Wer nit jm summer gabeln kan
Der můß jm wynter mangel han
Den berendantz dick sehen an
|
Du mußt im Sommer die Gabel drehn,
238
Willst du im Winter nicht hungrig gehn
Und oft den Bären tanzen
239 sehn.
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LXX.
Nit fursehen by zyt
Man fyndt gar manch nochgültig mensch
Das ist so gar eyn wættertrentsch
Das es sich nyenan schicken kan
Zů allem das es vohet an /
Keyn ding by zytten er bestelt
Nüt über næchtigs er behelt
Dann das er sunst so hynlæsß ist
Das er nit gdenckt was jm gebryst
Vnd was er haben műß zůr nott
Dann so es an eyn treffen gatt
Nit witter gdenckt er / vff all stundt
Dann von der nasen / biß jnn mundt
Wer jn dem summer samelen kan
Das er den wynter mœg bestan
Den nenn ich wol eyn wisen sůn
Vnd wer jm summer nüt wil důn
Dann schloffen allzyt an der sunnen
Der műß han gůt / das vor ist gewunnen
Oder műß durch den wynter sich
Behelffen ettwan schlæhteklich
Vnd an dem dopen sugen hert
Biß er des hungers sich erwert /
Wer nit jm summer machet hew
Der loufft jm wynter mit geschrey
Vnd hat zů samen gbunden seyl
Rűffend / das man jm hew geb feyl /
Der træg jm wynter vngern ert
Im summer / bættlens er sich nert
Vnd műß lyden manch übel zyt
Vnd heyscht vil / wenig man jm gytt /
Ler narr / vnd würd der omeyß glich
In gůter zyt versorg du dich
Das du nit műssest mangel han
Wann ander lüt zů freüden gan
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70.
Nicht beizeiten vorsorgen
Man findet hier gar manchen Toren,
Der ist ins Trödeln so verloren,
Daß er nie das Rechte findt
Bei allem, was er auch beginnt.
Kein Ding beizeiten er bestellt,
Nichts über Nacht hin er behält,
Als daß er so gleichgültig ist
Und nicht bedenkt, was ihm gebrist,
Und was er haben muß zur Not.
Selbst wenn ihm diese es gebot,
Denkt er nicht weiter alle Stund'
Als von der Nase bis zum Mund.
Nur wer im Sommer trachtet mit Fleiß,
Daß er im Winter zu leben weiß,
Den nenn' ich einen weisen Mann.
Doch wer im Sommer ruhen kann
Und schlafen allzeit an der Sonnen,
Muß haben Güter schon gewonnen,
Oder muß durch den Winter sich
Behelfen schlecht und kümmerlich,
Muß an den eignen Fingern nagen
Und harten Hunger oftmals tragen.
Wer nicht im Sommer machet Heu,
Der läuft im Winter mit Geschrei,
Hat wohl zusammengebunden das Seil
Und ruft, daß man ihm Heu geb' feil.
Der Träge im Winter ungern pflügt,
Im Sommer er am Bettel liegt
Und muß manch böse Zeit ertragen,
Viel heischen, wenig nur erjagen.
Schau', Narr, die Ems'
240 am frühen Morgen!
Lern dich bei guter Zeit versorgen,
Daß du nicht müssest Mangel leiden!
Wenn andre Freude sich bereiten!
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Gar dick der hæchlen / er entpfyndt
Wer stætes zancket / wie eyn kyndt
Vnd meynt die worheyt machen blyndt
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Den sticht die Hechel oft nicht lind,
Wer immer streitet wie ein Kind
Und machen will die Wahrheit blind.
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LXXI.
Zanckē vnd zu gericht gō
Von den narren will ich ouch sagen
Die jnn eynr yeden sach went tagen
Vnd nüt mit lieb lont kumen ab
Do man nit vor / eyn zanck vmb hab
Do mit die sach sich lang verzyech
Vnd man der gerechtikeyt entfliech
Lont sie sich bitten / triben / manen
Echten / verlüten / vnd verbannen /
Verlossend sich / das sie das recht
Wol bűgen / das es nit blib schlecht
Als ob es wer eyn wæchsin naß
Nit denckend / das sy sint der has
Der jnn der schriber pfeffer kunt
Der vogt / gwalthaber / vnd fürmundt
Vnd aduocat / můß zů sym disch
Dar von ouch han eyn schlægle visch
Die künnent dann die sach wol breyten
Vnd jr garn noch dem wilttbræt spreytē
Das vß eym sæchle / wurt eyn sach
Vnd vß eym rünsly / werd eyn bach
Man můß yetz kœstlich redner dyngen
Vnd sie von verren landen bringen
Das sie die sachen wol verklűgen
Vnd mit geschwætz / eyn richter btrűgen
So můß man dann vil tag anstellen
Do mit der tagsolt mœg vff schwællen
Vnd werd verritten / vnd verzert
Me / dann der houbtsach zů gehœrt
Mancher verzert jn petterle me
Dann jm vß synem tag entstee /
Noch meynt er worheyt also blenden
So er die sach nit bald loßt enden /
Ich woltt wem wol mit zancken wær
Das er am ars hett hæchlen schwær
|
71.
Streiten und vor
Gericht gehn
Von solchen Narrn will ich auch sagen,
Die in jeder Sache wollen tagen.
241
Sie mögen sich nicht im Guten vergleichen
Und wollen nie einem Streit ausweichen;
Damit die Sache lang sich ziehe,
Man der Gerechtigkeit entfliehe,
Lassen sie bitten sich, mahnen, treiben,
Ausläuten,
242 verbannen, Achtbrief
schreiben,
Versteifen sich, daß sie das Recht
Wohl biegen, daß es nicht bleib' schlecht,
243
Als wär' es eine wächserne Nase.
Sie denken nicht, daß sie der Hase,
Der in der Schreiber Pfeffer schwimmt.
Vogt, Advokat, wer sonst noch stimmt
Und hat Gewalt, will auf dem Tisch
Auch haben einen Zuber Fisch.
Die können dann die Sache breiten,
Ihr Garn wohl nach dem Wildbret spreiten,
So daß ein Sächlein wird zur Sache,
Ein kleines Rünselein zum Bache.
Man muß jetzt teure Redner dingen
Und sie von fernen Landen bringen,
Daß sie die Sache wohl verklügen
244
Und mit Geschwätz die Richter trügen.
Dann muß man viele Tag' anstellen,
Damit der Tagsold mög' anschwellen
Und wird verritten und verzehrt,
Mehr als die Sache selbst ist wert.
In Petterle
245 zehrt mancher mehr,
Als ihm die Tagfahrt bringt nachher,
Und meint die Wahrheit doch zu blenden,
Wenn er die Sach' nicht bald läßt enden.
Ich wollt', wem wohl mit streiten wär',
Daß der am Arsch trüg' Hecheln schwer.
|
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Wűst / schamper wort / anreytzung gytt
Vnd stœrt gar offt die gůten syt /
So man zů vast die suwglock schütt
|
Wüst, schandbar Wort oft Sünde schürt,
Und oft zu schlechter Sitt' es führt,
Wenn man zu fest die Sauglock'
246 rührt.
|
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LXXII.
Von groben narren
Eyn nuwer heylig heisßt Grobian
Den will yetz fyren yederman
Vnd eren jnn / an allem ort
Mit schæntlich wűst werck / wis / vnd wort
Vnd went das zyehen jnn eyn schympf
Wie wol der gürtel hat kleyn glympf
Her Glympfyus ist leyder dot
Der narr die suw byn oren hat
Schütt sie / das jr die suwglock klyng
Vnd sie den voringer jm syng
Die suw hat yetz alleyn den dantz
Sie halt das narrenschiff bym schwantz
Das es nit vndergang von schwær
Das doch groß schad vff erden wær
Dann wo narren nit drüncken wyn
Er gyltt yetz kum eyn œrtelyn
Aber die suw macht yetz vil jungen
Die wűst rott / hat wißheyt vertrungen
Vnd laßt sie nyeman zů dem brett
Die suw alleyn die kron vff hett
Wer wol die suwglock lüten kan
Der műß yetz syn do vornan dran
Wer yetz kan tryben sollich werck
Als treib der pfaff vom kalenbergk
Oder münch Eylsam mit sym bart
Der meynt er tűg eyn gůte fart
Mancher der tribt solch wis / vnd wort
Wann die horestes sæh / vnd hort
Der doch was aller synnen on /
Er sprech es hetts keyn synniger gton /
Sufer jns dorff / ist worden blyndt
Das schafft das buren druncken syndt
Herr Ellerkůntz den vordantz hat
Mit wűst genůg / vnd seltten satt
Eyn yeder narr will suw werck triben
Das man jm loß die büchsen bliben
Die man vmbfűrt mit esels schmer
Die esels büchs würt seltten ler
Wie wol eyn yeder dryn will griffen
Vnd do mit schmyeren syn sackpfiffen
Die grobheyt ist yetz kumen vß
Vnd wont gar noh / jnn yedem huß
Das man nit vil vernunfft me tribt
Was man yetz redet / oder schribt
Das ist als vß der büchsen genomen
Vor vß / wann prasser zamen kumen
So hebt die suw die metten an
Die prymzyt / ist jm esel thon
Die tertz ist von sant Grobian /
Hůtmacher knecht / syngen die sext
Von groben fyltzen ist der text /
Die wűst rott sytzet jnn der non
Schlemmer vnd demmer dar zů gon /
Dar noch die suw zůr vesper klingt
Vnflot / vnd schamperyon / dann syngt
Dann würt sich machen die complet
Wann man / all vol / gesungen hett
Das eselschmaltz vnműssig ist
Mit bergemschmær ist es vermyscht
Das stricht eyn gsell dem andern an
Den er will jn der gsellschafft han
Der wűst wil sin / vnd das nit kan
Man schont nit gott / noch erberkeyt
Von allem wűstem ding man seyt
Wer kan der aller schampperst syn
Dem büttet man eyn glaß mit wyn
Vnd lacht syn / das das huß erwag
Man bitt jnn / das er noch eyns sag
Man spricht das ist / eyn gůtter schwanck
Do mit würt vns die wyle nit langk
Eyn narr / den andern schryget an
Biß gůt gesell / vnd frœlich man
Fety gran schyer / e belli schyer
Was freüd vff erden hant sunst wir
Wann wir nit gůt gesellen sygen
Lont vns syn frœlich / prassen / schrygen
Wir hant noch kleyn zyt hie vff erd
Das vns das selb zů lieb doch werd
Dann wer mit dot abstirbt / der lyt
Vnd hatt dar noch keyn frœlich zyt
Wir hant von keym noch nye vernomē
Der von der hell syg wider kumen
Der vns doch seyt / wie es do stünd
Gůt gsellschafft triben / ist nit sünd
Die pfaffen reden was sie went
Vnd das sie diß / vnd jhens geschend
Wer es so sünd / alls sie vns schriben
Sie dætten es nit selber triben
Wann nit der pfaff vom tüfel seitt
Der hirt von wolfen klagt syn leitt
So hetten sie beid nüt dar von
Mit solcher red / narren vmb gon
Vnd důnt mit jrer groben rott
All welt geschenden / vnd ouch gott
Doch werden sie zů letst zů spott
|
72.
Von groben Narren
Grobian
247 ein neuer Heiliger ist,
Den feiert jeder zu dieser Frist
Und ehret ihn an jedem Orte
Mit schändlich wüstem Werk und Worte,
Und will das ziehn zu einem Schimpf,
248
Wiewohl der Gürtel hat wenig Glimpf.
249
Herr Anstand ist tot für die Welt:
Der Narr die Sau bei den Ohren hält
Und schüttelt sie, daß die Sauglock' klingt
Und sie den Moringer
250 ihm singt.
Die Sau hat jetzt allein den Tanz,
Sie hält das Narrenschiff am Schwanz,
Daß es nicht untergeh' vor Schwere,
Was schade doch auf Erden wäre.
Denn wo die Narren nicht trinken Wein,
Gilt er jetzt kaum ein Örtelein;
251
Aber die Sau jetzt viel Junge bringt,
Der Pöbel hat die Weisen verdrängt
Und läßt niemand beim Brettspiel sein,
Die Krone trägt die Sau allein;
Wer fest die Sauglock' läuten kann,
Der muß jetzt immer sein vornan.
Wer kann jetzt treiben solches Werk,
Wie einst der Pfaff' von Kahlenberg,
252
Oder Mönch Eilsam
253 mit seinem Bart,
Der meint, er tu' eine gute Fahrt.
Von manchem ist Wort und Tat' geschehn,
Wenn das Orestes gehört und gesehn,
Der doch der Sinne war beraubt,
Er hätt' es von keinem Verständ'gen geglaubt.
Sauberinsdorf
254 ist worden blind,
Das macht, die Bauern jetzt trunken sind.
Herr Ellerkunz
255 den Vortanz hat
Mit Wüstgenug und Seltensatt.
Ein jeder Narr will Sauwerk treiben,
Daß ihm die Büchse möge bleiben,
Die man umträgt mit Eselsschmer.
Die Eselsbüchse wird selten leer,
Wiewohl ein jeder drein will greifen
Und damit schmieren seine Pfeifen.
256
Die Grobheit ist jetzt kommen aus,
Und wohnt beinah in jedem Haus,
Daß man nicht viel Vernunft mehr treibt.
Was man jetzt redet oder schreibt,
Das ist aus dieser Buchs entnommen.
Zumal wenn Prasser zusammenkommen,
Dann hebt die Sau die Mette an:
Die Prim'
257 erschallt im Eselton,
Die Terz ist von Sankt Grobian,
Hutmacherknecht
258 singt dann die Sext,
Von groben Filzen ist der Text;
Die wüste Rott' sitzt in der Non',
Die schlemmt und praßt aus vollem Ton,
Darnach die Sau zur Vesper klingt,
Schandbare Wort und Unflat singt,
Bis die Complet den Anfang nimmt,
In der man »All sind voll!« anstimmt.
Das Eselsschmalz ist ohne Ruh,
Mit Schweinefett vermischt dazu;
Das streichet einer dem andern an,
Den er möcht' haben zum Kumpan,
Der wüst will sein und es nicht kann.
Man schont nicht Gott noch Ehrbarkeit,
Vom Wüstesten weiß man Bescheid;
Wer kann der Allerschlimmste sein,
Dem bietet man ein Glas mit Wein.
Das Haus erdröhnt, man lacht und johlt
Und bittet, daß er's wiederholt.
Man ruft: »Das ist ein guter Schwank,
Dabei wird uns die Zeit nicht lang!«
Ein Narr den andern schreiet an:
»Du guter Gesell! Du lustiger Mann!
Feti gran schier, e belli schier!
259
Welch' Erdenfreud' sonst haben wir
Als bei so guten Gesellen sein?
Drum laßt uns fröhlich prassen und schrein!
Uns bleibt nur wenig Zeit auf Erden,
Die möge uns vergnügt noch werden;
Denn wer einst Todes stirbt, liegt so
Und ist zu keiner Zeit mehr froh!
Wir haben von keinem je vernommen,
Der von der Hölle sei wiederkommen
Und uns nun sagte, wie's da stünde!
Ist Geselligkeit pflegen denn wohl Sünde?
Laß Pfaffen schwätzen ohne Ende!
Ja, daß sie dies und jenes schände!
Wär' es so sündig, wie sie schreiben,
Sie täten es nicht selber treiben!
Wenn nicht der Pfaff' vom Teufel sagte,
Der Hirt vom Wolf sein Leiden klagte,
Wo bliebe denn dann ihr Gewinn?
Das ist der Toren Wort und Sinn,
Die leben mit der groben Rott',
Der Welt zur Schande und auch Gott,
Doch werden sie zuletzt zum Spott!
|
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Mancher der steltt noch geistlicheyt
Der an důt pfaffen / klosterkleyt
Den es berüwt / vnd würt jm leyt
|
Mancher trachtet nach Geistlichkeit,
Nach Pfaffen- und nach Klosterkleid,
Dann reut es ihn und wird ihm leid.
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LXXIII.
Von geystlich werdē
Noch hat man anders yetz gelert
Das ouch jnns narrenschiff gehœrt
Des důt sich bruchen yederman
Jeder buwr / will eyn pfaffen han
Der sich mit műssig gan erner
On arbeit leb / vnd syg eyn her
Nit das er das tűg von andacht
Oder vff selen heil hab acht
Sunder das er mœg han eyn herren
Der all syn gschwister mœg erneren /
Vnd loßt jn wenig dar zů leren /
Man spricht / er mag licht dar zů künnen
Er darff noch grœsser kunst nit synnen
Echt er eyn pfrůnden kan gewynnen /
Vnd wigt / priesterschafft so gering
Als ob es sy eyn lychtes ding
Des fyndt man yetz vil junger pfaffen
Die als vil künnen als die affen
Vnd nement doch selsorg vff sich
Do man kum eym vertruwt eyn vich
Wissen als vil von kyrchregyeren
Alls müllers esel kan qwintyeren
Die Byschœf die sint schuldig dran
Sie solttents nit zům orden lan
Vnd zů selsorgen vor vß nüt
Es werent dann gantz dapferlüt
Das eyner wer eyn wiser hyrt
Der nit syn schof mit jm verfűrt
Aber yetz wænen die jungen laffen
Wann sie alleyn ouch werent pfaffen
So hett jr yeder was er wolt
Es ist für war nit alles golt
Das an dem sattel ettwan glysßt
Mancher die hend dar an beschysßt
Vnd loßt sich jung zů priester wyhen
Der dann sich selb důt maledyen
Das er nit lenger gbeitet hat
Der selben mancher bættlen gat
Hett er eyn rechte pfrůnd gehan
Ee er die priesterschafft nam an /
Es wer jm dar zů kumen nitt
Vil wyht man / durch der herren bytt
Oder vff diß / vnd jhenes disch
Dar ab er doch ysßt wenig visch /
Man lehnet brief eynander ab
Do mit / das man eyn tyttel hab
Vnd wænen den bischoff betriegen
So sy mit jrm verderben lyegen
Keyn ærmer vych vff erden ist
Dann priesterschafft den narung gbrist
Sie hant sunst abzüg vberal
Bischof / Vicary / vnd Fiscal
Den læhenherrn / syn eygen fründ
Die kelleryn / vnd kleyne kynd
Die geben jm erst rechte büff
Das er kum jnn das narrenschyff
Vnd do mit aller freüd vergeß /
Ach gott / es halttet mancher meß
Do weger wer er lyeß dar von
Vnd růrt den altter nyemer an
Dann gott acht vnsers opfers nycht
Das jn sünden / mit sünden gschicht
Zů Moysi / sprach got der herr
Eyn yedes thier / das mach sich verr
Vnd rűr den heyligen berg nit an
Das es nit grosse plag műß han /
Oza der angerűret hett
Die arch / des starb er an der stett /
Chore das wyhrouch vaß růrt an /
Vnd starb / Dathan vnd Abyron /
Das gwihte fleisch schmeckt mâchē wol
Der wermt sich gern by kloster kol
Dem doch zů letst würt für vnd glůt
Verstanden lüten ist predigen gůt /
Man stosßt manch kynd yetz jn eyn ordē
Ee es ist zů eym menschen worden
Vnd es verstand / ob das jm sy
Gůt oder schad / stæckt es jm bry
Wie wol gůt gwonheit bringet vil
Ruwt es doch manches vnder wile
Die dann verflůchen all jr fründt
Die vrsach solches ordens syndt
Gar wenig yetz jnn klœster gont
In solcher ællt / das sie es verstont
Oder die durch gotts willen dar
Kumen / vnd nit mer durch jr nar
Vnd hant der geistlicheit nit acht
All ding důnt sie dann on andacht /
Vor vß jn allen œrden gantz
Do man nit halttet obseruantz
Solch kloster katzen sint gar geyl
Das schafft / man byndt sy nyt an seyl /
Doch lychter wer keyn orden han
Dann nit recht důn / eym ordens man
|
73.
Vom Geistlichwerden
Noch anderes wird jetzt gelehrt,
Das auch ins Narrenschiff gehört,
Des jedermann bedient sich gern:
Jeder Bauer will einen geistlichen Herrn,
260
Der sich mit Müßiggang ernähr',
Ohn Arbeit leb' und sei ein Herr.
Nicht, daß er dies aus Andacht wähle,
Oder aus Achtung für's Heil der Seele,
Er möchte nur einen Herrn,
Der die Geschwister kann ernährn.
Er läßt ihn wenig sehn ins Buch,
Man spricht: »Er weiß dazu genug!
Braucht nicht auf größre Kunst zu sinnen,
Kann er nur eine Pfründ' gewinnen!«
Man schätzt die Priesterschaft gering,
Als ob es sei ein leichtes Ding.
Drum gibt es jetzt viel junge Pfaffen,
Die soviel können wie die Affen,
Und Seelsorg' sieht man treiben die,
Denen man vertraute kaum ein Vieh;
Sie wissen soviel vom Kirchenregieren,
Als Müllers Esel kann quintieren.
261
Die Bischöfe sind Schuld daran,
Die sollten nehmen zum Ordensmann,
Oder für die Seelsorg' auslesen
Nur einen Mann von tücht'gem Wesen,
Damit er sei ein weiser Hirt,
Der die Schafe nicht mit sich verführt.
Aber jetzt wähnen die jungen Laffen,
Wenn sie nur auch wären Pfaffen,
So hätt' ihrer jeder, was er wollt'.
Doch ist fürwahr nicht alles Gold,
Was man am Sattel gleißen sieht,
Mancher beschmutzt die Hände damit
Und läßt sich jung zum Priester weihn
Um später sich selbst zu maledein,
Daß er nicht länger hat geharrt;
Gar mancher von ihnen Bettler ward.
Wenn er eine rechte Pfründ' gewann,
Eh' er die Priesterschaft nahm an,
Er wär' soweit gekommen nit.
262
Viel weiht man, um der Herren Bitt'
263
Oder auf dieses und jenes Tisch,
264
Davon er doch ißt wenig Fisch.
Man borget Brief'
265 einander ab,
Damit man einen Titel hab'
Und wähnt den Bischof zu betrügen,
Um ins Verderben sich zu lügen.
Kein ärmer Vieh auf Erden ist
Denn Priesterschaft, der Brot gebrist:
Sie hat Abzüg' schon überall:
Vikar, Bischof zusammt Fiskal,
Der Lehnsherr, dann die Freunde sein,
Die Wirtschaftrin, die Kinder klein,
Die geben ihm erst rechte Püff',
Daß er komm in das Narrenschiff
Und damit aller Freud' vergesse.
Ach Gott, es hält gar mancher Messe,
Dem besser wär', er dächt' nicht dran
Und rührte den Altar nicht an;
Denn Gott gedenkt des Opfers nicht,
Das sündenvoll mit Sünd' geschicht.
Einst hörte Moses Gott den Herrn:
»Ein jedes Tier, halte sich fern
Und komm dem heilgen Berg nicht nah,
Daß es nicht Plage treffe da!«
Wo angerühret Ozas Hand
Die Arche,
266 dort den Tod er fand;
Mit Dathan starb und Abyran
Korah, der's Weihrauchfaß rührt' an.
Geweihtes Fleisch
267 scheint oft nicht
teuer;
Es wärmt sich gern am Klosterfeuer,
Dem doch zuletzt wird Höllenglut.
Man predigt klugen Leuten gut!
Jetzt stößt manch Kind man in den Orden,
Eh' es ein Mensch noch ist geworden;
Eh' es versteht, ob das ihm sei
Gut oder bös, steckt es im Brei.
Wenn auch Gewohnheit viel vermag,
Reut es doch viele manchen Tag,
Die fluchen denen aller Orten,
Die Ursach' des Gelübdes worden.
Gar wenig jetzt ins Kloster gehn
Zu solcher Zeit, wo sie's verstehn;
Gar wenig kommen um Gottes Willen,
Die meisten um ihren Hunger zu stillen.
Des Standes haben sie nicht acht
Und tuen alles ohn' Andacht,
Zumeist in all den Orden ganz,
Wo man nicht hält die Observanz.
268
Solch Klosterkatzen sind gar geil,
Das macht, es bindet sie kein Seil.
Doch besser gehört keinem Orden an,
Als daß Unrecht tut ein Ordensmann.
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Mancher vil kost vff jagen leytt
Das jm doch wenig nutz vß dreyt
Wie wol er dick eyn weydspruch seyt
|
Mancher wendet viel Kosten aufs Jagen,
Das ihm doch wenig Nutzen wird tragen,
Kann er auch manchen Weidspruch sagen.
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LXXIV.
Von vnnutzem jagen
Jagen ist ouch on narrheit nit
Vil zit vertribt man on nutz mit
Wie wol es syn sol eyn kurtz wil
So darff es dannaht kostens vil
Dann leydthund / wynd / rüdē / vñ brackē
On kosten füllen nit jr backen /
Des glich hund / vogel / væderspil
Bringt als keyn nutz / vnd kostet vil
Keyn hasen / repphůn / vohet man
Es statt eyn pfundt den jæger an
Dar zů darff man vil herter zyt
Wie man jm noch louff / gang / vnd rytt
Vnd sůcht all berg / tal / wæld / vnd heck
Do man verhag / wart vnd versteck /
Mancher verscheycht me dann er jagt
Das schafft er hat nit recht gehagt /
Der ander voht eyn hasen offt
Den er hat vff dem kornmarckt koufft
Mancher der will gar freydig syn
Wogt sich an lœwen / beren / schwyn
Oder stygt sunst den gæmpsen noch
Dem würt der lon zů letsten doch /
Die buren jagen jn dem schne
Der adel hat keyn vorteyl me
Wann er dem wiltpret lang noch loufft
So hats der buwr / heymlich verkoufft /
Nembroht zům erst fing jagen an
Dann er von gott was gantz verlan /
Esau der jagt vmb das er was
Eyn sünder / vnd der gotts vergaß
Wenig jæger als humpertus
Fyndt man yetz / vnd Eustachius
Die liessen doch den jæger stodt
Sust truwten sie nit dienen gott
|
74.
Von unnützem Jagen
Auch Jagen nicht ohn' Narrheit bleibt,
Die Zeit damit man nur vertreibt,
Denn wiewohl es sein soll Scherz und Spiel,
So macht es doch der Kosten viel;
Denn Leit- und Windhund, Rüden, Bracken,
Die füllen nicht mit Luft die Backen;
Jagdvögel auch und Federspiel
Bringen wenig Nutzen und kosten viel.
Nicht Huhn noch Hasen fähet man,
Es kostet ein Pfund den Jägersmann.
Dazu braucht man viel Müh und Zeit,
Wie man ihm nachlauf', geh' und reit'
Und suche durch Berg, Tal, Wald und Hecken,
Wo man sich kann bergen, warten, verstecken.
Mancher verscheucht mehr als er jagt,
Das schafft, er hat nicht recht gehagt;
269
Ein andrer nennt einen Hasen sein,
Den kaufte er auf dem Kornmarkt ein.
Mancher will gar mutig sein,
Wagt sich an Löwen, Bären und Schwein',
Oder steigt nach den Gemsen gar,
Und sein letzter Lohn ist – große Gefahr.
Die Bauern jetzt im Schnee jagen,
Des Adels Vorzug will nichts mehr sagen:
Der kann dem Wildbret lang nachlaufen –
Der Bauer tät es heimlich verkaufen.
Nimrod, der erste Jäger, war
Von Gott verlassen offenbar;
Esau, der jagte stolzvermessen
Und hat in Sünde Gott vergessen.
Denn Jäger wie Eustachius
Und Hubert
270 lang man suchen muß,
Die meinten nicht zu dienen Gotte,
Wenn sie nicht ließen der Jäger Rotte.
|
|
Wer schyessen will / der lůg vnd triff
Dann důt er nit die rechten griff
So schüßt er / zů dem narren schiff
|
Willst schießen du, so ziel und triff'!
Denn tust du nicht den rechten Griff,
So geht der Schuß ins Narrenschiff.
|
|
LXXV.
Von bosen schutzen
Wolt es die schűtzen nit vertryessen
Ich richt ouch zů / eyn narren schyessen
Vnd macht eyn schützreyn / an dem staden
Des mancher fælt / nit on syn schaden
Dar zů synt goben ouch besteltt
Der næhst bym zyel / der selb der heltt
Zům mynst er zů verstechen kumt
Doch lůg er / vnd heb nit jnn grundt
Noch jn die hœh / sunder jnns zyl
Wann er den zwæck sunst rűren will
Vnd dűg syn anschlag nit zűr yl
Vil sint die schyessen über vß
Eym bricht der bogen / senw / vnd nuß
Der důt am anschlag manchen schlypf
Dem ist verruckt stůl oder schyppf
Dem losßt das armbrust / so ers rűrt
Das schafft der wyndfad ist geschmyert
Dem stæckt das zyl nit glich alls ee
Vnd kan syn gmerck nit haben me
Der hatt gemacht gar vil der schütz
Die jm doch sint gantz wenig nütz
Das schafft / jm würt die suw kum wol
Wann man zů letst verschyessen soll
Keyn schütz so wol sich yemer rüst
Er fynd allzyt / das jm gebrüst
Dann diß / dann jhens / do mit er hett
Eyn wœrwort / das syn glympff errett
Wann er nit hett gefælet dran
So hett er fry / die gob behan /
Vor vß / weiß ich noch schützen mer
Wann die eyn schyessen hœren verr
Do hyn von allen landen lüt
Zů ziechen vff bestymbte zitt
Die besten die man fünden kan
Der eynr die gob kum vor wolt han
Dann er all schuß / haltt an dem zwæck
Das eyner dann ist so eyn gæck
Der weist das er nüt gwynnet gar
Vnd dannacht do hyn zyehen tar
Vnd do versůchen ouch syn heil
Ich nem syn zerung / für syn teyl /
Ich will des gelts jnn doppel geschwigē
Die suw würt jm jnn ermel schrygen /
Zůr wißheyt mancher schiessen will
Vnd wenig treffen / doch das zyl
Das schafft / mâ seygt nit reht dar noch
Der haltt zů nyder / der zů hoch
Der loßt sich bringen vß dem geseyg
Dem bricht syn anschlag gantz entzwey
Der důt als Jonathas eyn schuß
Dem fert syn anschlag hynden vß
Wer wißheit eben treffen will
Der durfft / das er hett solche pfil
Der hercules hatt me dann vill
Mit den er traff alls das er gerdt
Vnd was er traff / viel dott zůr erdt /
Wer recht zůr wißheit schiessen will
Der lůg das er halt moß vnd zyl
Dann fælt er / oder hebt nit dran
So můß er mit den narren gan
Wer schyessen will / vnd fælt des reyn
Der dreit die suw jm ermel heyn
Wer jagen / stechen / schyessen will
Der hat kleyn nutz / vnd kosten vil
|
75.
Von schlechten Schützen
Wollt' es die Schützen nicht verdrießen,
Ich stellt' auch an ein Narrenschießen,
Macht' einen Schießplatz am Gestade,
Wer den verfehlte, dem wär's schade.
Dazu wär'n Preise auch bestellt:
Der Nächste beim Ziel, das wär' der Held,
Wenn ihm kein Widerpart geboten.
Drum hüt' er sich, halt' nicht zum Boden
Noch in die Höh', vielmehr aufs Ziel,
Wenn er den Zweck
271 berühren will,
Und tu den Anschlag nicht zu eilig!
Viele schießen zu hoch, sich zum Verdruß,
Dem bricht der Bogen, die Sehn' oder Nuß,
272
Der tut beim Anschlag manchen Schlipf,
273
Dem wird verrückt Stuhl oder Schipf
274
Des Armbrust geht los, wenn er sie nur rührt,
Das macht, die Sehne ist geschmiert;
Dem steckt das Ziel nicht so wie eh'r,
Den Merkpunkt findet er nicht mehr,
Der hat gemacht der Schüsse viel,
Doch sind sie alle weit vom Ziel,
So daß er nach dem letzten Schuß
Sich mit der Sau
275 bescheiden muß.
Kein Schütze auf der weiten Welt,
Der nicht stets wüßte, was ihm fehlt.
Erst dies, dann jenes, damit er hätte
Ein Wehrwort,
276 das den Glimpf
277 ihm rette,
Und hätte er nicht gefehlt darin,
Dann wäre der Preis wohl sein Gewinn.
Sodann weiß ich noch Schützen mehr,
Die hören, daß fern ein Schießen wär',
Zu dem von allen Landen Leut'
Hinziehen zur bestimmten Zeit,
Die besten, die man finden kann,
Deren keiner einen Preise gewann,
Wenn jeder Schuß auch traf ins Ziel –
Nun kenn' ich doch der Gecken viel,
Die wissen, daß sie nichts gewinnen
Und ziehen dennoch kühn von hinnen,
Dort zu versuchen auch ihr Heil:
Ich nehm' sein Zehrgeld, nicht sein Teil.
Vom Glücksspiel will ganz still ich sein:
Die Sau wird ihm im Ärmel schrein!
Manche wählen sich Weisheit als Ziel,
Doch getroffen haben es nicht viel.
Das macht, man zielt nicht recht aufs Feld,
Zu niedrig oder zu hoch man hält,
Der läßt sich bringen aus dem Visier
Und dem zerbricht der Anschlag
278 schier,
Der tut wie Jonathan einen Schuß,
279
Und dem fährt ganz heraus die Nuß.
Wer Weisheit richtig treffen will,
Bedarf dazu wohl solcher Pfeile,
Wie deren Herkules hatte viel,
Mit denen er traf, was er begehrte,
Und was er traf, fiel tot zur Erde.
Wer recht mit Weisheit schießen will,
Der schau, daß er halt' Maß und Ziel,
Denn fehlt er, oder hält nicht drauf,
Nimmt zu den Narren er den Lauf.
Wer schießen will und fehlt den Rain,
Der trägt die Sau im Ärmel heim.
Wer jagen, stechen, schießen will,
Hat wenig Nutzen und Kosten viel.
|
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Ritter Peter von altten joren
Ich můß uch griffen an die oren
Mir gdenckt / das wir beid narren woren
Wie wol / jr fűren ritter sporen
|
Ritter Peter von Altenjahren,
Ich muß Euch greifen an die Ohren!
Mich dünkt, daß beid' wir Narren waren,
Wiewohl Ihr führet Rittersporen.
|
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LXXVI.
Von grossem ruemen
Die gæcken / narren / ich ouch bring
Die sich berűmen hoher ding
Vnd wellent syn / das sie nit sint
Vnd wænen / das all welt sy erblindt
Mann kenn sie nit / vnd frag nit noch /
Mancher will edel syn / vnd hoch
Des vatter doch macht bumble bum
Vnd mit dem kűffer werck ging vmb /
Oder hat sich also begangen
Das er vacht mit eynr stæheln stangen
Oder rant mit eym juden spyeß
Das er gar vil zů boden stieß
Vnd will das man jnn juncker nenn
Als ob man nit syn vatter kenn
Das man sprech / meyster hans vō Mētz
Vnd ouch syn sůn juncker Vincentz /
Vil rűmen hoher sachen sich
Vnd bochen stæts zů widerstich
Vnd sint doch narren jnn der hut
Alls ritter Peter von Brunndrut
Der will das man jm ritter sprech
Dann er zů Murten jn dem gstech
Gewesen sy / do jm so not
Zů flyechen was / das jm der kot
So hoch syn hosen hatt beschlembt
Das man jm weschen műst das hembd
Vnd hat doch schiltt / vnd helm dar von
Brocht / das er sy eyn edel man
Eyn hapich hat farb wie eyn reyger
Vnd vff dem helm eyn nest mit eyger
Dar by eyn han / sitzt jnn der muß
Der will die eyger brűten vß
Der selben narren fyndt man mer
Die des went haben gar groß ere
Das sie sint vornan gwesen dran
Do es wolt an eyn flyehen gan
Lůgten sie hynder sich langzyt
Ob jnn noch kæmen ouch me lüt /
Mancher seyt von sym væchten groß
Wie er den stach / vnd jhenen schoß
Der doch von jm was wol als wytt
Er dæt jm mit eynr hantbüchß nüt /
Vil stellen yetz noch edeln woppen
Wie sie fűren vil lœwen doppen
Eyn krœnten helm vnd guldin feld
Die sint des adels von Bennfeldt
Eyn teyl sint edel von den frowen
Des vatter saß jn růprecht owen
Synr můter schiltt gar mancher fűrt
Das er villicht am vatter jrrt /
Vil hant des brieff vnd sygel gůt
Wie das sie sint von edelm blůt
Sie went die ersten sin von recht
Die edel sint jn jrm gschlecht /
Wie wol ichs nit gantz straff noch acht
Vß tugent ist all adel gemacht
Wer noch gůt sytt / ere / tugent kan
Den haltt ich fűr eyn edel man /
Aber wer hett keyn tugent nitt
Keyn zůcht / scham / ere / noch gůte sytt
Den haltt ich alles adels lær
Ob joch eyn fürst syn vatter wer
Adel alleyn by tugent stat
Vß tugent aller adel gat /
Des glich / will mancher doctor syn
Der nye gesach Sext / Clementin
Decret / Digest / ald jnstitut /
Dann das er hat eyn pyrment hut
Do stat sin recht geschriben an
Der selb brieff wißt / als das er kan
Vnd das er gůtt sy vff der pfiff
Dar vmb so stot hye doctor Gryff
Der ist eyn gelert / vnd witzig man
Er grifft eym yeden die oren an
Vnd kan me dann manch doctor kan
Der ist doch jn vil schůlen gstanden
In nohen / vnd jn ferren landen
Do doch die gœuch nye kamen hyn
Die mit gwalt went doctores syn
Mann můß jnn ouch her doctor sagen
Dar vmb das sy rott rœck an tragen
Vnd das eyn aff jr můter ist /
Ich weiß noch eynen heysßt hans myst /
Der will all welt des über reden
Er sy zů Norwegen / vnd Schweden
Zů Alkeyr gsin / vnd zů Granat
Vnd do der pfeffer wechßt / vnd stat
Der doch nye kam so verr hyn vß
Hett syn můter / do heym zů huß
Eyn pfannkůch / oder würst gebachen
Er hetts geschmeckt / vnd hœren krachē /
Des rűmens ist vff erd so vile
Das es zů zælen næm groß wile
Dann yedem narren das gebryst
Das er wil sin / das er nit ist
|
76.
Von großem Rühmen
Die Gecken-Narren ich auch bringe,
Die sich stets rühmen hoher Dinge
Und wollen sein, was sie nicht sind,
Und wähnen, alle Welt sei blind
Und sie ihr fremd und unbekannt.
Mancher will edel sein genannt,
Des Vater doch machte bumblebum
Und mit dem Küferwerk ging um,
Oder hat sich so durchgebracht
Daß er mit stählernen Stangen focht,
280
Oder rannte mit einem Judenspieß,
281
Daß er gar viele zu Boden stieß,
Und will, daß man ihn Junker nenne,
Als ob man nicht seinen Vater kenne,
Daß man spreche: »Meister Hans von Menz,
282
Und auch sein Sohn, Junkherr Vincenz.«
Viel rühmen hoher Dinge sich
Und prahlen stets zu Widerstich
283
Und sind doch Narren in der Haut,
Wie Ritter Peter von Pruntraut,
284
Der will, daß man zu ihm Ritter sage,
Dieweil er im Stechen am Murtener Tage
285
Gewesen sei, wo ihm so not
Zu fliehen war, daß ihm der Kot
Die Hosen hat so hoch beschlämmt,
Daß man ihm waschen mußt' das Hemd.
Doch Schild und Helm er zeigen kann
Als Zeugnis, er sei ein Edelmann:
Er führt einen Habicht, gefärbt wie der Reiher
Und auf dem Helme ein Nest voll Eier,
Wobei ein Hahn in der Mauser sitzt,
Der möchte die Eier brüten itzt.
Derselben Narren findet man mehr,
Die wollen haben große Ehr,
Daß man sie hat voran gesehn.
Ja, da es wollt' ans Fliehen gehn,
Lugten sie hinter sich lange Zeit,
Ob ihnen folgten auch andre Leut?
Mancher rühmet sein Fechten groß,
Wie er den erstach und jenen schoß,
Der doch von ihm so weit wohl war,
Daß keine Büchse ihm bracht' Gefahr.
Noch andre trachten nach edlen Wappen,
Wie sie führen mögen viel Löwentappen,
Einen gekrönten Helm und ein gülden Feld:
Die sind des Adels von Bennefeld.286
Gar manche sind edel durch ihre Frauen,
Deren Väter saßen in Ruprechtsauen;287
Seiner Mutter Schild gar mancher führt,
Weil er vielleicht im Vater irrt.
Viel haben Brief' und Siegel gut,
Als seien sie von edlem Blut;
Sie wollen die ersten sein nach Recht,
Die edel sind in ihrem Geschlecht,
Und dieses ich nicht straf' noch achte,
Weil man aus Tugend
288 den Adel machte.
Wer auf gute Sitte, und Tugend bedacht,
Den allein ich für einen Edlen ich acht',
Aber wer hat keine Tugend nit,
Nicht Zucht, Scham, Ehr', noch gute Sitt'.
Den halt' ich alles Adels leer,
Und wenn ein Fürst sein Vater wär'.
Adel allein bei Tugend steht,
Aus Tugend aller Adel geht. –
Desgleichen will Mancher Doktor sein,
Der nie Clementin noch Sext sah ein,
Nie Institut, Dekret, Digest
289 geschaut,
Nur daß er hat 'ne Eselshaut,
290
Drauf steht sein Recht geschrieben an:
Der Brief zeigt alles, was er kann,
Und daß er gut sei auf der Pfeif'.
Drum stehet hier Herr Doktor Greif,
Ein sehr gelehrter und weiser Mann,
Der greift einen jeden beim Ohre an,
Weiß mehr als mancher Doktor kann.
Der ist in vielen Schulen gestanden
In nahen und in fernen Landen,
Wo keiner der Gäuche ging aus noch ein,
Der doch mit Gewalt wollen Doktor sein;
Man muß zu ihnen Doktor sagen,
Dieweil sie rote Röcke tragen
Und weil ein Aff' ihre Mutter ist.
Ich weiß noch einen, heißt Hans Mist,
Der alle Welt will überreden,
Er sei zu Norwegen und Schweden,
Zu Algier gewesen und zu Granat,291
Und wo der Pfeffer wächst und staht;
Der doch nie kam so weit hinaus:
Hätt' seine Mutter daheim zu Haus
Pfannkuchen oder Würst gebachen,292
Er hätt's geschmeckt und hören krachen.
Des Rühmens ist auf Erden so viel,
Daß es nicht kennet Zeit noch Ziel,
Denn jedem Narren das gebrist,
Daß er sein will, was er nicht ist.
|
|
Vil hant zů spyl so grossen glust
Das sie keynr kurtzwil achten sust
Vnd merckent nit / kunfftig verlust
|
Viel haben zum Spiel so großen Trieb,
Sie haben sonst keine Kurzweil lieb,
Auch wenn ihnen wenig übrig blieb.
|
|
LXXVII.
Von Spylern
Sunst fynd ich nærrscher narren vil
Die all jr freüd hant jnn dem spyl
Meynend / sie mœchten leben nit
Soltten sie nit vmbgon do mit
Vnd tag / vnd nacht spyelen / vnd rassen
Mitt karten / würfflen / vnd mit brassen
Die gantz nacht / vß vnd vß sie sæssen
Das sie nit schlyeffen oder æssen
Aber man můß gedruncken han
Dann spyel das zündt die leber an
Das man württ dürr / vnd durstes voll
Des morgens so entpfyndt mans wol
Eyner sicht wie die gůten byeren
Der ander spüwet hynder die tűren
Der drytt eyn varb / hat an sich gnomē
Als wer er vß dem grab erst kumen
Oder glysßt jnn sym angesicht
Glich als vor tag ein schmidtknecht sicht
Den koppff hat er also gebyent
Das er den gantzen tag vff gyent
Als ob er flyegen vohen wolt /
Keyner verdyenen mœcht groß goltt
Das er an eyner predig sæß
Eyn stund / vnd er des schloffs vergæß
Er würd den koppff schlagen jnn gœren
Als ob der prediger vff solt hœren /
Aber jm spyel gar lange zyt
Sitzen / acht man des schloffes nüt /
Vil frowen die sint ouch so blindt
Das sie vergessen wer sie sint
Vnd das verbietten alle recht
Sollich vermyschung beider gschlecht
Die mit den mannen sytzen zamen
Ir zůcht / vnd gschlechtes sich nit schamē
Vnd spyelen / rasslen / spat / vnd frů
Das doch den frowen nit stat zů
Sie soltten an der kunckel læcken
Vnd nit jm spyel byn mannen stæcken
Wann yeder spyelt mit synem glich
Durfft er dest mynder schamen sich
Do Allexanders vatter wolt
Das er vmb gaben louffen solt
Dann er zů louffen vast geng was
Sprach er zů synem vatter das
Billich wær / das ich alles dæt
Das mich myn vatter hieß vnd bæt
On zwifel ich gern louffen wolt
Wann ich mit künngen louffen solt
Man durfft dar zů nit betten mich
Wann ich hett yemans mynen glich /
Aber es ist yetz dar zů kumen
Das pfaffen / adel / burger / frummen
Setzen an kœppels knaben sich
Die jnn nit sint an eren glich
Vor vß die pfaffen mit den leygen
Soltten jr spyel lon vnderwegen
Wann sie echt wol betrachten das
Ir vffsatz / vnd den alten haß
Der Nydthart ist sunst vnder jnn
Der rœgt sich mit verlust vnd gwynn
Vnd ouch das jnn verbotten ist
Keyn spyel zů tůn zů aller frist
Wer mit jm selber spyelen kan
Dem gwynnt gar seltten yemans an
Vnd ist on sorg das er verlyer
Oder das man jm flůch bœß schwűr
Die wile ich aber sagen sol
Was stand eym rechten spyeler wol
Will ich Virgilium har bringen
Der also redt von selben dingen
Veracht das spyel zů aller zytt
Das dich nit btrűb der schæntlich gytt
Dann spiel ist eyn vnsynnig bgyr
Die all vernunfft zerstœrt jnn dir
Ir dappfern / hűten üwer ere
Das uch das spiel die nit verser
Eyn spieler můß han geltt vnd můt
Ob er verlürt / das han für gůt /
Keyn zorn / flůch / schwür / vß stossen gâtz
Wer gelt bringt / der lůg wol der schantz
Dañ mancher zů dē spiel kumbt schwær
Der doch zůr dűren vß gat lær
Wer spielt alleyn durch grossen gwynn
Dem gat es seltten noch sym synn
Der hatt gůt fryd / wer spyelet nit
Wer spyelt der műß vff setzen mitt
Wer all ürten besitzen wil
Vnd sůchen glück vff yedem spyl
Der můß wol vff zů setzen han
Oder gar dick on gelt heym gan /
Wer dryg sűcht hat / vnd stelt noch mir
So werden vnser schwestern vier /
Spyl mag gar seltten sin on sünd
Eyn spyeler ist nit gottes fründt
Die spyeler sint des tüfels kynd /
|
77.
Von Spielern
Noch find ich närrischer Toren viel,
Die haben Freude nur am Spiel
Und wähnen, sie könnten leben nit,
Sollten sie nicht umgehn damit
Und spielen Tag und Nacht im Saus
Mit Karten und Würfeln in vollem Braus;
Die ganze Nacht hindurch sie säßen,
Daß sie nicht schliefen und nicht äßen,
Aber ein Trunk muß sein zur Hand,
Denn Spielen setzt die Leber in Brand,
Daß man wird dürr und durstesvoll.
Des Morgens drauf man spürt das wohl:
Einer welken Birn' gleicht des einen Gesicht,
Der andre hinter der Türe sich bricht,
Ein Dritter hat solche Farb' angenommen,
Als sei er aus dem Grab just gekommen,
Oder leuchtet im Angesicht,
So wie ein Schmiedknecht sich vor Tage sicht.293
So eingenommen ist ihm sein Kopf –
Den ganzen Tag muß gähnen der Tropf,
Als ob er Fliegen fangen wollt';
Wenn einer verdienen könnt' viel Gold,
Daß er bei einer Predigt säße
Eine Stunde und des Schlafs vergäße, –
Er hüllte den Kopf tief in die Geren,294
Als sollte der Prediger aufhören.
Aber sitzt man lange beim Spiel,
Dann achtet man des Schlafs nicht viel.
Viel Frauen, die sind auch so blind,
Daß sie vergessen, wer sie sind,
Und, was verbietet jedes Recht,295
Sie mischen sich mit anderm Geschlecht;
Sie sitzen bei den Männern frei,
Zuchtlos und ohne natürliche Scheu
Und spielen, würfeln spät und früh,
Was doch den Frauen steht nicht zu.
Sie sollten an der Kunkel
296 lecken
Und nicht zum Spiel bei Männern stecken.
Wenn jeder spielt mit seinesgleichen,
So braucht ihn Scham nicht zu beschleichen.
Als Alexanders Vater wollte,
Daß der um Preise laufen sollte,
Dieweil der Knabe schnell im Lauf,
Sprach er zu seinem Vater drauf:
»Zwar billig wäre, daß ich täte,
Was mich mein Vater hieß und bäte,
Und gewißlich gern ich laufen wollte,
Wenn ich mit Königen es sollte;
Drum dürfte man nur dann mich bitten,
Wenn unter Gleichen wird gestritten!«
Dahin gekommen ist es jetzt,
Der Bürger sich zum Adel setzt.
Der Pfaffe sitzt bei Badersknechten,
Die oft nicht streben nach dem Rechten.
Zumal die Pfaffen sollten nicht viel
Mit Laien treiben Scherz und Spiel,
Wenn sie nur wollten beachten, daß
Zwischen ihnen stets war Neid und Haß,
Der Neidhart, der in ihrer Brust,
Regt bei Gewinn sich und Verlust,
Zumal da ihnen verboten ist
Würfeln und Spielen zu jeder Frist.
Nur wer sich selbst mit Spielen vergnügt,
Ein solcher gar selten unterliegt
Und bleibt ohne Sorg', daß er verliere
Und daß ihn treffen Flüch' und Schwüre.
Wenn ich nun aber sagen soll,
Was ziemt einem rechten Spieler wohl,
So will Virgilen
297 ich beibringen,
Der also redet von solchen Dingen:
»Veracht' das Spiel zu aller Zeit,
Daß dich nicht trübe Gier und Neid,
Denn Spiel entstammt unsinn'ger Begier
Und zerstöret alle Vernunft in dir.
Ihr Braven, hütet eure Ehre,
Daß euch das Spiel die nicht versehre!
Ein Spieler muß haben Geld und Mut,
Und wenn er verliert, es halten für gut,
Darf nicht ausbrechen in Zorn, Fluch, Schwur,
Hat er Geld, so harr' er der Schanze
298 nur.
Denn mancher kommt zum Spiele schwer,
Der doch zur Tür hinausgeht leer.
Wer spielt allein um großen Gewinn,
Dem geht es selten nach dem Sinn.
Wer gar nicht spielt, hat seinen Frieden,
Wer spielt, dem ist Verlust beschieden.
Wer in allen Schenken setzen will
Und suchen Glück bei jedem Spiel,
Der muß viel einzusetzen haben
Und oft ohn' Geld nach Hause traben.
Hat einer drei Seuchen und trachtet nach mir,
Der hat bald böser Schwestern vier!«
Spiel kann gar selten sein ohn' Sünd',
Ein Spieler ist nicht Gottes Kind:
Denn Spieler all' des Teufels sind.
|
|
Vil narren sint jn disem druck
Die doren sint / jnn manchem stuck
Den sitzt der esel vff dem ruck
|
Viel Narren reif sind bis zum Drücken,
Die Toren sind in manchen Stücken,
Denen sitzt der Esel auf dem Rücken.
|
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LXXVIII.
Von gdruckten narrē
So vil sint jn dem narren orden
Das ich schier wer versessen worden
Vnd hett des schyffes mich versumbt
Hett mir der esel nit gerumbt
Ich bin der / den all ding důnt drucken
Will mich recht jnn winckel schmucken
Ob mich der esel wolt verlon
Vnd nit stæts vff mym rucken stan
Wann ich alleyn gdult dar zů hab
Hoff ich / des esels kumen ab
Doch hab ich sunst vil gsellen gůt
Die druckt alls das mich drucken důt
Als der nit volget gůtem rott /
Wer zürnet / so es nit ist nott
Wer vnglück koufft / wer trurt on sach
Wer lieber krieg hat / dann gemach
Wer gern sicht můtwill siner kynd
Wer halt syn nochbuwr nit zů fründ
Wer lydet das jn druck syn schůch
Vnd jnn syn frow jm wynhuß sůch
Der ghœrt wol jnn das narrenbůch
Wer me verzert dann er gewynnt
Vnd borget vil / so jm zerrynnt
Wer zücht syn frow eym andern vor
Der ist eyn narr / gouch / esel thor /
Wer gdenckt die vile / der sünden syn
Vnd was er drumb můß lyden pin
Vnd mag doch frœlich syn dar mitt
Der gehœret vff den esel nitt
Sunder der esel vff syn ruck
Das er jn gantz zů boden truck
Der ist eyn narr / der sicht das gůt
Vnd noch dem bœsen stellen důt
Hie mit sint narren vil gerűrt
Die diser esel mit jm fűrt
|
78.
Ein Narr sein
in vielen Stücken
So viele sind im Narrenorden,
Ich wäre fast vergessen worden
Und um des Schiffes Abfahrt kommen,
Hätt' ich nicht des Esels Ruf vernommen.
Ich bin, den alle Dinge drücken,
Will mich in einen Winkel bücken,
Obwohl der Esel vorbei will gehn,
Nicht stets auf meinem Rücken stehn,
Und wenn ich nur Geduld recht hab',
Hoff' ich, vom Esel zu kommen ab;
Doch hab' ich sonst Gesellen gut,
Die drückt das, was mich drücken tut:
Der eine folgt nicht gutem Rat,
Der zürnt, wenn er nicht Ursach hat;
Der kaufet Unglück, trauert ohn' Grund,
Ist lieber im Krieg als daheim und gesund;
Der sieht seinen Kindern Mutwillen nach,
Der ist mit dem Nachbar zum Streite jach;
Der leidet, daß der Schuh ihn drückt,
Die Frau ins Wirtshaus nach ihm schickt, –
Die stehn all' im Narrenbuche.
Wer mehr verzehrt, als er gewinnt,
Und borget viel, was ihm zerrinnt,
Wer seine Frau führt andern vor,
Der ist ein Narr, Gauch, Esel, Tor;
Wer bedenkt die Menge der Sünden sein,
Und was er drum muß leiden Pein,
Und kann doch fröhlich sein damit,
Der taugt nicht selbst zum Eselritt, –
Es muß der Esel auf seinen Rücken,
Um ihn zu Boden ganz zu drücken.
Der ist ein Narr, der das Gute sieht,
Und doch nicht vor dem Bösen flieht.
Hiermit sind viele Narren berührt,
Die dieser Esel mit sich führt.
|
|
Wenn rüter / schriber / gryffen an
Eyn veisßten / schlechten / bürschen man
Der műß die leber gessen han
|
Wenn Reuter und Schreiber
299 greifen an
Einen feisten,
300 schlichten, geringen
Mann,
Ist der es, so den Streit fing an.
|
|
LXXIX.
Ruter vnd schriber
Schriber vnd rüter / man ouch spott
Sie sygen jnn der narren rott
Sie bgont sich noh / mit glicher nar
Der schyndt heymlich / der offenbar
Der wogt syn lib jnn druck vnd naß
Der setzt syn sel jnns dinckten faß
Der rüter stoßt vil schüren an
Der schryber můß eyn buren han
Der veisßt syg / vnd mœg trieffen wol
Do mit er ryechen mach syn kol
Wann yeder dæt als er thůn sol /
So weren sie beid gelttes wert
Dyser mit fædern / der mit schwert
Mœht man jr beid entberen nitt
Wann ob der hant nit wer jr schnytt
Vnd durch sie würd das recht versert
Man vß dem stægenreiff sich nert /
Die wile aber vff eygen gwynn
Eyn yeder stelt syn můt vnd synn
So wœllen sie verzyhen mir
Das ichs jm narrenschiff ouch für
Ich hab sie des gebetten nitt
Ir yeder selb den fůrlon gytt
Vnd will sich vff eyn nüws verdingen
Sunst kunden vil / jns schiff zů bringen /
Schriber vnd glysßner sint noch vil
Die triben yetz wild rüterspil
Vnd neren sich kurtz vor der handt /
Glich wie die reißknecht / vff dem landt /
Es ist worlich eyn grosse schand /
Das man die strossen nit wil fryen
Das bylger / koufflüt / sicher sygen /
Aber ich weis wol / was es důt
Man spricht es mach das geleyt vast gůt
|
79.
Reuter und Schreiber
Schreiber und Reuter trifft auch der Spott,
Sie seien in der Narrenrott';
Daß ihre Nahrung gleich, ist klar:
Der schindet heimlich, der offenbar!
Der wagt sein Leben, sei's trocken, sei's naß,
Und der setzt die Seele ins Tintenfaß.
Der Reuter steckt viele Scheuern an,
Der Schreiber bedarf eines Bauersmann,
Der feist sei und kann schwitzen wohl,
Damit er riechen mach' seinen Kohl.
Ja, täte jeder, was ihm ziemte,
So wären sie beide Geldes wert,
Der mit der Feder, der mit dem Schwert, –
Man möchte sie beide entbehren nit,
Wäre nicht über der Hand ihr Schnitt,
301
Würde durch sie nicht das Recht versehrt
Und Mann und Roß aus dem Stegreif
302 ernährt.
Da nun aber auf eignen Gewinn
Jeder von ihnen stellt Trachten und Sinn,
So wollen sie verzeihen mir,
Daß ich im Narrenschiff sie führ'.
Ich habe sie drum gebeten nicht,
Den Fuhrlohn jeder selbst verspricht
Und will sich auf eine Nuß
303 verdingen,
Bekannte genug ins Schiff zu bringen.
Schreiber und Gleißner sind noch viel,
Die treiben jetzt wild Reuterspiel
Und nähren sich aus eigner Hand,
Gleichwie die Kriegsknecht in dem Land.
Wahrlich, ist es eine große Schand',
Daß man nicht eilend die Straßen macht frei,
Daß Pilger und Kaufmann sicher sei,
Aber ich weiß wohl, was das tut:
Man sagt, das Geleitgeld schmecke zu gut!304
|
|
Ich bin gelouffen ferr / vnd wytt
Nye lær das fleschlin was allzyt
Biß ich diß brieff den narren büt
|
Ich bin gelaufen fern und weit,
Das Fläschlein war nie leer die Zeit;
Dies Brieflein, Narren, ist euch geweiht.
|
|
LXXX.
Narrehte bottschafft
Ob ich der botten nůn vergæß
Vnd jnn nit dorheit ouch zů mæß
Sie manten mich ee selber dran
Narren műssen eyn botten han
Der trag jm mund / vnd syg nit lasß
Eyn briefflin das es nit werd nasß
Vnd süferlich gang vff dem dach
Do mit der zyegelhuff nit krach
Lůg ouch das es jnn nit bevilt
Me enden / dann man jm entpfilt
Vnd was er tůn soll / vnd man heißt
Das er / vor wyn / dar vmb nit weißt
Vnd langzyt vff der straß sich sum
Do mit das jm vil lüt bekum
Vnd lůg das er zær an der næh
Vnd drystunt vor die brieff besæh
Ob er künd wissen / was er trag
Vnd was er weiß / bald wyter sag
Vnd leg syn dæsch nachts vff eyn banck
So er nymbt von dem wyn eyn schwâck
Vnd kum on antwürt wider heym
Das synt die narren die ich meyn
Dem narren schyff louffen sie noch
Sie fynden es hye zwüschen Ach
Doch sollen sie sich des vermessen
Das sie des flæschlins nit vergessen
Dann jnn jr leber / vnd geschyrr
Von louffen / liegen würt gantz dürr /
Wie gůt der schne erkűlung gyt
Wann man jn fyndt jnn summers zyt
Also ergetzt eyn truwer bott
Den / der jn vß gesendet hat
Der bott ist lob / vnd eren wert
Der bald kan werben / das man bgert
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80.
Närrische Botschaft
Wenn ich der Boten auch vergäße
Und ihnen Torheit nicht zumäße,
Sie mahnten mich wohl selber dran.
Den Narrn gebührt ein Botenmann,
Der trag' im Mund, und sei nicht laß,
Ein Brieflein, daß es nicht werd' nah,
Geh säuberlich wie auf dem Dache,
Damit das Ziegelwerk nicht krache,
Und luge, daß ihm nicht Last
Mehr wird, als du befohlen hast;
Er wisse, was ihm aufgetragen,
Vor Wein bald nicht mehr aufzusagen
Und halt' sich unterwegs lang auf,
Daß mancher kreuze seinen Lauf;
Er acht' auf Zehrung in der Nähe,
Die Briefe dreimal er umdrehe,
Ob er erspähe, was er trage,
Und was er weiß, bald weitersage,
Und nachts die Tasch' leg' auf die Bank;
Hat er vom Wein dann einen Schwank,
Und kommt er ohne Antwort wieder:
Das sind, so mein' ich, Narrenbrüder.
Sie laufen dem Narrenschiffe nach
Und finden's zwischen hier und Aach;
305
Doch sollen sie sich des vermessen
Und ihres Fläschleins nicht vergessen,
Denn ihre Leber, ihr Geschirr
Wird ihnen vom Laufen und Lügen dürr.
Doch wie der Schnee uns Kühlung leiht,
Wenn man ihn trifft zur Sommerszeit,
Also ein treuer Bot' erquickt
Den, welcher ihn hat ausgeschickt.
Der Bot' ist Lob und Ehre wert,
Der bald bestellt, was man begehrt.
|
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Hie kumen keller / kœch / eehaltten
All die des huses sorg / důnt waltten
Die redlich jnn dem schiff důnt schaltten
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Hier kommen Kellner,306
Köch', Ehalten,307
All, die des Hauses Sorg' verwalten
Und redlich in dem Schiffe schalten.
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LXXXI.
Von kochen vnd keller
Eyn bœttlin erst vor vns hyn lyeff
Das froget noch dem narren schiff
Dem goben wir versaltzen suppen
Das er dem flæschlin wol mœcht luppen
Im wasß zů louffen also goch
Das flæschlin es on duren zoch
Wir wolten jm brieff geben han
Wolt es doch nit so lang still stan /
Des kumen wir die straß hie schlecht
Keller / vnd kœch / megde / eehalt / knecht
Die mit der kuchen sint behafft
Wir tragen all vff noch kuntschafft
Dar vß keyn duren vns bestat
Vß vnserm seckel es nit gat
Vor vß wann vnser herschafft nycht
Zů huß ist / vnd es nyeman sycht /
So schlēmen wir / vnd tabernyeren
Frœmde prasser / wir mit vns heym fűren
Vnd geben do gar manchen stoß
Der kannen / krusen / fleschen groß
Wañ nachts die herschafft schloffen gat
Vnd rygel / tor / beschlossen hatt
So drincken wir dann nit des bœsten
Wir lossen vß dem vaß / dem grœsten
Do mag man es nit wol an spűren
Ans bett / wir dann eynander fűren
Doch důnt wir vor zwen socken an
Das vns die herschafft nit hœr gan
Vnd ob man schon hœrt ettwas krachen
Mann wænt die katzen důnt das machen
Vnd wenn eyn kleyn zyt vmbhar gat
So wænt der herr / das er noch hat
In sym væslin eyn gůten drunck
So macht der zappf dañ glunck glunck glunck
Das ist eyn zeychen dar zů / das
Gar wenig ist me jnn dem faß
Dar zů / wir dar vff flißlich achten
Wie wir zů richten vil der trachten
Do mit den glust / vnd magen reytzen
Mit kochen / syeden / broten / schweytzen /
Mit rœsten / bachen / pfeffer bry
Voll zucker / wurtz / vnd spetzery
Geben wir eym eyn oxymell
Der by der stægen leidt gewell
Oder můß das von jm purgyeren
Mit Syropen / vnd mit klystieren
Des achten wir gantz nütz zů mol
Dann wir ouch werden dar by vol
Vnser selbes wir nit vergessen
Das best / wir ab dem hafen essen
Dann ob wir hungers sturben schon
Man sprech / es wer von vœll gethon
Der keller spricht / brot mir eyn wurst
Her koch / so lesch ich dir den durst
Der keller ist des wyns verræter
Der koch der ist des tüfels bræter /
Hye důt er gwonen by dem für
Das jm dort kumen würt zů stür /
Keller vnd kœch sint seltten lær
Sie tragen vff alls by der schwær
Ins narren schiff stat all jr bgær
Do joseph jnn Egypten kam
Der fürst der kœch jnn zů jm nam
Iherusalem gwann Nabursadam
|
81.
Von Köchen und Kellnern
Ein Bötlein uns vorüberlief,
Das fragte nach dem Narrenschiff,
Dem gaben wir versalzne Suppen,
Daß er das Fläschlein wohl möcht' luppen;308
Wie schnell ist er davon geflogen,
Das Fläschlein hat er oft gezogen,
Wir wollten ihm ein Brieflein geben,
Doch er tät eilig weiterschweben.
Drum kommen wir die Straß' hier schlecht,309
Kellner und Köche, Magd, Ehalt, Knecht,
Die in der Küche zu schaffen haben.
Wir tragen auf nach Kundschaft und Gaben,
Draus kein Bedenken uns entsteht,
Aus unserm Seckel es nicht geht;
Zumal, wenn unsre Herrschaft aus
Und sonsten niemand ist im Haus,
Dann schlemmen wir und tabernieren,310
Auch fremde Prasser wir traktieren
Und geben da gar manchen Stoß
Den Kannen, Krügen, Flaschen groß.
Wenn nachts die Herrschaft geht zur Ruh,
Und Tor und Riegel sind fest zu,
So trinken wir nicht vom schlechtesten Naß
Und zapfen aus dem größten Faß,
So kann man es so leicht nicht spüren.
Ins Bett wir dann einander führen,
Doch ziehen wir zwei Socken an,
Daß uns der Herr nicht hören kann,
Und hört man dann doch etwas krachen,
Wähnt man, daß es die Katzen machen.
Wenn dann nach einer kurzen Zeit
Der Herr glaubt, für ihn sei bereit
Im Faß noch mancher gute Trunk,
Doch horch, der Zapf macht glunk, glunk, glunk!
Es ist das schlimme Zeichen, daß
Nur wenig mehr ist in dem Faß.
Sodann wir fleißig darauf achten,
Daß wir zurichten viele Trachten,311
Und damit Lust und Magen reizen;
Mit Kochen, Sieden, Braten, Beizen,
Mit Rösten, Backen, Pfefferbrei,
Mit Zucker, Gewürz und Spezerei
Bereiten Trank wir und Gericht,
Daß an der Stiege sich mancher bricht,
Oder er muß es von sich purgieren
Mit Sirupen und mit Klistieren.
Drob machen wir nicht viel Geschrei,
Werden wir doch selbst voll dabei,
Da wir uns selber nicht vergessen:
Das Beste wir vom Hafen
312 essen;
Denn wären wir auch vor Hunger gestorben,
Es hieß doch, wir seien durch Schlemmen verdorben.
Der Kellner spricht: »Brat' mir 'ne Wurst,
Herr Koch, so lösch' ich dir den Durst!«
Der Kellner ist des Weins Verräter,
So ist der Koch des Teufels Bräter,
Hier wird er gewohnt das Küchenfeuer,
Drum scheint die Höll' ihm nicht ungeheuer.
Kellner und Köche sind selten leer,
Sie tragen auf und mühn sich sehr:
Zum Narrenschiff steht ihr Begehr.
Als Joseph nach Ägypten kam,
Der Köche Fürst ihn zu sich nahm,
Und Zion gewann Nabursadam.
|
|
Ich hett vergessen nach jnn myr
Das ich nit noch eyn schyff jnfűr
Do ich der buren narrheyt rűr
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Ich hätt' vergessen fast bei mir,
Daß ich nicht noch ein Schiff einführ',
Nun ich der Bauern Narrheit rühr'.
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LXXXII.
Von burschem vffgang
Die buren eynfalt ettwann woren
Nüwlich jnn kurtz vergangenen joren
Gerechtikeyt was by den buren
Do sie floch vß den stett vnd muren
Woltt sie jnn strœwen hüttlin syn
Ee dann die buren druncken wyn
Den sie ouch yetz wol mœgen tulden
Sie stecken sich jnn grosse schulden
Wie wol jn korn / vnd wyn gilt vil
Næmen sie doch vff borg vnd zyl
Vnd went bezalen nit by ziten
Man můß sie bannen vnd verlüten
In schmeckt der zwilch nit wol / als ee
Die buren went keyn gyppen me
Es můß sin lündsch / vnd mechelsch kleit
Vnd gantz zerhacket / vnd gespreit
Mit aller varb wild / über wild
Vnd vff dem ermel eyn gouchs byld
Das statt volck yetz von buren lert
Wie es jnn boßheit werd gemert
All bschysß yetz von den buren kunt
All tag hant sie eyn nuwen funt
Keyn eynfalt ist me jnn der welt
Die buren stecken gantz voll gelt
Korn vnd wyn halttens hynder sich
Vnd anders / das sie werden rich
Vnd machen selber jnn eyn dür
Biß das der tunder kumbt mit für
So würt verbrent dann korn / vñ schür
Des glich by vnsern zytten ouch
Ist vff gestanden mancher gouch
Der vor eyn burger / kouffman was /
Will edel syn / vnd ritter gnaß
Der edelman gert syn eyn fry
Der Groff / das er gefürstet sy
Der fürst die kron des künigs gert
Vil werden ritter / die keyn schwert
Dűnt bruchen für gerechtikeyt
Die buren tragen syden kleit
Vnd gulden ketten an dem lib
Es kunt da har eyns burgers wib
Vil stœltzer dann eyn græfin důt
Wo yetz gelt ist / do ist hochmůt
Was eyn ganß von der andern sycht
Dar vff on vnderloß sie dicht
Das můß man han / es důt sunst we
Der Adel hat keyn vorteyl me
Man findt eyns hantwercks mannes wib
Die bessers wert dreit an dem lib
Von rœck / ryng / mæntel / borten schmal
Dan si jm huß hat überall
Do mit verdyrbt manch byderman
Der mit sym wib můß bættlen gan
Im wynter drincken vß eym krůg
Das er sym wib mœg thůn genůg
Wann sy hüt hatt alls das sy gelangt
Gar bald es vor dem koűffler hangt
Wer frowen glust will hengen noch
Den frürt gar dick / so er spricht schoch
Inn allen landen ist groß schand
Keynen benűgt me / mit sym stand
Nyemans denckt wer syn vorderen worē
Des ist die welt yetz gantz voll doren
Das ich das worlich sagen magk
Der dry spitz / der můß jnn den sack
|
82.
Von bäurischem Aufwand
Die Bauern ziemlich einfach waren
Noch kürzlich in vergangnen Jahren;
Gerechtigkeit war bei den Bauern;
Als die entfloh der Städte Mauern,
Wollt' sie in strohernen Hütten sein,
Bevor die Bauern tranken Wein,
Den sie jetzt gerne bei sich dulden.
Sie stecken sich in große Schulden;
Wiewohl jetzt Korn und Wein gilt viel,
Nehmen sie doch auf Borg und Ziel
313
Und wollen bezahlen nicht beizeiten,
Man muß sie bannen und verläuten.
Der Zwillch schmeckt ihnen nicht mehr sehr,
Sie wollen keine Joppen mehr;
Es muß sein leydnisch und mechelsch
314 Kleid
Und ganz zerhacket und gespreit,
315
Mit aller Farb', Wild über Wild,
316
Und auf dem Ärmel ein Kuckucksbild.
317
Der Bauer jetzt das Stadtvolk lehrt,
Wie es in Bosheit
318 wird gemehrt;
Von den Bauern kommt jetzt aller Schund,
Täglich machen sie neuen Fund,
Keine Schlichtheit ist mehr in der Welt,
Die Bauern stecken ganz voll Geld,
Sie speichern Wein und Weizen auf
Und andres und erschweren den Kauf
Und machen es so lange teuer,
Bis Blitz und Donner kommt mit Feuer
Und ihnen abbrennt Korn und Scheuer.
Desgleichen zu unsern Zeiten auch
Ist auferstanden mancher Gauch,
Der sonst ein Bürger und Kaufmann war,
Und jetzt ein Edler und Ritter gar.
Der Edle möchte sein ein Freiherr,
Und jeder Graf ein Fürst gern wär',
Der Fürst die Krone des Königs begehrt;
Viel werden Ritter, die kein Schwert
Gezogen je für Gerechtigkeit.
Die Bauern tragen seiden Kleid
Und goldne Ketten an dem Leib;
Es geht daher ein Bürgersweib
Hochmütiger denn eine Gräfin tut.
Wo Geld ist, ist auch Übermut;
Was eine Gans an der andern nimmt wahr,
Drauf ist sie gerichtet ganz und gar,
Das muß sie haben; es schmerzt sonst sehr.
Der Adel hat keinen Vorzug mehr.
Man sieht eines Handwerksmannes Weib,
Die größern Wert trägt auf dem Leib
An Rock, Ring, Mantel, Borte schmal,
Als sie im Haus hat allzumal.
Den Bettelstab manch Biedermann
Mit seinem Weibe drum gewann,
Muß trinken im Winter aus irdenem Krug,
Daß er tue dem Weib im Sommer genug;
Und hat sie heut alles, wonach es sie drängt -
Gar bald es bei dem Trödler hängt.
Wer Frauengelüsten will folgen doch,
Den friert gar oft, spricht er auch: »Schoch!«
319
In allen Landen herrscht diese Schande,
Keiner begnügt sich mit seinem Stande;
Niemand bedenkt, was die Vorfahren waren,
Denn die Welt ist jetzt voll von Narren.
Drum will ich's sagen ohne Verdruß;
Der Dreispitz in den Sack jetzt muß!
320
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|
Dis narren freüwt nüt jnn der welt
Es sy dann / das es schmeck noch gelt
Sie ghœren ouch jnns narren fellt
|
Viel Narren freut nichts in der Welt,
Es sei denn, daß es schmeck' nach Geld;
Die gehören auch ins Narrenfeld.
|
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LXXXIII.
Von verachtung armut
Gelt narren sint ouch über al
So vil das man nit findt jr zal
Die lieber haben geltt dann ere
Noch armůt frogt yetz nyeman mer
Gar kum vff erd yetz kumen vß
Die tugend hant / sunst nüt jm huß
Man důt wißheit keyn ere me an
Erberkeyt můß verr hynden stan
Vnd kumbt gar kum vff grűnen zwig
Man wil yetz das man jr geschwig
Vnd wer vff richtům flysset sich
Der lůgt ouch / das er bald werd rich
Vnd acht keyn sünd / mort / wůcher / schâd
Des glich verretery der land
Das yetz gemeyn ist jnn der welt
All boßheit / fyndt man yetz vmb gelt
Gerehtikeit / vmb gelt ist feyl
Durch gelt kem mancher an eyn seyl
Wann er mit gelt sich nit abkoufft
Vmb gelt vil sünd blibt vngestrofft
Vnd sag dir tütsch wie ich das meyn
Man henckt die kleynen dieb alleyn /
Eyn bræm nit jn dem spynnwep klæbt
Die kleynen mücklin es behebt
Achab ließ nit benűgen sich
Mit synem gantzen künig rich
Er wolt ouch Nabuhts garten han
Des starb on recht der arm frumm man
Alleyn der arm můß jnn den sack
Was gelt gytt / das hat gůten gschmack
Armůt die yetz ist gantz vnwerdt
Was ettwan liep / vnd hoch vff erd
Vnd was genem der gulden welt
Do was nyemans der achtet gelt
Oder der ettwas hatt alleyn
All ding die woren do gemeyn
Vnd ließ man des benűgen sich
Was on arbeyt das erterich
Vnd die natur on sorgen trůg /
Noch dem man bruchen wart den pflůg
Do fing man an / ouch gyttig syn
Do stund ouch vff / wer myn das din /
All tugend worent noch vff erd /
Do man nüt dann zymlichs begerdt /
Armůt die ist eyn gob von gott
Wie wol sie yetz ist der welt spott
Das schafft alleyn das nyeman ist
Der gdenck / das armůt nüt gebrüst
Vnd das der nüt verlieren magk
Der vor nüt hat jn synem sack
Vnd das der lycht mag schwymmē wytt
Wer nacket ist / vnd an hat nüt
Eyn armer syngt fry durch den walt
Dem armen seltten üt entpfalt
Die fryheit hat eyn armer man
Das man jn doch loßt bættlen gan
Ob man jn schon sicht übel an /
Vnd ob man jm joch gar nüt gytt
So hat er doch dest mynder nitt
By armůt fand man bessern ratt
Dann richtům ye gegeben hat
Das wiset Quintus Curius
Vnd der berűmbt Fabricius /
Der nit wolt haben gůt noch gelt
Sunder ere / tugent / er erwelt /
Armůt hett geben fundament
Vnd anfang allem regyment
Armůt hat gbuwen alle stett
All kunst Armůt erfunden hett
Alls übels Armůt ist wol on
All ere vß Armůt mag erston
By allen vœlckern vff der erd
Ist armůt / langzyt gwesen werdt
Vor vß die Kriechen / dar durch hand
Vil stett bezwungen / lüt / vnd land
Aristides was arm / gerecht
Epamynūdas streng / vnd schlecht
Homerus was arm vnd gelert
Inn wißheit Socrates geert
Phocyon jnn mylt übertrifft
Das lob hat armůt jnn der gschrifft
Das nüt vff erd ye wart so groß
Das nit von erst vß armůt floß
Das Rœmsch rich / vnd sin hoher nam
Anfænglich vß armůt har kam
Dann wer merckt / vnd gedenckt do by
Das Rom von hyrten gbuwen sy
Von armen buren lang regiert
Dar noch durch richtům gantz verfűrt /
Der mag wol mercken das armůt
Rom baß hat gthon / dann grosses gůt /
Wer Cresus arm / vnd wis gesyn
Er hett behalten wol das syn
Do man frogt Solon vmb bescheit
Ob er het rechte sællikeyt
Dann er was mæhtig / rich / vnd werd /
Sprach Solon man solt hie vff erd
Keyn heyssen sellig vor sym todt
Man weißt nit was her noher gat
Wer meynt das er vest stand noch hüt
Der weißt doch nit / die kunfftig zyt
Der her sprach / üch sy we vnd leydt
Ir richen / hant hie üwer freüd
Ergetzlicheit jnn üwerm gůt
Sellig der arm / mit fryem můt /
Wer samlet gůt / durch liegens krafft
Der ist vnnütz / vnd gantz zaghafft
Vnd macht sich veisßt / mit sym vnglück
Das er erwürg an todes strick
Wer eynem armen vnrecht důt
Vnd do mit huffen will sin gůt
Der fyndt eyn richern dem er gibt
Syn gůt / so er jnn armůt blibt
Nit richt dyn ougen vff das gůt
Das allzyt von dir fliehen důt
Dañ es glich wie der Adler gwynnt /
Fædern / vnd flügt bald durch den wynt /
Wer gůt vff erden rich hye syn
Christus wer nit der ærmst gsyn /
Wer spricht das jm sunst nüt gebrest
Dann das on pfenning sy sin tæsch
Der selb ist aller wißheit on
Im gbrüst me dann er sagen kan
Vnd vor vß das er nit erkennt
Das er sy ærmer dann er wænt
|
83.
Von Verachtung der
Armut
Geldnarren sind auch überall
So viel, daß man nicht kennt die Zahl,
Die lieber haben Geld als Ehr'.
Nach Armut fragt jetzt niemand mehr;
Man kommt auf Erden dort kaum aus,
Wo nichts als Tugend ist im Haus.
Weisheit tut man nicht Ehr' mehr an,
Und Ehrbarkeit muß hinten stahn;
Sie kommt kaum noch auf grünen Zweig,
Man will jetzt, daß man ihrer schweig';
Und wer nur strebt nach Reichtum hin,
Hat den allein in seinem Sinn,
Und scheuet Sünd' nicht, Wucher, Schand',
Nicht Mord, Verrat am eignen Land;
Das ist jetzt üblich in der Welt.
Jede Schlechtigkeit kriegt man für Geld:
Gerechtigkeit für Geld ist feil;
Geldes wegen käm mancher an das Seil,
Käm' er mit Geld nicht aus der Haft.
Um Geld bleibt Sünd' oft ungestraft,
Ich sag' dir deutsch, wie ich das meine:
Man henkt die kleinen Dieb' alleine;
Eine Brems nicht in dem Spinnweb klebt,
Die kleine Mücke nur drin schwebt.
Ahab war ehmals nicht zufrieden,
Daß ihm ein Königreich beschieden,
Bis er den Weinberg Naboths nahm,
Der arm ohn Recht zu Tode kam.
Der Arme muß stets in den Sack;
Was Geld gibt, ist gut von Geschmack.
Armut, die jetzt ganz unwert,
War einstens lieb und hochgeehrt
Und angenehm der goldnen Welt.
321
Da hat niemand geachtet Geld
Oder etwas besessen allein:
All Dinge waren da gemein,
Und man an dem Genügen fand,
Was ohne Arbeit jedes Land
Und die Natur ohn' Sorgen trug.
Doch als gebraucht erst ward der Pflug,
Fing man auch gierig an zu sein,
Da kam auch auf: »Wär' mein, was dein!«
All Tugend wär' noch auf der Erde,
Wenn man nur Ziemliches begehrte.
Armut ist eine Gab' von Gott,
Wiewohl sie jetzt der Welt ein Spott;
Das macht allein, weil niemand ist,
Der denkt, wie Armut nichts gebrist,
Und daß der nichts verlieren kann,
Der nichts hatte von Anfang an,
Und daß der leicht kann schwimmen weit,
Der nackend ist und ohne Kleid.
Ein Armer singt frei durch die Welt,
Dem Armen selten etwas fehlt.
Die Freiheit hat ein armer Mann,
Daß er doch betteln gehen kann,
Obschon man ihn sieht übel an;
Und wenn man ihm auch gar nichts reicht,
So bleibt sein Gut wie vorher leicht.
Bei Armut fand man bessern Rat,
Als Reichtum je gegeben hat,
Das zeigt uns Quintus Curius
Und der berühmte Fabricius,
Der wollte nicht haben Gut noch Geld,
Sondern hat Ehr' und Tugend erwählt.
Armut gab ehmals Fundament
Und Anfang allem Regiment;
Armut gebaut hat jede Stadt;
All Kunst
322 Armut erfunden hat;
Armut ist ohne Schlechtigkeit,
Aus Armut wächst Ehr' allezeit;
Bei allen Völkern auf der Erde
War Armut lang in hohem Werte;
Es hat durch sie der Griechen Hand
Viel Städt' bezwungen, Leut' und Land.
Aristides war arm und gerecht,
Epaminondas streng und schlecht,
323
Homer war arm und doch gelehrt,
In Weisheit Sokrates geehrt
Und Phocion keiner an Mild'
324 übertrifft.
Das Lob hat Armut in der Schrift:
Nichts ward auf Erden je so groß,
Das nicht zuerst aus Armut floß.
Das Römische Reich, sein hoher Nam'
Anfänglich her aus Armut kam.
Denn welcher merkt und bedenkt dabei,
Daß Rom von Hirten erbauet sei
Und von armen Bauern lang regiert,
Danach von Reichtum ganz verführt,
Der kann wohl merken, daß Armut
Rom besser war als großes Gut.
Wär' Krösus arm, doch klug gewesen,
Behalten hätt' er, was er besessen;
Man fragte Solon
325 um Bescheid,
Ob jener hätte Seligkeit,
326 -
Denn er war mächtig, reich, geehrt, –
Da sagte Solon: »Auf der Erd'
Nenn keinen selig vor dem Tod,
Man weiß nicht, was ihm all noch droht!«
Wer meint noch festzustehen heut,
Der kennt doch nicht die künft'ge Zeit!
Der Herr sprach: »Euch sei Weh und Leid!
Ihr Reichen habt hier Eure Freud',
Genießet euer Gut auf Erden,
Glücklicher wird der Arme werden!«
Wer lügt, damit sein Gut sich mehre,
Ist unnütz und ganz ohne Ehre
Und nähret selbst sein Mißgeschick,
Daß er erwürg' am Todesstrick.
Wer einem Armen Unrecht tut
Und damit häufen will sein Gut,
Trifft einen Reichern, der erpreßt
Sein Gut und ihn in Armut läßt.
Richt nicht die Augen auf das Gut,
Das allzeit von dir fliehen tut;
Gleichwie der Adler so gewinnt
Es Federn und fliegt durch den Wind.
Wenn Reichtum wäre gut auf Erden,
Trüg' Christus nicht Armutgebärden.
Wer spricht, daß er ohn' Mängel wär',
Nur sei die Tasch' ihm pfennigleer,
Derselb' ist in der Torheit Bann,
Ihm fehlt mehr, als er sagen kann,
Zum ersten, daß er nicht erkennt,
Wie er ist ärmer, als er wähnt.
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