Fabelverzeichnis
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Brant 6
 
Vom Beharren im Guten
Sich des Todes nicht versehen
Von Verachtung Gottes
Von Gotteslästerung
Von Plage und Strafe Gottes
Von törichtem Tausche
Ehre Vater und Mutter
Vom Schwätzen im Chor
Überhebung und Hoffahrt
Wucher und Aufkauf
Von Hoffnung auf Erbschaft

 
Den Feiertag nicht heiligen
Schenken und Bereuen
Von Trägheit und Faulheit
Von ausländischen Narren
Vom Verfall des Glaubens

 

Vil griffen den pflůg an gar resch
Vnd enden übel doch zů lest /
Das důt / der gouch der blibt jm nest

 

Es greift gar mancher hurtig zum Pflug
Und endet zuletzt doch übel genug,
Weil er den Gauch aus dem Nest nicht trug.

 
LXXXIV.
Von beharren jn gutem

Vil legen jr handt an den pflůg
Vnd sint von erst / jnbrünstig gnůg
Zů wißheyt / vnd zů gůtem werck /
Stygent doch nit voll vff den berg

Der sie fűr zů dem hymelrich
Sunder sehen sie hynder sich
Vnd gfelt jnn wol Egypten landt
Do sie jr fleisch hæf gelossen handt
Vnd louffen zů den sünden groß

Glich wie der hunt zů synem asß
Das er yetz dickmol gessen hat
Die hant für wor eyn sœrglich stat
Gar kum eyn wund wyder genyßt
Die me dan eynst vff gbrochen ist

Wann sich der siech nit haltet recht
Das wider vmb sin kranckheit schlecht
So ist vast sœrglich / das er mag
Genæsen nit / jn langem tag
Vil wæger wer / nit vohen an

Dann noch dem anfang doch abstan /
Got spricht / jch wolt du hetst gestalt
Das du werst warm / oder gantz kaltt
Aber die wile du læw / wilt syn
So vnwillest du der selen myn /

Ob eyner joch vil gůts hat gthon
So würt jm doch nit der recht lon
Wann er nit bharret jnn das end /
Vß grossem übel kam behend
Vnd wart erlϧt / die husfrow Loth

Aber do sie nit hielt das gbott
Vnd wider vmb sach hynder sich
Bleib sie do stan gantz wunderlich /
Ein narr loufft wider zů synr schæll
Glich wie eyn hundt zů sym gewæll


Mag Adel / gůt / sterck / jugents zyer
Han fryd vnd růw / o todt vor dir?
Alls das / das leben ye gewann
Vnd tœttlich ist / das můß dar von

 
84.
Vom Beharren im Guten

Die Hand legt mancher an den Pflug
Und hat zuerst Begehren genug
Zu Weisheit und nach gutem Werk
Und steigt doch nicht empor zum Berg,

Der ihn führt zu des Himmels Auen,
Er muß vielmehr zurück oft schauen,
Und gefällt ihm wohl Ägyptenland,
Wo mancher volle Fleischtopf stand,
Und läuft den Sünden weiter nach

Wie mancher Hund dem, was er brach,
Was er schon oft verschlungen hat –
Für solchen gibt's nur wenig Rat.
Die Wunde selten sich wieder schließt,
Die oft schon aufgebrochen ist;

Wenn sich der Sieche nicht recht hält,
Und zurück in seine Krankheit fällt,
So ist zu befürchten, daß zuletzt
Genesung auf sich warten läßt.
Viel besser ist's ans Werk nicht gehn

Als nach dem Anfang abzustehn.
Gott spricht: »Ich wollt', du hätt'st Gestalt,
Daß warm du wärest oder kalt;
Aber dieweil du lau willst sein,
Bist du zuwider der Seele mein!«

Wenn einer tat viel Gutes schon,

Wird ihm doch nicht der rechte Lohn,
Wenn er nicht ausharrt bis ans Ende.
Aus großem Übel kam behende
Und ward erlöst die Hausfrau Lot,

Doch da sie nicht hielt das Gebot
Und wieder blickte hinter sich,
Blieb sie da stehn ganz wunderlich.
Ein Narr läuft wieder zu seiner Schelle,
Wie der Hund zu seinem Gewölle.


Kann Adel, Gut, Stärk', Jugendzier
In Fried' und Ruh sein, Tod, vor dir?
All das, was Leben je gewann
Und sterblich ist, – das muß daran.

 
   
LXXXV.
Nit fursehen den dot

Wir werden btrogen lieben fründt
All die vff erden leben syndt
Das wir fürsehen nit by zyt
Den dott / der vnser doch schont nüt

Wir wissen / vnd ist vns wol kunt
Das vns gesetzet ist die stundt
Vnd wissen nit wo / wenn / vnd wie /
Der dott der ließ nie keynen hye
Wir sterben all / vnd fliessen hyn /

Dem wasser glich zůr erden jn /
Dar vmb sint wir groß narreht doren
Das wir nit gdencken jnn vil joren
Die vns gott dar vmb leben lott
Das wir vns rüsten zů dem dot

Vnd leren / das wir műssen künnen
Vnd mœgen jnn keyn weg entrynnen
Der wynkouff ist gedruncken schon
Wir mœgen nit dem kouff abston
Die erste stund / die lest ouch braht

Vnd der den ersten hat gemacht
Der wust ouch / wie der lest würd sterbē /
Aber die narrheyt důt vns ferben
Das wir gedencken nit dar an
Das vns der dot nit hie wurt lan

Vnd vnsers hübschen horsß nit schonen
Noch vnser grűnen krentz / vnd kronen
Er heißt worlich / hans acht syn nit /
Dann wellen er begrifft / vnd schütt
Er sy wie starck / schon / oder jung

Den lert er gar eyn seltzen sprüng
Den ich billich den dotsprung heiß
Das eym vß dringt kalt / grym / vñ sweiß
Vñ streckt / vñ krymbt sich / wie ein wurm
Dann do důt man den rechten sturm

O dott wie starck ist din gewalt
Sydt du hyn nymbst beid jung / vnd alt /
O dott wie gar hert ist din nam
Dem adel / gwalt / vnd hohem stam
Vor vß dem / der syn freüd / vnd můt

Alleyn setzt / vff das zyttlich gůt
Der dott mit glichem fůß zerschütt
Der kunig Sæl / vnd hyrten hüt
Er acht keyn pomp / gewalt / vnd gůt /
Dem babst / er wie dem buren důt /

Dar vmb eyn dor ist / wer all tag
Flücht / dem er nit entrynnen mag
Vnd meynt / wann er syn schellen schütt
Das jnn der dott / dar vmb sæh nitt
Vff sollich gding eyn yeder har

Kunt / das er ouch von hynnan far
Vnd er erloubet sy dem dot
Wann von dem lib die sel vß got /
Mit glichem gsatz / der dot hyn fűrt
Alls das / das leben ye berűrt

Du stürbst / der blibt noch lenger hie
Vnd bleib die leng doch keyner nie /
Die tusent jor erlebten schon
Die műsten doch zů letst ouch gon
Es ist kum / vmb eyn rock zů thůn

Das noch dem vatter / leb der sůn
Der vor dem vatter styrbt zů zyt
Dann man fynd ouch vil kelber hüt
Ie eyner fert dem andern noch
Wer nit wol styrbt / der fyndt syn roch

Des glich jr narrheyt ouch erscheynen
Die vmb eyn dotten / truren / weynen /
Vnd jm vergünnen syner růw
Do wir doch all begeren zů /
Dann keyner fert zů frűg do hyn

Do er můß / ewicklichen syn
Jo gschicht gar manchem wol dar an
Das gott jm rűfft zyttlich hyn dan
Der dott ist manchem nütz gesyn
Das er on wart / trűpsal / vnd pin /

Vil hant den dot ouch selb begert
Der dott vil dancks an den bewerdt
Zů den er kam / ee man jm rűff /
Vil gefangen er jnn fryheyt schűff
Vil hat er vß dem kercker bracht

Den der was ewicklich eracht /
Das glück deilt vnglich gůt / vnd rich
Aber der dot macht es alls glich
Der ist eyn richter / der gantz nytt
Ettwas abloßt / durch yemans byt /

Der ist alleyn / der all ding lont /
Der ist / der nye keym ye hat gschont
Nye keym gehorsam er ye wart
Sye műsten all vff syne fart
Vnd dantzen jm noch synen reyen

Bæbst / keyser / künig / bischœff / leyen
Der mancher noch nit hat gedacht
Das man den vordantz jm hatt bracht
Das er můß dantzen an dem gzotter
Den westerwelder / vnd den drotter

Hett er sich vor dar zů gerüst
Er wer nit so stümpflyng erwűst
Dann manch groß narr ist yetz do hyn
Der sorg hatt vff die grebniß syn
Vnd leyt dar an so grosses gůt

Das es noch manchen wundern důt
Als Mausolum / das jrm man
Arthemysia hatt gemachen lan
Vnd so vil kosten dran geleyt
Mit grosser gzierd / vnd rylicheyt

Das es der syben wunder eyns
Ist / die man fyndt jm erden kreiß /
Ouch græber jnn Egypten lant
Die man Pyramides hat gnant /
Vor vß als Chemnis macht eyn grab

Dar an er henckt syn gůt vnd hab
Do dry mol hundert tusent man
Vnd sechtzig tusent werckten an
Dan er vmb krut gab also vil
(Der ander kost ich schwigen will)

Keyn fürsten ich so rich yetz halt
Der das alleyn mœcht han bezalt /
Des glich ouch Amasis jm macht
Wie Rhodope / hatt eyns volbracht
Das was eyn groß dorheyt der welt

Das man leidt eyn so mæhtig gelt
An græber / do man würffet hyen
Den æsch sack / vnd die schelmen beyn
Vnd gab so grossen kosten vß
Das man den würmen macht eyn huß

Vnd durch der selen willen nüt
Důt / die doch leben můß all zyt /
Die sel hilfft nüt eyn kostlich grab
Oder das man groß marmel hab
Vnd vff henck schyltt / helm / bâner groß

Hie lyt eyn herr / ist woppens gnoß
Howt man jm dann jnn eynen steyn /
Der recht schyltt / ist eyn dotten beyn
Dar an würm / schlangē / krotten nagē /
Das woppen / keyser / buren / tragen

Vnd wer hie züht eyn feyßten wangst
Der spißt / syn wæpner aller langst /
Do ist eyn væhten / ryssen / brechen /
Die fründ sich vmb das gůt erstechen /
Welcher es gantz behaltten well

Die tüfel / sint gewisß der sel
Vnd důnt mit der wűst tryumphieren
Von eym bad jnn das ander fűren /
Von yttel kelt / jnn ytel hytz /
Wir menschen leben gantz on wytz /

Das wir der sel / nit næmen war
Des libs wir sorgen yemer dar /
All erd die ist gesægnet gott
Wol lyt der / der do wol ist dott
Der hymel manchen dotten deckt

Der vnder keynen steyn sich streckt
Wie kund der han eyn schœner grab
Dem das gestyrn lücht oben ab /
Got fyndt die beyn zů syner zyt /
Wer wol styrbt / des grab ist das hœhst /
Der sünder dot / der ist der bœsst

 
85.
Sich des Todes nicht versehen

All die wir leben hier auf Erden,
Geliebte Freund', betrogen werden,
Weil wir nicht vorzusehn gewohnt
Den Tod, der unser doch nicht schont.

Wir wissen, und es ist uns kund,
Daß uns gesetzet ist die Stund',
Und wissen nicht wo, wann und wie,
Doch ließ der Tod noch keinen hie.
Wir sterben all und fließen hinnen

Wie Wasser, die zur Erde rinnen;
Darum sind wir gar große Narren,
Daß wir nicht denken in viel Jahren,
Die uns Gott deshalb leben läßt,
Daß wir uns rüsten auf das best'

Zum Tod und lernen, daß wir hinnen
Einst müssen ohne zu entrinnen.
Der Wein ist schon getrunken drauf,
Wir können nicht abstehn von dem Kauf;
Die erste Stund' die letzte brachte,

Und wer den ersten ehmals machte,
Der wußt' auch, wie der letzt' würd' sterben.
Aber die Narrheit tut uns färben, 327
Daß wir gedenken nicht daran,
Wie uns der Tod nicht lassen kann

Und unsers schönen Haars nicht schonen,

Noch unsrer grünen Kränz' und Kronen.
Mit Recht »Hans Achtseinnit« er heißt,
Denn wen er greift und an sich reißt,
Sei er auch stark und schön und jung,

Den lehrt er gar seltsamen Sprung,
Den billig ich den Todsprung heiß',
So daß ihm ausbricht kalter Schweiß
Und streckt und krümmt sich wie ein Wurm,
Denn da tut man den rechten Sturm.

O Tod, was hast du für Gewalt,
Dieweil du hinnimmst jung und alt!
O Tod, wie ist so hart dein Nam'
Für Adel, Macht und hohen Stamm;
Für den zumal, der Freud' und Sinn

Nur lenkt auf zeitlich Güter hin!
Der Tod mit gleichem Fuß zertritt
Des Königs Saal, des Hirten Hütt':
Er achtet Pomp nicht, Macht noch Gut,
Dem Papst er wie dem Bauern tut.

Drum ist ein Tor, wer fliehen will,
Den, der ihm doch noch setzt das Ziel,
Und meint, wenn er die Schellen schüttelt,
Daß ihn der Tod alsdann nicht rüttelt;
Mit der Bedingung kommt fürwahr

Ein jeder, daß er wieder fahr'

Von hinnen und dem Tod zustehe,
Wenn von dem Leib die Seele gehe.
Nach gleichem Recht der Tod hinführt
Das, was das Leben je berührt:

Du stirbst, der bleibt noch länger zwar,
Doch keiner je unsterblich war:
Die tausend Jahre angesehn -
Sie mußten doch zuletzt auch gehn;
Der Rock war kaum getragen ab,

Da sank der Sohn in des Vaters Grab;
Ein andrer den Tod vorm Vater schaut,
Man findet auch manche Kälberhaut.328
Je einer fährt dem andern nach,
Und wer nicht wohl stirbt, findet Rach'.329

Auch lassen die ihre Narrheit scheinen,
Welche um Tote trauern und weinen,
Ihnen mißgönnen ihre Ruh',
Der wir doch alle eilen zu,
Denn keiner geht zu früh dort ein,

Wo er in Ewigkeit muß sein.
Und manchem geschieht gar wohl daran,
Daß Gott ihn zeitlich ruft hindann.
Der Tod bracht' manchem Nutzen ein,
Trübsal ward ihm erspart und Pein.

Viele wünschen den Tod ihr Leben lang,

Und andre verpflichtet er zu Dank,
Zu denen er ungerufen gegangen:
Er machet viele frei, die gefangen
Und hat viel aus dem Kerker gebracht,

Denen der ewig war zugedacht.
Ungleich verteilt das Glück die Güter,
Der Tod allein schafft Gleichheit wieder.
Er ist ein sehr gerechter Richter,
Ein unbestechlich Urteil spricht er.

Er ist's allein, der alles lohnt,
Der keinen jemals hat geschont
Und keinem je gehorsam ward -
Sie mußten all auf seine Fahrt
Und ihm nachtanzen seinen Reihen:

Päpst', Kaiser, König, Bischöf', Laien,
Deren mancher noch niemals gedacht,
Daß man den Vortanz ihm gebracht,
Und er muß tanzen in dem Gezotter 330
Den Westerwälder und den Trotter;

Wenn er hätt' eher daran gedacht,
Es wär' nicht gekommen so über Nacht.
So mancher Narr kam auf die Bahr',
Der um sein Grab voll Sorge war
Und wandte dran so viel an Gut,

Daß es noch manchen wundern tut.

Ein Mausoleum hat erbaut
Artemisia dem Gatten traut
Und soviel Kosten dran gewandt
Mit großer Zier und offner Hand:

Es ist eins jener Wunder groß,
Deren sieben der Erdkreis trägt ihm Schoß.
Die Gräber in Ägyptenland
Hat Pyramiden man genannt;
Es baute Chemnis 331 sich ein Grab

Und hing daran sein Gut und Hab',
Da dreimalhunderttausend Mann
Und sechzigtausend wirkten dran,
Denen gab an Kraut er alsoviel,
(Der andern Kost ich schweigen will),

Daß wohl kein Fürst wär' jetzt so reich,
Der das bezahlte jenem gleich. 332
Ein gleiches Amasis vollbrachte,
Auch Rhodope sich eines machte.
Welch große Torheit doch der Welt,

Daß man wendet so vieles Geld
An Gräber, wo man wirft hinein
Den Aschensack, die Schelmenbein',
Und gab so viele Mittel aus,
Daß man den Würmern macht ein Haus,

Aber der Seele wird nichts geweiht,

Die doch leben muß in Ewigkeit.
Der Seel' hilft nicht ein kostbar Grab,
Daß einen Marmorstein man hab'
Und aufhäng' Schild, Helm, Banner groß;

»Hier liegt ein Herr und Wappengenoß!«
Haut man ihm dann in einen Stein.
Der rechte Schild ist ein Totenbein,
Dran Würmer, Schlangen, Kröten nagen,
Das Wappen Kaiser und Bauer tragen,

Und wer hierher zieht mit feistem Bauch,
Speist seine Wäppner am längsten auch.
Da ist ein Fechten, Reißen, Brechen,
Die Freunde sich um das Gut erstechen,
Denn jeder möcht' es ganz behalten-

Die Teufel mit der Seele schalten

Und tun mit der wüst triumphieren,
Von einem Bad sie ins andre führen,
Von Eiseskälte in große Hitz'.
Wir Menschen leben ganz ohn' Witz.333

Daß wir der Seel' nicht nehmen wahr,
Des Leibes sorgen immerdar.
Die ganze Erde ist Gott geweiht,
Gut ruht, wer stirbt in Seligkeit.
Der Himmel manchen Toten deckt,

Der unter keinem Stein sich streckt.
Wem könnte sein ein schöner Grab,
Dem das Gestirn glänzt himmelab?
Gott findet die Bein' zu seiner Zeit,
Wer wohl stirbt, hat den schönsten Tod,
Wer sündig stirbt, die schlimmste Not!

 
 
Wer meynt gott well jnn stroffen nyt
Dar vmb / das er beyt lange zyt
Den schlecht der tunder dyck noch hüt

 
Wer meint, daß Gott nicht strafend dräut,
Weil er oft zögert lange Zeit,
Den trifft der Donner oft noch heut.

 
LXXXVI.
Von verachtung gottes

Der ist eyn narr / der gott veracht
Vnd wider jn vieht / tag vnd nacht
Vnd meynt / er sy den menschen glich
Das er schwig / vnd loß fattzen sich

Dann mancher sich dar vff verlosßt
So jm der tunder nit anstoßt
Sin huß so bald / vnd schlecht jnn dott
So er syn boßheit hatt volbrocht
Oder nit styrbet gæhelich

Das er nit me důrff vœrhten sich
Dann got hab syn vergessen doch
Das er so lang jor beittet noch
Er werd jm dar zů lonen ouch
Do mit versündt sich mancher gouch

Der erst jnn synen sünden verhart
Dar vmb / das jm gott ettwan spart
Meynt er jm griffen an den bart
Als ob er mit jm schimpfen wolt
Vnd gott vertragen sollches solt /

Hœr zů o dor / würd witzig narr
Verloß dich nit vff solche harr
Es ist worlich eyn grusam bandt
Welcher gott fallet jn syn handt
Dann ob er joch lang zyt din schont

Dir würt des beittens wol gelont
Manchen loßt sünden gott der herr
Das er jn dar noch stroff dest mer
Vnd jm bezal das / vnd das eyn
Man spricht es mach den seckel reyn /

Mancher der styrbt jnn sünden kleyn
Dem důt gott sollche gnad dar an
Das er jnn zyttlich nymbt von dan
Do mit er nit vil sünd vff lad /
Vnd grœsser werd der selen schad

Gott hat all ruwern zů geseitt
Ablaß / vnd syn barmhertzikeit
Keym sünder er doch ye verhyeß
Das er jnn so lang leben ließ
Biß er rüwt / vnd næm besserung an

Oder das er rüw würd entpfan /
Gott geb eym dyck syn gnad noch hüt
Vnd will jm doch morn geben nüt /
Ezechias von gott erwarb
Das vff syn gsatzt zyel er nit starb

Sunder lebt noch dann funfzehen jor /
Balthesar durch sünd sym ziel kam vor
Die handt / von aller freüd jnn treib
Die Mane / Phares / Thetel schreib
Er was zů lycht an dem gewyecht

Dar vmb wart jm entzuckt syn lyecht
Vnd merckt nit das syn vatter vor
Durch gott gstrofft / vor manchem jor
Zů besserung vnd bůß sich kert
Dar vmb wart er von gott erhœrt

Das er jn vyehes gstalt nit starb
Durch rüw / er gnad vnd zyel erwarb
Eym yeden ist gesetzt syn zit
Vnd zal der sünd / dar über nüt
Dar vmb zů sünden nyeman yl

Wer vil sündt der / ist bald zům zil
Vil syndt / dott yetz jn disem jor
Hetten sie sich gebessert vor
Vnd jr stundglaß vmb kœrt by zyt
Der santt wer vß geloffen nitt
Sie lebten noch on zwifel hüt

 
86.
Von Verachtung Gottes

Ein Narr ist der, der Gott nicht achtet
Zu widersprechen ihm stets trachtet.
Und meint, er sei den Menschen gleich,
Daß er sich foppen lass' und schweig'.

Denn mancher fest und sicher glaubt,
Wenn ihn der Blitzstrahl nicht beraubt
Des Hauses gleich und schlägt ihn tot,
Wenn er den Nächsten bracht' in Not,
Und wenn er nicht stirbt jähelich -

Er brauch' nicht mehr zu fürchten sich,
Denn Gott hab' sein vergessen doch
Und warte lange Jahre noch
Und werd' ihm dazu lohnen auch.
Damit versündigt sich manch Gauch,

Der in der Sünde recht verharrt;
Darum, daß Gott sein etwa spart,
Denkt er zu raufen ihm den Bart,
Als ob er mit ihm scherzen wolle
Und solches Gott vertragen solle.

Hör' zu, o Tor; werde weise, Narr!
Versäum' dich nicht, nicht länger harr'!
Es trägt fürwahr ein grausam Band,
Der, welcher Gott fällt in die Hand,
Denn ob er auch dich lange schont,

So wird dir schließlich doch gelohnt.

Manchen läßt sündigen Gott der Herr,
Um ihn zu strafen desto mehr
Und ihn zu lohnen auf einmal;
Man spricht, das mach' den Säckel kahl.334

Mancher, der stirbt in Sünden klein,
Dem tut Gott solche Gnade drinnen,
Daß er ihn zeitig nimmt von hinnen,
Damit er nicht viel Sünd' auflade
Und größer werd' der Seele Schade.

Gott will den Reuigen erweisen
Barmherzigkeit, wie er verheißen;
Doch keinem Sünder er verhieß,
Daß er ihn so lang leben ließ',
Bis ihn die Besserung überkäme

Und er zum Guten sich bequeme.
Gott gäb' wohl manchem Gnade heut,
Dem morgen er mit Zorne dräut.
Ezechias von Gott erwarb,
Daß er am Ziele doch nicht starb,

Sondern noch fünfzehn Jahre weilte,
Dagegen Belsazar der Tod ereilte.
Die Hand von aller Freud' ihn trieb,
Die Mene Tekel Upharsin 335 schrieb;
Er war zu leicht nach dem Gewicht,

Drum ward entzogen ihm sein Licht;

Er merkte nicht, wie sein Vater 336 war
Durch Gott gestraft vor manchem Jahr
Und sich zur Buß' und Besserung kehrte,
Darum der Herr ihn auch erhörte,

Daß er in Viehes Gestalt nicht starb,
Sondern durch Reue sich Frist erwarb.
Der Sünden wie der Jahre Zahl
Ist jedem festgesetzt zumal,
Und wer in Eile sündigt viel,

Eilt nur damit zum letzten Ziel.
Viel sind schon dieses Jahr gestorben,
Die, hätten Besserung sie erworben,
Ihr Stundenglas gedreht beizeit,
So daß der Sand nicht abgelaufen,
Wohl ohne Zweifel lebten heut.

 
 
Wer læstert gott mitt flůchen / schweren
Der lebt mit schand / vnd styrbt on eren
We dem / der sollchs ouch nit důt weren

 
Wer lästert Gott mit Fluchen, Schwören,
Der lebt mit Schand' und stirbt ohn' Ehren;
Weh solchen auch, die dem nicht wehren!

 
LXXXVII.
Von gottes lestern

Die grϧsten narren ich ouch kenn
Die ich nit weiß wie man sie nenn
Die nit benűgt an aller sünd
Vnd das sie sint des tüfels kynd

Sie műssen œfflich zougen das
Wie sie sygen jnn gottes haß
Vnd haben jm gantz widerseyt
Der hebt gott syn omæchtikeyt
Der ander / jm syn marter für

Syn myltz / syn hyrn / syn krϧ / vnd nyer
Wer yetz kan vngewonlich schwűr
Die dann verbietten důnt all recht
Den haltt man / für eyn fryschen knecht
Der můß eyn spieß / eyn armbrust han

Der gtar alleyn / wol vier bestan
Vnd vß der flæschen freydig syn
Mœrtlich schwür důt man by dem wyn
Vnd by dem spyel / vmb wenig gelt
Nit wunder wer / ob gott die weltt

Durch solche schwűr / ließ vnder gon
Oder der hymel bræch dar von
So læstert / vnd geschmæcht man gott
All erberkeyt ist leyder dott
Vnd gatt mit recht / keyn straff dar noch

Des lyden wir vil plag / vnd roch
Dann es so œfflich yetz geschycht
Das es all weltt merckt / hœrt / vnd sicht
Nit wunder / ob gott selber rycht
Gott mags die leng vertragen nycht

Dann er entpfalh / das man solt důn
Versteynen / der Israhelyten sűn
Sennacherib / der flůchet gott
Vnd wart geplagt mit schand / vnd spot
Lycaon / vnd Mezencius
Entpfand das / vnd Antyochus

 
87.
Von Gotteslästerung

Die größten Narren auch ich kenne,
Doch weiß ich nicht, wie man sie nenne,
Die unbegnügt mit aller Sünd'
Sich zeigen als des Teufels Kind;

Die öffentlich bezeugen, daß
Sie seien gegen Gott voll Haß
Und leben mit ihm in Widerstreit.
Der hält wohl Gott Ohnmächtigkeit,
Der andre ihm sein Leiden vor,

Seine Milz, sein Hirn, Gekrös und Ohr.337
Wer oft und ungewöhnlich schwor,
Wogegen doch Natur und Recht,
Der ist jetzt ein wackrer Knecht,
Der muß den Spieß, die Armbrust tragen 338

Und darf es wohl mit vieren wagen
Und bei der Flasche tapfer sein.
Mordschwüre schallen laut beim Wein
Und bei dem Spiel um wenig Geld;
Kein Wunder wär's, wenn Gott die Welt

Um solche Schwür' ließ untergehn;
Der Himmel könnt' in Stücke gehn,
So lästert und so schmäht man Gott.
All Ehrbarkeit ist leider tot,
Das Recht gibt keine Straf' darnach,

Drum leiden wir viel Plag' und Rach',

Weil es so öffentlich geschieht,
Daß alle Welt es hört und sieht;
Kein Wunder, droht nun mit Gericht
Gott selbst, denn länger trägt er's nicht.

Er selbst befahl, wenn man ihn höhne,
Zu steinigen dann Jakobs Söhne.
Einst fluchte Sanherib auf Gott
Und ward geplagt mit Schand' und Spott;
Lykaon und Mezentius
Empfand das und Antiochus.

 
 
Wer meynt das vns gott strofft zů vil
Das er vns plaget vnder wil
Des plag / ist nit eyn viertel myl

 
Wer meint, daß Gott uns straf' mit Härt',
Weil Plag' uns öfter widerfährt,
Der wird durch Strafe bald belehrt.

 
LXXXVIII.
Vō plag vnd strof gots

Eyn narr ist / wer für wunder heltt
Das gott der herr / yetz strafft die weltt
Vnd eyn plag schickt / der andern noch
Die wile vil krysten sygen doch

Vnd vnder dæn / vil geystlich lüt
Vnd den vil vasten / gbet allzyt
Geschæhen stæts on vnderloß /
Doch hœr / es ist keyn wunder groß
Dann du nit fyndest eynen stadt

Inn dem es yetz nit übel gat
Do nit abnæm syg / vnd gebruch /
Dar zů so ist des wisen spruch
Wan du zerbrychst / das ich dir buw
So würt vns beyden nüt dann ruw

Vnd das wir arbeit hant verlorn /
So spricht ouch sunst / der herr mit zorn
Wann jr nit haltten myn gebott
Will ich uch geben plag vnd dot
Kryeg / hunger / pestilentz / vnd dür

Hytz / ryff / keltt / hagel / tunders für
Vnd meren das / von tag zů tag
Vnd nit erhœren bætt noch klag
Ob joch Moyses vnd Samuel
Mich bætt / so bin ich doch der sel

So vyndt / die nit von sünden latt
Sie můß han plag / wile ich byn gott
Man sæh alleyn an jüdisch landt
Was sie durch sünd verloren hant
Wie dyck sie gott vertriben hatt

Durch sünden / vß der heyligen statt
Die krysten hant das ouch verloren
Do sie verdienten gottes zorn
Myn sorg ist / wir verlyeren me
Vnd das es vns noch übler gee

 
88.
Von Plage und Strafe Gottes

Ein Narr ist, wer für Wunder hält,
Daß Gott der Herr jetzt straft die Welt
Und Plag' auf Plage schicket noch,
Dieweil wir seien Christen doch,

Und unter diesen viel geistliche Leut'
Mit Fasten und Gebet allzeit
Ihm dieneten ohn' Unterlaß.
Doch hör', kein Wunder dünkt mich das,
Dieweil du nicht findst einen Stand,

Mit dem es übel nicht bewandt,
Der nicht abnehme und verfalle.
Drum gilt des Weisen Spruch für alle:
»Weil du zerbrichst, was ich bereite,
So bleibt nur Reue für uns beide,

Und unsre Mühe ist verlorn!«
So spricht auch sonst der Herr mit Zorn:
»Wenn ihr nicht haltet mein Gebot,
Will ich euch geben Plag' und Tod,
Krieg, Hunger, Pestilenz und Hitz',

Samt Teurung, Reif, Kält', Hagel, Blitz,
Und mehren dies von Tag zu Tag;
Will nicht erhörn Gebet noch Klag';
Ob Moses auch und Samuel
Mich bäten, bin ich doch der Seel'

So feind, die treibt mit Sünde Spott,

Daß Plag' sie trifft – so lang ich Gott!«
Schon an der Juden Land ward klar,
Daß es durch Sünd' verloren war;
Wie oft sie Gott vertrieben hat

Um Sünde aus der heiligen Stadt.
Den Christen ging sie auch verlorn,
Weil sie verdienten Gottes Zorn.
Noch mehr Verlust muß ich besorgen,
Und daß es wird noch schlimmer morgen.

 
 
Wer syn mul / vmb eyn sackpfiff gytt
Der selb / syns tuschens gnűsset nytt
Vnd můß offt gan / so er gern rytt

 
Wer um 'ne Pfeif' des Mauls 339 wird quitt,
Genießt selbst seines Tausches nit,
Und muß oft gehn, wenn er gern ritt'.

 
LXXXIX.
Von dorechtē wechsel

Vil grœsser arbeit hatt eyn narr
Wie das syn sel zůr hellen far
Dann keyn Eynsydel vor ye hatt
In aller wůst / vnd heymlich statt

Do er dient vastend / bettend / gott /
Man sicht was hochfart arbeit hat
Wie mâ sich muttz / schmyer / nestel / briß
Vnd herte drück lyd / jnn manche wise
Der gydt tribt manchen über see

Durch vngewitter / ræg / vnd schne
In Norwegen / Pylappen landt /
Keyn růw noch rast / die bůler handt /
Die spyeler haben übel zyt /
Vil mer / der schnapp han / der do ryt

Vff den halßacker wogend sich /
Des prassers will gschwigen ich
Der allzyt voll ist / vmb syn hertz
Was drück der lyd / vñ heimlich schmertz
Des yfers zyt / ist nit die best

Er vœrcht eyn andern gouch jm nest
Syn eygen glyder kocht der nydt
Nyemans durch gottes ere sich lydt
Der jn gedult ansæh syn sel
Als Noe / Job / vnd Daniel

Gar vil sint / den das bϧ gefeltt
Gar seltten der das gůt erwelt
Erwœlen gůts eyn wiser soll
Das bϧ kunt all tag selbes wol
Wer gybt das hymelrich vmb myst

Der ist eyn narr / so vil syn ist
Sin duschen der genüsset nitt
Wer ewigs / vmb zergenglichs gytt
Vnd das ichs kurtz mit wortten bgriff
Gybt er eyn esel / vmb eyn pfiff

 
89.
Von törichtem Tausche

Viel größre Mühe hat ein Narr,
Daß seine Seel' zur Hölle fahr',
Als je ein Eremit noch hat
Gehabt an heimlich-wüster Statt,

Wo er Gott dient mit Beten, Fasten.
Man sieht, was Hoffart trägt für Lasten,
Wie man sich putzt, schminkt, nestelt, schnürt
So fest, daß kaum ein Glied sich rührt.
Die Gier treibt manchen über See

Durch Ungewitter, Regen, Schnee
Nach Norwegen und Lappenland.
Kein Buhler Ruh' noch Rast je fand;
Die Spieler haben wenig Zeit
Und auch der Schnapphahn, der zum Streit

Selbst untern Galgen waget sich.
Des Prassers will geschweigen ich,
Der allzeit voll ist bis ans Herz,
Welch' Pein der hat und stillen Schmerz;
Die Eifersucht hat's nicht aufs beste

Aus Furcht vorm andern Gauch im Neste;
Die eignen Glieder kocht der Neid.
Um Gottes Ehr' trägt niemand Leid
Und fasset in Geduld die Seel'
Wie Noah, Job und Daniel.

Gar vielen Böses nur gefällt,
Von wenigen Gutes wird erwählt.

Ein Weiser Gutes wählen soll,
Das Böse kommt von selber wohl.
Wer gibt das Himmelreich um Mist,

Der bleibt ein Narr, wer er auch ist;
Des Tausches wird nie froh im Mut,
Wer Ewiges gibt um zeitlich Gut:
Denn daß ich's kurz im Wort begreife:
Er gibt den Esel um 'ne Pfeife.

 
 
Ere vatter und můtter allzyt
Do mit dir gott lang leben gytt
Vnd würdst gesetzt jn schanden nytt

 
Den Vater und die Mutter ehre,
Auf daß dir Gott die Tage mehre,
Und nicht dein Lob in Schand' sich kehre!

 
XC.
Ere vatter vnd mutter

Der ist eyn narr der kynden gytt
Do er syn zyt solt leben mytt
Verlossend sich vff gůten won
Das jnn / syn kynd nit sollen lon

Vnd jm ouch helffen jnn der not /
Dem wünscht man allen tag den dot
Vnd wurt gar bald eyn über last
Den kynden syn / eyn vnwert gast
Doch jm geschicht wol halber recht

Worlich ist er an wyttzen schlæcht
Das er mit wortten jm loßt klusen
Des soll man jm mit kolben lusen
Doch lebt der selb nit lang vff erdt
Wem vatter / můter synt vnwerdt /

Inn mit der vinster / lescht des lyecht
Wer vatter / vnd můter ert nycht
An sym vatter bschuldt Absolon
Das jnn solt vnglück jung an gon
Des glichen wart verflůchet Cham

Do er entbloßt syns vatters scham /
Balthesar hatt nit vil glück
Das er syn vatter hűw jnn stück /
Sennacherib von syn sűnen starb
Ir keyner doch das rich erwarb

Thobias gab sym sůn die ler
Er solt syn můtter han jn ere
Dar vmb stund künig Salomon
Synr můtter vff / von synem tron
Als Corylaus ouch hat gthon

Die sűn Rechab / lobt selber gott
Das sie hieltten jrs vatters gbott /
Wer leben will spricht gott der herr
Der bűt vatter / vnd můtter ere
So würt er alt / vnd richen sere

 
90.
Ehre Vater und Mutter

Der ist ein Narr, ganz offenbar,
Wer Kindern gibt, was ihm not war
Zum eignen Leben, weil er denkt,
Es werde Hilfe ihm geschenkt

Von ihnen auch in spätrer Not.
Dem wünscht man jeden Tag den Tod,
Der wird gar bald unwert als Gast
Den Kindern sein zur Überlast.
Doch ihm geschieht wohl nur sein Recht,

Weil er sich hat bedacht so schlecht,
Daß er mit Worten sich ließ krauen;
Drum soll man ihn mit Keulen hauen!
Doch lebt nicht lange auf der Erd',
Wem Vater und Mutter nicht sind wert;

In Finsternis verlöscht das Licht
Des, der die Eltern ehret nicht.
Des Vaters willen traf Absalon
In jungen Jahren böser Lohn,
Desgleichen ward verfluchet Ham,

Weil er entblößt des Vaters Scham,
Belsazar hatte wenig Glück,
Weil er den Vater hieb in Stück';
Auch Sanherib starb von der Söhne Hand,
Deren keiner bekam so Leut' wie Land;

Tobias gab dem Sohn die Lehre,
Daß er die Mutter hielt in Ehre;
Darum stand König Salomon
Vor der Mutter auf von seinem Thron,
Und Corylaus, 340 der gute Sohn,

Die Söhne Rechabs lobet Gott:
Sie hielten väterlich Gebot.
Wer leben will, spricht Gott der Hehre,
Der biete Vater und Mutter Ehre,
Daß Tage er und Reichtum mehre!

 
 
Im chor gar mancher nar ouch statt
Der vnnütz schwetzt / vnd hilfft / vnd ratt
Das schiff vnd wag / von land bald gat

 
Im Chor gar 341 mancher Narr auch steht,
Der unnütz schwätzt und hilft und rät,
Des Wagen und Schiff vom Land bald geht.

 
XCI.
Von schwetzē jm chor

Vil standt jnn kirchen / vnd jm chor
Die schwetzen / rotten durch das jor
Wie sye zůrichten schiff / vnd karr
Das man gon Narragonyen far

Do seyt man von dem welschen krieg
Do lůgt man / das man redlich lieg
Vnd ettwas nüws bring vff die ban
Als wurt die mettin gefangen an
Vnd wert dick zů der vesper zyt

Vil kæmen nit / tryb nit der gydt
Vnd das man gelt geb jn dem chor
Sunst weren sy on die kirch vil jor
Es wer besser vnd weger eym
Er blyb gantz über all do heym

Vnd richt das klapper benckly zů
Vnd synen genßmerckt anderßwo
Dann das er jnn der kyrchen will
Sich jrren / vnd sunst ander vil
Was mancher nit vßrichten kan

Das schlecht er jn der kyrchen an
Wie er vffrüst schyff vnd geschyr
Vnd bring vil nüwer mer har für
Vnd hat groß flyß / vnd ernstlich geberd
Do mit das schyff nit wendig wird

Er ging ee vß dem chor spatzieren
Das er den wagen recht mœcht schmirē
Aber von den dar ich nit drucken
Die jnn den chor alleyn důnt gucken
Vnd zeygen sich mitt presentieren

Treffen doch bald wyder die tűren
Das ist andechtig gebett / vnd gůt
Do man sollich ding vßrichten thůt
Do werden pfründen wol verdient
So man dem roraffen zů gyent

 
91.
Vom Schwätzen im Chor

Viel Schwätzer beraten das ganze Jahr
In Kirche und in Chore fürwahr,
Wie sie zurichten Schiff und Karren
Um drin gen Narragon zu fahren;

Dort spricht man von dem welschen Kriege,
Hier lugt man, daß man tüchtig lüge
Und etwas Neues bring' zur Bahn.
So wird die Mett' gefangen an,
So geht's oft, bis die Vesper schlägt.

Viel kommen nur von Geiz bewegt
Und weil man Geld gibt 342 in dem Chor,
Sonst blieben fern sie nach wie vor.
Es wär' auch manchem gut fürwahr,
Er blieb daheim das ganze Jahr

Oder nähm' zum Gänsemarkt den Lauf
Und schlüge dort die Schwatzbank auf,
Als daß er in der Kirche will
Sich stören und noch andre viel.
Was er sonst nicht verrichten kann,

Das schlägt er in der Kirche an,
Wie er ausrüste Schiff und Geschirr,
Und bringt viel neue Mär' herfür,
Hat großen Fleiß und ernste Gebärd',
Damit das Schiff nicht wendig 343 werd';

Er ging gern aus dem Chor spazieren,

Daß er den Wagen recht möcht schmieren.
Von denen darf ich gar nicht drucken,
Die in den Chor nur grade gucken
Und zeigen sich zum Präsentieren

Und suchen wieder bald die Türen.
Das scheint Gebet andächtig und gut,
Wenn man solche Dinge verrichten tut
Und Pfründen zu verdienen wähnt,
Wenn man dem Roraffen 344 zugähnt.

 
 
Wer hochfart ist / vnd důt sich loben
Vnd sytzen will alleyn vast oben
Den setzt der tüfel vff syn kloben

 
Wer Hoffart liebt und tut sich loben
Und sitzen will allein hoch oben,
Den setzt der Teufel auf den Kloben.345

 
XCII.
Vberhebung der hochfart

Der furet vff eym strowen dach
Der vff der welt rům / setzt syn sach
Vnd all ding důt / vff zyttlich ere
Dem würt zů letst nüt anders me

Dann das syn won / jnn hatt betrogen
So er buwt vff eyn rægenbogen
Wer wœlbet vff eyn dænnyn sul
Dem wűrt ee zyt / syn anschlag ful
Wer rům vnd weltlich ere hie bgerdt

Der wart nit / das jm dort me werdt /
Manch narr halt sich gar hoch dar vmb
Das er vß welschen landen kum
Vnd sy zü schůlen worden wiß
Zů Bonony / zů Pauy / Pariß

Zůr hohen Syen jnn der Sapientz
Ouch jnn der schůl zů Orlyens
Vnd den roraffen gsæhen hett
Vnd Meter pyrr de Conniget /
Als ob nit ouch jnn tütscher art

Noch wer vernunfft / synn / houbter zart
Do mit man wißheyt kunst mœcht lerē
Nit not / so verr zů schůlen keren
Weller will leren jnn sym land
Der fyndt yetz bűcher aller hand

Das nyeman mag entschuldigen sich
Er well dann liegen læsterlich
Man meynt ettwan es wer keyn ler
Dann zů Athenas über mer
Dar noch man sy / byn walhen fandt

Jetz sicht mans ouch jn tütschem land
Vnd gbræst vns nüt / wer nit der wyn
Vnd das wir tütschen voll wennt syn
Vnd mœgen keyn recht arbeit thůn
Wol dem / wer hat eyn wisen sůn

Ich acht nit / das man vil kunst künn
Vnd stell do mit noch hochfart gwynn
Vnd meynt dar durch syn stoltz / vñ klůg
Wer wis ist / der kan kunst genůg
Wer lert durch hochfart / vnd durch gelt

Der spiegelt sich alleyn der welt
Glich als eyn nærrin die sich mutzt
Vnd spieglen důt der welt zů tutz
So si vff spannt des tüfels garn
Vnd macht vil selen zůr hellen farn

Das ist das kützlin / vnd der klob
Do durch der tüfel sůcht groß lob
Vnd hat gefüret manchen hyn
Der sich bedunckt vor witzig syn /
Balaam gab Balach eynen rott

Das Israhel erzürnet gott
Vnd nit mœcht jn dem stritt beston
Das es durch frowen zů műst gon /
Hett Judith sich nit vff gezyert
Holofernes wer nit verfűrt /

Iesabel streich sich varben voll
Do sie meynt jhehu gfallen wol
Der wis man spricht / ker dich geschwynd
Von frowen / sie reytzt dich zůr sünd
Dann nærrin vil sint also geil

Das sie jr gsiecht bald biettent feil
Vnd meynen / es sol schaden nüt
Ob sie eyn blick dem narren gytt
Worlich gesicht / bringt bϧ gedanck
Vnd setzt eynen vff den narrenbanck

Der dar noch lychtlich nit abstat
Biß er den hæher gfangen hatt /
Hett Bersabe jrn lib bedeckt
Sie wer durch ee bruch nit befleckt /
Dyna wolt schowen frœmde man

Biß vmb jr jungfrowschafft sie kam /
Eyn deműtig frow ist eren wert
Vnd würdig / das sie werd geerd
Aber welch hochfart nymbt für hend
Deren hochfart ist ouch gantz on end

Die will ouch allzyt vornen dran
Das nyeman mit jr gstellen kan /
Die grœsßst wißheyt vff aller erdt
Ist / künnen thůn das yeder bgerdt
Vnd wo man das für gůt nit nymbt

Doch künnen thůn / das yedem zymbt
Wer aber frowen thůn will recht
Der můß syn ettwann me dann knecht
Dann sie gar offt durch blœdikeyt
Me thůn / dann durch jr lystigkeit

Der hochfart die do hant gotts haß
Stigt stætes vff / ye baß vnd baß
Vnd fellt zů letst zů boden doch
Zů Lucifer jnns hellenloch /
Hœr hochfart / es kumbt dir die stundt

Das du sprichst vß dym eygnen mundt
Was bringt myn hoher můt mir freüd
So ich hie sitz jnn trűbsal / leid /
Was hilfft mich geltt / gůt / vnd richtům
Was hilfft der welt ere / lob / vnd rům

Es ist nůt dann eyn schætt gesyn
Ougenblicklich ist es do hyn
Wol dem der diß als hat veracht
Vnd hatt alleyn ewigs betracht /
Nüt dunckt eyn narren hie so hoch

Es felt mit jm zů letzsten doch
Vnd vor vß / die schæntlich hochfart
Die hat an jr natur / vnd art
Das sie den hœchsten Engel stieß
Vom hymel ab / vnd ouch nit ließ

Im paradiß den ersten man
Sie mag noch nit vff erd bestan
Sie můß ye sůchen jren stůl
By Lucifer jn hellen pfůl
Sůcht sie den / der sie hat erdacht

Hochfart ist bald zůr hellen bracht
Agar durch hochfart wart von huß
Mit jrem kynd getriben vß /
Durch hochfart Pharao verdarb
Chore mit syner gselschafft starb

Der herr gar grœßlich des erzürn
Do man jn hochfart macht den turn
Als Dauid det jn hochfart zelen
Das volck / műst er eyn plag erwelen
Herodes kleydt jn hochfart sich

Als ob syn wesen wer gœttlich
Vnd wolt ouch haben gœtlich ere
Vnd wart vom Engel gschlagen sere
Wer hochfart tribt / den nydert got
Demůt er allzyt gehœheret hat

 
92.
Überhebung und Hoffart

Der macht ein Feuer auf strohernem Dach,
Wer auf der Welt Ruhm setzt sein Sach'
Und alles tut um zeitliche Ehr';
Dem wird zuletzt nichts andres mehr,

Als daß sein Wahn ihn hat betrogen,
Wie einer baut auf Regenbogen.
Wer wölbt auf eine Tannensäule,
Des Anschlag zeigt vorzeitig Fäule;
Wer Ehr' und Weltruhm hier begehrt,

Der harrt nicht, daß ihm dort mehr werd'.
Manch Narr von Hochmut ist entbrannt,
Weil er gekommen aus welschem Land
Und man auf Schulen ihn unterwies
Zu Bononi 346, Pavia und Paris

Und zu Hoch-Sien 347 in der Sapienz 348
Und in der Schule zu Orliens 349,
Daß er den Roraffen gesehen hätt'
Und den Meister Peter von Conniget.
Als ob nicht auch in deutscher Art

Vernunft und Sinn noch sei bewahrt,
Daß man Weisheit und Kunst 350 möcht lehren
Ohn fern auf Schulen sie zu hören.
Wer will lernen in seinem Land,
Der findet jetzt Bücher allerhand,

Daß niemand kann entschuldigen sich,
Er wolle denn lügen lästerlich.
Man meint vielleicht, es gäb' keine Lehre
Als zu Athenä überm Meere,
Darnach man sie in Welschland fand:

Jetzt blüht sie auch im deutschen Land,
Und nichts gebräch uns – wär nicht der Wein,
Und daß wir Deutsche voll wollen sein
Und hätten gern ohn' Arbeit Lohn.
Wohl dem, der hat einen weisen Sohn!

Nicht acht' ich's, daß man Wissenschaft
Nur treibt, weil es scheint vorteilhaft,
Und will dadurch sein stolz und klug:
Wer weis' ist, besitzt Kunst genug.
Wer lernt um Hochfahrt nur und Geld,

Der spiegelt sich allein der Welt,
Wie eine Närrin liebt zu putzen
Und spiegeln sich der Welt zu Nutzen,
Wenn sie spannt auf des Teufels Garn
Und läßt viel Seelen zur Hölle fahrn.

Das ist das Käuzlein und der Klobe,
Wodurch der Teufel sucht nach Lobe,
Und hat geführet manchen hin,
Der klug sich hielt in seinem Sinn.
Dem Bileam Balach Rat ersann,

Daß Israel Gottes Zorn gewann
Und nicht konnt' in dem Kampf bestehn,
In dem um Frauen es mußt' gehn.
Hätt' Judith sich nicht schön geziert,
Wär' Holofernes nicht verführt;

Isebel strich sich Farben voll,
Als sie wollt' Jehn gefallen wohl.
Der Weise spricht: »Kehr dich geschwind!
Der Frauen Anblick reizt zur Sünd!«
Viel Närrinnen sind also geil,

Daß sie ihr Antlitz bieten feil
Und meinen, es soll schaden nicht,
Schaun sie dem Narrn ins Angesicht.
Und doch hat lüsterner Blick mit Macht
Schon manchen zur Narrenbank gebracht,

Der nicht eher wieder heimgegangen,
Bis er den Häher hat gefangen.
Hätt' Bersabe ihren Leib bedeckt,
Sie wäre durch Ehbruch nicht befleckt;
Nach fremdem Mann hat Dina gegafft,

Bis sie verlor die Jungfernschaft.
Eine bescheidene Frau ist ehrenwert
Und würdig, daß sie werde geehrt,
Die aber Hoffart nimmt zu Händen,
Deren Hochmut wird sich nimmer enden,

Die will auch allzeit vornan dran,
Daß niemand mit ihr leben kann.
Die größte Weisheit auf der Erd'
Ist, können tun was jeder begehrt,
Und wenn man das für gut nicht nimmt,

Doch können tun, was jedem ziemt.
Wer aber Frauen tun will recht,
Sei stärker als ein Kriegesknecht,
Sie siegen durch ihre Blödigkeit 351
Noch öfter als wie durch Listigkeit.

Die Hochfahrt, die Gott haßt so sehr,
Wächst täglich, stündlich mehr und mehr,
Und fällt zuletzt zu Boden doch
Zu Luzifer ins Höllenloch.
Hör', Hoffart, es kommt dir die Stunde,

Wo du vernimmst aus eignem Munde:
»Was bringt mein stolzer Mut mir Freude,
Wenn ich hier sitz' in trübem Leide?
Was hilft mir Geld, Gut, Eigentum,
Was hilft der Welt Ehr', Lob und Ruhm?

Es ist nichts als ein Schattenspiel
Und findet bald ein jähes Ziel!«
Wohl dem, der alles dies verachtet
Und Ewiges allein betrachtet.
Für einen Narrn ist nichts zu hoch,

Es fällt mit ihm zum letzten doch
Zumal die Hoffart schändelich,
Die hat Natur und Art an sich,
Daß sie den höchsten Engel stieß
Vom Himmel fort und auch nicht ließ

Im Paradies den ersten Mann;
Auf Erden sie bestehn nicht kann,
Sie muß stets suchen ihren Stuhl;
Bei Luzifer im Höllenpfuhl
Sucht sie sich den, der sie erdacht:352

Hoffart ist bald zur Höll' gebracht.
Durch Hochmut ward Hagar von Haus
Mit ihrem Kind getrieben aus;
Durch Hoffart Pharao verdarb,
Korah mit seiner Rotte starb;

Der Herr gar sehr ward aufgebracht,
Als man den hohen Turm erdacht;
Als David ließ aus Hochmut zählen
Das Volk, mußt' er sich Plage wählen;
Herodes prunkte voll Hoffart,

Als ob sein Wesen göttlicher Art;
Er wollt' auch haben göttliche Ehr'
Und ward vom Engel geschlagen sehr.
Hochmut erniedrigt Gottes Rat,
Demut er stets erhöhet hat.

 
 
Die wůcherer fűren wild gewærb
Den armen synt sie ruch / vnd hærb
Nit achtens / das all weltt verdærb

 
Die Wuchrer führen wild 353 Gewerbe,
Zu Armen sind sie rau und herbe,
Ohn Mittleid, ob die Welt verderbe.

 
XCIII.
Wucher vnd furkouff

Dem solt man griffen zů der huben
Vnd jm die zæcken wol ab kluben
Vnd ruppfen die fluckfæder vß
Der hynder sich koufft jnn syn huß

Alls wyn / vnd korn jm gantzen land
Vnd vœrchtet weder sünd noch schand
Do mit eyn arm man nützet fynd
Vnd hungers sterb mit wib / vnd kynd
Do durch so hat man yetz vil dür

Vnd ist / dann værnyg / bœser hür
Nůn galt der wyn kum zehen pfundt
In eym monat es dar zů kundt
Das er yetz gyltet dryssig gern /
Alls gschicht / mit weyssen / rocken / kern /

Ich will vom übernütz nit schriben
Den man mit zynß / vnd gült důt triben
Mit lyhen / blætschkouff / vnd mit borgen
Manchē eyn pfundt / gewynt eyn morgē
Me dann es thůn eyn jor lang soltt

Man lyhet eym yetz müntz vmb goltt /
Für zehen schribt man eylff jnns bůch
Gar lydlich wer der juden gesůch
Aber sie mœgen nit me bliben
Die krysten juden / sie vertriben

Mit juden spieß die selben rennen
Ich kenn vil die ich nit will nennen
Die triben doch wild kouffmanschatz
Vnd schwygt dar zů all reht / vnd gsatz /
Ir vil sich gen dem hagel neygen

Die lachend / vff den ryffen zeygen
Doch gschicht dar gegen ouch gar dick
Das mancher henckt sich an eyn strick /
Wer rich will syn / mit schad der gmeyn
Der ist eyn narr / doch nit alleyn /

 
93.
Wucher und Aufkauf

Dem soll man greifen an die Hauben
Und ihm die Zecken wohl abklauben
Und rupfen die Schwungfedern aus,
Wer kauft auf Vorrat in sein Haus

So Wein wie Korn im ganzen Land
Und fürchtet weder Sünd' noch Schand',
Damit ein armer Mann nichts finde
Und Hungers sterb' mit Weib und Kinde.
Drum ist es jetzo auch so teuer,

Denn schlimmer als früher ist es heuer;
Für Wein man zehn Pfund jüngst nahm,
In einem Mond es dahin kam,
Daß man jetzt dreißig zahlet gern
Gleichwie für Weizen, Roggen, Kern. 354

Vom Wucherzins will still ich sein,
Den man von Geld und Gült 355 streicht ein
Mit Leihen, Ramschkauf und mit Borgen.
Mancher gewinnt an einem Morgen
Ein Pfund mehr, als im Jahr es sollt'.

Man leiht jetzt Münze 356 aus um Gold;
Für Zehen schreibt man Elf ins Buch.
Der Juden Zins war leidlich genug,
Aber sie können nicht mehr bleiben,
Die Christenjuden sie vertreiben,

Die mit dem Judenspieß 357 selbst rennen.

Ich kenne viel und könnt' sie nennen,
Die treiben Handel wild und schlecht,
Und dazu schweigt Gesetz und Recht.
Gar viele sich dem Hagel neigen, 358

Und lachend auf den Reif hinzeigen.
Doch oft dann das Geschick es lenkt,
Daß mancher sich am Strick erhängt;
Wer, andern schadend, reich will sein,
Der ist ein Narr – doch nicht allein.

 
 
Mancher frœwt sich / vff frœmbde hab
Wie er vil erb / vnd trag zů grab /
Die mit sym gbeyn nűsß werffen ab

 
Mancher freut sich auf fremde Hab',
Wen er beerbe und trage zu Grab',
Der mit seinem Gebein Nüsse wirft ab.

 
XCIV.
Von hoffnung vff erbē

Eyn narr ist / wer sich dar vff spytzt
Das er eyns andern erb besytz
Oder für jn kum / jnn den rott
Syn gůt / pfründ / ampt / besytz noch dott

Mancher eyns andern dott sich frœwt
Des end / er nyemer me beschowt
Hofft eynen tragen hyn zů grab
Der mit sym gbeyn würfft byeren ab /
Wer hoffet vff eyns andern dott

Vnd weis nit / wann syn sel vß gat
Der selb den esel důt beschlagen
Der jn gœn narrenberg würt tragen /
Es sterben jung / starck / frœlich lüt
So fyndt man ouch vil kelber hüt

Es gat alleyn nit / über die kűg
Eym yeden syn armůt benűg
Vnd bgær nit / das es grœsser werd
Eyn wilder vmblouff ist vff erd
Bulgarus erbt ouch synen sůn

Des er nie hatt gehofft zů thůn
Pryamus sach syn kynd all sterben
Die er hofft / sie wurden syn erben
Absolon syns vatter tod noch schleych
Vnd reycht syn erbteyl an der eych

Manchem eyn erb würt übernacht
Vff das / er vor nie hatt gedacht
Mancher eyn erben überkunt
Dem lieber wer / jnn erbt eyn hunt /
Nitt yedem gatt noch hoffens won

Als Abraham / vnd Symeon
Loß vœglin sorgen / wann gott will
So kumbt das glück / zytt / end / vnd zyl /
Das best erb ist jm vatterlandt
Do wir hyn hoffen allesandt
Gar wenig stoßt es doch zůr handt

 
94.
Von Hoffnung auf Erbschaft

Ein Narr nur wird sich darauf spitzen
Eines andern Erbe zu besitzen
Oder für ihn im Rat zu schalten,
Sein Gut, Pfründ', Amt einst zu verwalten;

Auf des andern Tod gar mancher baut,
Des End' er nimmermehr doch schaut,
Hofft einen zu tragen hin zu Grab',
Der mit seinem Gebein wirft Birnen ab.
Wer eines andern Tod begehrt,

Nicht weiß, wann ihm die Seel' ausfährt,
Der tut den Esel selbst beschlagen,
Der ihn gen Narrenberg wird tragen.
Es sterben junge, starke Leute,
Gleichwie man findet Kälberhäute;

Es geht nicht über die Kühe allein.
Einem jeden genüge die Armut sein,
Er begehre nicht, daß sie größer werde.
Seltsame Umkehr herrscht auf der Erde:
Bulgarus 359 mußte den Sohn beerben,

Den sah er wider Erwarten sterben;
Die Kinder sah Priam als Todesbeute,
Denen hofft' er zu lassen Land und Leute;
Des Vaters Tod suchte Absalon
Und fand an der Eiche Erb' und Thron.

Manchem ein Erbe wird über Nacht,

An das er nie zuvor gedacht,
Einen Hund hätte mancher lieber zum Erben
Als einen, der sein Gut läßt verderben.
Nicht jeder wird seiner Hoffnung so

Wie Abraham und Simeon froh.
Laß die Vöglein sorgen! Wann Gott will,
Dann kommet Glück, Zeit, End' und Ziel.
Das beste Erb' ist jenes Land,
Drauf aller Hoffnung hingewandt;
Doch wird's nur wen'gen zuerkannt.

 

 

Mancher soltt zů der kyrchen gan
Vnd an dem fyrtag műssig stan
Der sich doch vil geschefft nymbt an

 
Es sollte mancher zur Kirche gehen
Und am Feiertage müßig stehn,
Den man kann vielgeschäftig sehn.

 
XCV.
Vō verfurūg am fyrtag

Das synt burger zů Affenbergk
Die all jr sachen / vnd jr werck
Sparen alleyn vff gbannen tagen
Die műssen vff den affen wagen

Dem eynen / můß man roß beschlagen
Dem andern knœpflin setzen an
Das man nůn langst soltt han gethan
Do man saß by dem spyl vnd wyn /
Dem füllet man die spitzen syn

Vil hudelen můß man dar jn stossen /
Dem můß man an důn rœck / vnd hosen
Das mœcht er sunst nit legen an
Hett ers nit vff eyn fyrtag gthan /
Die kœch zů richten für / vnd glůt

Ee man die kylch morgens vff důt
So fyndt man by jn schlemmē vñ brassē
Ee yemans recht kumbt / vff die gassen
So synt die wynhuser schier voll
Das tribt man on end yemerdol

Vor vß / vff den gebannen tagen /
So andere werck synt vnderschlagen
So důt man faren mit den karrhen /
Der fyrtag manchen macht zům narrē
Der meynt der fyrtag sy erdacht

Das kleyner arbeit gott nit acht
Als das mans holtz jm spiel brætt schlag
Vnd kartten sytzt eyn gantzen tag /
Vil lont sunst wercken jr gesynd
Vnd hant keyn acht das dienst vnd kynd

Zů kyrchen / predig / gotz dienst gon
Oder frűg zů der meß vff ston
Den mætt went sie erst recht vß kochen
Den sie gesotten hant die wochen /
Keyn hantwerck ist dem nit gefűg

Das es am fyrtag ettwas dűg
Sie synt dem pfenning also gferd
Als ob keyn tag me wer vff erd
Eyn teil stont schwætzen vff der gassen
Die andern sytzen spyelen / prassen

Manchem jm wyn do me zerrynt
Dann er eyn woch mit arbeit gwynnt /
Der műß ein schmürtzler / hümpeler sin
Wer nit will sitzen by dem wyn
Tag / vnd nacht / biß die katzen kreygt

Oder der morgen lufft har weygt /
Die juden spotten vnser ser
Das wir dem fyrtag důnt solch ere
Den sie noch haltten also styff
Das ich sie nit jnns narren schiff

Woltt setzen / wann sie nit all stunt
Sunst jrrten / wie eyn douber hundt
Eyn arm man holtz am fyrtag laß
Vnd wart versteynt / alleyn vmb das /
Die Machabeer woltten nitt

Am fyrtag wœren sich zů strit
Ir wurden vil erschlagen dott /
Man samlet nytt das hymel brott
Vff den fyrtag / als gott gebot /
Aber wir arbeytten on nott

Vnd sparen vil vff den fyrtag
Das wir nit thün went andere tag /
O narr den fyrtag halt / vnd ere
Es sint noch wercktag vil vnd mere
Wann du schon fulest jn dem grunt
Vß gyttikeit als laster kunt

 
95.
Den Feiertag nicht heiligen

Das sind wohl Bürger zu Affenberg,
Die ihre Sachen und ihr Werk
Verrichten an geweihten Tagen;
Die müssen auf den Affenwagen!

Dem einen muß man Rosse beschlagen,
Dem andern Knöpfe setzen an,
Das wäre besser längst getan,
Als man gesessen bei Spiel und Wein.
Dem füllet man die Spitzen 360 sein,

Viel Hadern muß man darein stoßen;
Der muß probieren Röck und Hosen,
Die könnt' er sonst nicht legen an,
Hätt' er's am Festtag nicht getan.
Die Köche 361 rüsten Feuer und Glut;

Eh' man die Kirche früh auftut,
Ist schon bei ihnen Schlemmen und Prassen.
Eh' jemand recht kommt auf die Gassen,
Das Weinhaus angefüllt schon war.
So treibt man's endlos immerdar;

Zumal an den gebannten Tagen,
Wo man sich sollte Werk versagen,
Fährt man mit Wagen und mit Karren.
Der Feiertag macht manchen zum Narren,
Der meint, daß solchen man erdachte,

Weil kleiner Arbeit Gott nicht achte,

Wenn man das Holz im Spielbrett 362 schlage
Und Karten spiel' am ganzen Tage.
Viele lassen schaffen ihr Gesind',
Ohne zu achten, daß Diener und Kind

Zur Kirche, Predigt und Gottesdienst gehen
Oder zur Messe früh aufstehn.
Den Met wollen sie recht auskochen,
Den sie gesotten in der Wochen.
Ein jedes Handwerk paßt dazu,

Daß es am Feiertag nicht ruh';
Man ist auf den Pfennig so erpicht,
Als tagte der Erde kein neues Licht.
Ein Teil steht schwätzend auf den Gassen,
Die andern sitzen beim Spielen und Prassen

Und manchem im Wein da mehr zerrinnt,
Als er in der Woche mit Arbeit gewinnt.
Der muß ein Geizhals und Stümper sein,
Wer nicht will sitzen bei dem Wein
So Tag wie Nacht, bis die Katze kräht

Oder die Morgenluft kühl weht.
Die Juden spotten unser sehr,
Daß wir dem Feiertag solche Ehr'
Antun, den sie doch heilig schätzen,
Daß ich ins Narrenschiff sie setzen

Nicht wollte, falls sie nicht all' Stund'

Sonst irrten wie ein toller Hund.
Ein Armer Holz am Feiertag las
Und ward gesteinigt allein um das.
Die Makkabäer wollten mit Waffen

Am Feiertage nichts haben zu schaffen,
Ob man schlug viele auch zu Tod.
Man sammelte nicht das Himmelsbrot
Am Feiertag, weil Gott so gebot.
Aber wir arbeiten ohne Not,

Und viel auf den Feiertag wir legen,
Was wir andre Tage schaffen nicht mögen.
O Narr, den Feiertag halt und ehr'!
Es gibt noch Werktag viel und mehr,
Wenn du schon lange gestorben bist.
Habsucht alle Laster Anfang ist.

 
 
Der ist eyn narr der trurt all tag
Vmb das er nitt gewenden mag
Oder den ruwt / das er hat gethon
Eym gůtz / ders doch nit kan verston

 
Ein Narr ist der, der klaget an
Das, was er nicht mehr ändern kann;
Ihn reuet, daß von ihm geschehn
Dem Gutes, der's nicht kann verstehn.

 
XCVI.
Schēckē vnd beruwē

Der ist eyn narr / der schencken důt
Vnd das nit gibt mit gůttem můt
Vnd dar zů sur / vnd übel sicht
Das eym nüt liebs dar von geschicht

Do mit er gab / vnd lon verlürt
So jn syn schenck so fast bedürt
Als důt ouch der / der etwas gůt
Durch gottes ere / vnd willen důt
Vnd hat doch ruw / vnd leidt dor von

Wann gott jm nit glich gibt den lon
Dann wer mit eren schencken well
Der lach / vnd syg eyn gůt gesell
Vnd sprech nit / zwor ich thů es vngern
Will er nit / danck vnd lon entbern

Dan gott sicht ouch des gab nit an
Der nit mit freüden schencken kan
Jeder das syn behalttet wol
Zů schenck man nyeman zwyngen sol
Alleyn vß fryem hertzen gat

Die schenck / die yedem wol an stat
Selten verloren würt der danck
Wie wol er ettwan kumet langk
So würt es doch gewonlich schlæcht
Dann zwen vmb eyn / ist faden recht

Ob eyner schon vndanckbar sy
Fyndt man dar gegen eren fry
Eyn danckbaren wysen man
Der es alles wyder gelten kan
Aber wer schenck verwissen důt

Der wyl den druck nit han für gůt
Vnd wil nitt warten wyder gob
Verwyssen schenck / ist gar zů grob
Man sicht den über die achslen an
Der syn gůttæt verwyssen kan
Vnd wurt jm sunst nit me dar von

 
96.
Schenken und Bereuen

Der ist ein Narr, der schenket Gut
Und es nicht gibt mit frohem Mut
Und dazu sauer und böse sieht,
Daß keinem Liebes damit geschieht,

Denn der gewinnt nicht Dank und Gabe,
Wer so bedauert verschenkte Habe.
So ist auch der, der etwas schenkt,
Dabei an Gottes Willen denkt,
Und doch hat Reu' und Leid davon,

Wenn Gott ihm nicht gleich gibt den Lohn.
Wer will mit Ehren Geschenke machen,
Der tu's als guter Geselle mit Lachen
Und sprech nicht: »Zwar, ich tu's nicht gern!«
Will er nicht Dank und Lohn entbehrn.

Denn Gott sieht dessen Gab' nicht an,
Der nicht mit Freuden schenken kann;
Das Seine mag jeder behalten wohl,
Zu Geschenk man niemand zwingen soll;
Allein aus freiem Herzen kommt

Geschenk, das einem jeden frommt.
Der Dank gar selten verlorengeht;
Wenn er zuweilen auch kommt spät,
So pflegt sich alles doch zu schlichten
Und nach der Ordnung einzurichten.

Ist einer undankbar dabei,

So findet man doch ehrenfrei
Einen dankbaren und weisen Mann,
Der alles wohl vergelten kann.
Doch wer zurückweist verschenktes Gut,

Sich wohl nicht gern bedanken tut,
Und will nicht auf Vergeltung harren;
Geschenk ablehnen zeigt den Narren.
Den sieht man über die Achseln an,
Wer ein Geschenk verschmähen kann:
Ein solcher wenig Dank gewann.
 
 
Tragkeit fyndt man jn allen gschlechten
Vor vß jnn dienst mægten / vnd knechten
Den kan man nit genůgsam lonen
Sie künnen doch jr selbst wol schonen

 
Man findet Trägheit überall,
Bei Knechten und Mägden allzumal,
Die kann man nicht genugsam lohnen,
Obschon sie sich doch selbst wohl schonen.

 
XCVII.
Vō tragkeit vnd fulheit

Keyn besser narr jn aller sach
Ist / dann der allzyt kan thůn gmach
Vnd ist so træg / das jm verbrennt
Syn schyenbeyn / ee er sich verwennt

Wie rouch den ougen ist nit gůt
Was essich ouch den zenen důt
Des glich der træg / vnd ful důt schyn
Dænen / die hant gesendet jn /
Eyn træger mensch ist nyemans nutz

Dann das er sie eyn wynterbutz
Vnd das man jn loß schloffen gnůg
Sytzen bym ofen ist syn fůg /
Sellig der werckt mit synem karst
Wer műssig gat / der ist der narrst

Die műssig gænden / strofft der her
Vnd gibt der arbeyt lon / vnd ere /
Der bϧ vyndt / nymbt der tragkeyt war
Vnd sægt gar bald syn somen dar /
Tragkeit eyn vrsach aller sünd

Macht murmelen Israhel die kynd
Dauid dett eebruch / vnd dottschlag
Dar vmb das er træg / műssig lag /
Das Carthago was gantz vmbkert
Dar vmb wart Rom ouch gâtz zerstœrt

Eyn grœssern schaden Rom entpfing
An dem das Carthago vnderging
Dann sie von stritt entpfing dar vor
Von jr / hundert vnd sehtzechen jor /
Der træg / der nit gern gat her fűr

Der spricht / der lœw stat vor der thűr
Der dorecht hundt jn heym behalt
Fulkeyt erdenckt eyn wœrwort baldt
Fulkeyt sich wider went / vnd fűr
Glich wie der angel an der thűr

 
97.
Von Trägheit und Faulheit

Kein größrer Narr in jeder Sach'
Ist als der stets kann tun gemach
Und ist so träg, daß ihm verbrennt
Sein Schienbein, eh' er um sich wend'.

Wie Rauch den Augen ist nicht gut,
Wie Essig weh den Zähnen tut,
So zeigt der Faule und der Träge
Sich denen, die ihn sandten Wege.
Ein träger Mensch ist keinem nutz,

Als daß er ist ein Winterbutz,
Und daß er schlafen darf genug;
Beim Ofen sitzen ist sein Fug. 363
Selig, wer mit dem Hacke schafft,
Doch Müßiggang ist narrenhaft.

Die Müßiggänger straft der Herr,
Der Arbeit gibt er Lohn und Ehr'.
Der Böse nimmt der Trägheit wahr
Und streut bald seinen Samen dar. 364
Trägheit – die Ursach manchen Fehls -

Ließ murren die Kinder Israels;
David übt' Eh'bruch und Todschlag,
Dieweil er träg und müßig lag;
Weil Rom Karthago ganz verheerte,
Geschah's, daß dies dann Rom zerstörte.

Viel größre Wunden Rom empfing,

Dadurch, daß Karthago unterging,
Als ihm zuvor geschlagen waren
Im Kampf vor hundertsechzig Jahren.
Der Träge geht nicht gern herfür,

Er spricht: »Der Leu ist vor der Tür!«
Zu Haus hält ihn ein toller Hund.
Faulheit ersinnt bald einen Grund;
Faulheit sich hin und wider dreht,
So wie die Tür in der Angel geht.

 
 
Hie hab ich gestelt noch vil zů samen
Die narren sint / vnd hant den nâmen
Dern ander narren sich doch schammen

 
Hier hab' ich gestellt noch viele zusammen,
Die Narren sind auch nach dem Namen,
Vor denen andre Scham bekamen

 
XCVIII.
Von vslendigen narren

Noch sint sunst vil vnnützer lüt
Die wűst gantz jnn der narren hüt
Vnd sint dar jnn verharret gantz
Gebunden vff des tüfels schwantz

Vnd sint zů bringen nit dar von
Will ich still schwygend für sie gon
Vnd sie lon jnn jr narrheit bliben
Vnd von jr dorheyt wenig schriben
Als Saracenen / Türcken / Heyden

All die vom glouben sint gescheyden
Den glich ich ouch / die kætzer schůl
Die haltt zů Prag / den narren stůl
Vnd hat gespreit vß jren standt
Das sie ouch hat yetz Mærrhern landt

Die wűst jnn die narren kappen trettē
Glich wie all die anders an betten
Dann dry person / eyn woren gott
Den vnser gloub ist wie eyn spott
Die ich nit für schlecht narren han

Sie műssen vff der kappen stan
Dann jr narrheyt so œfflich ist
Das yedem důch zůr kappen gbrist
Des glich all die verzwiffelt hant
Vnd sint verstrickt jnns tüfels bandt

Als doreht frowen / bœse wiber
All kuppeleryn / pfowentriber
Vnd andere die jn sünden synt
Vnd jnn jr narrheyt gantz erblynt
Do mit will ich ouch deren gedencken

Die sich selbs dœten / oder hencken /
Vnd kynd vertůnt / vnd die ertrencken
Die sint nit würdig der gesatz
Oder das man sie ler / vnd fatz
Doch ghœren sie jnn narren zal
Ir narrheyt gibt jnn kappen all

 
98.
Von ausländischen Narren

Noch gibt es viel unnütze Leute,
Tragen häßliche Narrenhäute
Und nun darin verharren ganz,
Gebunden auf des Teufels Schwanz,

Und wollen nicht davon abstehn.
Vorbei will ich mit Schweigen gehn,
Will lassen sie in Narrheit bleiben,
Von ihrer Torheit wenig schreiben.
Das sind die Mohren, Türken, Heiden,

All die, so sich vom Glauben scheiden;
Dazu kommt noch die Ketzerschul'
In Prag auf ihrem Narrenstuhl, 365
Die so verbreitet ihren Stand,
Daß sie jetzt hat auch Mährenland.

Fest in die Narrenkappe treten
Sie all wie die, so anders beten
Als zu dem dreigeeinten Gott,
Denen unser Glaube ist ein Spott.
Es sind dies Narren nicht schlechthin:

Sie stehen in der Kappe drin:
So offen ihre Narrheit ist,
Daß jedem Tuch zur Kappe gebrist.
Hierher gehörn, die Zweifel drückt
Und die des Teufels Band umstrickt:

Wie törichte Fraun und böse Weiber,

Die Kupplerinnen, Pfauentreiber 366
Und andre, die vor Sünde blind
Und taub in ihrer Narrheit sind.
Auch will ich derer hier gedenken,

Die selbst sich töten oder henken
Kinder abtreiben und ertränken.
Die sind Gesetz und Gebot nicht wert,
Durch Scherz und Ernst niemals belehrt,
Doch gehören sie zur Narrenzahl,
Die Narrheit gibt ihnen Kappen all.

 
 
Ich bitt üch herren groß / vnd kleyn
Bedencken den nutz der gemeyn
Lont mir myn narrenkapp alleyn

 
Ich bitt' euch Herren, groß' und kleine,
Bedenkt den Nutzen der Gemeine!
Laßt mir die Narrenkapp' alleine!

 
XCIX.
Vō abgang des gloubē

Wann ich gedenck sümniß / vnd schand
So man yetz spűrt / jn allem land
Von fürsten / herren / landen / stett
Wer wunder nit / ob ich schon hett

Myn ougen gantz der zæhern voll
Das man so schmæchlich sehen soll
Den krysten glouben nemen ab
Verzich man mir / ob ich schon hab
Die fürsten ouch gesetzet har

Wir nemen (leyder) grœblich war
Des krysten glouben nott / vnd klag
Der myndert sich von tag zů tag /
Zům ersten hant die kætzer hert
Den halb zerrissen / vnd zerstœrt

Dar noch der schæntlich Machamet
Inn mer / vnd mer verwűstet het
Vnd den mit sym jrrsal geschænt
Der vor was groß jnn Orient
Vnd was glœubig alles Asia

Der Mœren landt / vnd Affrica
Ietz hant dar jnn / wir gantz nüt me
Es mœcht eym hertten steyn thůn we /
Was wir alleyn verloren hant
In kleyn Asyen / vnd kriechen landt

Das man die groß Türcky yetz nennt
Das ist dem glouben abgetrennt
Do sint die syben kirchen gsin
Do hat Johannes gschriben hyn
Do ist eyn so gůt landt verlorn

Das es all weltt mœht han verschworn
On das man jnn Europa sytt
Verloren hat / jnn kurtzer zyt
Zwey keyserthům / vil künig rich
Vil mechtig land / vnd stett des glich

Constantinopel / Trapezunt
Die lant sint aller welt wol kunt
Achayam / Etholyam
Boeciam / Thessaliam
Thraciam / Macedoniam

Atticam / vnd beyd Mysiam
Ouch Tribulos / vnd Scordiscos
Bastarnas / sambt vnd Thauricos
Euboiam gnennet Nygrapont
Ouch Peram / Capham / vnd Idrunt

On ander schaden / vnd verlust
Die wir erlitten haben sunst
In Morea / Dalmacia
Styer / Kernten / vnd Croacia
In Hungern / vnd der Wyndschē marck

Ietz sint die Türcken also starck
Das sie nit hant das mer alleyn
Sunder die Tůnow ist jr gemeyn
Vnd důnt eyn jnnbruch / wann sie went
Vil bystum / kyrchen sint geschent

Ietz grifft er an Apuliam
Dar noch gar bald Siciliam
Italia die stoßt dar an
So würt es dann an Rom ouch gan
An Lombardy / vnd welsche landt

Den vyndt den hant wir an der handt
Vnd went doch schloffend / sterben all
Der wolff ist worlich jnn dem stall
Vnd roubt der heiligen kyrchen schoff
Die wile der hirtt lyt jnn dem schloff

Die Rœmsche kirch vier schwestern hat
Do man hielt Patriarchen stadt
Constantinopel / Alexandria
Iherusalem / Anthiochia
Die sindt yetz kumen gantz dar von

Es würt bald an das houbt ouch gon /
Das ist als vnser sünden schuldt
Keyns mit dem andern hatt gedult
Oder mittlyden syner schwær
Iedes wolt / das es grœsser wær /

Vnd gschicht vns / als den ochsen gschah
Do eyner dem andern zü sach
Biß das der wolff sie all zerreyß
Erst ging dem letsten vsß der schweiß /
Jeder der grifft yetz mit der hant

Ob noch kaltt sy syn mur / vnd want
Vnd gdenckt nit / das er vor lesch vß
Das für / ee es jm kum zů huß
So kumbt jm dann ruw / vnd leytt /
Zwytracht / vnd vngehorsamkeit

Den krysten gloub zerstœren důt
On nott vergüßt man krysten blůt
Nyeman gdenckt / wie nach es jm sy /
Vnd wænt doch allweg blyben fry
Biß jm vnglück kumbt für syn thůr

So stoßt er dann den kopff har für /
Die porten Europe offen syndt
Zů allen sitten ist der vyndt
Der nit schloffen noch růwen důt
In dürst allein / noch Christen blůt

O Rom / do du hatst künig vor
Do waßt du eygen / lange jor /
Dar noch jnn fryheit wardst gefűrt
Als dich eyn gmeyner rott regiertt
Aber do man noch hochfart staltt

Noch richtům / vnd noch grossem gwalt
Vnd burger wider burger vacht
Des gmeynen nutzes nyeman acht
Do wart der gwalt zům teil zergon
Zů letzst / eym keyser vnderthon

Vnd vnder solchem gwalt / vnd schyn
Bist funffzehen hundert jor gesyn
Vnd stæts genomen ab / vnd von
Glich wie sich myndern důt der mon
So er schwyndt / vnd jm schyn gebrist

Das yetz gar wenig an dir ist
Well gott / das du ouch grœssest dich
Do mit du sygst dem mon gantz glich /
Den dunckt nit / das er ettwas hab
Wer nit dem Rœmschen rich bricht ab

Zům erst die Saracenen hant
Das heilig vnd gelobte landt
Dar noch die Turcken handt so vil
Das als zů zalen / næm vil wile /
Vil stett sich brocht hant jnn gewer

Vnd achten yetz keyns keysers mer /
Eyn yeder fürst / der ganß bricht ab
Das er dar von eyn fæder hab /
Dar vmb ist es nit wunder groß
Ob joch das rich sy blutt / vnd bloß

Man byndt eym yeden vor das jn
Das er nit vordern soll das syn /
Vnd lossen yeden jn sym stadt /
Wie ers biß har gebruchet hadt
Durch gott / jr fürsten sehen an

Was schad / zů letst dar vß werd gan /
Wann joch hyn vnder kem das rich
Ir blyben ouch nit ewigklich /
Eyn yedes ding me sterckung hatt
Wann es bynander gsamlet stat

Dann so es ist zerteilt von eyn /
Eynhellikeyt jn der gemeyn
Vffwachsen die bald all ding macht
Aber durch mißhell / vnd zwytracht
Werden ouch grosse ding zerstœrt /

Der tütschen lob was hochgeert
Vnd hatt erworben durch solch rům
Das man jnn gab das keyserthům /
Aber die tütschen flissen sich
Wie sie vernychten selbst jr rich

Do mit die stůdt zerstœrung hab
Bissen die pferd jr schwæntz selb ab /
Worlich yetz vff den fűssen ist
Der Cerastes / vnd Basylist /
Mancher der würt vergyfften sich

Der gyfft dar schmeycht dem Rœmschē rich
Aber jr herren / künig / land /
Nit wellen gstatten solch schand
Wellent dem Rœmschen rich zů stan
So mag das schiff noch vff recht gan

Ir haben zwor eyn künig milt
Der üch wol fürt / mit ritters schiltt
Der zwyngen tűg all land gemeyn
Wann jr jm helffen wendt alleyn
Der edel fürst Maximilian

Wol würdig ist der Rœmschen kron
Dem kumbt on zwifel jnn sin handt
Die heilig erd / vnd das globte landt
Vnd wůrt sin anfang thůn all tag
Wann er alleyn üch trüwen mag /

Werffen vō üch solch schmoch / vñ spot
Dann kleynes heres / walttet gott /
Wie wol / wir vil verlorn handt
Sindt doch noch so vil kristen landt
Frům künig / fürsten / adel / gmeyn /

Das sie die gantze weltt alleyn /
Gewynnen / vnd vmbbringen baldt
Wann man alleyn sich zamen haldt
Truw / frid / vnd lieb sich bruchen důt
Ich hoff zů gott / es werd als gůt /

Ir sindt regyerer doch der land
Wachen / vnd důnt von üch all schand
Das man üch nit dem schiffman glich
Der vff dem mer flißt schloffes sich
So er das vngewitter sicht /

Oder eym hund der bœllet nicht /
Oder eym wæchter der nit wacht
Vnd vff syn hůtt hatt gantz keyn acht
Stont vff / vnd wachen von dem troum
Worlich / die axt stat an dem boum

Ach gott gib vnsern hœubtern jn
Das sie sůchen die ere dyn
Vnd nit yeder syn nutz alleyn
So hab ich aller sorgen keyn
Du gebst vns sigk jn kurtzen tagen

Des wir dir ewig lob thůn sagen /
Ich mane all stædt der gantzen welt
Was würde / vnd tyttel die sint gezœlt
Das sie nit důnt / als die schifflüt
Die vneynß sint / vnd hant eyn stritt

Wann sie sint mitten vff dem mer
Inn wynd / vnd vngewitter ser
Vnd ee sie werden eyns der fůr
So nymbt die Galee eyn gruntrůr /
Wer oren hab / der merck vnd hœr

Das schifflin schwancket vff dem mer
Wann Christus yetz nit selber wacht
Es ist bald worden vmb vns nacht
Dar vmb ir die noch üwerm stadt
Dar zů gott vsserwelet hatt

Das ir sœnt vornan an die spytz
Nit lont / das es an uch ersitz
Důnt was üch zymbt noch üwerm grad
Do mit nit grœsser werd der schad
Vnd gantz abnem die Sunn / vnd mon

Das houbt / vnd glyder vndergon /
Es loßt sich eben sœrglich an
Leb ich / jch man noch manchen dran
Vnd wer nit an myn wort gedenck
Die narren kappen / ich jm schenck

 
99.
Vom Verfall des Glaubens

Wann ich der Säumnis denk' und Schande,
So man jetzt spürt im ganzen Lande,
Von Fürsten, Herren, Landen, Städten,
Kein Wunder wär's, wenn mir wollt' treten

Mein Auge ganz der Zähren voll,
Daß man so schmählich sehen soll
Den Christenglauben nehmen ab.
Verzeih man mir, daß ich schon hab'
Die Fürsten auch gesetzet dar! 367

Wir nehmen leider häufig wahr
Des Christenglaubens Not und Klage,
Er mindert sich von Tag zu Tage.
Zuvörderst hat der Ketzer Heer
Zerrissen und zerstört ihn sehr;

Danach hat Mohmeds böser Sinn
Noch mehr und mehr verwüstet ihn;
Mit Irrlehr' den in Schand gebracht,
Der sonst im Orient stark an Macht,
Als gläubig war ganz Asia,

Der Mohren Land und Afrika.
Jetzt haben dort wir gar nichts mehr;
Das schmerzt selbst einen Stein gar sehr,
Daß wir verlorn zu unsrer Schand'
Allein in Asien und Griechenland,

Was man die Großtürkei jetzt nennt,

Das ist dem Glauben abgetrennt;
Da sind die sieben Kirchen gewesen,
Davon wir bei Johannes lesen, 368
Da ist ein so gut Land verloren,

Daß es die Welt wohl hätt verschworen. 369
Zudem noch in Europa ist
Verloren in gar kurzer Frist:
Nebst vielem Land und Königreichen:
Zwei Kaisertümer, Städt' desgleichen

Konstantinopel, Trapezunt,
Die Land sind aller Welt wohl kund,
Achaia und Aetolia,
Böotia, Thessalia,
Samt Thrazia, Mazedonia,

Beid' Mysia und Attika,
Auch Tribulos 370 und Scordiscos 371,
Bastarnas auch und Tauricos 372
Euböa 373, dazu Negrapont,
Auch Pera, Kaffa 374 und Idront 375

Ohn' anderen Verlust und Schaden,
Den wir uns sonst schon aufgeladen
In Steier, Kärnten und Kroatia,
Morea und Dalmatia,
In Ungarn und in Windischmark.

Jetzt sind die Türen also stark: 376

Sie haben nicht das Meer allein,
Auch die Donau gehört zu ihrer Gemein.
Sie brechen ein in alle Lande,
Bistümer, Kirchen stehn in Schande:

Jetzt greifen sie an Apulia,
Darnach gar bald Sizilia,
Italia, die stößt daran,
Wie leicht gelangen nach Rom sie dann,
Nach Lombardei und welschem Land!

So ist der Feind uns an der Hand:
Doch möchten schlafend sterben all!
Der Wolf ist wahrlich in dem Stall
Und raubt der heil'gen Kirche Schafe,
Dieweil der Hirte liegt im Schlafe.

Die röm'sche Kirch' vier Schwestern hat
Samt Patriarchen in der Stadt
Byzantium, Alexandria,
Jerusalem, Antiochia,
Die sind ihr gänzlich jetzt geraubt,

Es geht nun bald auch an das Haupt.
All das ist unsrer Sünden Schuld,
Keins mit dem andern hat Geduld
Oder leidet mit dessen Schwere,
Jeder wollt', daß sie größer wäre.

Es geschieht uns, wie den Ochsen geschah,

Als ruhig einer zum andern sah,
Bis daß der Wolf sie alle zerrissen.
Da hat auch der letzte schwitzen müssen.
Es greift jetzt jeder mit der Hand,

Ob kalt noch sei sein Mauer und Wand,
Und denkt nicht, daß er lösche aus
Das Feuer, eh's ihm komm' ins Haus;
Dann kommt zu spät ihm Reu' und Leid.
Zwietracht und Ungehorsamkeit

Zerstört der Christen Glauben und Gut;
Unnütz vergießt man Christenblut.
Niemand bedenkt, wie nah' es ihm sei,
Wähnt noch zu bleiben allweg frei,
Bis das Unglück kommt vor seine Tür:

Dann steckt er erst den Kopf herfür.
Europas Pforten offen sind:
Es bringt uns Feinde jeder Wind,
Denen scheint nicht Schlaf noch Ruhe gut:
Es dürstet sie nach Christenblut. –

Als Roma unter Königen war,
War es leibeigen lange Jahr';
Zur Freiheit ward es hingeführt,
Als es gemeiner 377 Rat regiert.
Doch als auf Hochfahrt man bedacht,

Auf Reichtum und auf große Macht

Und Bürger wider Bürger stritt,
Dacht' man gemeinen Nutzens nit,
Da mußte Gewalt zum Teil vergahn,
Ward einem Kaiser untertan,

Mußt' unter solchem Schutz und Schein
An fünfzehnhundert Jahre sein.
O Rom, du bist herabgekommen,
Hast wie das Mondlicht abgenommen,
Wenn's schwindet und ihm Schein gebrist,

So daß jetzt wenig an dir ist.
Wollt' Gott, es wüchs das röm'sche Reich,
Damit es wär dem Mond ganz gleich!
Doch den dünkt nicht, daß er was hab',
Wer's nicht dem römischen Reich brach ab.

Es hält der Sarazenen Hand
Das heilige, gelobte Land;
Der Türke hat darnach soviel,
Daß man beim Zählen fänd' kein Ziel.
Viel Städte schufen sich Gewehr, 378

Und achten keines Kaisers mehr;
Ein jeder Fürst die Gans 379 rupft ab,
Daß er eine Feder davon hab';
Darum ist es nicht Wunder groß,
Daß auch das Reich so nackt und bloß.

Man schärft zunächst es jedem 380 ein,

Daß er nicht fordern soll was sein
Und jeden lassen in seiner Statt,
Wie er's bisher gebrauchet hat.
Um Gott, ihr Fürsten, sehet an,

Welch Schaden draus entstehen kann,
Wenn so herunter kommt das Reich!
Ein gleiches Schicksal trifft bald euch!
Ein jedes Ding mehr Stärke hat,
Wenn beieinander fest es staht,

Als wenn es soll zerteilet sein.
Einhelligkeit in der Gemein'
Die Dinge bald aufwachsen macht,
Doch wenn Mißhelligkeit erwacht,
Werden auch große Dinge zerstört.

Die Deutschen waren hochgeehrt
Und haben erworben durch solchen Ruhm,
Daß man ihnen gab das Kaisertum.
Aber die Deutschen brauchten Fleiß
Zu vernichten des eignen Reiches Preis.

Damit das Gestüte Zerstörung hab',
Bissen die Pferde die Schweife sich ab.
Jetzt auf den Füßen wahrlich ist
Der Cerastes und Basilist. 381
Gar mancher wird vergiften sich,

Wer Gift dem Reich bietet schmeichlerisch.

Aber ihr Herren, Könige, Lande
Wollt nicht gestatten solche Schande!
Wollet dem römischen Reich beistehn,
Dann kann das Schiff noch aufrecht gehn!

Ihr habt fürwahr einen König mild,
Der euch wohl führt mit Ritterschild,
Der zwingen kann all Land gemein,
Wenn ihr ihm helfen wollt allein:
Der edle Fürst Maximilian 382

Wohl würdig ist der römischen Kron',
Dem kommt ohn' Zweifel in die Hand
Die heil'ge Erd', das gelobte Land,
Jeden Tag würde er damit beginnen,
Könnt' er nur trauen eurem Sinnen.

Werft von euch darum Schmach und Spott:
Denn kleinen Heeres waltet Gott.
Wiewohl verlor viel unsre Hand,
Sind doch noch soviel Christenland',
Und König, Fürsten, Adel, Gemein',

Sie können gewinnen wohl allein
Und zwingen bald die ganze Welt,
Wenn man nur fest zusammenhält,
Treu', Fried' und Liebe gebrauchen tut,
Ich hoff zu Gott, dann wird es gut!

Ihr seid Regierer doch der Lande,

So wacht und tut von euch die Schande,
Daß man euch nicht dem Schiffsmann gleicht,
Den auf dem Meer der Schlaf beschleicht,
Wenn er das Ungewitter sieht;

Oder dem Hunde, der stumm flieht;
Oder dem Wächter, der nicht wacht
Und auf das Vertraute hat nicht acht.
Steht auf, erwacht aus euerm Traum!
Die Axt liegt wahrlich an dem Baum!

Ach Gott, gib unsern Häuptern ein,
Daß sie begehrn die Ehre dein
Und nicht, was ihnen nütz' allein!
Dann will ich ohne Sorgen sein,
Du gebst uns Sieg' in kurzen Tagen,

Darob wir ewig Lob dir sagen!
Ich mahn' die Ständ' der ganzen Welt,
Wie ihre Würde auch bestellt,
Daß sie nicht tun wie Schiffersleut',
Die uneins sind und haben Streit.

Wann sie sind mitten auf dem Meer
In Sturm und Ungewitter schwer,
Und eh sie werden eins der Fahrt,
Stößt schon ihr Schiff zu Grunde hart.
Wer Ohren hat, der merk' und höre!

Das Schifflein schwanket auf dem Meere!
Wenn Christus jetzt nicht selber wacht,
Wird bald es werden um uns Nacht.
Drum ihr, die einst nach euerm Stand
Hat auserwählet Gottes Hand,

Daß ihr sollt stehen an der Spitze,
Gebt acht, daß Schmach nicht auf euch sitze!
Tut, was euch ziemt nach euerm Grade,
Damit nicht größer werd' der Schade
Und Sonn' und Mond 383 verlier' den Glanz

Und Haupt und Glieder schwinden ganz:
Es läßt sich recht besorglich an! –
Leb' ich – ich mahn' noch manchen dran,
Und wer nicht an mein Wort mag denken,
Dem will die Narrenkapp' ich schenken!