
Myn sůn / das ist dins vatter stadt
Eyn drunckner dich geboren hat
Es darff das man gar eben lůg
Was man vor kynden red vnd tűg
Dann gwonheyt / andere natur ist /
Die macht / das kynden vil gebrist
Eyn yedes leb recht / jnn sym huß
Das ærgerniß nit kumm dar vß
49.
Schlechtes Beispiel der Eltern
Wer vor Frauen und Kindern viel
Von Buhlschaft, Leichtsinn reden will,
Dem wird nicht unvergolten bleiben,
Was er vor ihnen wagt zu treiben.
Nicht Zucht, noch Ehr' ist mehr auf Erden:
Es lernen Frau und Kind Gebärden
Und Wort. Die Frau von ihrem Mann,
Das Kind nimmt's von den Eltern an,
Und wenn der Abt die Würfel leiht,
So sind die Mönche spielbereit.
Die Welt ist jetzt voll schlechter Lehre,
Man findet keine Zucht noch Ehre:
Die Väter tragen Schuld daran,
Die Frau lernt es von ihrem Mann,
Der Sohn zum Vater sich gesellt,
Die Tochter zu der Mutter hält.
Drum niemand sich zu wundern eile,
Daß in der Welt manch Narr verweile.
Der Krebs so wie sein Vater tritt,
Es zeugt der Wolf kein Lämmlein nit,
Brutus und Cato sind beide tot,
Drum Catilinas 138 Rotte droht.
Sind Väter klug und tugendreich,
Die zeugen Kinder ihnen gleich.
Diogenes einen Jungen sah
Betrunken; zu dem sprach er da:
»Du zeigst des Vaters Sitte schon,
Man sieht, du bist eines Trunknen Sohn!«
Drum sehe man bedachtsam zu,
Was man vor Kindern red' und tu';
Gewohnheit – andere Natur –
Führt Kinder leicht auf schlechte Spur.
Drum lebe jeder recht im Haus,
Daß Ärgernis nicht komm' daraus!
Wollust durch eynfalt manchen feltt
Manchen sie ouch am flug behelt
Vil hant jr end dar jnn erwelt
Wollust durch Einfalt manchen fällt,
Manchen sie auch am Flügel hält,
Viel haben ihr End' darin erwählt.
L.
Von wollust
Wollust der welt / die glychet sich
Eym üppigen wib / die offentlich
Sitzt vff der straß vnd schrygt sich vß
Das yederman kum jnn jr huß
Vnd syn gemeynschafft mit jr teil /
Dann sie vmb wenig gelt sy feil
Bittend / das man sich mit jr űb
Inn boßheyt / vnd in falscher lieb
Als gont die narren jnn jr schosß
Glich wie zům schynder got der ochß
Oder eyn einfalt schæflin geyl /
Das nit verstat / das es jnns seyl
Gefallen ist / vnd jnn die streng
Biß jm der pfyl syn hertz durch dreng
Gedenck narr / das es gylt din sel
Vnd du dyeff fallest jnn die hell
Wann du mit jr vermeynschaffst dich
Wer wollust flüht / der würt dort rich
Nit sůch zitlich wollust vnd freüd
Als Sardanapalus der heyd
Der meynt man solt hye leben wol /
Mit wollust / freüd / vnd füllen voll
Es wer keyn wollust noch dem todt /
Das was eyns rechten narren rott
Das er sůcht so zergenglich freüd /
Doch hat er wor jm selbs geseydt
Wer sich mit wollust vberlad /
Der koufft kleyn freüd / mit schmertz vñ schad
Keyn zitlich wollust würt so sűsß
Do von nit gall zů letst vß flyeß
Der gantzen welt wollustikeyt
Endt sich zů letst / mitt bitterkeyt
Wie wol der meyster Epycurus
Das hœhst gůt setzet jnn wollust
50.
Vom Vergnügen
Irdische Lust vergleichet sich
Einem üppigen Weib, das öffentlich
Sitzt auf der Straß' und schreit sich aus,
Daß jedermann komm' in ihr Haus
Und die Gemeinschaft mit ihr teil',
Weil sie um wenig Geld sei feil,
Begehrend, daß man mit ihr übe
In Wollust sich und falscher Liebe.
Drum gehn die Narren in ihren Schoß
Gleichwie zum Schinder geht der Ochs
Oder ein harmlos Schäflein geil, 139
Das nicht versteht, wie es ans Seil
Gekommen ist und in den Strang,
Bis ihm der Pfeil sein Herz durchdrang.
Denk, Narr, es gilt die Seele dein!
Du fällst tief in die Höll' hinein,
Wenn es in ihren Arm dich zieht.
Der wird dort reich, wer Wollust flieht.
Such nicht der Zeiten Lust und Freude
Wie einst Sardanapal, der Heide,
Der dachte, daß man leben soll
Der Wollust, Freud' und Fülle voll;
Des Toten keine Freuden harren!
Das war der Rat recht eines Narren,
Der suchte sich so kurze Freud',
Doch gab er selbst sich recht Bescheid!
Wer sich mit Lüsten will beladen,
Kauft kleine Freud mit Schmerz und Schaden.
Kein' Erdenfreud' ist also süße,
Daß nicht zuletzt ihr Gall' entfließe;
Die Freude dieser ganzen Zeit
Wird doch zuletzt zu Bitterkeit,
Owohl der Meister Epikur
Sieht höchste Gut in Lüsten nur.
Wer nit kan schwygen heymlichkeyt
Vnd syn anschlag eym andern seyt
Dem widerfert / rüw / schad / vnd leydt
Wer kein Geheimnis kann bewahren
Und jeden Plan muß offenbaren,
Dem muß wohl Schaden widerfahren.
LI.
Heymlicheit verswigē
Der ist eyn narr / der heymlicheyt
Synr frowen / oder yemans seyt
Dar durch der sterckest man verlor
Samson / syn ougen vnd syn hor /
Es wart verrotten ouch alsus
Der wissag Amphyaraus
Dann frowen sint als die gschrifft seyt
Bœß hűteryn der heimlicheyt
Wer heymlich ding nit schwigen kan /
Wer důt mit btrogenheit vmb gan
Vnd spannt syn lefftzen wie eyn tor
Do hűt eyn yeder wis / sich vor /
Mancher berűmbt sich grosser sach /
Wo er nachts vff der bůlschafft wach
Wann mâ syn worten recht nach gründ
Offt man jnn vff eym misthuff fünd
Dar vß gar dick entspringet ouch /
Das man merckt / wo er ætzt den gouch
Dann was du wilt das ich nit sag /
Schwigstu gar wol ich schwigen mag
Magst du nit bhaltten heymlicheyt
Die du jnn gheym mir hast geseyt
Was bgærst du dann schwigen von mir
Das du nit haben mœchst an dir
Hett Achab nit syn heymlicheyt
Synr frowen Iezabel geseyt
Vnd hett verschwigen solich wort
Es wer geschehen nit eyn mort
Wer üt heymlichs jm hertzen trag
Der hűt sich / das ers nyeman sag
So ist er sicher / das nyeman
Das jnnen werd / vnd sag dar von
Der prophet sprach / jch will alleyn /
Myn heimlicheyt han / nit gemeyn /
51.
Geheimnisse wahren
Der ist ein Narr, wer offenbart
Der Frau, was er geheim bewahrt,
Der starke Simson 140 büßte ein
Dadurch die Haar' und Augen sein.
Es ward auch ebenso verraten
Der Seher Amphiaraus mit Schaden.
Die Schrift schon sagt, daß man den Frauen
Nicht Heimlichkeit soll anvertrauen;
Wer Heimliches nicht kann verschweigen,
Wer Blendwerk ausübt und dergleichen
Und krümmt die Lippen wie ein Tor,
Bei dem seh' sich der Weise vor!
Gar mancher rühmt sich großer Sache,
Wo er des Nachts auf Buhlschaft wache,
Will man sein Wort dann recht ergründen,
Wird man ihn auf dem Mist oft finden;
Daraus gar oft ersieht man auch
Und merket, wo er atzt den Gauch. 141
Willst du, daß ich etwas nicht sage,
So schweig, weil solches leicht ich trage;
Kannst du nicht Heimlichkeit bewahren,
Die du mir mußtest offenbaren,
Was forderst Schweigen du von mir,
Da du's nicht halten kannst bei dir?
Hätt' Ahab nicht der Jezabel
Vertrauet sein Geheimnis schnell,
Hätt' er verschwiegen Naboths Wort,
Es wär' geschehen nicht ein Mord.
Wer etwas will im Herzen tragen,
Der hüte sich, es auszusagen,
Dann ist er sicher, daß man nicht
Es inne wird und davon spricht.
Jesajas sprach: »Nicht allgemein,
Nein, mein soll das Geheimnis sein!«
Wer durch keyn ander vrsach me
Dann durch gůts willen grifft zůr ee
Der hat vil zancks / leyd / hader / we /
Wer nicht aus anderm Grunde je
Denn Gutes willen schritt zur Eh',
Der hat viel Zank, Leid, Hader, Weh.
LII.
Wibē durch gutz willē
Wer schlüfft jnn esel / vmb das schmær
Der ist vernunfft / vnd wißheyt lær
Das er eyn alt wib nymbt zůr ee
Eyn gůtten tag / vnd keynen me
Er hatt ouch wenig freüd dar von
Keyn frůcht mag jm dar vß entston
Vnd hatt ouch nyemer gůtten tagk
Dann so er sicht den pfening sagk
Der gatt jm ouch dick vmb die oren
Durch den er worden ist zům doren
Dar vß entspringt ouch offt vnd dick
Das dar zů schlecht gar wenig glück
So man das gůt alleyn betracht
Vff ere / vnd frümkeyt / gar nit acht
So hatt man sich dann vber wibt
Keyn fryd noch früntschafft me do blibt
Lichter wer eym syn / jnn der wűst
Dann das er langzyt / wonen műst
By eym zorn / wæhen / bœsen wib
Dann sie dœrtt bald des mannes lib /
Worlich zů truwen ist dem nůt
Welcher vmb gelt syn jugent gytt
Sidt das jm smeckt des schmæres rouch
Er durst den esel schinden ouch
Vnd wann es langzyt vmbhar gat
So fyndt er nüt dann myst vnd kat
Vil stellent Achabs dochter noch
Vnd fallent jnn syn sünd vnd roch /
Der tufel Asmodeus hat
Vil gwalt yetz jnn dem eelichen stat /
Es sindt gar wenig Boos me
Die Ruth begeren zů der ee
Des fyndt man nüt dann ach vnd we
Vnd criminor te / kratznor a te
52.
Freien um Gutes willen
Wer in den Esel kriecht um Schmer, 142
Ist an Vernunft und Weisheit leer;
Einen guten Tag und keinen meh'
Hat, wer ein alt Weib nimmt zur Eh',
Er wird auch wenig Freude sehn,
Weil keine Kinder ihm erstehn,
Und hat auch nie einen guten Tag,
Außer er sieht den Pfennigsack,
Und der klingt nur ihm um die Ohren,
Durch den er worden ist zum Toren.
Daher denn oftmals es geschehn,
Daß wenig Glück dabei zu sehn,
Zieht man das Gut nur in Betracht
Und läßt Rechtschaffenheit ohn' Acht.
Hat man sich übel dann beweibt,
Nicht Freud' noch Freundschaft fürder bleibt.
Man wär' wohl lieber in der Wüste,
Als daß man lange wohnen müßte
Bei einem zornigbösen Weib,
Die mit Geld betört des Mannes Leib.
Dem möge trauen, wem's beliebt,
Wer um das Geld die Jugend gibt!
Weil schön ihm riecht des Fettes Rauch,
Würd' er den Esel schinden auch.
Wenn auch viel Zeit vergangen ist,
Find't er doch nichts als Kot und Mist.
Viel stellen Ahabs Tochter nach,
Und fall'n wie er in Sünd' und Schmach.
Der Teufel Asmodeus fand
Viel Macht jetzt in der Ehe Stand.
Doch selten ist ein Boas jetzt,
Der eine Ruth begehrt und schätzt,
Drum hört man nichts als Ach und Weh
Und »criminor te!« »kratznor a te!« 143
Vergunst vnd haß / witt vmbhar gat
Man fyndt groß nyd / jn allem stat
Der nythart / der ist noch nit dot
Mißgunst und Haß füllt alle Land',
Man findet Neid in jedem Stand:
Den Neidhart deckt noch nicht der Sand.
LIII.
Von nyd vnd has
Vindtschafft vnd nyd / macht narren vil
Von den ich ouch hye sagen will /
Der doch entspringt alleyn dar von
Das du vergünst mir das ich han
Vnd du dir hettest gern das myn
Oder mir sunst nit hold magst syn /
Es ist nyd / eyn so tœtlich wundt
Die nyemer me würt recht gesundt
Vnd hat die eygenschafft an jr
Wann sie jr ettwas gantz setzt für
So hat keyn růw sy / tag noch nacht
Biß sie jr anschlag hat volbracht
So lieb ist jr keyn schloff noch freyd
Das sie vergeß jrs hertzen leyd
Dar vmb hat sie eyn bleichen mundt
Dürr / mager / sie ist wie eyn hundt
Ir ougen rott / vnd sicht nyeman
Mitt gantzen vollen ougen an
Das wart an Saul mit Dauid schyn
Vnd Joseph mit den brűdern syn /
Nyd lacht nit / dann so vndergat
Das schiff / das sie ertrencket hat
Vnd wann nyd kyfflet / nagt / langzyt
So isßt sie sich / sunst anders nüt
Wie Ethna sich verzert alleyn
Des wart Aglauros zů eym steyn
Was gyfft hab jn jm / nyd vnd haß
Das spűrt man zwyschen brűdern basß
Als Cayn / Esau / Thyestes /
Jacobs sűn / vnd Ethyocles
Die trůgen grœsseren nyd jn jnn
Dann weren sie nit brűder gsyn
Dann das geblűt würt so entzündt
Das es vil me dann frœmbdes bryndt
53.
Von Neid und Haß
Feindschaft und Neid macht Narren viel,
Von denen ich hier reden will.
Der Neid den Ursprung daher nimmt:
Du mißgönnst das, was mir bestimmt,
Und hättest gerne selbst, was mein,
Oder kannst sonst nicht hold mir sein.
Der Neid ist solche Todeswund',
Die nimmermehr wird recht gesund;
Er hat die Eigenschaft bekommen,
Wenn er sich etwas vorgenommen,
So hat nicht Ruh' er Tag und Nacht,
Bis er den Anschlag hat vollbracht.
So lieb ist ihm nicht Schlaf noch Freud',
Daß er vergäß' sein Herzeleid;
Drum hat er einen bleichen Mund,
Ist dürr und mager wie ein Hund,
Die Augen rot, und niemand kann
Mit vollem Blick er sehen an.
Das ward an Saul mit David klar,
An Josephs Brüdern offenbar.
Neid lacht nur, wenn versinkt das Schiff,
Das er gesteuert selbst ans Riff;
Und nagt und beißt der Neid recht sehr,
Frißt er nur sich und sonst nichts mehr,
Wie Ätna sich verzehrt allein.
Drum ward Aglaurus auch zum Stein.
Welch Gift trägt in sich Neid und Haß,
Das spürt man zwischen Brüdern baß;
Das zeigen Kain und Esau, nicht minder
Thyest 144, Eteokles 145, Jacobs Kinder;
Die waren von größerm Neid entbrannt,
Als hätten sie nicht sich Brüder genannt:
Entzündet sich verwandt Geblüt,
Dann es viel mehr als fremdes glüht.
Wem sackpfiffen freüd / kurtzwil gytt
Vnd acht der harpff / vnd luten nytt
Der ghœrt wol vff den narren schlytt
Wem Sackpfeifen Freude macht,
Daß Harf' und Laut' er drob verlacht,
Wird auf den Narrenschlitten gebracht.
LIV.
Von vngedult der straff
Eyn gwisses zeichen der narrheyt
Ist / das eyn narr nyemer vertreyt
Noch mit gedult gelyden mag
Das man von wysen dingen sag
Eyn wyser gern von wißheyt hœrt
Do durch syn wißheit wurt gemert
Eyn sackpfiff ist des narren spil
Der harppfen achtet er nit vil
Keyn gůt dem narren jn der welt
Baß dann syn kolb / vnd pfiff gefelt
Kum loßt sich stroffen der verkert
Narren zal ist on end gemert /
O narr gedenck zů aller fryst
Das du eyn mensch / vnd tœtlich bist
Vnd nüt dann leym / æsch / erd / vnd myst
Vnd vnder aller creatur
So hat vernunfft jn der natur
Bist du das mynst / vnd eyn byschlack
Eyn abschum / vnd eyn trůsensack
Was überhebst dich dins gewalt /
Dyns adels / richtům / jugent / gestalt /
Sydt als das vnder der sunnen ist
Vnnütz ist / vnd dem wißheyt gbrist /
Wæger das dich eyn wyser stroff
Dann dich anlach eyn narrecht schof
Dann wie eyn brennend dystel kracht
Als ist eyn narr ouch wenn er lacht /
Sellig der mensch der jn jm hat
Allzyt eyn schrecken / wo er gat
Der wysen hertz / truren betracht
Eyn narr alleyn vff pfiffen acht
Man sing vnd sag / man flœh vnd bitt /
Ab syn elff ougen kumbt er nit
Vmb keyn stroff / ler / er ettwas gitt
54.
Tadel nicht dulden wollen
Daß Narrheit sich im Herzen regt,
Zeigt dies: ein Narr es nie erträgt
Noch mit Geduld es hören kann,
Spricht über weise Dingen man.
Ein Weiser gern von Weisheit hört,
Wodurch ihm Weisheit wird gemehrt.
Die Sackpfeif' ist des Narren Spiel,
Der Harfen achtet er nicht viel.
Kein Gut dem Narren in der Welt
Mehr als ein Kolb' und Pfeif' gefällt.
Kaum läßt sich tadeln, wer verkehrt;
Der Narren Zahl ohn' End' sich mehrt.
O Narr, bedenk' zu aller Frist,
Daß du ein Mensch und sterblich bist.
Und nichts als Lehm, Asch', Erd' und Mist.
Denn unter aller Kreatur,
Die hat Vernunft in der Natur,
Bist die geringste du, ein Schaum,
Ein Hefensack 146 und Bastard kaum.
Was rühmst du doch an dir Gewalt
Und Adel, Jugend, Geld, Gestalt,
Da alles unter der Sonne ist
Unnütz, wenn Weisheit ihm gebrist.
Besser, daß dich ein Weiser straf',
Als daß dich anlach' ein närrisch Schaf.
Denn wie eine brennende Distel kracht,
So bleibt er Narr auch, wenn er lacht.
Drum selig der Mensch, der in sich hat
Die Furcht des Herrn an jeder Statt.
Des Weisen Herz auch Trauer betrachtet,
Ein Narr allein auf Pfeifen achtet.
Man sing' und sag' mit Bitten und Flehn,
Er solle von seinen elf Augen abgehn: 147
Er wird nicht Lehre noch Tadel verstehn.
Wer artzeny sich nyemet an
Vnd doch keyn presten heylen kan
Der ist eyn gůtter gouckelman
Wer sich des Arzeneins nimmt an
Und doch kein Siechtum heilen kann,
Der ist ein guter Gaukelmann.
LV.
Von narrechter artzny
Der gat wol heyn mit andern narrn
Wer eym dottkrancken bsycht den harrn
Vnd spricht / wart / biß ich dir verkünd
Was ich jn mynen bűchern fynd
Die wile er gat zůn bűchern heym
So fert der siech gœn dottenheym /
Vil nemen artzeny sich an
Der dheyner ettwas do mit kan
Dann was das krüter bűchlin lert
Oder von altten wybern hœrt
Die hant eyn kunst / die ist so gůt
Das sie all presten heylen důt
Vnd darff keyn vnderscheyt me han
Vnder jung / allt / kynd / frowen / man /
Oder füht / trucken / heiß / vnd kalt /
Eyn krut das hat solch krafft / vnd gwalt
Glych wie die salb jm Alabaster
Dar vß die scherer all jr plaster
Machent / all wunden heylen mit
Es sygen gswær / stich / brüch / vnd schnyt
Her Cucule verloßt sye nit /
Wer heylen will mit eym vngent
All trieffend ougen / rott / verblent /
Purgyeren will on wasserglaß
Der ist eyn artzt als Zůhsta was /
Dem glych / ist wol eyn Aduocat
Der jnn keynr sach kan geben ratt /
Eyn bichtvatter ist wol des glych
Der nit kan vnder richten sich
Was vnder yeder maletzy
Vnd gschlecht der sünden / mittels sy
Io on vernunfft / gat vmb den bry /
Durch narren mancher würt verfůrt
Der ee verdürbt / dann er das spűrt /
55.
Von törichter Heilkunde
Der geht wohl heim mit andern Narrn,
Wer dem Todkranken beschaut den Harn
Und spricht: »Wart, bis ich dir verkünde,
Was ich in meinen Büchern finde!«
Dieweil er geht zu den Büchern heim,
Fährt der Kranke hin gen Totenheim.
Viel maßen sich der Arztkunst an,
Von denen keiner etwas kann,
Als was das Kräuterbüchlein lehrt
Und man von allen Weibern hört.
Die treiben Kunst, die ist so gut,
Daß sie all' Bresten heilen tut,
Und ist kein Unterschied dabei,
Ob jung, alt, Kind, Mann, Frau es sei,
Ob feucht, ob trocken, heiß und kalt; 148
Ein Kraut hat so Kraft und Gewalt,
Gleich wie die Salb' im Alabaster,
Daraus der Scherer macht sein Pflaster
Und alle Wunden heilt damit,
Es sei Geschwür, Stich, Bruch und Schnitt:
Herr Kukulus verläßt sie nit.
Wer zu der Heilung nur ein Unguent 149
Für Augen rot, blind, triefig kennt,
Klistieren will ohn' Wasserglas,
Der ist ein Narr, wie Zuohsta was.
Dem gleichet wohl ein Advokat,
Der in keiner Sache gibt uns Rat;
Ein Beichtvater gleicht dem sicherlich,
Der nicht kann unterrichten sich,
Wie denn bei jeder Art von Sünden
Und Übeln Mittel sei'n zu finden
Und ohne Vernunft geht um den Brei.
Gar mancher wird durch Narren verführt
Und verdirbet eher, als er es spürt.
So groß gewalt vff erd nye kam
Der nitt zů zytten / end ouch nam
Wann jm syn zyl / vnd stündlin kam
Nie Macht so groß auf Erden kam,
Die nicht zuzeiten End' auch nahm,
Wenn ihr das Ziel und Stündlein kam.
LVI.
Von end des gewalttes
Noch fyndt man narren manigfalt
Die sich verlont vff jren gwalt
Als ob er ewiklich solt ston
Der doch dűt / wie der schne zergon
Julius der keyser / was genůg
Rich / mæchtig / vnd von synnen klůg
Ee dann er mit gewalt an sich
Brocht / vnd regyert das Rœmsche rich
Do er den zepter an sich nam
Syn sorg vnd angst jm huffeht kam
Vnd was so witzig nit an rott
Er würd dar vmb erstochen dott /
Darius der hat groß / mæchtig land
Vnd wer wol blyben heym on schand
Vnd hett behaltten gůt vnd ere
Aber do er wolt sůchen mer
Vnd haben das / das syn was nitt
Verlor er ouch das syn dar mitt /
Xerxes der brocht jnn kriechen landt
So vil des volcks / als meres sandt
Das mer mit schiffen er bedeckt
Er mœcht die gantz welt han erschreckt
Aber was wart jm me dar von
Er greiff Athenas grüslich an
Glich wie der lœw / angrifft eyn hůn
Vnd floch doch als die hasen thůn /
Der künig Nabuchodonosor
Do jm zů fyel me glück dann vor
Vnd er Arfaxat vber wandt
Meynt er erst haben alle landt
Vnd setzt eyn gœtlich gwalt jm für
Wart doch verwandelt jn eyn thyer
Der mœcht ich wol erzalen me
Inn altter / vnd jn nuwer ee
Aber es dunckt mich nit syn nott
Gar wenig sint jn růwen dott
Oder die stürben an jrm bett
Die man nit sunst erdœttet hett /
Har by mercken jr gwaltigen all
Ir sitzen zwor jn glückes fall
Sindt witzig / vnd trachtend das end
Das gott das radt / üch nit vmb wend
Vœrchten den herren / dyenent jm
Wo uch syn zorn ergryfft / vnd grym
Der kurtzlich wurt entflâmen ser
Würt üwer gwalt nit blyben mer
Vnd werden jr / mit jm zergan
Ixion blibt syn rad nit stan
Dann es loufft vmb / von wynden kleyn
Sellig / wer hofft jnn gott alleyn /
Er fellt / vnd blibt nit jn der hœh
Der steyn / den waltzt mit sorg vnd we
Den berg vff / Sisyphus der tor
Glügk vnd gwalt / wert nit lange jor /
Dann noch der altten spruch vnd sag
Vnglück vnd hor / das wechßt all tag /
Der vnrecht gwalt / nymbt gruntlich ab
Als Iezabel zeygt / vnd Achab /
Ob schon eyn herr sunst hatt keyn vynd
Můß er besorgen doch syn gsynd
Vnd vnderwil syn næhsten fründ /
Die bringen jnn vmb syn gewalt
Zambry sins herren rich noch stalt
Vnd dett an jm mort vnd dotschlag
Vnd wart eyn herr vff syben tag /
Alexander all welt bezwangk
Eyn dyener dott jn / mitt eym tranck /
Darius entrann / vnd was on nott /
Bessus syn dyener stach jn dott /
Also der gwalt sich enden důt
Cyrus der tranck syn eygen blůt /
Keyn gwalt vff erd / so hoch ye kam
Der nit eyn end mitt truren nam
Nye keyner hatt so mæchtig fründ
Der jm eyn tag verheyssen künd
Vnd sicher wer eyn ougenblick
Das er solt han gewalt / vnd glück
Was die welt acht vffs aller best
Das würt verbyttert doch zů lest
Wer vberhebt sich das er stand
Der lůg vnd schlypff nit vff dem sand
Das jm nit werd schad / spott / vñ schâd /
Groß narrheyt ist vmb grossen gwalt
Dann man jn seltten langzyt bhalt
So ich durch sůch all rich do hær
Assyrien / Meden / Persyer /
Macedonū / vnd kriechen landt
Carthago / vnd der Rœmer standt
So hatt es als gehan sin zyl
Das rœmsch rich blibt so lang got will /
Got hat jm gsetzt syn zytt / vnd moß
Der geb / das es noch werd so groß
Das jm all erd sy vnderthon
Als es von recht / vnd gsatz solt han
56.
Vom Ende der Gewalt
Man findet Narren mannigfalt,
Die sich verlassen auf Gewalt,
Als ob sie ewig sollte stehn,
Die doch wie Schnee pflegt zu zergehn.
Der Kaiser Julius war genug
Wohl reich und stark, an Sinnen klug,
Ehe er mit Gewalt gebracht
An sich der Römer Reich und Macht.
Als er das Szepter an sich nahm,
Ihm Sorg' und Angst in Haufen kam;
Da war er nicht an Rat so klug:
Denn bald darob man tot ihn schlug.
Darius hatte reiches Land
Und konnte bleiben ohn' Schand'
Und hätt' behalten Gut und Ehr';
Doch weil er wollte suchen mehr
Und haben das, was sein nicht war,
Verlor er auch das seine gar.
Und Xerxes bracht' nach Griechenland
Des Volks soviel wie Meeressand,
Das Meer mit Schiffen er bedeckte,
Daß er die ganze Welt erschreckte.
Und doch, was war's, das er gewann?
Er griff Athen so schrecklich an,
Wie sonst der Löwe packt ein Huhn
Und – floh doch, wie die Hasen tun.
Als König Nabuchdonosor 150
Mehr Glück zufiel als je zuvor
Und er Arphaxad überwand,
Wollt' er erst haben alle Land!
Er trachtete nach Gottes Macht
Und ward zum Tiere über Nacht.
Gar leicht ich euch noch viele nennte
Im Alten und Neuen Testamente,
Aber es dünkt mich das nicht not.
Gar wenig sind in Ruhe tot
Und sterben auf dem eignen Bette,
Die man sonst nicht getötet hätte.
Ihr Mächtigen das merken wollt,
Jetzt ist euch zwar das Glück noch hold,
Seid weise und bedenkt das Ende,
Daß Gott das Rad euch nicht umwende!
Fürchtet den Herrn und dienet ihm!
Wenn euch sein Zorn ergreift und Grimm,
Der bald sich wird entflammen sehr,
Wird eure Macht nicht bleiben mehr.
Sie wird vielmehr mit euch vergehn;
Ixions Rad 151 bleibt nimmer stehn,
Denn es läuft um von Winden klein,
Drum selig, wer hofft auf Gott allein!
Es fällt und bleibt nicht in der Höhe
Der Stein, den wälzt mit Sorg' und Wehe
Den Berg auf Sisyphus, 152 der Narr.
Glück und Gewalt währt nicht viel Jahr',
Denn nach der Alten Spruch und Sage
Wächst Haar und Unglück alle Tage.
Unrechte Macht nimmt gründlich ab,
Das zeigt mit Jezabel Ahab,
Und hat ein Herr sonst keinen Feind,
So muß er fürchten sein Gesind
Und die ihm nächste Freunde sind.
Die bringen ihn um seine Macht;
So hat des Herren Reich gebracht
An sich Simri durch Mord und Schlag
Und ward ein Herr auf sieben Tag'.
Held Alexander die Welt bezwang:
Er starb durch eines Dieners Trank.
Darius floh erst ohne Not:
Sein Diener Bessos stach ihn tot.
So endet Macht und stolzer Mut,
Daß Cyrus trank sein eigen Blut.
Auf Erden Macht so hoch nie kam,
Die nicht ein End' mit Schrecken nahm.
Der Freunde Stärke keinem Mann
Noch jemals einen einen Tag gewann.
Wer ist sicher einen Augenblick,
Daß er sollt' haben Macht und Glück?
Denn was die Welt aufs Höchste schätzt,
Das wird verbittert doch zuletzt;
Und wer sich stolz erhob und stand,
Der schau und gleit nicht auf den Sand,
Daß ihm nicht werde Spott und Schand'.
So ist es närrisch um Macht bestellt,
Da man sie selten lange behält!
Und wo ich beschaue die Reiche bisher:
Assyrien, Persien und andre mehr,
Mazedonien, Medien, Griechenland,
Karthago und der Römer Stand,
So haben sie all gehabt ihr Ziel.
Das römische Reich 153 bleibt, so Gott will;
Der hat gesetzt ihm Maß und Zeit,
Der geb', es werd' so groß und weit,
Daß ihm sein untertan all Land',
Wie es nach Fug und Recht bewandt!